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Steigerung des Kohärenzgefühls durch motorische Aktivitäten

AutorJosef Galert
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2010
Seitenanzahl84 Seiten
ISBN9783640787760
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis19,99 EUR
Masterarbeit aus dem Jahr 2010 im Fachbereich Gesundheit - Sonstiges, Note: 1,7, Alice-Salomon Hochschule Berlin , Sprache: Deutsch, Abstract: Zielsetzung Diese Arbeit untersucht die Möglichkeit der Steigerung des Kohärenzgefühls durch motorische Aktivitäten. Dabei werden traditionelle Sportarten und introspektive Aktivitäten, also leistungsfreie, auf Körperwahrnehmung und Achtsamkeit ausgerichtete Aktivitäten, wie z. B. Yoga und Feldenkrais, getrennt voneinander untersucht. Theoretischer Ansatz Einleitend werden die verschiedenen Aktivitätsformen und ihren Besonderheiten vorgestellt sowie das pathogenetische und das salutogenetische Gesundheitsmodell, mit der Darstellung des Kohärenzgefühls und seiner Entwicklungsmöglichkeiten. Methodik Prospektiv beobachtend wurde eine fragebogengestützte Prä-post-Messung der Aktivitätsniveaus von 45 Teilnehmern mit deren Kohärenzgefühl in einem Zeitraum von 6-8 Wochen verglichen. Ergebnisse Es konnte eine signifikante Korrelation des Kohärenzgefühls mit den Aktivitäten in traditionellen Sportarten festgestellt werden. Weiterhin förderten diese sportlichen Aktivitäten die Lebenszufriedenheit und die subjektive Belastbarkeit der Befragten.

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Leseprobe

2 Gesundheit und Gesundheitsmodelle


 

Um die Positionierung des salutogenetischen Gesundheitsmodells zu verdeutlichen, werden im Folgenden die Kernpunkte pathogenetischer Gesundheitsmodelle denen des salutogenetischen Modells gegenübergestellt.

 

Doch möchte ich zu Beginn die von der Welt-Gesundheits-Organisation (WHO) 1946 aufgestellte und bis heute gültige Definition von Gesundheit vorstellen: "Gesundheit ist ein Zustand vollkommenen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens und nicht allein das Fehlen von Krankheit und Gebrechen." Vom medizinischen Laien/bzw. in der Durchschnittsbevölkerung wird Krankheit oft jedoch als ein von der Norm abweichender Zustand empfunden (s. z. B. Brockhaus, 2000). In der Alameda County Study von Berkman et al. (1983) zeigte sich jedoch folgendes Bild: Von den etwa 7000 Befragten wiesen 29 % keine Beschwerden, 28 % ein Symptom und 43 % mindestens eine chronische Erkrankung oder Behinderung auf. Zu jedem Zeitpunkt befand sich also etwa ein Drittel bis die Hälfte der Befragten im Zustand einer Krankheit. Dies bedeutet, trotz des hohen Lebensstandards und entwickelter Medizintechnologie gelten große Teile der Bevölkerung als krank. Nicht Krankheit, sondern Gesundheit stellt sich demnach als Abweichung von der Norm dar.

 

Der Idealzustand von Gesundheit, so wie ihn die WHO definiert, ist praktisch nicht zu erreichen. So mag jemand wegen seiner brüchigen Fingernägel einen Hautarzt aufsuchen, ein Anderer, der an Morbus Alzheimer erkrankt ist, sich seiner Vergesslichkeit – und damit seiner Krankheit – grundsätzlich aber nicht bewusst sein. Ebenso wenig verursacht ein malignes Melanom (schwarzer Hautkrebs) im Anfangsstadium irgendwelche Symptome und umgekehrt kann ein Sieger bei den Paralympischen Spielen sein soziales Wohlbefinden vollkommener finden als vor seiner Behinderung. Gesundheit ist somit ein rein subjektiver dynamischer Zustand. Dieser Erkenntnis gingen in der westlichen Welt über viele Jahrhunderte jedoch objektive Gesundheitseinschätzungen voraus, die auf Expertenkonsense und epidemiologischen Studien beruhten (Schröder, 2008). In der anschließenden Darstellung der pathogenetischen Modelle, finden sich diese Versuche zur Messung von Gesundheit wieder.

