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E-Book

Strategien und Positionierungen beim Online-Dating

Eine empirische Studie zur computerunterstützten Partnersuche

AutorLauretta Fontaine
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2013
Seitenanzahl80 Seiten
ISBN9783656494751
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis26,99 EUR
Bachelorarbeit aus dem Jahr 2013 im Fachbereich Kulturwissenschaften - Empirische Kulturwissenschaften, Note: 1,3, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, Sprache: Deutsch, Abstract: Das Internet gilt im 21. Jahrhundert noch vor Fernsehen und Buch als das wichtigste Medium für die deutsche Bevölkerung und ist aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. Es offeriert jede Menge neuer Möglichkeiten und vereinfacht so das Leben vieler Menschen. Neben sozialen Netzwerken, Verkaufsplattformen und Nachrichtendiensten bietet das Internet heutzutage auch Möglichkeiten zur Partnersuche auf speziell dafür angelegten Online-Dating Plattformen. Dort können Internetnutzer bequem von zu Hause aus und unabhängig von Zeit und Raum nach der großen Liebe suchen und dem Singledasein ein Ende bereiten. Man spricht auch häufig vom 'Internet als Heiratsmarkt' und bezeichnet den Computer als ein 'Beziehungsmedium' , da virtuelle Kommunikation Menschen weltweit miteinander verbindet. Im Internet gibt es über 2500 verschiedene Plattformen , die vom Flirten über erotische Abenteuer bis hin zur festen Partnerschaft alles ermöglichen. Die computerunterstützte Partnersuche ist für jedermann zugänglich und weist somit eine weitreichende Auswahl an potenziellen Partnern auf. Online-Dating hat die klassische Kontaktanzeige nach und nach abgelöst und im Laufe der Jahre einen immensen Zulauf erfahren. Was in den 90er Jahren klein anfing , entwickelte sich im Laufe der Jahre zu einem Massenphänomen. Statistiken beweisen, dass alte Klischees wie Online-Dating sei nur etwas für 'verzweifelte Singles, die im realen Leben keine Chance haben einen Partner zu finden', hinfällig sind. In den Jahren 2011 und 2012 gab es rund 16 Millionen Singles in Deutschland, von denen circa sieben Mil-lionen einen Partner im Netz gesucht haben. Dies führte dazu, dass im Jahre 2012 jede dritte Beziehung online entstand. Die Partnersuche im Internet hat sich gesellschaftlich etabliert und tritt immer mehr in den öffentlichen Diskurs. Marktführer wie Parship.de und ElitePartner.de investieren Millionen in Fernsehwerbung und werben so immer mehr Mitglieder. Der demografische Wandel und die damit verbundene steigende Le-benserwartung der Menschen sorgen für neue Verhältnisse in Bezug auf die Lebensführung, womit die Sorge im Alter alleine zu bleiben, wächst. Dieses Beispiel ist nur eines von vielen, das die hohe Nachfrage nach Online-Dating erklären soll. Die Anbieter werben mit Slogans wie 'Liebe ist kein Zufall' oder 'Hier verliebt man sich' und suggerieren somit Simplizität und Planbarkeit bei der Entstehung einer Liebesbeziehung.

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Leseprobe

II Begriffsbestimmungen und Definitionen


 

1. Virtuelle Räume


 

Als virtuell wird etymologisch etwas potenziell Mögliches bezeichnet, das materiell jedoch noch nicht realisiert ist.[64] Der Computer erzeugt eine solche Virtualität und bietet somit einen Zugang zu virtuellen Räumen, in denen unabhängig von Zeit und Ort synchron kommuniziert werden kann. Laut Misoch erfährt Kommunikation somit durch virtuelle Räume, „die ihrerseits nicht lokalisierbar sind“[65], eine Erweiterung.[66] Die Ethnologin Ute Süßbrich bezeichnet Virtualität als „das Ergebnis künstlich erzeugter Sinneseindrücke. Da nun diese Sinneseindrücke aber tatsächliche sind, handelt es sich um eine Sonderform von der ,Realität‘.“[67] Misoch spricht von der „zunehmenden Relevanz virtueller Räume“[68], durch die der reale Raum, in dem man sich körperlich befindet, überlagert wird. Beide Räume existieren parallel zueinander und „bilden zwei verschiedene Erfahrungsebenen.“[69] Beim Online-Dating steht die Virtualität zunächst im Kontrast zur Realität. Im Laufe der Zeit müssen sich beide Räume und das damit verbundene Erleben vereinbaren lassen, damit eine Liebesbeziehung entstehen kann.

