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E-Book

Soziales Unternehmertum. Unternehmensberichterstattung im Social Entrepreneurship

AutorMarc Schneidewind
VerlagStudylab
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl101 Seiten
ISBN9783960954125
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis24,99 EUR
Soziales und ökonomisches Handeln müssen nicht im Widerspruch stehen. Das ist die Grunderkenntnis des sogenannten Social Entrepreneurship. Dieser Unternehmertypus stellt nicht den finanziellen Erfolg in den Mittelpunkt, sondern die gesellschaftlichen Auswirkungen seines Handelns. Die Unternehmen dieses Sektors haben das Potential, gesellschaftliche und ökologische Probleme effizient zu lösen und einen gesellschaftlichen Wandel zu fördern. Doch auch diese Unternehmen sind auf einen effizienten Einsatz ihrer Ressourcen und auf ausreichende finanzielle Mittel angewiesen. Sie müssen sich gegenüber Kapitalgebern erklären und nachweisen, dass deren Mittel zweckgemäß eingesetzt wurden. Marc Schneidewind untersucht in dieser Publikation, wie die externe Unternehmensberichterstattung im Social Entrepreneurship in Deutschland gestaltet werden kann. Dabei berücksichtigt er vor allem auch die wesentlichen Anspruchsgruppen und die Besonderheiten des Sektors. Seine Untersuchung basiert auf dem Gedankengebäude der Neuen Institutionenökonomik und der Stewardship-Theorie sowie einer qualitativen Studie über Unternehmensberichte. Aus dem Inhalt: - Social Entrepreneurship; - Berichterstattung; - Sozialunternehmen; - Impact Value Chain; - Social Reporting Standard; - Stakeholder

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Leseprobe

1 Einführung


 

Gesellschaftliche, ökologische und ökonomische Probleme wie Armut, Ungleichheit, Arbeitslosigkeit, Migration und Klimawandel sind in der öffentlichen Debatte allgegenwärtig. Da diese Konflikte dem allgemeinen Gerechtigkeitsempfinden widersprechen oder auf Konfrontationskurs mit den endlichen Ressourcen der Erde liegen, braucht es neue, kreative Lösungsansätze.[1] In Das Kapital im 21. Jahrhundert thematisiert der französische Ökonom Thomas Piketty Fragen der Kapitalverteilung und der Ungleichheit. Er vertritt die These, dass Ungleichheit ein inhärentes Merkmal des Kapitalismus sei, welches die demokratische Grundordnung gefährde.[2] Diese kapitalismuskritische Sichtweise gründet auf den Begleiterscheinungen der Marktwirtschaft, welche zu unerwünschten sozialen Belastungen führen können. Die Krisen der vergangenen Jahre zeugen davon – angefangen mit dem Zusammenbruch des Neuen Marktes um die Jahrtausendwende über die globale Finanzkrise beginnend 2007 bis hin zur sogenannten Eurokrise ab 2010. Freie Märkte können soziale Probleme wie Ungleichheit in der Einkommens- und Vermögensverteilung, Gesundheits- oder Umweltprobleme, Verstöße gegen Menschenrechte, Arbeitslosigkeit und Kriminalität erzeugen.[3]

 

Die Annahme der unsichtbaren Hand bei Adam Smith impliziert, dass Fehlentwicklungen von sich heraus korrigiert werden, da Unternehmen unter der Prämisse ihres dauerhaften Bestehens effizient und nachhaltig wirtschaften.[4] Das Marktversagen zeigt sich dessen ungeachtet darin, dass öffentliche Güter, die sich durch Nicht-Rivalität im Verbrauch und Nicht-Ausschließbarkeit vom Konsum auszeichnen, vom freien Markt nicht zur Verfügung gestellt werden. Externe Effekte wie die Umweltverschmutzung werden zudem nicht vollständig in den Marktpreisen reflektiert. In der Folge versagt der Preismechanismus und es kommt zu Ressourcenfehlallokationen.[5] Preise und Gewinne verlieren dann ihre Lenkungsfunktion und sind nicht länger Maßstab für Effizienz und die angemessene Befriedigung von Bedürfnissen.[6]

