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Spielräume von Theater - Das Kindertheater als Grundlage zur Einübung von Strategien zur Alltagsbewältigung?

Das Kindertheater als Grundlage zur Einübung von Strategien zur Alltagsbewältigung

AutorDana Nowak
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2010
Seitenanzahl86 Seiten
ISBN9783640536047
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis34,99 EUR
Examensarbeit aus dem Jahr 2009 im Fachbereich Pädagogik - Schulpädagogik, Note: 1,3, Universität Koblenz-Landau, Veranstaltung: ästhetische Grundbildung (Grundschulpädagogik), Sprache: Deutsch, Abstract: Das Theaterspiel ist unzweifelhaft für ein besseres Einprägen des Unterrichtstoffes förderlich und somit ist die Aufnahme in die heutigen Lehrpläne nachvollziehbar, aber ist dieses zweckmäßige Verarbeiten im Sinne von 'Lernen mit Kopf, Herz und Hand' zu verstehen? Mein Standpunkt ist, dass es gar nicht um das stoffliche Erarbeiten durch das Theater geht. Es geht vielmehr darum, dem Kind einen Raum zu eröffnen, in dem es sich entwickeln kann, indem es Verhaltensweisen erproben und Erfahrungen machen kann. Früh begonnen kann es sich darüber ein größeres Handlungsrepertoire aneignen, das es nicht nur später zielorientiert anwenden, sondern sogleich auf seine Alltagserfahrungen und -situationen übertragen kann. Auch für neu erlernte Handlungsmuster braucht ein Kind einen Raum zum uneingeschränkten Üben und Erproben von diesen. Das Gelingen und Misslingen der angewandten Handlungen, die Reaktionen von der Umwelt darauf und die Reflexion vom Kind selbst fügen sich zusammen zu einem Erschaffen von Möglichkeiten und damit wiederum zu Bewältigungsstrategien. Probleme, die im Alltag des Kindes auftauchen, könnten so besser und schneller gelöst werden und haben somit einen positiven Einfluss auf die Psyche des Kindes. Nicht nur das Erlernen von Handlungen, und somit von Fähigkeiten und Fertigkeiten, erzeugt ein gutes Selbstbewusstsein im Theater. Das Selbstbewusstsein entwickelt sich auch durch die neuen Erfahrungen, die das Kind macht, wie Bewegungen zu denen es lernt fähig zu sein oder emotionale Erfahrungen, die es beim Theaterspiel machen kann. Damit wird die wichtigste Grundlage geschaffen, die zur Problembewältigung des Kindes beiträgt. Zu mehr das Kind lernt fähig zu sein, desto positiver wirkt sich dieses Wissen auf die Entwicklung des Kindes aus. Aber das Theater in der Schule kann sicherlich noch mehr bieten. Wichtig ist, dass das Spiel bei der Entwicklung der Persönlichkeit und damit der Identität ansetzt. Darauf basieren überhaupt erst Handlungsmöglichkeiten und das Verständnis von sich selbst und der Welt. Auf dem Körper fundiert das Verständnis der Welt und die Entwicklung findet auch über ihn statt. Damit wird deutlich, dass der Körper einen hohen Stellenwert hat in der Entwicklung des Selbstbewusstseins, der Identität und damit der Findung von Handlungsmöglichkeiten und der Bewältigung des Alltags. Welche Faktoren genau das Erreichen dieser Ziele ermöglichen und wie sie im Einzelnen zusammenhängen, soll in der folgenden Arbeit geklärt werden.

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Leseprobe

4.  Begriffseinordnungen


 

4.1.  Entwicklung der Identität


 

Wenn von der Entwicklung einer Identität gesprochen wird, muss herausgestellt werden, warum das so wichtig ist. Was also bringt es dem Kind seine Identitätsentwicklung zu fördern und was bringt es der Schule, diese zu unterstützten?

 

Identität ist nach Erik Homburger Erikson das bewusste und unbewusste Erleben der Ich-Kontinuität. Der Mensch bleibt grundsätzlich der gleiche, obwohl er und seine Umwelt sich ändern. Sie entsteht aus der Erfahrung dass man selbst immer der Gleiche ist, egal wo man sich befindet, und dass andere Menschen diese Gleichheit anerkennen. „Der Weg zu einer Identität ist ein Prozess von Wachstum und Krisen, ein Weg über mehrere Krisenphasen. Das Ziel der Entwicklung ist die „gesunde“, „reife“ Persönlichkeit, die eine gewisse Einheitlichkeit zeigt, die Welt und sich selbst richtig erkennt und die Umwelt aktiv meistert.“ (Zimmermann 2006, S. 169) Die Identitätssuche ist vor allem bei Jugendlichen stark ausgeprägt, da sie ihren Platz in der Gesellschaft und mit deren Erwartungshaltung erarbeiten. (Vgl. Zimmermann 2006, S. 170)

