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Sprachpolitische Bestimmungen zur Integration von Einwanderern

Norwegen, Dänemark und Deutschland im Vergleich

AutorBianca Saupe
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2010
Seitenanzahl98 Seiten
ISBN9783640683949
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis13,99 EUR
Magisterarbeit aus dem Jahr 2007 im Fachbereich Skandinavistik, Note: 1,8, Humboldt-Universität zu Berlin (Nordeuropa Institut), Sprache: Deutsch, Abstract: Integration ist ein heute weit verbreiteter und vielseitig angewandter Begriff, den es stets von neuem zu definieren gilt. In der Übersetzung bedeutet Integration die Eingliederung bzw. Einbettung in ein Ganzes. Ein Subjekt kann also Teil eines Ganzen bzw. einer Gesellschaft werden, indem bestimmte Faktoren erfüllt werden. Im Fall der Integration können diese Faktoren das Sprechen der Landessprache, das Anpassen an bestimmte Normen, Verhaltensregeln und Umgangsformen oder das Einhalten von Gesetzen sein. Jedoch ist Integration nicht gleichzusetzen mit Assimilation, bei welcher es sich um eine vollständige Angleichung des Subjekts an die Masse handelt. Schließlich ist es bei der Integration nicht erwünscht, dass die Kultur, die Sprache oder die Religion des Herkunftslandes abgelegt werden. Es ist eine besondere Gratwanderung zwischen Herkunftskultur bzw. -sprache und Fremdkultur bzw. -sprache erforderlich, um von Integration und nicht von Assimilation1 oder Segregation2 sprechen zu können. Die Sprache spielt im Integrationsprozess eine wichtige Rolle. Neben ihr gibt es allerdings weitere bedeutsame Bereiche wie den Arbeitsmarkt, soziale Netzwerke oder die Politik. Sie bauen - wie die Teilnahme am politischen Geschehen - auf den sprachlichen Fertigkeiten auf, begünstigen - wie in sozialen Beziehungen - den Spracherwerb oder stehen - wie die Chancen auf dem Arbeitsmarkt - in Wechselwirkung zur Sprache. Außerdem wird zwischen direkten und indirekten Einflussfaktoren unterschieden. '[D]as Wanderungs- und Bleibemotiv, die Aufenthaltsdauer, das Einreisealter und die Bildung (sowohl im Herkunfts- wie im Aufnahmeland), das mitgebrachte kulturelle Kapital, der darüber bedingte subjektive Eigenwert der Sprache und die (individuelle) Intelligenz'3 haben eine direkten Einfluss auf die sprachliche Integration. Indirekt bedingt ist sie durch die Motivation zum Lernen (z.B. durch die Aussicht auf eine bessere Arbeitsstelle), den Zugang (Kursangebote), die Qualifikation der Lehrkräfte und die Qualität des Unterrichts, die individuellen Fähigkeiten (Vorbildung oder spezielle Lernfertigkeiten) sowie die Kosten des Lernens (Kosten der Sprachkurse, Zeitaufwand).

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Leseprobe

II. Die Migrationsgeschichte der drei Länder

 

Um eine Dimension der Integration wie die Sprache erfassen zu können, sollte ein grundlegender Einblick in die Gesamtsituation des betreffenden Landes vorangestellt werden. Es ist durchaus hilfreich, auf Grundkenntnisse über die Anzahl der Einwanderer und die Art der Einwanderung in ein Land zurückgreifen zu können, um in einem bestimmten Bereich einen Vergleich ziehen zu können. Daher sollen unter anderem folgende Fragen untersucht werden: Wer sind die Einwanderer? Wann und woher kamen sie und unter welchen Umständen wurden sie aufgenommen? Inwiefern können verschiedene Einwanderergruppen unterschieden werden? Und warum entstehen bei bestimmten Einwanderergruppen eher Probleme bei der Integration als bei anderen?

 

Für die anstehenden Betrachtungen ist ein Abriss der Migrationsgeschichte der drei Länder erst ab dem Zweiten Weltkrieg notwendig. Ab- und Zuwanderung hatten vor dem Zweiten Weltkrieg einem Umfang, der wenig Problematisches mit sich brachte. Das heißt, es gab in allen drei Ländern stets sowohl Phasen der Emigration als auch der Immigration. Es migrierten hauptsächlich Menschen ähnlichen kulturellen Hintergrunds (zum Beispiel Wanderungen innerhalb Skandinaviens oder Westeuropas). Diese Wanderungen hatten daher einen anderen Charakter als jene nach dem Krieg. Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges nahmen Ausmaß und Charakter der Wanderungen nach Norwegen, Dänemark und Deutschland ein anderes Bild an, welches nachstehend verdeutlicht werden soll.