 

Sobald der Markt nicht in der Lage ist, als relevant erachtete Probleme zu bewältigen, wird deren Lösung auf den öffentlichen Sektor überwälzt.[7] Dessen ungeachtet ist ein Rückzug des Staates aus dem sozialen, kulturellen sowie ökologischen Bereich zu beobachten und seine Akteure sind nicht fähig, die Probleme zu lösen. Finanzielle Restriktionen, eine generelle Überlastung staatlicher Organe, die zunehmende Globalisierung, die allgemeine Liberalisierung, der Trend zur Individualisierung, der fehlende politische Wille sowie ideologische Überzeugungen und Wählerpräferenzen lassen sich als Ursachen identifizieren.[8]

 

Da der Staat nicht imstande ist, das Marktversagen zu lösen, rückt der Dritte Sektor mit seinen gemeinnützigen Unternehmen in den Fokus.[9] Deren Lösungskompetenz ist jedoch ebenfalls begrenzt. Einerseits stehen sie vor besonderen Herausforderungen aufgrund fehlender Marktsignale hinsichtlich ihres Erfolges, geringer Marktdynamik, Partikularismus, philanthropischen Versagens sowie einer steigenden Zahl hilfsbedürftiger Menschen.[10] Andererseits begrenzen die Abhängigkeit von der Freigiebigkeit und dem guten Willen einzelner Großspender bei steigender Konkurrenz um begrenzte finanzielle Mittel, verbunden mit strikten steuerlichen Befreiungsregelungen, ihre Expansion.[11] Steinberg stellt daher ein allgemeines Versagen gemeinnütziger Unternehmen fest.[12]

 

Kapitalismuskritiker wie Piketty stellen den Einfluss des Staates und politisches Handeln zur Problemlösung in den Mittelpunkt. Andere setzen unter der Annahme, dass ökonomisches Denken und Handeln keineswegs zwangsläufig im Widerspruch zur ökologischen Nachhaltigkeit stehen, auf marktwirtschaftliche und unternehmerische Konzepte. Hierbei geht es weniger um ideologische oder idealistische Positionen, sondern vielmehr um die Tradition der Wirtschaftswissenschaft, die Ökonomie als „dienendes Prinzip des Menschen“ zu betrachten.[13] Der wirtschaftliche Umgang mit Ressourcen entspricht demzufolge dem ökologischen Grundgedanken und Kosteneinsparungen müssen nicht zwangsläufig zulasten der Arbeitsbedingungen erfolgen.[14] Veröffentlichungen zum Effektiven Altruismus, wie von MacAskill, werfen in der Konsequenz einen marktwirtschaftlichen Blick auf soziale Probleme und deren Lösungsmöglichkeiten.[15] Demgegenüber vernachlässigt der Kerngedanke der neo-klassischen Theorie, wonach der Mensch ein eindimensionaler, ausschließlich auf Eigennutzen und Profitmaximierung ausgerichteter Akteur (Homo oeconomicus) sei, selbstlose Motive. Dies wird der vielschichtigen menschlichen Natur nicht gerecht.[16] Vielmehr existieren Personen, die ihre Fähigkeiten und finanziellen Mittel in den Dienst der Gesellschaft stellen.

 

Durch die Verleihung des Friedensnobelpreises im Jahr 2006 an den Professor für Ökonomie und Gründer, der seit 1983 auf die Vergabe von Mikrokrediten spezialisierten Grameen Bank, Muhammad Yunus, wurde die Idee des Social Entrepre-neurship einer breiten Öffentlichkeit bekannt.[17] Der Anspruch dieses Unternehmertums mit sozialen Zielen basiert auf der Idee, Probleme in den unterschiedlichsten Bereichen und Industrien mit innovativen Konzepten zu lösen und eine nachhaltigere Form des Wirtschaftens zu bieten.[18] Beispielhaft lassen sich die Felder Armut, Korruption, Gewalt, Gesundheit, Bildung und Umweltverschmutzung nennen.[19]