 

Bei Kindern ist diese Suche nicht so stark ausgeprägt. Allerdings wird sie mitgeprägt durch die Erfahrungen, die das Kind in der Kindheit macht. Auch Kinder treten der sozialen Umwelt mit ihren Rollenzuweisungen gegenüber. Dennoch ist die „Selbstdefinition“ (Zimmermann) nicht so stark von ihnen reflektierbar, wie bei jungen Heranwachsenden. Was allerdings sehr prägbar ist, ist die Fähigkeit und Offenheit gegenüber dem Problemlösen und dazugehörige Verhaltensmuster und Handlungsstrategien. Was in der Kindheit bereits erlernt wurde, kann in der Jugend angewandt werden und wirkt sich daher positiv auf die Identitätssuche und Identitätsfindung aus.

 

Bewältigungsstrategien, die bereits fester Bestandteil für den Jugendlichen wurden, wenden krisenhafte Formen, welche durch Individuations- und Integrationsprozessen ausgelöst werden, in der Sozialisation ab oder schwächen sie ab. „Mit Individuation ist hierbei die Entwicklung der individuellen, ganz einzigartigen Persönlichkeit mit den unverwechselbaren Merkmalen Eigenschaften eines Menschen gemeint. Dies ist  gleichzusetzen mit dem Aufbau der personalen Identität, die aus den biographischen Erfahrungen eines Menschen besteht.“ (Zimmermann 2006, S. 171) Bei Integration handelt es sich um den Anpassungsprozess an gesellschaftliche Normen, Werte und Anforderungen. (Vgl. Zimmermann 2006, S. 171)

 

Nach Erikson verläuft der Persönlichkeitsaufbau über verschiedene Stufen. Das Wachstum der Persönlichkeit ist dabei immer abhängig von inneren und äußeren Konflikten, die bei Kindern vor allem aus familiärer Seite her stammen und später anderen Sozialstrukturen. Im Laufe der Zeit haben Kinder immer mehr psychosoziale Krisen zu bewältigen, die als festsetzender Bestandteil des Wachstums verstanden werden müssen. (Vgl. Zimmermann 2006, S. 24/25)

 

In den ersten beiden Stufen ist das Kind noch im Säuglings- und Kleinkindalter. Hierbei wird vor allem Vertrauen zur Familie aufgebaut, die da ist, egal wie man sich gerade fühlt. Auch der spätere Versuch von Autonomiebestrebungen und die Toleranz dieser seitens der Eltern spielen eine wichtige Rolle um die Grundlage für eine Ich-Identität zu erlangen. Im Spielalter beginnt das Kind erstmalig herausfinden zu wollen, wer es selbst ist und was es werden will. Dabei treten sie mit allem und jedem in Kontakt, entwickeln ein Gewissen und eine große Wissbegierde. Im Schulalter ist die Gefahr für ein Gefühl der Unzulänglichkeit und Minderwertigkeit sehr hoch. „Kinder werden jetzt lernbegierig. Erikson beschreibt diese Entwicklungsstufe mit „Ich bin, was ich lerne“.“ (Zimmermann 2006, S. 27) Kinder brauchen jetzt das Gefühl etwas gut machen zu können und dadurch zu etwas gut zu sein. Dieser Teil der Identitätsfindung schafft Lust etwas zu erreichen und ein Ziel vor Augen zu haben. Hier wird die Grundlage geschaffen für das Ich-Gefühl, was sich besonders im Jugendalter ausbaut und eine Stabilität im frühen Erwachsenenalter findet. (Vgl. Zimmermann 2006, S. 25-28)

 

Alles was das Kind erlebt, erfährt und erlernt geschieht aus einem sozialen Kontext heraus. Es tritt in eine Wechselbeziehung zwischen der Umwelt und sich selbst mit dem bewussten und unbewussten Ziel die Welt zu begreifen. Viel geschieht dabei über Bewegung und Körpererfahrung, aber auch Kommunikation. Das Resultat ist Bewusstsein für sich selbst, seinen Fähigkeiten, eigenen Erwartungen und die damit verbundene Persönlichkeitsentwicklung.

