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E-Book

Sprache und Kommunikation in der beruflichen Aus- und Weiterbildung

Ein interdisziplinäres Handbuch

VerlagNarr Francke Attempto
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl539 Seiten
ISBN9783823301028
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis86,40 EUR
Die Bedeutung sprachlich-kommunikativer Kompetenzen und entsprechende Anforderungen nehmen in allen Berufen stetig zu. Dies begründet auch vor dem Hintergrund des oft geforderten lebenslangen Lernens einen steigenden Bedarf an sprachlicher Aus- und Weiterbildung im Beruf. Dieses Handbuch gibt einen breiten Überblick über die Interessen, Perspektiven und Ansätze verschiedenster Disziplinen und Institutionen, die das Themenfeld der berufsbezogenen sprachlich-kommunikativen Aus- und Weiterbildung in den Blick nehmen. Dabei stehen methodische Fragen der Forschung und Erhebung ebenso im Fokus wie didaktische Fragen der Diagnose und Förderung sprachlicher und kommunikativer Anforderungen und Kompetenzen. Das Handbuch enthält zahlreiche Überblicksartikel zu den einzelnen Forschungsdisziplinen, die sich mit dem Thema auseinandersetzen, sowie zu den Forschungsmethoden und didaktisch-methodischen Ansätzen. Von besonderer Bedeutung ist das Kapitel C mit differenzierten Beiträgen zu den einzelnen sprachlichen Dimensionen, ihrer Diagnose und Förderung sowie zu ausgewählten Text- und Diskursarten, die in der beruflichen Aus- und Weiterbildung zentral sind.

Prof. Dr. Christian Efing ist Inhaber des Lehrstuhls für 'Didaktik der deutschen Sprache und Literatur (Sprachdidaktik)' an der Bergischen Universität Wuppertal. Dr. Karl-Hubert Kiefer ist Hochschuldozent im Fachgebiet Deutsch als Fremd- und Fachsprache an der TU Berlin.

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Leseprobe

2. Schulische Berufsbildung


2.1 Gesetzliche Grundlagen

Bei Gründung der Bundesrepublik Deutschland knüpfte die Entwicklung des beruflichen Schulwesens unter neuen verfassungsrechtlichen Voraussetzungen an die in der Weimarer Republik und zur Zeit des Nationalsozialismus geschaffenen institutionellen Strukturen an. Schulpolitische Entscheidungen werden seither durch den föderalen Staatsaufbau und die hiermit verbundene Aufgaben- und Kompetenzverteilung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden bestimmt (vgl. Kultusministerkonferenz 2015a:68). Der einzige spezielle Schulartikel des Grundgesetzes (Art. 7) unterstellt das gesamte Schulwesen der Staatsaufsicht. Darunter fallen die öffentlichen wie die privaten, die allgemeinbildenden wie die berufsbildenden Schulen. Die Gesetzgebung über das berufliche Schulwesen liegt bei den einzelnen Bundesländern.

Die föderale Kompetenzverteilung und insbesondere die Zuständigkeit der Länder für die Regelung und Aufsicht des Schulwesens führte schon frühzeitig dazu, Einrichtungen für die Koordination und Abstimmung schulpolitischer Entscheidungen zu treffen. Eine herausragende Rolle spielt hierbei die Ständige Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (Kultusministerkonferenz, KMK). Speziell für das berufliche Schulwesen hat die Kultusministerkonferenz insofern eine besondere Bedeutung, als sie Vereinbarungen über die Anerkennung und Gleichwertigkeit von Abschlüssen und über Rahmenlehrpläne für den beruflichen Unterricht trifft und am Zusammenwirken der betrieblichen und schulischen Berufsausbildung, etwa bei der Abstimmung von Ausbildungsordnungen und Rahmenlehrplänen, beteiligt ist.

