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Soziale Phobie

Psychodynamische Therapie

AutorAntje Haselbacher, Falk Leichsenring, Jörg Wiltink, Manfred E. Beutel, Simone Salzer
VerlagHogrefe Verlag GmbH & Co. KG
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl109 Seiten
ISBN9783840923227
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis19,99 EUR
Personen mit einer Sozialen Phobie haben eine exzessive und irrationale Furcht vor sozialen Situationen oder Leistungssituationen, in denen sie mit unbekannten Menschen konfrontiert werden oder von anderen beurteilt werden könnten. Der vorliegende Band stellt ein Behandlungsmanual zur psychodynamischen Kurzzeittherapie bei Sozialer Phobie vor. Zunächst wird das Störungsbild der Sozialen Phobie beschrieben und es werden relevante Störungsmodelle und -theorien erläutert. Die weiteren Kapitel stellen das auf der supportiv-expressiven Therapie Luborskys aufbauende Behandlungsvorgehen dar. Das Ziel der Behandlung ist es, das zentrale Beziehungskonflikt-Thema (ZBKT) des Patienten zu verstehen, ihm darin Einsicht zu vermitteln und ihm einen flexibleren Umgang mit den eigenen Wünschen und im Kontakt mit anderen Menschen zu ermöglichen. Anschaulich und praxisnah enthält das Buch zahlreiche Interventions- und Fallbeispiele. Das Vorgehen hat sich in einer randomisiert-kontrollierten Studie als wirksam erwiesen. Das Buch füllt somit eine Lücke in der manualisierten Beschreibung der psychodynamischen Behandlung bei Sozialer Phobie.

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Kapitelübersicht
  1. Soziale Phobie
  2. 1Beschreibung des Störungsbildes
  3. 2Störungstheorien und -modelle
  4. 3Grundlagen der supportiv-expressiven Therapie nach Luborsky
  5. 4Behandlung
  6. 5Wirksamkeit
  7. 6Psychodynamische Therapie in der Praxis
  8. 7Ausführliches Fallbeispiel
  9. 8Ausblick
  10. 9Literatur
  11. Anhang
Leseprobe
2 Störungstheorien und -modelle (S. 12-13)

2.1 Angst und Angststörungen aus psychoanalytischer Sicht

In der psychoanalytischen Krankheitslehre spielten von Anfang an Konzepte der Angst eine Schlüsselrolle für das störungsübergreifende Verständnis psychischer Symptombildungen und für Angststörungen im engeren Sinne (für eine Übersicht siehe Ermann, 2012). Bereits 1895 beschrieb Freud erstmals umfassend zentrale Merkmale der „Angstneurose“, die wir heute je nach Symptomausprägung und Verlauf als Generalisierte Angststörung oder als Panikstörung einordnen würden. Diese unterschied er von der sogenannten Angsthysterie, die wir heute den Phobien zuordnen würden. Es entwickelten sich drei störungsübergreifende psychoanalytische Modelle von Angst:

• Freud sah in „der Angst das Grundphänomen und Hauptproblem der Neurose“ (1926/1959, S.?85). Angst sei die Reaktion des Ichs auf eine drohende Gefahr – entweder bei der Realangst als Resultat einer dem Ich bekannten und objektiv vorhandenen Gefahr oder bei der neurotischen Angst als Ergebnis einer inneren Gefahr, die dem Ich (noch) nicht bewusst ist und vor dem Hintergrund früherer Erfahrungen und deren neurotischer Verarbeitung zu verstehen ist.

• Die Ausarbeitungen der Ich-Psychologie (A. Freud, 1936; Hartmann, 1939) legten die Basis für eine differenzierte Beschreibung von Ich-Strukturen und -funktionen wie Selbst- und Objektdifferenzierung, Impuls- und Affektregulation, wie sie heute u.?a. in der Operationalisierten Psychodynamischen Diagnostik (Arbeitskreis OPD, 2006) detailliert Berücksichtigung finden. Das klinisch zu beobachtende Kontinuum von diffusen zu zunehmend gerichteten Ängsten hängt mit dem Reife- und Entwicklungsgrad der Ich-Struktur zusammen (vgl. Hoffmann & Eckhardt-Henn, 2001; Mentzos, 1984).

• Nach der Bindungstheorie (Bowlby, 1975) gibt die Nähe zur Bindungsfigur Schutz und Sicherheit, entsprechend kommt es bei bindungsbezogenen Gefahren (z.?B. Trennungswunsch oder reale Trennung) zur Angstentwicklung, die dazu motiviert, die Nähe zur Bindungsfigur wieder herzustellen oder früh internalisierte Abwehr- bzw. Bewältigungsmuster dieser Angst zu aktivieren.

