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Spurensuche

Der Künstler Dietmar Wolfgang Pritzlaff

AutorDietmar Wolfgang Pritzlaff
VerlagDietmar Wolfgang Pritzlaff
Erscheinungsjahr2017
Seitenanzahl183 Seiten
ISBN9783961127849
Altersgruppe18 – 
FormatePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis4,49 EUR
Der Weg des Künstlers Dietmar Wolfgang Pritzlaff in der bildenden Kunst von 1985 bis 2016. Der Künstler und seine Werke. Der Weg zum bildenden Künstler. Ein künstlerischer Werdegang mit Fotos der Werke und Ausstellungen.

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Leseprobe

Kapitel 12: Exkursionen in andere Bereiche


 

Es musste mal wieder etwas Neues sein. Peggy und ich wollten ins Radio. Der Lokalfunk, der noch gar nicht erfunden war, sollte aus der Wiege gehoben werden. Dazu brauchte es tatkräftige und willige Mitarbeiter. Wir nahmen teil an der Radiowerkstatt in Wuppertal, organisiert vom Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband. Wir betätigten uns als Journalisten und eine schöne Radio-Sendung wurde zusammengestellt mit einem Beitrag aus dem Wuppertaler Zoo von Peggy und mir.

 

Außerdem schrieb ich ja noch nebenbei und wollte auch damit auf den Markt. Ich fand einen Schriftstellerzusammenschluss, den Bundesverband junger Autoren, den BVJA, und mischte dort am Anfang kräftig mit. Später wurde mir das alles zu viel und ich blieb in dem Verein und unterstütze ihn bis heute mit Mitgliedsspenden oder Beiträgen. Mir ging es ja auch um die neuesten Ausschreibungen zu Wettbewerben, Stipendien und Weiterbildungen, also nur um die aktuellen Infos.

 

Meine Kunstwerke wurden in dieser Zeit immer größer. Ich hatte ja genug Platz in der Wohnung der Stadtgalerie. Mein Atelier alleine hatte schon 65qm und hatte eine Höhe von ca. 4 Metern.

Ich wollte auch Installationen installieren und Objekte machen, die nicht nur auf ein Fensterbrett passten. Ich wollte groß denken und groß machen.

Die HIRNFÜTTERUNG war so ein Wunschprojekt. Es sollte ein Minimum an Erkennbarkeit des Menschen sein und mehr auf die Informationsquellen der Zeit, die auf uns hereinströmen aufmerksam machen und eine Überflutung an Informationen darstellen.

Die Figur stand mit einem Bein auf einem alten TV-Gerät mit dem anderen auf Zeitschriften. Ein Aktenkoffer stand an ihrer Seite. In der Jackentasche ein Telefonbuch. Über dem Kopf fliegen die Informationen ins Hirn aus Schallplatten, Kassetten, Magnetstreifen von Tonbändern, Telexstreifen (es gab ja noch keine E-Mails) und natürlich die ersten ausgedruckten Seiten von Großrechenanlagen, heute nennt man sie Computer.

 

 

Abb. 87 – HIRNFÜTTERUNG, Installation, verschiedene Materialien

26 x 36 cm, verschollen

 

 

 

Abb. 88 – HIRNFÜTTERUNG (Ausschnitt Hirn), Installation, verschiedene Materialien

26 x 36 cm, verschollen

 

 

 

Eine Idee beflügelte mich zu meinem nächsten Werk. Angefangen hatte alles mit einem Besuch einer Ausstellung im Alten Museum am Ostwall in Dortmund. Das war damals wirklich noch am Ostwall von Dortmunds Innenstadtring. Heute ist das Museum im Dortmunder-U beheimatet. Ich wollte mir nur die Terrakotta-Armee ansehen. In einem Raum standen ca. 30 oder 40 der Tonkameraden und ich war schwer beeindruckt.

Nach dem großen Bestaunen der Armee hatte ich Zeit und streifte nochmals durch die Sammlung des Museums, die ich zwar schon kannte, aber ich wollte nochmals ein paar Highlights der Sammlung begutachten.