 

Für herkömmliche privatwirtschaftliche Unternehmen stellt Gewinnmaximierung die oberste Handlungsmaxime dar. Gleichzeitig steigen, aufgrund eines veränderten Wertegerüsts und des Bewusstseins um endliche Ressourcen, die Kundenanforderungen hinsichtlich gesellschaftlicher und ökonomischer Verantwortung der Unternehmen.[20] Beckmann begründet dies mit einem abnehmenden individuellen Grenznutzen des Geldes infolge wachsenden Wohlstands und der zunehmenden Bedeutung der persönlichen Entwicklung, der Selbstverwirklichung und sozialer Tätigkeiten sowie moderner Informations- und Kommunikationstechnologien, durch die soziale Probleme eine höhere öffentliche Aufmerksamkeit erfahren.[21] Darüber hinaus kann dies Menschen motivieren als Social Entrepreneur tätig zu werden.[22] Auch führen ein höheres Bildungsniveau, steigender Wettbewerb und bessere Transparenz tendenziell dazu, dass sich ethisches Verhalten von Unternehmen auszahlt.[23] Der Trend zur Individualisierung fördert zugleich einen Unternehmertypus, der nicht den finanziellen Erfolg in den Mittelpunkt seines Handelns stellt, sondern die gesellschaftliche Wirkung, und daher seinen unternehmerischen Ehrgeiz auf den gemeinnützigen Erfolg richtet.[24]

 

Den Social Entrepreneuren wird großes Potential zuerkannt, gesellschaftliche und ökologische Probleme nicht nur effizienter als der Staat oder gemeinnützige Organisationen zu lösen, sondern auch nachhaltig zu handeln und einen gesellschaftlichen Wandel zu fördern.[25] Zugleich erhoffen sich Philanthropen und andere Kapitalgeber eine größere Wirkung ihres Engagements durch die Verbindung des sozialen Aspekts mit einem nachhaltigen unternehmerischen Geschäftsmodell.[26] Auch Social Entrepreneure sind auf einen effizienten Einsatz ihrer Ressourcen und ausreichende finanzielle Mittel angewiesen. Hieraus erwächst das Bedürfnis, interne Abläufe so zu gestalten, dass die Mittel einer optimalen Verwendung zugeführt werden (ex ante als Entscheidungshilfe). Zum anderen ist es notwendig, sich gegenüber Kapitalgebern zu erklären und nachzuweisen, dass deren Mittel (Spenden, Darlehen, Eigenkapital o.Ä.) zweckgemäß eingesetzt wurden (ex post im Sinne von Rechenschaft).[27] Die Frage der Wirkungsmessung stellt sich somit in zweifacher Hinsicht: intern zur Steuerung und extern u.a. zum Einwerben finanzieller Mittel.

 

Im Social Entrepreneurship stehen prinzipiell sowohl klassische Finanzierungsinstrumente des gewinnorientierten als auch solche des gemeinnützigen Sektors zur Verfügung.[28] Im Übrigen spielt für die meisten Anspruchsgruppen neben der finanziellen Rendite auch die soziale Rendite eine nicht unwesentliche Rolle. Diese Vermischung der Sektorlogiken, d.h. die Verbindung der sozialen Mission mit marktwirtschaftlichen Geschäftsmodellen, zwingt die Unternehmen dazu neue Formen der Unternehmensberichterstattung zu finden.[29] Zugleich sind Social Entrepreneure mittelfristig auf einen sozialen Kapitalmarkt angewiesen, für den transparente und allgemein (ggf. global) akzeptierte Berichtsstandards notwendig sind.[30]

 

Die vorliegende Arbeit setzt sich mit der Fragestellung auseinander, wie die externe Unternehmensberichterstattung im Social Entrepreneurship in Deutschland gestaltet werden kann, um den wesentlichen Anspruchsgruppen und Besonderheiten dieses Sektors gerecht zu werden. Kapitel 2 definiert die grundlegenden Begriffe und grenzt sie für den weiteren...

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