 

Diesen Sozialisationskonzepten stehen philosophisch-anthropologische Konzepte gegenüber. Ein Beispiel erläutert Hans-Wolfgang Nickel. Zunächst einmal stellt er das Identitätskonzept infrage, indem er die Meinung vertritt es kann gar keine einzelne Identität geben, denn die Menschen haben immer mehrere, da sie in unterschiedlichen Situationen oder mit unterschiedlichen Menschen immer anders sind. Durch die Veränderungen in der Gesellschaft und damit immer neuen Anforderungen an sich selbst und an seinen Fähigkeiten machen es schwer, seine eigene Identität zu greifen. Die Menschen werden von außen in ein Schema gesetzt, das wir als Identität wahrnehmen. Dabei besteht der Zweifel, ob wir überhaupt so etwas wie Identität besitzen, oder ob es sich vielmehr um ein bloßes Nachahmen von Mustern von anderen handelt. (Vgl. Nickel 2004, S. 268/269)

 

Identität ist ein Wort, dass uns sagt, was den Menschen auszeichnet, wie eine „identity card“ (Nickel). Sie gibt Aufschluss über die Persönlichkeitsstruktur und für das Erkennen der eigenen Identität mit dem forschenden Befragen seiner selbst. Es handelt sich also um ein Konzept, was im Inneren des Menschen entsteht und dort auch mit Anteilnahme entwickelt werden sollte. Es hat viele Aufgaben zu bewältigen, um zu einem „Ich“ zu gelangen. Die Identität hat sich mit den Wünschen, Gefühlen, Gedanken, Erfahrungen, Bezugspersonen, Positionen usw. zu beschäftigen. Als etwas Inneres realisiert sie sich im Äußeren durch Geste, Sprache, Körperhaltung, in Rollen und Handlungen. Dies offeriert auch, dass es mindestens zwei Arten von Identität geben muss, zum einen die soziale und zum anderen die personale Identität. Dabei ist die soziale stark abhängig vom äußeren Druck der Gesellschaft. (Vgl. Nickel 2004, S. 270/271)

 

Das Selbst ist der Kern der eigenen Identitäten. Er ist verantwortlich für Handlungen, die vollzogen werden und verwaltet sie Kenntnis über einen selbst, woraus das Selbstkonzept und Selbstbewusstsein entspringen. Damit sind zwei Aufgaben von Identität zu erkennen: die Selbsterkenntnis und die Selbstgestaltung. (Vgl. Nickel 2004, S. 272-277)

 

Die sozialisationstheoretische Konzeption und die anthropologische Sichtweise von Nickel zusammengefasst ergeben zusammen das Identitätskonzept, dass ich in meinen Ausführungen meine, wenn ich vom Oberbegriff der Identität spreche. Identität zu entwickeln bedeutet für das Kind also zum einen die Persönlichkeit zu entwickeln und die Welt zu bewältigen und zum anderen sich selbst zu reflektieren und den eigenen Weg zu finden zu einem Verständnis der Welt, durch das Ergründen der Beziehung der Umwelt zu einem selbst. Eine sich daraus entwickelnde Eigentätigkeit soll dazu dienen, das Leben zu begreifen und seinen eigenen Weg zu gehen. Das dabei entstehende Wechselspiel von Anpassung und Befreiung von Zwängen gilt es zu verstehen und seinen Nutzen daraus für sich selbst zu ziehen. Die aus den Reflexionen resultierenden Verhaltensmuster und Handlungsstrategien sind Zeichen von Individualität und Vernunft.

 

4.2.  Kinderalltag und schulische Aufarbeitung


 


Um herauszustellen warum Kinder den Alltag bewältigen müssen, muss erst einmal geklärt werden, welche Faktoren im Alltagsleben überhaupt eine Rolle spielen. Kinder haben einen vom Erwachsenen stark unterschiedlichen Tagesablauf. Sie gehen nicht arbeiten, haben keine Rechnungen zu bezahlen und müssen für niemanden da sein. Dennoch müssen auch sie sich mit Problemen auseinandersetzen, die ihre Entwicklung beeinflussen. In ihrem kindlichen Zugang zur Welt muss vor allem Struktur geschaffen werden um Sicherheiten zu erlangen. Die Fähigkeit auftretende Probleme allein lösen zu können, ist dabei sehr hilfreich. Durch das daraus resultierende Selbstbewusstsein können Kinder besser an Probleme heran gehen und damit den Alltag besser in den Griff bekommen.

 

„Der Alltag ist die fundamentale und vorprädikative Wissensordnung und implizite Hintergrundstruktur schlechthin, die den Versuch von Kindern leitet, das ganz normale Chaos des Kinderalltages in eine gewisse räumliche, zeitliche, sachliche und soziale Ordnung zu bringen.“ (Schweizer 2007, S. 443) Durch diese Strukturierung und den Aufbau von Alltagswissen ist die Grundlage geschaffen für kindliche Handlungsfähigkeit. Im Alltagsleben können Handlungsmöglichkeiten geschaffen werden, die das Kind und seine Welt verändern. Auf diese kann sich das Kind immer wieder berufen. Es kann wieder zurück zu dem sozialen Handeln kommen, das es dort erlernt hat und aus der Wiederholung neue Schlüsse für die Welt ziehen. (Vgl. Schweizer 2007,...

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