 

2.1 Pathogenetische Modelle


 

Pathogenetische Modelle sehen den Menschen in einem homöostatischen Zustand, der durch Risikofaktoren negativ beeinflusst werden kann. D. h., jeder Krankheit wird mindestens eine greifbare Ursache – ausgelöst durch einen Risikofaktor – zugesprochen und medizinische Handlungsnotwendigkeiten werden erst beim Auftreten von Symptomen erforderlich, bzw. besitzt die Vermeidung von (angeblichen) Risikofaktoren präventiven Charakter (Mathe, 2005).

 

Das biomedizinische Gesundheitsmodell ist dabei primär auf die körperlichen Auswirkungen von umweltbedingten Risikofaktoren ausgerichtet. Diese können physikalischer, chemischer und biologischer Herkunft sein (Hafen, 2007, S. 81f.; Antonovsky, 1987). Erst wenn Krankheitssymptome objektivierbar gemacht werden können, werden i. d. R., zunächst die Risikofaktoren beseitigt und dann versucht, die Homöostase mittels physikalischer, chemischer und/oder biologischer medizinischer Interventionen wieder herzustellen. Das alleinige Auffinden und Entfernen von anatomischen und/oder physiologischen Defekten misslingt jedoch häufig (Seeger, 2001; Hayden et al., 2005, Keel et al. 2007), da u. a. physiologische Alterungsprozesse nicht als Risikofaktoren bezeichnet und beseitigt werden können. Dieser Umstand entspricht einer Beobachtung von Schmid et al. (2006): „Degenerative Veränderungen (Gelenksarthrosen, Abnutzungen der Wirbelkörper oder der Bandscheibe) sind eine natürliche Folge des Alterungsprozesses und sind so normal wie graue Haare. Sie haben keine Schmerz verursachende Bedeutung.“ Weiterhin werden Schmerz wahrnehmende psychophysiologische und Schmerz verstärkende psychologische Prozesse nicht mit einbezogen (Egger, 2005).

 

Das biopsychosoziale Modell bezieht diese psychosozialen Faktoren mit ein (ebd.; Engel, 1976, 1977). „Unwohlsein“ findet demnach nicht biologisch und/oder psychisch und/oder soziologisch statt, sondern in diesen Ebenen parallel (ebd.). Das Gesundheits- bzw. Krankheitserleben wird ebenso von der psychischen Stabilität und der sozialen Einbettung einer Person mitbestimmt. Ein Querschnittgelähmter z. B. empfindet seine Lage sicherlich anders, wenn er die `beste´ medizinische Versorgung erhält, von seiner Familie liebevoll unterstützt wird, selbstbestimmt einer beruflichen Tätigkeit nachgehen kann und über eine optimistische psychische Grundeinstellung verfügt, als jemand, dem diese medizinischen und psychosozialen Bedingungen fehlen.

 

Schlitenwolf et al. (2003) befragten Teilnehmer mit akuten Rückenschmerzen nach soziodemografischen, somatischen, psychischen und verhaltensbezogenen Faktoren in einem insgesamt 181 Items umfassenden Anamnesefragebogen. Nach sechs Monaten wurden die Patienten wieder nach ihrem Befinden und ihren Rückenschmerzen befragt. Laut Forschungsergebnis ist es mithilfe des daraus entwickelten Fragebogens HKF-R 10 mit 78% Wahrscheinlichkeit möglich, das Chronifizierungsrisiko von akuten Rückenschmerzen vorherzusagen.

 

In einer ähnlichen Studie konnten Thomas et al. (1999) neben Bewegungsmangel auch die Faktoren Stress, negative Selbsteinschätzung der eigenen Gesundheit, Unzufriedenheit am Arbeitsplatz und Arbeitslosigkeit, als signifikante prämorbide Merkmale für die Entstehung von chronischen Rückenschmerzen identifizieren.