 

1. Norwegen

 

Die Einwanderung nach Norwegen begann nicht unmittelbar nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Bis auf einige hundert Verfolgte und Juden, die aufgrund des Krieges Zuflucht suchten, gab es bis Mitte der 50er Jahre keine signifikante Wanderung nach Norwegen.[8] 1956, als das neue Ausländergesetz eingeführt wurde, welches das Gesetz von 1927 ablöste, gab es 15.401 registrierte Ausländer in Norwegen, wovon allein 10.587 aus dem übrigen Skandinavien kamen und 4.141 aus anderen Teilen Europas.[9] Dieses Gesetz von 1956 stellte für die Einwanderer zwar eine Liberalisierung dar, zeigte sich jedoch in den folgenden 10-12 Jahren kaum Wirkung.[10] In den 60er Jahren stieg die Einwandererzahl langsam, wobei 90% der Einwanderer aus europäischen Staaten, 6-7% aus Amerika und 1% aus Asien kamen. Die Wirtschaft in Norwegen war in diesem Jahrzehnt in einer Phase des konjunkturellen Aufschwungs, wodurch 40.000 neue Arbeitsplätze allein in Oslo entstanden, die es zu besetzen galt. Die bis dahin liberale Einwanderungspolitik begünstigte auch Zuwanderer aus dem asiatischen und afrikanischen Raum, die ab 1968 nach Norwegen kamen. 1970 lebten 38 Marokkaner, 135 Türken und 113 Pakistaner in Norwegen, die zu den Ersten der so genannten „neuen Einwanderung“ zählten.[11] Diese neue Einwanderung war demnach keine Einwanderung wie bisher, sondern hatte einen gänzlich anderen Charakter. In Norwegen lassen sich in der zweiten Hälfte des 20.Jahrhunderts drei Einwanderungswellen ausmachen. Die erste begann Ende der 60er Jahre mit einer Reihe von Arbeitsmigranten aus der Türkei, Marokko und Pakistan. Als zum Großteil ungelernte Kräfte fanden sie Beschäftigung im Service- und Industriesektor gegen eine geringe Entlohnung. Die Politik war auf diese Art der Migration jedoch noch nicht eingestellt.[12]

 

Situasjonen kom fullstendig overrumplende på de norske myndigheter som hverken hadde plikt eller hjemmel til å ta noe initiativ overfor dem i og med at de var her i egenskap av „turister“.[13]

 

Die Einwanderungspolitik änderte sich schließlich Anfang der 70er Jahre. Andere Länder Europas waren schon zu einer restriktiven Einwanderungspolitik übergegangen, was sich Anfang der 70er Jahre mit einer stärkeren Zuwanderungsrate in Norwegen bemerkbar machte.

 

Det plutselig innvandring av en større innvandringen av en større gruppe pakistanere hadde sannsynligvis sammenheng med at Vest-Tyskland nylig hadde skjerpet reglene for oppholds- og arbeidstillatelse, slik at disse pakistanerne ikke fikk arbeidstillatelse i Tyskland slik de opprinnelig hadde ønsket, og derfor reiste til Norge i stedet.[14]

 

Zwischen 1969 und 1971 kamen so viele nicht-westliche Einwanderer[15] nach Norwegen, dass hier gleichfalls eine restriktivere Politik in den Vordergrund treten sollte.  Am 1. Februar 1975 verhängte Norwegen einen Einwanderungsstopp mit der Begründung auf: 

 

[…] behovet for en pause for å rydde opp i de uakseptable forhold med hensyn til boliger og andre forhold av sosial og undervisningsmessig art, som de senere års innvandring hadde resultert i [...].(NOU 1983:35)[16]

 

Der Einwanderungsstopp unterbrach kurzfristig die gesamte Arbeitszuwanderung, obwohl im Grunde noch Bedarf an ausländischen Arbeitskräften bestand. Damit sollten lediglich einwandernde Arbeitskräfte anhand ihrer Herkunft reglementiert werden. Bevorzugt wurden Migranten aus der EU und den USA. Trotz der zahlreichen Ausnahmeregelungen konnten die Zuwanderungszahlen in den Folgemonaten nicht gesenkt werden.[17] Außerdem wurde die zweite Zuwanderungswelle, und zwar die der Familienzusammenführung, von dieser Reglementierung nicht erfasst. Nach und nach zogen daher Familienmitglieder von sesshaft gewordenen Arbeitsmigranten, vor allem von Pakistanern als eine der ersten Einwanderergruppen, nach Norwegen.

