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Stabile Banken in herausfordernden Zeiten

Schwerpunkte von Andreas Dombret in der Deutschen Bundesbank 2010 - 2018

VerlagFritz Knapp Verlag
Erscheinungsjahr2019
Seitenanzahl496 Seiten
ISBN9783831409006
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis39,99 EUR
Die internationale Finanzkrise 2008 hat gezeigt, wie groß die Gefahren einer ausgeprägten Schieflage des Finanzsystems sind - die Auswirkungen machen weder an Sektoren- noch an Ländergrenzen halt. Politik und Aufsichtsbehörden haben das erkannt und steuern dagegen an. Die zahlreichen Regulierungsbausteine haben allesamt das Ziel, die Stabilität und die Transparenz des Systems zu erhöhen und so das Vertrauen der Marktteilnehmer in Kreditinstitute wiederherzustellen. Die Anforderungen führen zu erheblichen Herausforderungen für die Marktteilnehmer: Strukturen müssen verändert, Geschäftsmodelle überarbeitet, Systeme auf ihre Funktionalität hin überprüft werden. Dr. Andreas R. Dombret hat in seiner achtjährigen Vorstandstätigkeit in der Deutschen Bundesbank das meiste hiervon miterlebt und große Teile des neuen Regulierungswerks mitgestaltet. Dabei hat er auch bei wichtigen Verhandlungen im Ausland nie die Interessen der deutschen Banken und Sparkassen aus dem Blick verloren und hat sich erfolgreich bemüht, zukünftige Entwicklungen wie beispielsweise den Klimawandel mit seinen Auswirkungen auf die Risikolagen in der Kreditwirtschaft in den Köpfen von Aufsehern und Beaufsichtigten zu verankern.

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Leseprobe

Herr Dr. Dombret, Sie haben in Ihren acht Jahren in der Deutschen Bundesbank vieles miterleben, vieles begleiten, vieles mitgestalten dürfen. Und Sie sind selbst ein erfahrener Banker. Ist es unter den herrschenden Rahmenbedingungen schwieriger geworden, ein erfolgreicher Banker zu sein?

Auf jeden Fall. Die Dinge haben sich grundlegend geändert. Zu meiner aktiven Zeit war das Bankgeschäft ertragreicher und auch noch deutlich akzeptierter in der Gesellschaft, als dies heute leider der Fall ist. Als ich 1987 nach der Universität in das Berufsleben einstieg, wollten viele der klügsten Köpfe eine Berufslaufbahn im Banking einschlagen. Es gab zum Beispiel einen heftigen Wettbewerb um Bankpraktika. Das ist heute sicherlich nur noch eingeschränkt der Fall.

Aufgrund der guten Perspektiven lockte das Banking damals nicht zuletzt auch viele Leute an, die auf das schnelle und viele Geld aus waren. Und so waren nicht nur gute und ordentliche Banker darunter, was zu den unerfreulichen Entwicklungen geführt hat, die schließlich in der Finanzkrise und dem Image- und Bedeutungsverlust der Banken mündeten.

Kam das für Sie überraschend?

Nur eingeschränkt. In jeder Berufssparte gibt es Brüche in der Entwicklung. Der entscheidende und vielleicht auch wichtigste Bruch war die weltweite Finanzkrise, die im Herbst 2008 ihren Höhepunkt erreicht hat. Allerdings haben sich die Risiken und Fehlsteuerungen schon in den Jahren zuvor aufgebaut, als die Welt nach außen noch in Ordnung schien. Sonst wäre es nicht zu einem solch heftigen Einbruch wie 2008 gekommen. Aber noch einmal: Solche Umbrüche sind grundsätzlich nichts Ungewöhnliches und ich bin mir völlig sicher, dass Banking in zwanzig Jahren noch einmal komplett anders aussehen wird, als dies heute der Fall ist.

Wie nehmen Sie die aktuelle Situation der Kreditwirtschaft war?

