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E-Book

Städte leben Vielfalt

Fallstudien zum sozialen Zusammenhalt

VerlagVerlag Bertelsmann Stiftung
Erscheinungsjahr2019
Seitenanzahl222 Seiten
ISBN9783867938648
FormatePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis14,99 EUR
Globalisierung, Fluchtbewegungen, soziale Ungleichheit und Diversität fordern Städte, Landkreise und Gemeinden heraus. Die Kommunen müssen diesen Entwicklungen begegnen, um ein gelingendes Miteinander zu gestalten. Die Publikation 'Städte leben Vielfalt' basiert auf quantitativen und qualitativen Analysen zum gesellschaftlichen Zusammenhalt in den Städten Dessau-Roßlau, Dortmund, Lippstadt und Rostock. Deutlich wird, dass sozialer Zusammenhalt eine Ressource ist, die durch sozialräumlich differenzierte Projekte gefördert werden kann, wodurch räumlichen Disparitäten und Segregation entgegenzuwirken ist. Der Band liefert Anregungen und Handlungsansätze für Akteure und Akteurinnen aus kommunaler Politik, Verwaltung, Stadtentwicklung und Zivilgesellschaft, wie der Zusammenhalt vor Ort gestärkt werden kann.

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Leseprobe

2 Anlage der Studie


2.1 Fragestellungen


Die Sorge um den sozialen Zusammenhalt ist in den vergangenen Jahren zu einem kontroversen Kernthema politischer Debatten geworden. Einen besonderen Impuls hat dabei die große Zahl von Asylsuchenden und Flüchtlingen ausgelöst, die besonders in der zweiten Hälfte des Jahres 2015 nach Deutschland gekommen sind. Auch wenn die Zahl der Zugewanderten bereits 2016 und 2017 deutlich rückläufig war, hält die Debatte über die hoffnungsvolle Aussage der Kanzlerin »Wir schaffen das!« auch im Sommer 2018 an. Die »Flüchtlingszuwanderung« ist dabei zu einem Synonym für die vielfältigen desintegrativen Entwicklungstendenzen in unserer Gesellschaft geworden. Die Erfolge der rechtspopulistischen Alternative für Deutschland (AfD) an den Wahlurnen scheinen diese Sichtweise ebenso zu bestätigen wie die anhaltende Debatte über eine »Obergrenze« für Zuwanderung. Die in vielen Parteien zu beobachtenden Diskursverschiebungen und parallele Entwicklungen in zahlreichen westlichen Ländern machen auf die anhaltende politische Aufladung des Themas Zuwanderung aufmerksam.

Die vorliegende Studie stellt einen Beitrag zur Versachlichung dieser Debatte dar. In vier sehr unterschiedlichen Kommunen wurde die Frage nach dem Zustand des sozialen Zusammenhalts im Frühjahr und Sommer 2017 vor dem Hintergrund der großen Flüchtlingszuwanderung detailliert untersucht. Ausgewählt für diese Untersuchung wurden die Städte Dortmund und Lippstadt in Nordrhein-Westfalen, die Hanse- und Universitätsstadt Rostock in Mecklenburg-Vorpommern sowie die Stadt Dessau-Roßlau in Sachsen-Anhalt.

Im Fokus steht besonders die Aufnahme und Integration der Neuangekommenen. Wie steht es angesichts der besonderen Herausforderungen um den Zusammenhalt vor Ort? Wie haben Stadtregierungen, städtische Einrichtungen, zivilgesellschaftliche Organisationen und Bevölkerung auf diese besondere Herausforderung reagiert? Was haben sie mit welchen Mitteln – um die Formel aufzugreifen – »geschafft«?

2.2 Konzeptionelle Grundlagen und methodisches Vorgehen


Selbstverständlich können Fallstudien in vier Städten keine verallgemeinerungsfähigen Aussagen für Deutschland insgesamt hervorbringen. Doch ihre Anlage als kontrastierender Vergleich – in den Dimensionen Groß- und Mittelstadt, ost- und westdeutsche Kommune, Bundesländer mit unterschiedlicher Migrationsgeschichte – bietet Material, um allgemeine Annahmen zu überprüfen, und regt zu neuen Forschungsperspektiven an. Zusätzliche Perspektiven ergeben sich aus ihrer Einbettung in das größere Forschungsprogramm »Radar gesellschaftlicher Zusammenhalt« (www.bertelsmann-stiftung.de/de/unsere-projekte/gesellschaftlicher-zusammenhalt), in dem bereits international vergleichende Untersuchungen, Studien zur Länderebene und eine detaillierte Analyse zum Zusammenhalt in Bremen entstanden (Dragolov et al. 2014; Arant, Larsen und Boehnke 2016) sind. Im Jahr 2017 wurden Regionalanalysen durchgeführt, die ebenfalls zur Verortung der vorliegenden Lokalstudien beitragen können. Kleinräumige Untersuchungen bieten zudem, wie auch die Bremer Studie zeigt, vertiefende Einblicke in Bedingungsfaktoren des gesellschaftlichen Zusammenhalts, denn dieser »wird vor allem vor Ort gelebt« (Arant, Dragolov und Boehnke 2017: 31).