 

In einem Raum stand ein durchsichtiger Glaswürfel. Unter dem Glas konnte man ein mit dicken Seilen verschnürtes Paket sehen. Der Titel ließ mich schmunzeln: Ein Kubikmeter Unendlichkeit!

Was war das denn für ein Blödsinn? Keine weitere Erklärung nichts. Ich wollte gerade den Raum wieder verlassen, da bog eine Gruppe Besucher um die Ecke. Eine Museumsführung. Man ging gleich auf das Paket in dem Glaswürfel los. Die Besucherführerin setzte mit einer Frage an: „Was ist wohl in dem Paket?“. Ich wurde hellhörig und blieb bei einem anderen Werk in dem Raum stehen und hörte aufmerksam der Frau zu, die nicht nur die Besucher der Gruppe in Erstaunen versetzte, sondern auch mich.

Was sollte schon in dem Paket sein? Man kann ja nicht hineinschauen, aber man konnte natürlich sofort alles hineininterpretieren oder einfach etwas behaupten, denn Nachschauen war ja nicht.

Die Dame erklärte: „Stellen Sie sich vor in diesem Paket sind an jeder Objektwand Spiegel angebracht und Sie sitzen im Schneidersitz in der Mitte. Was sehen Sie? Sie sehen sich selbst, unendliche Male gespiegelt. Da dieses Paket, dieser Würfel 1 Meter mal 1 Meter mal 1 Meter misst, kommt dabei ein Kubikmeter Unendlichkeit heraus.” Die Besucher nickten höflich und streiften weiter mit der Dame durch die nächsten Ausstellungsräume.

Ich aber ging wieder schnell zu dem Glaswürfelobjekt, umrundete es, schlich ein paar Mal drum herum. Ging in die Hocke, beugte mich darüber und war völlig fasziniert und aus dem Häuschen. Die Kunst ist also nicht von außen sichtbar, sondern nur in der Vorstellungskraft erlebbar. Für mich war dieses Paket in dem Glasschaukasten das größte Highlight aus dem ganzen Museum. Sogar die Terrakotta-Armee schlug dieses verschnürte, wie von Christo verhüllte Paket vom ersten Platz. Das Paket war aber nicht von Christo. So etwas wollte ich auch machen. Etwas Verhülltes, nicht Sichtbares, scheinbar Nichtiges, aus seiner normalen Bedeutung herausholen und durch die eigene Vorstellungskraft neues Leben einhauchen. Ich wollte so ein Werk machen, wusste nur noch nicht wie und mit was. Ich wollte auf gar keinen Fall eine Kopie dieses Werkes herstellen.

Ich dachte darüber nach und mir fielen uralte, noch mit Holzstreben verstärkte Koffer in die Hände. Machte einen der Koffer auf und in diesem Moment war es klar: Es musste dieser Koffer sein, von außen nur ein Koffer, aber der Inhalt zeigt mehr. Meine Darstellung des Menschen in meinen Objekten war immer der Spiegel, also fertigte ich zwei Holzplatten mit Mosaiken aus Spiegel und Keramik an, baute noch eine Lampenfassung mit Glühbirne ein und VOILA...! Ich hatte meine Version des „verschnürten Paketes“. Es erhielt den Namen DER UNENDLICHE KOFFER. Ich bin noch heute stolz auf dieses Objekt. Im leicht geöffneten Zustand, schon eine Lichtquelle, im völlig geöffneten Zustand ein Kunstobjekt mit meinen Mosaiken.

Bei einer meiner Einzelausstellungen, war meine Schulfreundin Hanna anwesend und war so begeistert von dem Objekt, dass es mir leicht fiel ihr meinen wunderschönen Koffer später zu schenken. Sie hat ihn noch heute und obwohl im Moment nicht in ihrer Wohnung, hat sie den Koffer dennoch nicht weggeworfen, sondern steht gut verpackt im Keller und wartet wieder ans Licht kommen zu dürfen. Ich hoffe, meine Hanna, wird eines Tages wieder Spaß an dem Objekt haben und ihn zu sich in die Wohnung holen. Ich habe schon mehrmals versucht Hanna davon zu überreden, den Koffer mir zurückzugeben, wenn sie ihn nicht mehr will. Aber da war sofort Entrüstung und Unverständnis. Nein, sie gebe ihn nicht mehr her und demnächst steht er auch wieder in der Wohnung. Ich bin gespannt. Denn dieses Kunstobjekt war immer ein Lieblingsstück von mir und ich würde ihn mir gerne wieder hinstellen.