2.2 Schularten des beruflichen Schulwesens

2.2.1 Gesamtüberblick und Klassifikation der Schularten an berufsbildenden Schulen

Die Vielfalt berufsbezogener Schularten und Bildungsgänge (vgl. Statistisches Bundesamt 2016) lässt sich nach der Systematik des nationalen Bildungsberichts folgenden Teilbereichen zu ordnen (vgl. Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2016:105):

  • Duales System: Teilzeit-Berufsschule,

  • Schulberufssystem: Berufsfachschulen, soweit sie eine vollständige Berufsausbildung mit berufsqualifizierendem Abschluss vermitteln,

  • Übergangssystem: Bildungsgänge ohne berufsqualifizierenden Abschluss (Berufsvorbereitungsjahr, Berufsgrundbildungsjahr, Berufsfachschulen ohne Berufsabschluss),

  • Weiterbildung: Fachschulen für berufliche Fortbildung.

Nicht berücksichtigt sind im Bildungsbericht berufliche Schulen, die primär eine Schullaufbahnberechtigung vermitteln. Dazu gehören insbesondere: Berufsaufbauschulen mit Abschluss der Fachschulreife (kaum noch von Bedeutung), Fachoberschulen mit Abschluss der Fachhochschulreife, Berufsoberschulen mit Abschluss der fachgebundenen Hochschulreife, Fachgymnasien mit Abschluss der allgemeinen Hochschulreife (vgl. Schanz 2015:8385).

2.2.2 Berufsschulen im Dualen System

Weit mehr als die Hälfte aller Schülerinnen und Schüler an beruflichen Schulen besucht außerhalb der betrieblichen Ausbildungszeit die (obligatorische) Teilzeit-Berufsschule. Der Berufsschulunterricht umfasst nach Vereinbarung der Kultusministerkonferenz (2015b) zwölf Wochenstunden, davon entfallen acht Stunden auf den berufsbezogenen und vier Stunden auf den berufsübergreifenden Unterricht. Gegenstand der KMK-Rahmenlehrpläne ist nur der berufsbezogene Unterricht. Er orientiert sich nicht an der Fachsystematik von Unterrichtsfächern, sondern an Lernfeldern, die unter Bezugnahme auf berufsrelevante Arbeitssituationen handlungssystematisch aufgebaut sind (Kultusministerkonferenz 2011). Damit soll dem gemeinsamen Bildungsauftrag von Berufsschule und Ausbildungsbetrieben unter dem Leitziel der beruflichen Handlungskompetenz entsprochen werden. Die Lehrplanung für den berufsübergreifenden Unterricht obliegt den einzelnen Ländern. Sie haben sich verpflichtet, dass die Berufsschule „durchgängige Sprachbildung“ ermöglicht (Kultusministerkonferenz 2015b:3). Die Fächer des berufsübergreifenden Bereichs sind von Land zu Land verschieden; so sehen die Berufsschullehrpläne für Nordrhein-Westfalen die Fächer Deutsch/Kommunikation, Religionslehre, Politik/Gesellschaftslehre und Sport/Gesundheitsförderung vor. Darüber hinaus gibt es einen Differenzierungsbereich, der unterschiedlich genutzt werden kann, z.B. bei entsprechenden schulischen Voraussetzungen zum Erwerb der Fachhochschulreife.

Der Berufsschulbesuch führt zu einem eigenen zertifizierten Abschluss, der allerdings nicht mit einer eigenen Prüfung verbunden ist. Das Berufsbildungsgesetz sieht am Ende der Berufsausbildung eine Abschlussprüfung in Eigenverantwortung der „zuständigen Stellen“ (Kammern) vor, und zwar ohne Abstimmungserfordernisse mit den Ländern bzw. Berufsschulen. Berufsschulverbände sehen darin eine Ungleichgewichtigkeit von betrieblicher und schulischer Berufsbildung im Dualen System und fordern, neben der so genannten Kammerprüfung eine eigene Berufsschulprüfung einzuführen, um damit den fachtheoretischen und allgemeinbildenden Inhalten des Berufsschulunterrichts stärker Geltung verschaffen zu können (vgl. Krüger 2014).

