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Sportspiele und Aggressivität. Die 'kleinen Spiele' hinsichtlich ihres Nutzens zur Gewaltprävention

AutorUdo Kroack
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2002
Seitenanzahl88 Seiten
ISBN9783638127561
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis27,99 EUR
Examensarbeit aus dem Jahr 1998 im Fachbereich Didaktik - Sport, Sportpädagogik, Note: 1, Otto-Friedrich-Universität Bamberg (Lehrstuhl für Sportdidaktik), Sprache: Deutsch, Abstract: Gewalt und Aggression sind allgegenwärtig. Neben den in den Medien erscheinenden offensichtlichen Erscheinungsformen wie Krieg, Kriminalität, ausländerfeindlichen Aktionen, sexuellem Missbrauch etc. gibt es im Alltag unzählige weniger auffällige: Aggressionen im Straßenverkehr, in der Familie, in der Berufswelt (Mobbing), in der Schule, im Sport und subtilere Formen der psychischen Aggression. Fast täglich berichten die Medien von aggressiven Übergriffen junger Menschen. Hierbei lässt sich feststellen, dass nicht nur die Zahl der Gewalttaten steigt, sondern vor allem die Qualität der Aggressionen sich verändert hat. Viele aggressive Verhaltensweisen werden in unserer modernen 'Ellbogengesellschaft' akzeptiert und von Erwachsenen vorgelebt. Nach HURRELMANN zeigen aktuelle Studien, 'dass 10 -12% der Kinder im Schulalter an psychischen Störungen vor allem in den Bereichen Leistung, Emotion und Sozialkontakt leiden. Dazu gehören auch aggressive und gewalthaltige Verhaltensweisen [...] wobei offenbar an Hauptschule und Berufsschulen die meisten Probleme wahrgenommen werden'. Nicht nur weil die Schule von der zunehmenden Aggressivität besonders betroffen ist, sondern vor allem wegen ihres großen Einflusses auf die Kinder ist es sinnvoll, hier mit der Bekämpfung der Aggressivität zu beginnen. Die jetzigen und zukünftigen Lehrer werden besonders im pädagogischen Bereich gefordert sein. Eine wichtige Rolle bei dieser Aufgabe spielen dabei die Sportlehrer, zum einen, weil aggressives Verhalten im Sportunterricht mehr als in anderen Fächern offen auftritt, zum anderen, weil der Sportunterricht eine gute Möglichkeit bietet, die Schüler emotional geöffnet und engagiert zu treffen und sie so positiv zu beeinflussen. Diese Überlegung spiegelt sich auch im Lehrplan des Faches Sport wider: Erziehung zur Fairness und Kooperation sind als wichtige Ziele aufgeführt und sollen auch in die Benotung einfließen. Um Sozialerziehung mit Erfolg durchzuführen, benötigt man Formen des Sports, die gewünschte Verhaltensweisen fördern. Ein schier unerschöpfliches Repertoire bieten die so genannten 'Kleinen Spiele'. In dieser Arbeit sollen die relevanten theoretischen Grundlagen angeführt werden, bevor im anschließenden Teil eine Neuordnung hinsichtlich des aggressiven Gehalts der 'Kleinen Spiele' erfolgt. Zusätzlich wird noch ein Vorschlag einer progressiven Abfolge ausgewählter Spiele, die zur Erziehung zum Umgang mit Aggressionen sinnvoll erscheinen, ausgearbeitet.

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Leseprobe

II. Praktischer Teil


 

Im folgenden praktischen Teil sollen die Kleinen Spiele auf verschiedenen Ebenen untersucht werden: zum einen soll herausgearbeitet werden, inwiefern die Spielidee an sich aggressive Züge beinhaltet, zum anderen, welche Faktoren des Spiels die Spielenden in ihrer Spielweise bezüglich ihrer Aggressivität beeinflussen. Dazu ist es zunächst notwendig, geeignete Kriterien zu finden, anhand derer die Spiele unter dem Gesichtspunkt „Aggression“ betrachtet und systematisiert werden können. So soll eine Neuordnung der Kleinen Spiele entstehen, die den aggressiven Gehalt der Spiele berücksichtigt und somit ein gezieltes Auswählen unter diesem Aspekt ermöglicht.