 

In einer Pilotstudie der Psychologin Michelle Sowden (2006) konnten psychosoziale Risikofaktoren („Yellow Flags“) bei chronischen Schmerzen durch gezielte Aufklärung verbessert werden. Bei den Probanden, die aufgrund unterschiedlicher Vorerkrankungen wie Schleudertrauma, Fibromyalgie oder rheumatoider Arthritis an chronischen Schmerzen litten, wurden vier psychosoziale Faktoren untersucht:

 

falsche Vorstellungen über den Grund des Schmerzes („pain beliefs")

 

psychologische Probleme („psychological distress" z. B. Depressionen)

 

fehlender Glaube, selbst etwas gegen die Schmerzen tun zu können („external locus of control")

 

den Verzicht auf bestimmte Aktivitäten wegen der Schmerzen („self-efficacy").

 

Durch verschiedene Fragebögen und Interviews wurde ermittelt, ob und wie stark diese vier Risikofaktoren bei den Patienten vorhanden waren. Anschließend nahmen die Patienten an einem achtwöchigen „Living with Pain Programme" teil. Innerhalb dieses Programms wurde versucht, die aufgedeckten „Yellow Flags“ mithilfe gezielter Aufklärungsgespräche und medizinischer Informationen zu reduzieren. Das Ergebnis war, dass sich nach den acht Wochen bis auf den „external locus of control" die anderen drei Risikofaktoren signifikant verbessert hatten – und damit auch das Allgemeinbefinden der Patienten.

 

Allein das `Etikettieren´ mit einem Krankheitsnamen (Diagnose[5]), die Inanspruchnahme medizinischer Versorgung und das Befolgen therapeutischer Anordnungen wirkt sich individuell auf das Krankheitserleben aus (Bengel et al., 1998, S. 17). Die Antizipation von Zukunftsperspektiven kann – besonders beim medizinischen Laien – „je nach perzipiertem Grad der Bedrohung durch die Diagnose eine subjektive emotionale und/oder kognitive Dissonanz entwickeln“ (Seligman, 1979). Neuere Forschungsbemühungen konnten, besonders auf dem Gebiet der Neuropsychoimmunologie, diese biopsychosozialen Zusammenhänge objektivieren (Egger, 2005, S. 5).

 

Bei der Behandlung von akuten Krankheiten und in der Krankheitsprävention spielen biomedizinische und biopsychosoziale Modelle eine wichtige Rolle, im Kontext der Gesundheitsförderung sind sie unzweckmäßig, da sie keine Überlegungen zu gesundheitlichen Schutzfaktoren beinhalten (Becker, 2006; Berth, 2008).

 

2.2 Salutogene Gesundheitsmodelle


 

Bei Personen, die gleichzeitig ähnlichen biopsychosozialen Risikofaktoren ausgesetzt sind (z. B. Bewegungsmangel, Depression, Übergewicht, Rauchen, Ehescheidung und Arbeitslosigkeit), ist die individuelle Krankheitsbiografie dennoch sehr unterschiedlich, zumindest was den Zeitpunkt des Auftretens ähnlicher Krankheiten betrifft. Deshalb muss noch mindestens ein weiterer bisher unbenannter Faktor identifiziert werden.

 

Denn bisher wurde nur von den pathogenetischen, also Krankheit verursachenden Faktoren gesprochen, nicht jedoch die Überlegung angestellt, was gesund hält bzw. warum wir überhaupt krank werden (und damit sind nicht mittelbar gesündere Lebensweisen, wie ausgewogene vitaminreiche Ernährung, ausreichender Schlaf, regelmäßige Bewegung etc. gemeint). Salutogene Modelle verstehen Gesundheit als heterogenen Zustand, der durch innere Kräfte im Gleichgewicht gehalten werden muss und versuchen sich in der Beschreibung dieser inneren Kräfte. Neben dem von dem...

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