 

2. Identität und virtuelle Identität


 

Der Begriff Identität (vom lat. idem = das-, derselbe) [70] gilt als ein zentrales Konzept der Kulturanthropologie und weist eine Vielzahl an Definitionen auf. Bausinger definiert Identität wie folgt:

 

„Identität ist ein analytisches Konstrukt; aber Identität ist gleichwohl direkt erfahrbar: als Gefühl der Übereinstimmung des Individuums mit sich selbst und seiner Umgebung, und vielleicht noch deutlicher in der negativen Form: im Bewusstsein oder Gefühl mangelnder Übereinstimmung. Identität bezeichnet die Fähigkeit des einzelnen, sich über alle Wechselfälle und auch Brüche hinweg der Kontinuität seines Lebens bewusst zu bleiben.“ [71]

 

Identität meint also nach Bausinger das Gefühl sich treu zu bleiben, trotz des ständigen Wandels äußerer Einflüsse. Bausinger bezeichnet den Begriff Identität auch als ein „Moment von Ordnung und Sicherheit“ [72] inmitten wechselnder Konstellationen. Er distanziert sich jedoch von dem ursprünglich starren Begriffscharakter, indem er Identität als „verhältnismäßig elastisch“ [73] beschreibt. Die Kommunikationswissenschaftlerin Sabina Misoch stellt in ihrer Dissertation Identitäten im Internet. Selbstdarstellung auf privaten Homepages fest: „Ein Mensch stellt verschiedene soziale und situative Identitäten dar, und er ist doch stets mit sich identisch. [74]“ Auf einer Online-Dating Plattform entsteht automatisch eine virtuelle Identität, die somit auch situationsabhängig angepasst wird. Diese ist laut der Medienpsychologin Nicola Döring „eine subjektiv relevante Repräsentation einer Person im Netz. [75]“ Der Nutzer schreibt sich selbst bestimmte Eigenschaften zu und entwirft somit ein bestimmtes Bild von sich und seiner Identität.[76] Dieses konstruierte Selbstbild[77] die Online-Identität, lässt sich ebenso als elastisch und flexibel beschreiben. Der Nutzer hatjederzeit die Möglichkeit seine Profilinformationen und somit Teile seiner virtuellen Identität zu ändern und anzupassen. Eine OnlineIdentität unterscheidet sich demnach von der realen Identität, da das eigene Selbst sie neu und abweichend von ihr entwerfen und darstellen kann[78] und sie somit neu konstruiert. Die Soziologin Evelina Bühler-Ilieva postuliert, dass sich Nutzer im virtuellen Raum im Gegensatz zum realen Leben „Masken überstülpen [können], die nach Lust und Laune an - und wieder ausgezogen werden können[79].“ Diese Masken bilden die virtuelle Identität. „Identitäten können in virtuellen Räumen nur mittels Darstellung sichtbar d.h. sozial wirksam werden“ [80],, was dazu führt, dass „im Rahmen virtuellerUmgebungen Identitäten sich durch Selbstdarstellungen konstruieren müssen[81]“. Eine virtuelle Identität ist somit immer auf Selbstdarstellung angewiesen.

 

Des Weiteren gilt Identität als „eine grundlegende Voraussetzung für soziales Handeln[82]“ und funktioniert ausschließlich über Interaktion mit anderen in der Gesellschaft[83]. Das Ziel ist es, das eigene Verhalten und die Erwartungen der anderen in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen und somit gesellschaftlichen Ansprüchen zu genügen ohne sich dabei selbst aufzugeben[84]. Gemäß Kaschuba meint der Begriff Identität sowohl „eine Ich- als auch eine Wir-Identität, zwei sich ineinander verschränkende Bedeutungsdimensionen von Selbstsein und Dazugehören. [85]“ Identität meint die Sicht des Individuums auf sich selbst sowie die Sicht der anderen auf das Individuum.

