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Spekulanten am Warenterminmarkt. Ihre Rolle bei der Preisbildung von Weizen am Kassamarkt

AutorSebastian Stirnkorb
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl81 Seiten
ISBN9783668249882
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis34,99 EUR
Bachelorarbeit aus dem Jahr 2013 im Fachbereich BWL - Bank, Börse, Versicherung, Note: 1,5, European School of Business Reutlingen, Sprache: Deutsch, Abstract: Seit Beginn des 21. Jahrhunderts konnte nach dem Platzen der Dotcom Blase eine Liquiditätsverschiebung von Aktienmärkten hin zu Rohstoffmärkten festgestellt werden. Insbesondere Index Funds auf Agrarrohstoffe verzeichneten einen rasanten Anstieg des Handelsvolumens. Die Untersuchung des kausalen Zusammenhangs zwischen der gleichzeitigen Anhebung des Preisniveaus vieler Agrargüter am Kassamarkt, sowie die erhöhte Volatilität dieser Märkte und die stärkere Korrelation vieler Agrargüter ist Gegenstand dieser Arbeit. Eine Untersuchung der Fundamentaldaten zeigte, dass diese die Marktentwicklung nicht erklären können. Verschiedene Studien, welche mittels des Granger-Kausalitätstests den Zusammenhang von Kassa- und Warenterminmärkten untersuchen kommen zu ambivalenten Ergebnissen, was an methodischen Mängeln liegt, wie z.B. die beliebige Wahl des Time-Lags, die Verwendung wöchentlicher Daten, die Problematik des Open Interests als Netto-Position, die Unmöglichkeit der Untersuchung von OTC-Transaktionen und die nicht gegebene empirische Unabhängigkeit vieler Studien. Eine weitere Analyse von Kennzahlen zur Spekulationsintensität der Agrarrohstoffmärkte ergab, dass die Agrarterminmärkte einen Mangel an informierten Spekulanten aufweisen und keineswegs exzessive Spekulation vorliegt, denn historisch gesehen bewegen sich Working´s T-Index, der Spekulations-Ratio und Volume to Open Interest auf normalem bis niedrigem Niveau. Dennoch zeigen die Entwicklungen am Markt und die Ergebnisse verschiedener Studien, dass gelegentlich Informationsverarbeitungsineffizienzen vorliegen, weshalb die Märkte, insbesondere das Vorgehen von Index Funds, noch transparenter gestaltet werden müssen.

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Leseprobe

2 Die Rolle von Spekulanten am Warenterminmarkt


 

Im ersten Kapitel wurde bereits die Bedeutung der Preisbewegungen von Weizen und weiteren Grundnahrungsmitteln für Entwicklungsländer angesprochen. Die Auswirkung von Spekulation am Warenterminmarkt auf die Preisbildung dieser Rohstoffe wird in jüngster Zeit zunehmend kritisch betrachtet. Um die Thematik aus verschiedenen Blickwinkeln zu erläutern und das Wesen der Spekulation besser zu verstehen, erläutert dieses Kapitel zwei sich widersprechende Spekulationstheorien. Zunächst wird der Spekulationsbegriff definiert.

 

2.1 Definition und Abgrenzung des Spekulationsbegriffs


 

Der Großteil der Literatur (z.B. Robles, Torero und Braun, 2009, S.2; Zantof und Dinauer, 2011, S.363) stimmt in der Definition von Spekulation sinngemäß mit Folgendem überein:

 

„Als Spekulation wird jede durch Gewinnstreben motivierte Ausnutzung erwarteter zeitlicher Preisunterschiede eines Gutes auf einem bestimmten Markt bezeichnet. Da zukünftige Preisveränderungen nicht mit Sicherheit vorhersehbar sind, ist Spekulation immer risikobehaftet. […]Dabei werden eingegangene Positionen nach kurzer Zeit wieder rückgängig gemacht.“

 

 (Aschinger, 2001, S. 1-2)

 

