Lästig? Krankhaft? Sodbrennen und Reflux
Grapefruit zum Frühstück? Oh Gott, nein, besten Dank! Ein Gläschen trockenen Weißwein zum Fisch? Lieber nicht! Schön gebräunte Grillwurst, Schokoriegel und chilischarfe Tomatensauce kommen auch nicht infrage?
Wenn einem bei solchen Leckerbissen nur das Wort »Sodbrennen« einfällt, kennt man bereits den scharfen Schmerz, der plötzlich auftritt, sobald saurer Mageninhalt durch den Schließmuskel des Magens nach oben in die Speiseröhre fließt. Für die meisten Betroffenen fühlt er sich tatsächlich an wie eine Verbrennung. Doch mancher empfindet den heißen Schmerz auch wie einen Herzanfall.
Mageninhalt fließt bei jedem Menschen hin und wieder die Speiseröhre hinauf, zum Beispiel nach einem sehr reichhaltigen Essen. Ärzte sehen Sodbrennen deshalb nicht als Krankheit, sondern als Symptom, also als mögliches Anzeichen für andere Störungen. Wer nur hin und wieder, also seltener als einmal pro Monat, an Sodbrennen leidet, muss sich noch keine Sorgen machen. Denn beim Gesunden zieht sich dann die Muskulatur der Speiseröhre kurz zusammen und befördert auf diese Weise den sauren Magensaft zurück in den Magen, bevor es zu Schäden an der empfindlichen Schleimhaut kommt. Dann nimmt die betroffene Person das kurze Brennen am besten einfach als Warnsignal des Körpers wahr, der vielleicht mit einer allzu üppigen Mahlzeit nicht zurechtkommt. In solchen Fällen gilt es, den Lebensstil magenfreundlicher zu gestalten.
Geschätzte 80 Prozent der Refluxopfer gehen nicht zum Arzt, sondern in die Apotheke und kaufen rezeptfreie säurehemmende Medikamente. Das ist oft ein Fehler!
Saure Reaktionen
Die häufigsten Gründe für starkes regelmäßiges Sodbrennen:
Krankhafter Reflux (kurz: GERD)
Entzündungen der Magenschleimhaut
Magen- oder Zwölffingerdarmgeschwüre
Reizmagen
Nicht immer trägt die Salzsäure des Magens die Schuld am Sodbrennen. Es kann auch der Rückfluss von nicht-saurem Mageninhalt, z. B. durch Gallensäuren oder den Verdauungssaft der Bauchspeicheldrüse, sein, der einen quält. Diese bitteren Flüssigkeiten können aus dem Zwöffingerdarm in den Magen aufsteigen und dann in die Speiseröhre gelangen.
Wie erkenne ich krankhaften Reflux?
Treten Sodbrennen und rückwärts fließender Mageninhalt heftig, anhaltend und sehr häufig auf, sprechen Ärzte von einer Refluxerkrankung. Betroffene klagen dann über unterschiedlichste Beschwerden. Denn jeder empfindet den Rückfluss in die Speiseröhre ein bisschen anders. Je nach Situation und Veranlagung äußert sich die Erkrankung also als Chamäleon mit immer wieder anderen Erscheinungsbildern. Die meisten Betroffenen verspüren das Sodbrennen vor allem als plötzlichen brennenden Schmerz, wenn ätzend saurer Speisebrei aus dem Magen nach oben in die Speiseröhre schießt. Auch ein brennendes Gefühl im Oberbauch kann Ausdruck von vermehrtem Reflux sein. In der Regel treten diese Beschwerden insbesondere nach dem Essen, beim Bücken oder in der frühen Nacht im Liegen auf. Mancher denkt auch an eine Magenerkrankung, weil ihn schmerzhafter Druck und Völlegefühl plagen. Und nicht wenige Betroffene sind schon in der Notfallambulanz gelandet, weil Schmerzen im Brustkorb sie in Angst und Schrecken versetzt haben. Das Gefühl eines heftigen Herzanfalls kann entstehen, weil die Speiseröhre nun mal dicht am Herzen entlang führt und die Schmerzen dorthin ausstrahlen können. Ob es sich jedoch um Reflux handelt oder ob das Herz leidet, muss immer von einem Arzt geklärt werden. Nur eine ärztliche Diagnose kann die beiden Erkrankungen voneinander unterscheiden.
Was tun, wenn man nicht nur gelegentlich, sondern mit nervtötender Regelmäßigkeit von Sodbrennen gepeinigt wird? Oder wenn einem immer wieder Mageninhalt bis in den Mund zurückläuft? Dann handelt es sich um krankhaften (medizinisch: pathologischen) Reflux. Also unbedingt zum Arzt gehen! Wer sich nicht behandeln lässt, muss mit Entzündungen der Speiseröhre und anderen Folgeschäden rechnen.
Typisch Reflux!
Wer einzelne der unten genannten Symptome häufig oder gar regelmäßig an sich beobachtet, lässt sich besser einen Termin beim Hausarzt, beim Facharzt für Magen- und Darmerkrankungen (Gastroenterologe) oder in einem Refluxzentrum geben. Neben Sodbrennen sind bei säurebedingten Beschwerden auch eine Magenschleimhautentzündung (Gastritis), ein Magengeschwür (Ulkus), ein Magen- und Zwölffingerdarmgeschwür (peptisches Ulkus) und ein Reizmagen (funktionelle Dyspepsie) abzuklären. Nützlich ist es, sich vor dem Arztbesuch im Kalender zu notieren, wann und wie oft man unter welchen Beschwerden leidet.