Aktuell leiden wir immer noch unter der Bewältigung der Finanzkrise. Es hat rund achteinhalb Jahre gedauert, bis sich die Kreditwirtschaft von den Verwerfungen einigermaßen erholt und wieder ein vergleichbares Vorkrisenniveau erreicht hat. Das zeigt: Wir sprechen nicht über eine klassische Rezession, sondern über eine wirklich tiefe Krise.

Besonders problematisch war schließlich, dass sich aus der geschäftlichen eine Vertrauenskrise entwickelte. Es ging nämlich das Vertrauen in das gesamte Finanzsystem ebenso wie natürlich auch in einzelne Banken verloren. Die gesellschaftliche Akzeptanz für Banken ist heute weitaus geringer, als sie es noch zu meiner Zeit als aktiver Banker war. All das macht es heute nach meinem Empfinden umso anspruchsvoller, Banker zu sein und Banken zu führen.

Würden Sie jungen Leuten trotzdem noch raten, eine Karriere im Bankgeschäft anzustreben?

Das ist eine sehr individuelle Entscheidung. Wer Interesse an diesem Beruf hat, sollte den Weg unbedingt einschlagen. Aber es gab und gibt natürlich auch reizvolle Alternativen zum Bankgeschäft, das bestimmt nicht das alle Seligmachende ist. Denken Sie zum Beispiel nur an die Welt der Fintechs.

Schade wäre es, wenn allein das aktuelle Image der Bankbranche junge Menschen von diesem Berufsweg abbringen würde. Denn nicht jede Bank und nicht jeder Banker ist schuld an den Verwerfungen der Finanzkrise. Es gab zweifellos schwarze Schafe in der Branche, aber wir sprechen da nur von einigen wenigen.

Wenn es nur einige wenige waren, die das System ausgenutzt haben, wie konnten die ausgelösten Verwerfungen so enorm sein?

Schuld waren verwerfliche Praktiken, wo die Aufsicht umgangen wurde oder die von der Aufsicht nicht erkannt beziehungsweise nicht geahndet wurden. Ich finde aber, man sollte nicht nur mit dem Finger auf andere zeigen, sondern sich immer auch an die eigene Nase fassen. Das gilt für Banker ebenso wie für Aufsichts- und Verwaltungsräte und nicht zuletzt auch für Bankaufseher. Überhaupt keine Frage: Es sind ganz erhebliche kollektive Fehler gemacht worden. Und die Reputation des Bankers hat darunter – teils zu Recht, teils übertrieben – erheblich gelitten, was mir durchaus Sorgen macht.

Kann es zu einem Risikofaktor für die Bankbranche werden, wenn der qualifizierte Nachwuchs ausbleibt?

Natürlich. Sehr sogar. Jeder Berufszweig lebt davon, eine große Auswahl an interessanten, leistungsstarken Persönlichkeiten in den eigenen Reihen zu haben. Und dies ist nicht nur eine Frage der Quantität, sondern ganz besonders auch der Qualität. Sicherlich gibt es immer noch genügend Banker und auch genügend junge Menschen, die diesen Berufsweg einschlagen. Es muss aber die Frage erlaubt sein, ob sie auch in der Lage sind, in schwierigen Situationen die richtigen Entscheidungen zu treffen und Menschen zu führen, oder ob solch herausragende Persönlichkeiten mittlerweile eher einen anderen Weg als das Banking einschlagen. Das kann in andere Branchen führen, das kann aufgrund der großen Attraktivität aber auch jenseits der deutschen Grenzen sein, denn das Banking hat längst eine internationale Dimension erreicht: Hier spielt sich der Wettbewerb um die großen Talente der Zukunft ab.

Hat der politische Einfluss auf Banken in den vergangenen Jahren zugenommen?