2.3 Sozialer Zusammenhalt und seine Dimensionen


Konzeptionelle Grundlage ist das im Auftrag der Bertelsmann Stiftung von einer Bremer Forschungsgruppe entwickelte und in verschiedenen Studien erprobte mehrdimensionale Konzept des gesellschaftlichen bzw. sozialen Zusammenhalts (Dragolov et al. 2014). Sozialer Zusammenhalt wird in diesem Kontext definiert als die Qualität des gemeinschaftlichen Miteinanders in einem abgegrenzten Gemeinwesen. Zentrale Kennzeichen eines hohen Zusammenhalts sind belastbare soziale Beziehungen, eine emotionale Verbundenheit ihrer Mitglieder mit dem Gemeinwesen und eine ausgeprägte Gemeinwohlorientierung. Diese drei Kernbereiche von Zusammenhalt sind, wie Abbildung 1 veranschaulicht, wiederum in je drei Dimensionen untergliedert. Die insgesamt neun Elemente des sozialen Zusammenhalts lassen sich durch Leitsätze prägnant charakterisieren.

Methodisches Vorgehen

Die Fallstudien zum Zusammenhalt vor Ort basieren auf einem multimethodischen Vorgehen, das quantitative Erhebungen in Form fragebogenbasierter Telefoninterviews verknüpft mit qualitativen Interviews, Gesprächsrunden und Großgruppenveranstaltungen, um die Vielschichtigkeit der Erfahrungen und Perspektiven erheben und aussagekräftige Ergebnisse generieren zu können.

Zentraler Baustein des quantitativen Studienteils ist eine telefonische Befragung zum »Miteinander der Menschen in der Stadt«, die zwischen dem 27. März und dem 23. Mai 2017 in den vier Untersuchungsorten Dortmund, Rostock, Dessau-Roßlau und Lippstadt durchgeführt wurde. Die Befragung erfolgte durch das Marktforschungsinstitut Ipsos Public Affairs im Auftrag der Bertelsmann Stiftung. Eingesetzt wurde ein Fragebogen, der vom DESI – Institut für Demokratische Entwicklung und Soziale Integration – in Abstimmung mit der Bertelsmann Stiftung entwickelt worden war. Dieser umfasste 70 Fragen zu den verschiedenen Dimensionen des gesellschaftlichen Zusammenhalts, zur Aufnahme und Integration von Flüchtlingen sowie zu den soziodemographischen Merkmalen der Befragten und war auf eine durchschnittliche Befragungsdauer von 26 Minuten ausgelegt.

Abbildung 1: Bereiche und Dimensionen des sozialen Zusammenhalts

Quelle: Gesemann et al. 2018: 15

Die Grundgesamtheit für die Stichprobe bildete die deutschsprachige Wohnbevölkerung ab 18 Jahren in Dortmund, Rostock, Dessau-Roßlau und Lippstadt. In Dortmund wurde die Erhebung durch eine Zusatzstichprobe in den Stadtbezirken Aplerbeck, Brackel und Hörde ergänzt. Die Ziehung der vier Stichproben erfolgte unter systematischen und kontrollierten Bedingungen in einem mehrstufigen, geschichteten Zufallsauswahlverfahren nach ADM-Verfahren, das auf einer Zufallsstichprobe und einer Zufallsauswahl der Befragungspersonen basierte. Insgesamt wurden in den vier Untersuchungsstädten 2.952 Interviews realisiert, was einer Ausschöpfungsquote von 16,2 Prozent entspricht (vgl. Tabelle 1).

Tabelle 1: Design der telefonischen Befragung1

Methode

Computergesteuerte telefonische Interviews (CATI)

Grundgesamtheit

Deutschsprachige Wohnbevölkerung in Dortmund, Rostock, Dessau-Roßlau und Lippstadt mit mindestens einem Festnetzanschluss im Haushalt

Stichprobe

Mehrfach geschichtete Zufallsauswahl aus dem ADM-Auswahlrahmen für Festnetznummern
Auswahl der Befragungspersonen nach dem Next-Birthday-Verfahren

Erhebungszeitraum

27. März bis 23. Mai 2017

Interviewer

191 eingesetzte Interviewer

Fragebogenlänge

Durchschnittliche Dauer: 26 Minuten

Eingesetzte Stichprobe (Brutto-Stichprobe)

280.451

Bereinigte Stichprobe (Netto-Stichprobe)*

18.190

Systematische Ausfälle**

15.306

Realisierte Interviews

2.952

Ausschöpfungsquote

16,2 Prozent

*Ohne »qualitätsneutrale Ausfälle« wie »keine verwertbare Telefonnummer«, »kein Privathaushalt«, »Sprachproblem« und »mehr als zehn Kontaktversuche an fünf unterschiedlichen Tagen«.

** Als systematische Ausfälle gelten »Zielperson verweigert« (85,2 %), »Nicht erreicht/Anrufbeantworter« (6,9 %) sowie »Abbrüche« (5,2 %) und »Termine« (2,6 %).

Quelle: Ipsos Public Affairs 2017

Nach Erhebung der Daten wurden diese vor der Auswertung durch eine Gewichtung an die demographische und räumliche Struktur der Städte angeglichen, um Ungleichgewichte in der Stichprobe auszugleichen. Für die Studie wurden zwei Arten von Gewichten erstellt:

Gesamtgewicht: Anpassung der demographischen Struktur der Stichprobe (Geschlecht, Alter und Wohnort) an die offiziellen Statistiken der...

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