Die Definition verdeutlicht, dass Spekulanten gewinnorientiert sind, das heißt sie orientieren sich primär nicht an Wertschöpfung, wenngleich sich die beiden Konzepte nicht ausschließen. Darüber hinaus geht diese weit verbreitete Definition davon aus, dass Spekulation immer risikobehaftet ist. Dies trennt sie von der Arbitrage, bei welcher „keine Unsicherheit [besteht,] es werden lediglich aktuelle Preisdifferenzen ausgenützt.“ (Aschinger, 2001, S.2). Dahingegen wird Hedging als Gegenpart zur Spekulation verstanden: „Investing in an asset to reduce the overall risk of a portfolio“ (Bodie, Kane und Markus, 2008, S. G-6). Es wird also angenommen, dass risikoaverse Hedger und risikosuchende Spekulanten am Warenterminmarkt aufeinander treffen, um unter anderem Risiken zu teilen (vgl. Klöhn, 2006, S.25). Man geht davon aus, dass Spekulanten nur kurzfristig Positionen halten, da sie sich per definitionem nur durch Gewinnstreben motivieren und nicht durch die Wertentwicklung ihrer Vermögenswerte.

 

Damit sich ein Spekulant am Markt halten kann, muss er Gewinne erzielen. Dies kann nur geschehen, wenn der subjektiv erwartete Wert des Spekulanten durch mehr oder bessere Informationen gebildet wird. Die Neoklassik geht daher davon aus, dass „Spekulanten in Warenterminmärkten hoch spezialisierte Investoren mit tiefgründiger Kenntnis des Marktes für einen bestimmten Rohstoff (z.B. Weizen)“ (Bailey, 2005, S.364) sind.

 

Im Hinblick auf Index Funds, welche in eine Vielzahl von Rohstoffen nach einem vorgegebenen Muster investieren, erscheint die Annahme tiefgründiger Kenntnis der Märkte für diese Gruppe von Spekulanten höchst zweifelhaft. Darüber hinaus wäre es wenig sinnvoll, Individuen in risikoaverse Hedger und risikosuchende Spekulanten einzuteilen, da gerade auf dem Agrarrohstoffterminmarkt viele große Produzenten die wertvollsten Informationen und Kenntnisse des Marktes besitzen und diese auch für spekulative Gewinnerzielungen nutzen[3] (vgl. Irwin, Sanders und Merrin, 2009, S.380). Eine einheitliche Definition bzw. Abgrenzung ist also schwierig. Aus diesem Grund hat die U.S. Commodity Futures Trading Commission (im Folgenden CFTC), die amerikanische Regulierungsbehörde für Futures- und Options-Märkte, seit September 2008 die Kategorien ihrer wöchentlichen Datenberichte über Handelspositionen und gehandelte Volumen von Handelsaktivitäten (Spekulation und Absicherung) auf Entitäten (kommerziell und nicht-kommerziell) umgestellt (vgl. CFTC, 2008, S.2). Dies reflektiert die Schwierigkeit, Handelsaktivitäten voneinander zu trennen, sowie valide und reliable Ergebnisse aus statistischen Tests mit diesen Daten zu erhalten.[4] Trotz dieser Einschränkung bezüglich der Abgrenzung von Spekulanten und Hedgern wird im Folgenden Aschingers Definition[5] verwendet, da sie die wesentlichen Charakteristika der Spekulation wiedergibt.

 

2.2 Spekulation aus Sicht der Neoklassik


 

Die neoklassische Kapitalmarkttheorie geht vom Bild des Homo Oeconomicus aus. Demnach handeln Marktteilnehmer rational, sind informiert und darauf bedacht ihren Nutzen zu maximieren (vgl. Daxhammer und Facsar, 2012, S. 22-23). Es wird also angenommen, dass Individuen nur spekulieren, wenn sie selbst dadurch ihren Nutzen maximieren können. Dieses Kapitel soll dazu beitragen zu verstehen, welche volkswirtschaftlichen Konsequenzen sich aus der Sicht der Neoklassik aus Spekulationstätigkeit ergeben.

 

2.2.1 Allokation von Risiken


 

Eine der zentralen Funktionen des Finanzsystems ist die Allokation von Risiken. Dabei behandelt die Allokation von Risiken „die Frage, welche Risiken überhaupt eingegangen werden, und die Frage, wie diese Risiken in der Volkswirtschaft verteilt werden“ (Obst und Hintner, 2000, S.7). Risiken am Warenterminmarkt entstehen durch intertemporalen Tausch und der damit verbundenen Unsicherheit. Warenterminmärkte erlauben den Tausch von Risiken, wobei der risikoaverse Teilnehmer dem Subjekt, welches das Risiko übernimmt eine Risikoprämie zahlt. Es ist also wichtig, dass es am Markt genügend Spekulanten gibt, die bereit sind die Risiken von Hedgern zu übernehmen, welche sich absichern möchten. Denn nur wenn genügend Individuen bereit sind Risiken zu teilen, können individuelle Risiken je nach Risikoaversion minimiert werden (vgl. Obst und Hintner, 2000, S.8).