 

3. Selbstdarstellung


 

Um internetbasierte Selbstdarstellungen zu untersuchen, ist es unerlässlich den Begriff erst einmal in seinem Kern zu erfassen und zu definieren. Die Medienpsychologin Nicola Döring beschreibt Selbstdarstellung wie folgt:

 

„Man spricht von Selbstdarstellungsverhalten (...) um zum Ausdruck zu bringen, dass wir unser soziales Verhalten in der Regel so gestalten, dass wir bei denjenigen Personen, die gerade anwesend sind oder denen unser aktuelles Verhalten bekannt werden könnte, einen günstigen Eindruck hinterlassen. Ein günstiger Eindruck ist nicht unbedingt ein positiver Eindruck, sondern ein zielkonformer Eindruck.“ [86]

 

Dies bedeutet, dass Menschen ihre Handlungen und Verhaltensweisen bewusst einsetzen um sich selbst in ein gutes Licht zu rücken und somit vor anderen gut dazustehen. Dörings Definition lässt sich auch auf das Nutzerverhalten bei computerbasierter Partnersuche im Internet beziehen. Insbesondere dort spielt Selbstdarstellung eine entscheidende Rolle, da jede Internet-Plattform den Nutzern die Möglichkeit bietet, sich vor anderen Anwendern zu präsentieren und ihnen insbesondere durch positive Selbstbeschreibungen zu imponieren. Diese sind jedoch teilweise auch notwendig, um aus der Masse der potenziellen Partner hervorzustechen. Eine kompetente Anwendung von Selbstdarstellungsstrategien, wie zum Beispiel die „attraktivitätssteigernde Idealisierung des eigenen Erscheinungsbildes können Kontaktschwellen bei der computervermittelten Kommunikation abbauen. [87] Textuelle Selbstdarstellungsprozesse [88]“ „erfolgendurch das Sich-Selbst-Beschreiben, durch das Von-Sich-Schreiben bzw. durch Selbstnarrationen.“ [89] Die Selbstdarstellung ist somit subjektiv und teilweise manipulierbar. [90] Angaben können beschönigt, ausgeschmückt oder gar falsch aufgeführt werden. Unwahre Selbstdarstellungen weisen geschlechts- und merkmalsspezifische Muster auf. [91] So überschätzen Männer auf ihrem Online-Dating Profil häufig ihre Körpergröße und Frauen unterschätzen systematisch ihr Gewicht. [92] Nutzer versuchen so körperliche Defizite zu extrahieren, um einen positiven Eindruck zu hinterlassen.

 

Die Psychologen Aronson, Wilson und Akert definieren den Begriff Selbstdarstellung als „Versuch, uns als den Menschen zu präsentieren, der wir sind oder von dem wir wollen, dass andere Menschen glauben, dass wir so sind; dies geschieht durch die Worte, die wir sprechen, unser nonverbales Verhalten wie auch unsere Handlungen[93].“ Nicht nur Identität, sondern auch die mit ihr zusammenhängende Selbstdarstellung ist somit ebenso auf soziale Interaktion angewiesen. Mit dieser Strategie präsentieren sich Nutzer auf Dating-Plattformen, um einen geeigneten Partner zu finden. Die Art der Ausführung dieses Selbstdarstellungsaktes unterscheidet sich jedoch erheblich von der, die Aronson, Wilson und Akert nennen. In Bezug auf das hier genannte nonverbale Verhalten sowie die Handlungen muss die „Körperlosigkeit der Selbstdarstellungsprozesse[94]“ im Internet genannt werden. Online-Dating funktioniert rein textbasiert und in den meisten Fällen stimmlos. [95] Es findet kein körperlicher Ausdruck statt, da die Personen nicht als greifbare Körper anwesend sind und somit gewissermaßen als Subjekte entmaterialisiert werden. [96] Dies führt dazu, dass Aspekte wie die Körperhaltung, Mimik und Gestik durch Medien, wie zum Beispiel Bilder und Texte, ersatzweise dargestellt werden. [97] Darüber hinaus bieten die Plattformen diverse Möglichkeiten für Angaben, in denen beispielsweise der Charakter, das Aussehen und persönliche Stärken so detailliert beschrieben werden können, dass dort viel Raum zur Selbstdarstellung geboten wird. So beinhalten alle Momente menschlicher Interaktion - und das Bereitstellen eines Online-Profils kann als Interaktion bezeichnet werden - Prozesse der Selbstdarstellung. [98]“ Selbstdarstellung ist somit dauerhaft präsent und in der Face-to-Face-Kommunikation schwer steuerbar. Internetspezifische Selbstdarstellung hingegen lässt sich partiell besser kontrollieren. So können beispielsweise bei einem E-Mail Kontakt „zu ausgewählten Zeitpunkten gezielt vorbereitete Botschaften übermittelt] [werden].“ [99]

 

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