2.2.3 Berufsfachschulen im Übergangs- und Schulberufssystem

Hinter der Sammelbezeichnung Berufsfachschule verbirgt sich eine Vielzahl von Schulformen mit Vollzeitunterricht von mindestens einjähriger Dauer. Für deren Besuch wird – im Unterschied zu den Fachschulen als Einrichtungen der beruflichen Fortbildung – keine Berufsausbildung oder berufliche Tätigkeit vorausgesetzt. Die Rahmenvereinbarung der Kultusministerkonferenz (2013) über Berufsfachschulen rechnet diesen Schularten Bildungsgänge zu, (1.) die eine breit angelegte berufliche Grundbildung (z.B. für Berufsfelder wie Wirtschaft und Verwaltung, Metall-, Elektrotechnik) vermitteln; sie dienen der Vorbereitung auf eine berufliche Ausbildung und können auf die Ausbildungszeit in anerkannten Ausbildungsberufen angerechnet werden; (2.) die auf der Grundlage der entsprechenden Ausbildungsordnungen und Rahmenlehrpläne zu einem Abschluss in einem anerkannten Ausbildungsberuf führen; (3.) die einen Berufsausbildungsabschluss anbieten, der nur über den Besuch einer beruflichen Schule erreichbar ist; dazu gehören Bildungsgänge nach Bundesrecht (z.B. bundesrechtlich geregelte Berufe im Gesundheitswesen) und nach Landesrecht (z.B. staatlich geprüfter/geprüfte Kinderpfleger/Kinderpflegerin, Assistentenberufe).

Bedeutung und Nutzen der Berufsfachschule werden in der Fachliteratur unterschiedlich beurteilt. Hierbei spielt die Vielfalt und Multifunktionalität der Berufsfachschule eine entscheidende Rolle. Ein- und zweijährige Berufsfachschulen ohne anerkannten Berufsabschluss übernehmen zu einem großen Teil die Funktion einer „Warteschleife“ für Jugendliche, die keinen betrieblichen Ausbildungsplatz gefunden haben. Sie werden deshalb dem „Übergangssystem“ zugeordnet. Gleichwohl ist zu berücksichtigen, dass diese Schulen für Hauptschulabsolventen die Möglichkeit bieten, den Realschulabschluss zu erwerben und damit die Chancen am Ausbildungsstellenmarkt zu verbessen.

Voll qualifizierende Berufsfachschulen von drei- und mehrjähriger Dauer, die zu einem Berufsabschluss führen, setzen den Realschulabschluss oder einen gleichwertigen Abschluss voraus und schließen mit einer staatlichen Abschlussprüfung nach Bundes- oder Landesrecht ab. Im Schuljahr 2013/14 wurden rund 215000 Schüler und Schülerinnen an Berufsfachschulen für einen Schulberuf ausgebildet, davon gut zwei Drittel weiblich (Schanz 2015:81). Schwerpunkt der vollzeitschulischen Berufsausbildung an Berufsfachschulen sind (landesrechtlich geregelte) Berufsausbildungen, deren Abschlüsse nur schulisch erreichbar sind. Dazu gehören die Berufsbereiche der Technischen Assistenten, der Wirtschaftsassistenten und der Dienstleistungsassistenten.

2.2.4 Fachschulen als Einrichtungen der beruflichen Fortbildung

Mit den Berufsschulen und Berufsfachschulen gehören die Fachschulen zu den ursprünglichen Kernbereichen der schulischen Berufsbildung. Im Unterschied zu Berufsschulen und Berufsfachschulen setzt der Unterricht an Fachschulen den Abschluss einer Berufsausbildung und – nach Fachgebieten und Regelungen der einzelnen Bundesländer unterschiedlich – eine mehr oder weniger lange (in der Regel mindestens einjährige) Berufstätigkeit voraus. Die Berufstätigkeit kann vielfach auch parallel zur Fachschulausbildung abgeleistet werden. Bei...

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