 

Nach dieser Auflistung soll eine Anordnung der Spiele folgen, die im Hinblick auf die Erziehung zum Umgang mit Aggressionen besonders wertvoll sind. Dabei wird unterschieden zwischen Spielen, die das „Miteinander“, die Kooperation der Schüler fördern und solchen, die aus dem „Gegeneinander“, dem Zweikampf ein kontrolliertes und faires „Miteinander“ machen sollen. Es werden also zum einen Spiele aufgeführt, die den Kindern zeigen, daß durch Zusammenarbeit ein positives Ergebnis möglich ist und daß gegenseitige Rücksichtnahme und das Aufeinander-Eingehen dazu notwendig sind (Schulung der übergeordneten Lernziele Kooperation und Empathie). Zum anderen sollen die Schüler dazu angehalten werden, in der Auseinandersetzung mit dem Anderen fair und emotional kontrolliert zu bleiben, d.h. es wird darauf Wert gelegt, daß Aggressionen, die nicht zu vermeiden sind und auch als ein Mittel der Kommunikation angesehen werden müssen, nicht unkontrolliert nach außen dringen und so zerstörerisch wirken können.

 

1. Begriffliche Eingrenzung „Kleine Spiele“


 

DÖBLER (1996, S.15): „Als Kleines Spiel bezeichnen wir demnach eine von einem bestimmten Spielgedanken beziehungsweise einer Aufgabe ausgehenden Folge von freudvollen Handlungen, die durch motorische Leistung und soziale Aktivität bestimmt werden. Kleine Spiele tragen meist Wettbewerbscharakter; sie werden andererseits aber auch nur aus Freude am Miteinander gespielt, ohne die Ermittlung von Siegern.“

 

Obwohl der Begriff „Kleine Spiele“ die verschiedensten Spielformen unter einen Hut zu bringen versucht und deshalb ziemlich unscharf ist, hat er sich dennoch in der Spielpraxis durchgesetzt. Diese Form der Bewegungsspiele grenzt sich ab von den „Großen Sportspielen“ und den „Volkstümlichen Spielen“. Erika und Hugo DÖBLER teilen die Kleinen Spiele wie folgt ein (S.17ff):

 

 Singspiele - das Singen, Tanzen und Darstellen

 

 Laufspiele - das Laufen und Haschen

 

 Ballspiele - das Fangen, Werfen und Schlagen eines Balles

 

 Kraft- und Gewandtheitsspiele - das Ringen und Raufen

 

 Spiele zur Übung der Sinne - das genaue Beobachten, schnelle Reagieren und sichere Orientieren

 

 Kleine Spiele im Wasser - das Spielen in Verbindung mit Planschen, Schwimmen und Tauchen

 

 Kleine Spiele bei Schnee und Eis - das Tummeln im Schnee und Spielen mit dem Schnee, das Schlittenfahren, das Schlittschuh- und Skilaufen

 

 Geländespiele - das Anschleichen, Sich-Verstecken, Suchen und Verfolgen; außerdem:

 

 Sportliche Freizeitspiele - Ballspiele zur typischen Freizeitbeschäftigung

 

 Heim- und Partyspiele - Partyspiele mit ausgesprochenem Bewegungscharakter

 

Im Gegensatz zu den Großen Sportspielen, bei denen überall auf der Welt nach den gleichen Regeln gespielt wird, sind die Kleinen Spiele sehr flexibel. Es sind unzählige Variationen und Regeländerungen möglich, die von den Spielenden spontan an ihre Anforderungen angepaßt oder vom Lehrer nach pädagogischen Gesichtspunkten modifiziert werden können. Auch von der Mannschaftsstärke läßt sich keine Einheitlichkeit feststellen: zum Teil spielen zwei zahlenmäßig gleich starke Mannschaften gegeneinander, zum Teil alle gegen einen, jeder gegen jeden oder einer gegen einen. Charakteristisch für allen Kleinen Spiele ist, daß sie ohne große Vorerklärungen schnell und flüssig spielbar sind, weshalb sie sich auch besonders für den zeitlich begrenzten Schulsport eignen. Manchmal weisen die Kleinen Spiele Ähnlichkeit mit Vor- oder Übungsformen der Großen Sportspiele auf, sollten aber dennoch von diesen abgegrenzt werden. Selbstverständlich werden auch hier Fähigkeiten und Fertigkeiten, die für die Großen Spiele wichtig sind, indirekt mittrainiert (z.B. Ballgefühl, Antizipationsfähigkeit u.a.), dies soll jedoch nicht die vordergründige Absicht sein. Die Übergänge sind hier natürlich fließend. Spiele mit Trainingsabsicht sollten aber eher als „spielerische Übungsformen“ bezeichnet werden. Sukzessive nähern kann man sich den Großen Sportspielen über die „Kleinen Sportspiele“ (Mannschaftskampfspiele, die bereits den Großen Sportspielen in der Spielidee und Handlungsschwerpunkten ähneln) und die „Mini-Sportspiele“, bei denen reduzierte Maße des Spielfelds, der Spielgeräte und der Spielerzahl sowie vereinfachte Regeln (es werden allerdings international verbindliche Regeln bereits gefordert) gelten (DÖBLER 1996, S. 15ff).