Refluxbeschwerden:
Sauer brennendes Aufstoßen
Bitteres Aufstoßen, wenn die Galle beteiligt ist
Brennender Schmerz hinter dem Brustbein
Magendruck und Völlegefühl
Morgendliches Räuspern, häufiges Husten, belegte Stimme oder Heiserkeit
Schluckbeschwerden, Kloß im Hals
Übler Geschmack im Mund
Luftnot wie bei Asthma
Diffuser Schmerz im Brustkorb
Kehlkopfbeschwerden
Warum reagiert die Speiseröhre so sauer?
Bei nur etwa zehn Prozent der von Sodbrennen Geplagten ist das Krankheitsbild so ausgeprägt, dass die Speiseröhre angegriffen wird: Je öfter der Rückfluss stattfindet und je länger die Säure in der Speiseröhre verbleibt, desto eher entstehen Entzündungen. Denn den aggressiven Verdauungssäften hat die Speiseröhre nicht viel entgegenzusetzen. Im Gegensatz zum Magen ist sie nämlich nicht durch neutralisierenden Schleim geschützt. Ihre empfindliche Innenhaut wird vom Reflux beschädigt. Dabei zerstört der Rückfluss von Magensaft die obere Zellschicht (Plattenepithelzellen) auf Dauer nachhaltig. Der Körper muss die verätzten Zellen dann notdürftig durch weniger säureempfindliche Magenschleimhautzellen ersetzen (medizinisch: Metaplasie). Wenn das jahrelang so geht, weil die Betroffenen gar nichts davon bemerken, entsteht ein Barrett-Syndrom mit einer veränderten Oberfläche, das schließlich in seltenen Fällen sogar als Speiseröhrenkrebs enden kann.
Dauerhusten und Heiserkeit über längere Zeit? Womöglich ist aufsteigende Magensäure daran schuld. Schnell zum Hals-Nasen-Ohren-Arzt gehen!
Überempfindliche Speiseröhre
Der brennend scharfe Schmerz, den wir Sodbrennen nennen, kann auch die Folge einer übersensiblen Speiseröhre (hypersensitiver Ösophagus) sein, die bei einigen Menschen besonders heftig reagiert, wenn saurer Mageninhalt sie durchströmt. Die Betroffenen fühlen sich dann beeinträchtigt, obwohl die Refluxmenge das übliche Maß nicht übersteigt.
Funktionelle Refluxbeschwerden
So nennen es Ärzte, wenn ihre Patienten zwar Sodbrennen verspüren, aber weder ein krankhaft gesteigerter Rückfluss aus dem Magen (Reflux) vorliegt, noch eine zeitliche Verbindung zwischen den Beschwerden und dem üblichen Rückfluss besteht.
In den falschen Hals gekriegt
Wenn man etwas schluckt und gleichzeitig einatmen möchte, gibt es schon mal ein Durcheinander. Denn Essen und Atem haben anfangs denselben Weg, erst hinten im Rachen gabelt er sich in Speiseröhre und Luftröhre. Die Eingänge der beiden Röhren liegen jedoch so nah beieinander, dass leicht ein paar Krümel vom Essen oder ein Schluck Flüssigkeit versehentlich in die Luftröhre rutschen. »Ich habe mich verschluckt«, heißt es dann. Unangenehme Sekunden oder Minuten vergehen, bis man die Sache mit einem krampfartigen Hustenanfall korrigiert hat. Fließt jedoch saure Flüssigkeit aus dem Magen zurück in die Speiseröhre und gerät sie dort oben in die Luftröhre, ist das Erlebnis doppelt unangenehm. Passiert ein solches Missgeschick nur sehr selten, muss man kein Drama daraus machen. Wer jedoch regelmäßig darunter leidet, erlebt chronischen Husten, muss sich ständig räuspern oder wird von Halsschmerzen, Heiserkeit und rasselnden Atemgeräuschen geplagt. Spätestens dann ist es Zeit, den Arzt aufzusuchen. Er kann feststellen, ob der Grund ein Reflux ist oder eine Atemwegserkrankung.
Das babylonische Sprachgewirr der medizinischen Begriffe trägt womöglich dazu bei, dass viele Menschen Medikamente schlucken, die sie gar nicht benötigen.
»Au, mein Magen tut weh!«
Eine Refluxerkrankung ist leicht mit einer Entzündung der Magenschleimhaut oder mit einem Magengeschwür zu verwechseln. Dabei spielt fast immer das Magenbakterium Helicobacter pylori eine Rolle. Wird es nicht rechtzeitig entdeckt und behandelt, ruft es offene Wunden im Magen und im Zwölffingerdarm hervor. Reichen diese Geschwüre (Ulzera) tief in die Schleimhaut und erreichen sie die Blutgefäße, können Blutungen oder sogar schlimmstenfalls ein Magendurchbruch die Folge sein.
Magenschleimhautentzündungen zeigen in vielem ähnliche Symptome wie ein Refluxleiden, vor allem Schmerzen unter dem Brustbein, die sich in Richtung des rechten Oberbauchs ziehen. Das Gefühl ist oft brennend oder stechend, oder es ist dumpf und mit Übelkeit verbunden. Ähnliche Beschwerden ruft auch der Reizmagen hervor. Egal, was dahinter steckt: Wenn der Magen sich regelmäßig schmerzhaft meldet, ist ein Besuch beim Facharzt fällig. Ein auf Erkrankungen des Verdauungstrakts spezialisierter Internist (Gastroenterologe) hat vielfältige Möglichkeiten, die Krankheitsbilder zu unterscheiden.
Diabetes und Reflux
Häufiger als andere Menschen...