Eine Rechtsquelle kann jedes Gesetz sein, vgl. § 4 AO. Als Rechtsgrundlage für die Ermittlung von Verrechnungspreisen stehen nationale, internationale und völkerrechtliche Regelungen zur Verfügung.
Diese Rechtsquellen können in bindende Normen und nicht bindende Normen unterschieden werden:
Die zentrale rechtsbindende Norm ist das Außensteuergesetz. Das AStG wird um die Funktionsverlagerungsverordnung erweitert.
Normen ohne Rechtsbildung sind in Form von Verwaltungsgrundsätzen ergangen. Diese binden nur die Verwaltung[14]. Besonders relevant ist der Verwaltungsgrundsatz über die „Grundsätze für die Prüfung der Einkunftsabgrenzung zwischen nahestehenden Personen in Fällen von grenzüberschreitenden Funktionsverlagerungen“[15], sowie der Verwaltungsgrundsatz für die „Grundsätze für die Prüfung der Einkunftsabgrenzung zwischen nahestehenden Personen mit grenzüberschreitenden Geschäftsbeziehungen in Bezug auf Ermittlungs und Mitwirkungspflichten, Berichtigungen sowie auf Verständigungs- und EU-Schiedsverfahren“[16]. International sind durch die OECD Leitlinien ergangen, welche unverbindliche Prinzipien für Unternehmen[17] darstellen sollen[18]. Diese sind nur für die Regierungen verpflichtend[19].
Das Außensteuergesetz wird nachrangig angewendet[20]. So finden seine Rechtsfolgen nur Anwendung, wenn die Regelungen des AStG weitgehender sind. Auch dann verdrängen sie dem Wortlaut entsprechend, die Rechtsfolgen anderer Normen nicht. Das AStG stellt daher eine „Auffüllnorm“[21] dar.
Andere Regelungen sind die verdeckte Einlage gem. § 8 Abs. 3 Satz 3 KStG und die verdeckte Gewinnausschüttung gem. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG[22]. Im Folgenden werden die Unterschiede zum § 1 AStG dargestellt.
Durch das dargestellte Anwendungsverhältnis des AStG ist es bedeutsam, die Tatbestandsvoraussetzungen und die Rechtsfolgen zur verdeckten Gewinnausschüttung zu vergleichen, um den Anwendungsbereich des AStG erkennen zu können.
§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG verbietet eine Minderung des Einkommens durch verdeckte Gewinnausschüttung. Eine verdeckte Gewinnausschüttung ist gem. R 36 Abs. 1 Satz 1 KStR eine Vermögensminderung oder eine ver-hinderte Vermögensmehrung, welche durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst, sich auf den Gewinn nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG auswirkt und nicht auf einem Gewinnverteilungsbeschluss beruht. Der Anwendungsbereich des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG kann Verrechnungs-preise bei Funktionsverlagerungen betreffen und im Regelungsbereich des AStG liegen.
Die Gemeinsamkeit der beiden Korrekturvorschriften liegt darin, dass in beiden Fällen die Minderung der Einkünfte aufgrund eines bestimmten Tatbestandes für unzulässig erklärt wird.
Die Normen unterscheiden sich jedoch im räumlichen Anwendungsbereich: So regelt das AStG nur internationale, das KStG jedoch nationale und internationale Geschäftsbeziehungen. Auch das Steuersubjekt unterscheidet sich: Das AStG ist für alle Steuersubjekte anwendbar, wohingegen § 8 Abs. 3 Satz 2 nur bei Kapitalgesellschaften angewendet wird[23]. Zudem unterscheidet sich auch der Kreis der Beteiligten: Da § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG die Ausschüttung betrifft, deckt sie nur das Verhältnis von Gesellschaftern zur Gesellschaft ab. Das AStG erweitert den Kreis um nahestehende Personen und Nichtgesellschafter[24]. Das KStG schließt Vorteilsgewährungen vom Anwendungsbereich der vGA aus[25]. Das AStG kennt eine derartige Einschränkung nicht.
Beide Regelungen stellen zwar auf einen Fremdvergleich ab, jedoch greift § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG auf den ordentlichen und gewissenhaften Gesellschafter zurück, wohingegen das AStG die Rechtsfigur des doppelten ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters kennt[26]. Dadurch unterscheidet sich die Art des Fremdvergleichs. Das AStG wendet einen hypothetischen Fremdvergleich mit eigener Verrechnungspreismethode an[27]. Der Prüfungsmaßstab bei einer vGA kann durch einen internen oder externen Fremdvergleich erfolgen[28]. Liegen keine Vergleichswerte vor, kann auch hier ein hypothetischer Fremdvergleich erfolgen, jedoch nur am „kleinen“ Leitbild des ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters[29].