 

Fra å bestå av enslige unge menn, ble innvandrerbefolkningen i større grad bestående av etablerte familier med helt andre behov når det gjaldt boliger, helsetjenester, skolegang og sosiale felleskap.[18]

 

Der Einwanderungsstopp wurde auch durch die Folgen der Ölkrise von 1973 hervorgerufen, die nicht nur die norwegische Wirtschaft in Mitleidenschaft zogen. Die Arbeitslosigkeit war unter den ausländischen Arbeitskräften höher als bei der einheimischen Bevölkerung, dennoch zeichnete sich kein Rückgang bei der Zuwanderung ausländischer Arbeitskräfte ab.[19] Mit Hinblick auf die sich nicht bessernden ökonomischen Umstände sowie den geringen Bedarf an Arbeitskräften wurde der Einwanderungsstopp jedes Jahr und ab 1981 auf unbestimmte Zeit verlängert.[20]

 

Die wohl signifikanteste Änderung des Zuwanderungsstroms zeigte sich mit der dritten Einwanderungswelle, die der Flüchtlinge und Asylbewerber. Gleich den anderen westeuropäischen Ländern nahm Norwegen eine begrenzte Zahl an Flüchtlingen auf. Diese waren bis Mitte der 80er Jahre zum größten Teil Quotenflüchtlinge[21], deren Anzahl das Storting auf 700-1.500 pro Jahr begrenzte.[22] Die Verhältnisse in Chile seit 1973 und der Vietnamkrieg führten zu den ersten großen Flüchtlingswellen, bei denen 5.000 Chilenen und 11.000 vietnamesische Flüchtlinge nach Norwegen kamen. Den meisten von ihnen wurde politisches Asyl gewährt, später folgende Flüchtlinge wurden auf humanitärer Grundlage aufgenommen. Beide Arten der Migration beruhten zu Beginn eher auf einer kurz- bis mittelfristigen Aufenthaltsdauer, welche ihre Integration in die norwegische Gesellschaft erschwerte.[23]

 

Die 80er und 90er Jahre waren von weiteren Flüchtlingseinwanderungen gekennzeichnet. Iraner und Tamilen, sowie Flüchtlinge aus Somalia, dem Irak und dem Balkan kamen in für das Land nicht unbedeutenden Mengen. In Bezug auf Asylsuchende betrieb Norwegen eine restriktive Politik. 1985 befanden sich 829 Flüchtlinge im Land. Jedoch stieg die Zahl 1986 auf 2.722 und 1987 auf 8.613.[24] Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern scheinen die Zahlen in Norwegen relativ gering, dennoch war das Land vor bisher unbekannte Probleme gestellt, unter anderem auch durch die 11.000 bosnischen Flüchtlinge, die 1993 nach Norwegen kamen.[25] 1998 stieg die Anzahl der Asylbewerber, unter anderem aus dem Irak und aus Kroatien, erneut. In den Jahren 1999 und 2000 kamen jeweils 10.000 Flüchtlinge nach Norwegen, was eine Verschärfung der Asylpolitik zur Folge hatte. Norwegen war daran gelegen, die Rechte der Asylanten einzuschränken, um Norwegens Attraktivität als Asylland zu senken und die Bearbeitungszeit der Anträge so gering wie möglich zu halten.[26]

 

Die Einwandererproblematik hatte seit Mitte der 80er Jahre auch Einzug in die Parteiprogramme gehalten. 1983 wurde das Kommunalwahlrecht für Ausländer mit und ohne norwegische Staatsbürgerschaft eingeführt. Die politischen Meinungen zu diesem Thema gingen schon damals auseinander. Die Fremskrittsparti befürwortete einen permanenten Einwanderungstopp, wohingegen sich die Socialistisk Venstreparti und die Rød Valgallianse für eine Aufhebung dessen aussprachen.[27] Die Arbeiderparti und die Kristelig Folkeparti forderten eine gerechtere, nicht anhand von Nationalitäten differenzierte Politik. Parteien wie Høyre, Senterparti und Venstre waren noch verhalten in ihrer Meinungsdarstellung, sprachen sich jedoch eher für die bereits bestehende Einwanderungsbegrenzung aus.[28]

 

2. Dänemark

 

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