 

Diese Teilung von Risiken bringt risikoaverse Hedger mit risikoneutralen oder risikosuchenden Spekulanten zusammen, selbst wenn beide Parteien gleiche Preiserwartungen haben (vgl. Klöhn, 2006, S.26). Daraus ergeben sich positive gesamtwirtschaftliche Folgen, wie das folgende Beispiel verdeutlichen soll.

 

Möchte etwa ein Farmer an der CBOT Weizen verkaufen, sich aber gegen Preisschwankungen absichern, so kann er seine Ernte hedgen, indem er Short Futures-Positionen[6] eingeht. Diese berechtigen ihn, seine Ware zu einem bestimmten Zeitpunkt zu einem vordefinierten Preis zu verkaufen. Unabhängig davon wie sich der Preis bis zur Ausübung des Futures nun entwickelt, weiß der Farmer bereits welchen Preis er für seine Ware erhalten wird. Der Käufer dieses Futures-Kontrakts kann beispielsweise ein Spekulant sein, der auf steigende Preise setzt. Er erhofft sich, wenn er kein Interesse am Weizen hat, den Kontrakt zum Zeitpunkt der Ausübung wieder zu verkaufen oder diesen glattzustellen indem er bei der Clearing Stelle der CBOT eine gegensätzliche Position eingeht. Der Käufer könnte aber auch ein weiterer Hedger sein, der sich gegen steigende Preise absichern möchte, beispielsweise ein Produzent von Backwaren (vgl. CFTC, 2012).

 

Das Beispiel verdeutlicht die wohlfahrtstheoretische Implikation der Spekulation. Das Risiko der Preisschwankung wird zu Marktteilnehmern gelenkt, die diese zu geringen Kosten tragen können. Außerdem müssen Hedger für ihre Produkte am Kassamarkt keine Risikoprämien aufgrund von antizipierten Preisschwankungen verlangen. Dies führt zu größerer Preisgenauigkeit auf den Kassamärkten und Kostenersparnissen, die an Endkonsumenten weitergegeben werden können (vgl. Klöhn, 2006, S.67).

 

2.2.2 Preisstabilität und Wohlfahrtseffekte


 

Die Frage, ob Spekulation an Warenterminmärkten nun eine stabilisierende oder destabilisierende Wirkung auf den Kassapreis des jeweiligen Gutes hat, beschäftigt Wissenschaftler schon seit mehreren Jahrhunderten.[7]Während Befürworter der destabilisierenden Wirkung sich meist auf Beobachtungen des Marktgeschehens konzentrieren, beziehen sich deren Gegenspieler auf die simple Annahme, dass Spekulation nicht destabilisierend sei, da dies implizieren würde, dass Spekulanten Geld verlieren würden: „Speculation can be destabilizing in general only if speculators on the average sell when the currency is low in price and buy when it is high“ (Friedman, 1953, S.175).

 

Lars Klöhn hingegen ergänzt, dass der Diskussion eine einheitliche Definition von Preisstabilität fehle. So könne „Preisstabilität als Wert an sich (oder) […] in Abhängigkeit von sich ändernden Fundamentalwerten der Handelsobjekte gesehen werden” (vgl. Klöhn, 2006, S.59). Eine schnelle Preisanpassung durch Newstrader könnte daher als Preisstabilität angesehen werden, da sie die Varianz reduziert, man könnte aber durch die kurzfristig erhöhte Volatilität auch von destabilisierender Wirkung sprechen (vgl. Klöhn, 2006, S.59).

 

Die Neoklassik geht von stabilisierender Spekulation aus. Gerhard Aschinger verdeutlicht diese stabilisierende Wirkung in Abbildung 2.1:

 

 

Abbildung 2.1: Stabilisierende Spekulation (Quelle: Aschinger, 2001, S.4)

 

Demnach verschiebt sich das Marktgleichgewicht durch Spekulationsaktivität...

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