Eine weitere deutliche Abweichung ergibt sich im Hinblick auf die Rechtsfolge: So erfolgt die Korrektur der verdeckten Gewinnausschüttung mit Rückgriff auf den gemeinen Wert nach § 9 BewG[30]. Der gemeine Wert ist der gewöhnliche Marktpreis[31]. Die Hinzurechnung erfolgt außerhalb der Steuerbilanz[32].
Im Ergebnis muss die Korrekturprüfung daher zweistufig erfolgen: Im ersten Schritt erfolgt die Prüfung nach § 8 Abs. 3 KStG, im zweiten Schritt nach § 1 AStG[33].
Die verdeckte Einlage stellt den Gegenpart zur verdeckten Gewinnausschüttung dar[34]. Eine verdeckte Einlage ist die Vorteils-zuwendung eines Gesellschafters ohne dass diese erwirtschaftet wurde[35].
Auch verdeckte Einlagen erhöhen das Einkommen nicht[36]. Die Korrektur findet ebenfalls nur bei Kapitalgesellschaften Anwendung.
Eine verdeckte Einlage setzt voraus, dass ein einlagefähiges Wirtschaftsgut vorliegt. Daher sind unentgeltliche Nutzungsvorteile und Dienstleistungen die gegenüber einer Tochtergesellschaft erbracht werden von Anwendungsbereich der verdeckten Einlage ausgeschlossen und auf das AStG zu stützen.[37] Im internationalen Kontext kann § 8 Abs. 3 Satz 3 KStG nur vorliegen, wenn auch nach ausländischem Gesellschaftsrecht Eigenkapital entsteht[38]. Liegt daher eine Übertragung oder Überlassung ohne Entgelt vor, liegt dies nicht im Anwendungsbereich des § 8 Abs. 3 Satz 3 KStG[39]. Das AStG könnte hier bei grenzüberschreitenden Sachverhalten angewendet werden.
Die Rechtsfolge für das deutsche Unternehmen ist die Erhöhung der Anschaffungskosten der Beteiligung um den Teilwert[40] und dessen steuerliches Einlagenkonto gem. § 27 Abs. 1 KStG. Der Teilwert ist der Wert der im Rahmen eines Unternehmenskaufs unter Fortführung des Unternehmens gezahlt würde[41]. Die Höchstgrenze sind die Wieder-beschaffungskosten[42].
Doppelbesteuerungsabkommen sind völkerrechtliche Verträge zur Vermeidung einer Mehrfachbesteuerung. Die doppelte Besteuerung eines Sachverhalts durch zwei Steuerhoheiten stellt eine Kollision dar. Als Kollisionsrecht bestimmt es nicht die Höhe der Steuern, sondern begrenzt den Steueranspruch der Vertragsstaaten.[43] In anderen Worten regelt der DBA die „Verteilung der Besteuerungsrechte“[44]. Doppelbesteuerungs-abkommen gehen nach § 2 Abs. 1 AO den nationalen Gesetzen vor.
Zwar werden DBA individuell vereinbart, jedoch gibt es Musterabkommen welche einen allgemeinen Standard vorgeben[45]. Im Folgenden wird sich auf das OECD-MA beschränkt.
Das OECD-MA enthält u.a. für die Funktionsverlagerung den Fremdvergleichsgrundsatz, welcher auch als „arm’s length principle“ bezeichnet wird[46]. Der Grundsatz gilt zwar weltweit, wird aber unterschiedlich ausgelegt[47]. Das Prinzip ist in Art. 7 und 9 Abs. 1 OECD-MA zu finden und gilt in allen deutschen Doppelbesteuerungsabkommen[48]. Nach Art. 9 Abs. 1 OECD-MA wird ein Staat ermächtigt Gewinne zu besteuern, die ihm in Abweichung des Fremdvergleichsgrundsatzes entgangen sind und sieht eine analoge Korrektur beim anderen Unternehmen nach Art. 9 Abs. 2 OECD-MA vor. Da Art. 9 OECD-MA jedoch keine Bestimmung darüber enthält, wie dies zu erfolgen hat, ist in diesen Fällen nationales Recht anzuwenden[49].
Im Hinblick auf die steuerliche Prüfung von Verrechnungspreisen muss beachtet werden, dass die Regelungen des AStG nachrangig...