 

2. Kurzbeschreibung der verschiedenen Spieltypen nach der Systematik von


 

E. und H. DÖBLER

 

Im Folgenden soll ein grober Überblick über die Spielesammlung von E. und H. DÖBLER gegeben werden, der keineswegs die Spiele gleich den oben festgelegten Kategorien zuordnet, sondern vielmehr die verschiedenen Spieltypen in den Begriffen der Autoren vorstellt und sich allenfalls kurze vorüberlegende Gedanken über Schwierigkeiten und Möglichkeiten zu der bevorstehenden Systematisierung macht.

 

(1) Singspiele S. 59-99

 

Zu den Singspielen werden die Darstellungsspiele, die Spiellieder und die Tanzspiele gerechnet. In den Darstellungsspielen ahmen die Kinder Handlungen, die im Text des Liedes genannt werden, nach. Tiergeschichten, Märchen, Bauern- und Handwerkertätigkeiten und andere charakteristische Arbeitsbewegungen sollen von den Kindern dargestellt werden. Spiellieder sind die Singspiele, bei denen einem Text eine feste „Choreographie“ zugeordnet ist, z.B. Kreise mit Handfassung, Ketten, Brücken u.s.w. Charakteristisch für die Tanzspiele ist, daß Gesang und einfache Tanzschritte miteinander verbunden werden. Die Übergänge zu den beiden anderen Arten der Singspiele sind hier fließend, bei den Tanzspielen steht jedoch mehr der Rhythmus im Vordergrund (Vorform der Volkstänze).

 

Bis zu einem gewissen Alter haben die Singspiele einen hohen, aber leider selten genutzten Wert, der weniger im biologischen als vielmehr im pädagogisch-psychologischen Bereich liegt. Neben der musikalisch-rhythmischen, darstellerischen und einer gewissen ästhetischen Erziehung, soll hier vor allem die Gemeinschaftserziehung betont werden. Die Kinder ordnen sich in die Gruppe ein, passen sich einander in ihren Bewegungen an und interagieren miteinander. Sie werden spielerisch gezwungen, rücksichtsvoll auf ihre Mitspieler zu achten und partnerschaftlichen Körperkontakt zuzulassen.

 

(2) Laufspiele S.100-198

 

In den Laufspielen ist, wie es der Name schon sagt, das Laufen das charakteristische Moment. Um den verschiedenen Zielen in den Laufspielen Rechnung zu tragen, empfiehlt sich eine Vierteilung in Wettläufe, Staffeln, Platzsuchspiele und Hasche- oder Fangspiele. Da unter diesem Begriff völlig verschiedenartige Spiele, die nur das Laufen als Gemeinsamkeit besitzen, zusammengefaßt werden, ist es nicht möglich, sie alle einer Kategorie zuzuordnen. Alle vier Kriterien (Richtung der Aggression, Körperkontakt, Wettbewerbscharakter, Zusammenspiel) sind durch diese Spiele in ganz unterschiedlichem Maße vertreten.

 

Bei den Wett- und Staffelläufen spielen zielgerichtete Aggressionen kaum eine Rolle und Körperkontakt sollte eigentlich nicht auftreten; sie sind durch ihren Wettbewerbscharakter bestimmt. Bei den Wettläufen läuft jeder für sich, während die Staffeln in Gruppen/ Mannschaften ausgetragen werden.

 

Die Platzsuchspiele werden durch ihren Namen treffend beschrieben: es handelt sich hier um spielerische Wettläufe, bei denen die...

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