Banken sind schon immer ein Spiegelbild ihrer jeweiligen Volkswirtschaft, und zwar vor allem in solchen Ländern, in denen die Unternehmen bankenfinanziert sind. Dies ist stärker als dort, wo der Kapitalmarkt dominiert. Es hat also vor allem in kreditlastigen Volkswirtschaften direkte Auswirkungen auf die Kreditwirtschaft, welche wirtschafts-, finanz- und haushaltspolitischen Entscheidungen getroffen werden, denn diese Entscheidungen schlagen sich unmittelbar in den Bilanzen und damit auch in den Gewinn-und-Verlust-Rechnungen der Häuser nieder. Diese Abhängigkeit hat in den vergangenen Jahren nach meiner Beobachtung eher noch zugenommen.

Hat der Imagewandel des Bankers hin zum gierigen Abzocker, wie er gerne dargestellt wird, auch dazu geführt, dass der Austausch zwischen der Branche und den politisch Verantwortlichen nachgelassen hat? Und steckt hier nicht auch eine Gefahr, wenn eine so bedeutende Branche wie die Kreditwirtschaft mit ihren Anliegen kein politisches Gehör mehr findet?

Das kann ich aus meinen Erfahrungen als Zentralbanker und Bankenaufseher nur zum Teil bestätigen. Auf kommunaler oder Länderebene gibt es nach wie vor enge Verbindungen zwischen politischen Trägern und den Kreditinstituten, und damit meine ich nicht nur die Sparkassen und Landesbanken. Auf Bundesebene würde ich Ihnen Recht geben; hier hat eine gewisse Entfremdung stattgefunden, hier ist die Distanz tatsächlich in den letzten Jahren etwas größer geworden, was nicht zuletzt mit der Finanzkrise zu tun hat. Aber die politisch Verantwortlichen wissen um die Themen der Branche und kümmern sich drum – seien Sie versichert. Über alle Parteigrenzen hinweg.

Geht von dieser größeren Distanz ein Risiko aus? Für die deutsche Industrie ist es meines Erachtens jedenfalls unverändert wichtig, dass es hierzulande auch künftig wettbewerbsfähige Bankangebote und Bankdienstleistungen gibt, die in Deutschland und nicht nur in London, New York oder Singapur erzeugt werden. Das beeindruckt auch die Politik. Entsprechend wird vonseiten des Bundesfinanzministeriums auch wieder regelrecht Industrie- und Standortpolitik betrieben. Ich habe die Entfremdung also zwar wahrgenommen, aber nie als so massiv empfunden, dass es keine Gesprächsbereitschaft mehr geben würde. Das Gegenteil ist aktuell der Fall.

Aus Sicht der Bankenaufseher kommt noch ein wichtiger Faktor hinzu, den der ehemalige britische Governor Mervin King in folgendem Zitat treffend zusammengefasst hat: „Banks are global in life and national in death.“ Bei aller Europäisierung und Internationalisierung auch in der Bankenaufsicht und in der Bankenabwicklung bleiben große Bankschieflagen am Ende immer zuerst eine nationale Aufgabe. Dessen ist sich die deutsche Bankenaufsicht sehr wohl bewusst – genauso wie die deutsche Politik.

Die öffentliche Empörung über Banken und deren Fehlverhalten hat zugenommen, sagten Sie, teils zu Recht, teils übertrieben: Stellt das Bankmanager vor große Herausforderungen, denn diese öffentliche Empörung muss bei allen geschäftspolitischen, vor allem schwierigen Entscheidungen doch miteinkalkuliert werden?

Das große Problem ist, dass große internationale und systemrelevante Banken sowohl einen nationalen wie auch einen internationalen Resonanzboden haben. Entsprechend viele Adressaten für Botschaften beziehungsweise Handlungsoptionen gibt es. Allen kann man es nie recht machen. Von daher muss man als Bankmanager sehr genau abwägen, wann man welchen „Kampf“ aufnimmt. Was international akzeptabel ist, kann national schnell für einen Aufschrei der Empörung sorgen.

Hinzu kommt, wie eben bereits angedeutet, die hohe Bedeutung gesunder Banken und Sparkassen für die Realwirtschaft und damit für die wirtschaftliche...

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