Vor dem Hintergrund des konzeptuell breiter angelegten Angstverständnisses wurde die operationale Definition von Angststörungen durch das DSM-III 1980 mit den distinkten Kategorien der Panikstörung, der Generalisierten Angststörung und der Sozialen Phobie von Psychoanalytikern nur zögernd nachvollzogen. Angststörungen zählten in der psychoanalytischen und tiefenpsychologischen Praxis zwar weiterhin zu den hauptsächlichen Erkrankungen (Beutel et al., 2004; Jakobsen et al., 2007; Milrod & Shear, 1991), es wurden aber erst in neuerer Zeit psychoanalytische Modelle zur Entstehung von spezifischen Angststörungen nach ICD-10 formuliert (Beutel et al., 2010; Hoffmann, 2008; Shear et al., 1993), entsprechende Behandlungsmanuale entwickelt und diese in ersten Wirksamkeitsstudien geprüft. Dies sind vor allem die Panikfokussierte Psychodynamische Psychotherapie (Milrod et al., 1997; deutsche Version: Subic-Wrana et al.; 2012) und die supportiv-expressive Therapie (SET) für die Generalisierte Angststörung (Leichsenring & Salzer, 2014b) sowie für die Soziale Phobie (Leichsenring et al., 2008; dieser Band).

2.2 Ätiologie der Sozialen Phobie

Wie bei anderen Angststörungen geht man davon aus, dass auch bei der Sozialen Phobie genetische Faktoren, Temperamentsmerkmale (Schüchternheit, Introversion) und negative kindliche Beziehungserfahrungen eine prädisponierende Rolle spielen. So konnten wir in der psychosomatischen Ambulanz zeigen, dass von sozial ängstlichen Patienten vermehrt Kindheitsbelastungen berichteten wurden. Dies galt für emotionale und körperliche Misshandlung, sexuelle Gewalt, emotionale und körperliche Vernachlässigung (Subic-Wrana et al., 2011).

Eine prägende Rolle spielen negative soziale Erfahrungen in der Adoleszenz, insbesondere sozial ausgeschlossen, verspottet oder sozial stigmatisiert zu werden. Neurobiologisch gibt es Hinweise auf eine reduzierte Aktivierung in kortikalen Bereichen und auf einen Wechsel zu einer verstärkten Aktivierung phylogenetisch älterer subkortikaler Angstkreisläufe in sozialen Stresssituationen (Kent & Rauch, 2003; Tillfors et al., 2001; Veit et al., 2002). Weiterhin fand man, dass Serotonin-Transporter-Polymorphismen mit der Erregbarkeit der Amygdala und der Symptomschwere in Verbindung stehen (Furmark et al., 2004).

In den verhaltenstherapeutischen Störungsmodellen der Sozialen Phobie rufen bestimmte soziale Situationen automatische Gedanken hervor, die sich um gefürchtete negative Bewertungen durch andere drehen. Gemäß dem psychophysiologischen Modell kommt es bei den Betroffenen aufgrund negativer dysfunktionaler Kognitionen zu einer erhöhten körperlichen Erregung. So wirkt die negative Sicht auf die eigene Person („ich bin ungeschickt, minderwertig, unfähig, dumm …“) sowie auf andere („andere sind kritisch, demütigend, überlegen …“) als kognitiver „Filter“, der die Interpretation der sozialen Situation ungünstig beeinflusst und diese als bedroh-
Inhaltsverzeichnis
Soziale Phobie1
Inhaltsverzeichnis7
Vorwort11
1Beschreibung des Störungsbildes13
1.1Diagnostische Kriterien13
1.2Epidemiologische Daten16
1.3Verlauf und Prognose17
1.4Differenzialdiagnose18
1.5Komorbidität19
1.6Diagnostische Verfahren und Dokumentationshilfen20
2Störungstheorien und -modelle22
2.1Angst und Angststörungen aus psychoanalytischer Sicht22
2.2Ätiologie der Sozialen Phobie23
2.3Zur Psychodynamik der Sozialen Phobie24
3Grundlagen der supportiv-expressiven Therapie nach Luborsky31
3.1 Zum Verständnis von Symptomen, Konflikten und Übertragung: Das zentrale Beziehungs­konflikt-Thema31
3.2Fokus der Behandlung33
3.3Ziele in der SET33
3.4Interventionen der SET34
4Behandlung38
4.1Indikation38
4.2 Probatorische Sitzungen: Diagnostik, Patienteninformation und Behandlungsvereinbarungen41
4.3Behandlungsphasen46
4.4 Spezifische Elemente für die Behandlung der Sozialen Phobie auf der Basis der SET: Behandlungsprinzipien51
5Wirksamkeit69
5.1Abgrenzung gegenüber der kognitiven Verhaltenstherapie69
5.2 Wirksamkeit von kognitiver Verhaltenstherapie und Pharmakotherapie69
5.3 Wirksamkeit psychodynamischer Verfahren in der Behandlung der Sozialen Phobie70
5.4 Überprüfung der Wirksamkeit des Manuals: Die SOPHO-NET-Studie71
5.5Kombination mit Pharmakotherapie71
6Psychodynamische Therapie in der Praxis73
6.1Behandlungsschwierigkeiten73
6.2. Umgang mit Nichtansprechen auf die Behandlung74
7Ausführliches Fallbeispiel78
7.1Probatorische Sitzungen78
7.2Therapieverlauf82
7.3Fazit zur Therapie89
8Ausblick90
9Literatur92
Anhang103
Persönliche Angstformel (ZBKT)103
Fragebogen fu¨r die Zeit zwischen den Sitzungen104
Patienteninformation106
Checkliste fu¨r Interventionen108
Die Autorinnen und Autoren dieses Bandes109

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