Meine Kofferfaszination hatte früheren Ursprung. Schon bei dem Spiel „Ich packe in meinen Koffer...“ Allerlei Merkwürdigkeiten packt man dann hinein. Das hatte schon etwas von dieser Faszination. Für den Urlaub gepackte Koffer anderer Reisende waren auf Flugplätzen immer einen Hingucker wert. Man konnte nicht hineinsehen, aber man wusste, Lebensgegenstände, persönliche Wertsachen und die beste Wäsche mit denen man lebte, waren in dem Koffer und wurden mitgeführt. Ich erwischte mich oft bei Vorstellungen, welche Gegenstände alles in diesem oder jenem Koffer mitgeführt wurden.

Jeder Koffer ein Träger von Informationen, Erinnerungen und Gelebtem oder Erlebtem.

 

 

Abb. 89 – DER UNENDLICHE KOFFER

Spiegel-Keramik-Mosaik mit Glühlampe im Koffer

39 x 65 x 18 cm, Sammlung Hanna

 

 

 

Meine Muse Peggy meinte sie wäre in einem Töpferkurs der VHS-Lüdenscheid. Alle Besucherinnen dieses Kurses waren schon Jahre zusammen. Diese Damen brauchten kaum noch einen guten Rat des Kursleiters. Sie waren meist in dem Kurs verblieben, weil man mit der Kursgebühr uneingeschränktes Material bekam und den großen Brennofen kostenlos nutzen konnte. Ton, Glasuren, Tonwerkzeuge, Brennen... alles war im Preis enthalten. Also nichts wie hin nach Lüdenscheid. Ich hatte einige Ideen, die es in Ton umzusetzen galt.

Der Kursleiter witterte mit meinem Besuch ein neues Lernopfer. Konnte er doch bei seinen Damen kaum noch helfen. Mir sollte geholfen werden. Endlich war wieder „dummes“ Frischfleisch im Kurs. Aber Herr Kursleiter – weit gefehlt.

Der Kursleiter setzte sich zu mir und erklärte mir, dass man am besten mit kleinen Töpfen und Schalen beginnen sollte um mit dem neuen Material Ton umgehen zu lernen. Ich war wissbegierig und hörte aufmerksam zu. Unter seinen Händen entstand so ganz nebenbei ein einfaches Schälchen. Wenn der Ton trocknet, kann man ihn wieder anfeuchten und nach einer Weile knet- und dehnbar machen. Wenn der Ton nicht richtig durchgeknetet wird, können Luftlöcher entstehen und dickere Wände könnten dann brechen. Aha, alles klar, dann kann es ja losgehen, dachte ich so bei mir und begann erst Mal weißen Ton zu kneten und zu rollen und wieder zusammenfalten und weiterzukneten. Endlich war der Ton ordentlich durchgematscht und ich formte nach meinen Vorstellungen etwas in der Hand, was aussah, als ob man kleine Nudelteigtaschen füllen wollte. (siehe Abbildung 60 – YEAH – YEAH – YEAH, mein erste Ton-Skulptur)

Sofort kam der Kursleiter und meinte, dass daraus doch nie eine Tonschale werden könnte und ich meinte, soll es ja auch nicht. Das wird eine Skulptur. Nach mehrmaligem „Anbiedern“, das heißt der Kursleiter sagte immer wieder, wenn ich Fragen habe, dann sollte ich auch fragen, aber von mir kam so gar nichts, denn ich wusste ja genau, was ich wollte, und trottete seiner Wege.

Irgendwann gab der arme Herr Kursleiter...

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