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Subjektivierung von Arbeit und qualifizierte Teilzeitbeschäftigung

Eine abeitssoziologische Analyse unter anerkennungstheortischem Blickwinkel

AutorJulia Kutz
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2011
Seitenanzahl291 Seiten
ISBN9783640942190
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis31,99 EUR
Doktorarbeit / Dissertation aus dem Jahr 2009 im Fachbereich Soziologie - Arbeit, Beruf, Ausbildung, Organisation, Note: Cum Laude, FernUniversität Hagen, Sprache: Deutsch, Abstract: Die vorliegende arbeitssoziologische Untersuchung zum Strukturwandel der Erwerbsarbeit setzt sich unter anerkennungstheoretischem Blickwinkel mit dem Arbeitszeitflexibilisierungsinstrument 'qualifizierte Teilzeitbeschäftigung' ausein-ander. Eine arbeitssoziologische Zusammenführung von 'Subjektivierung von Arbeit' und 'qualifizierter Teilzeitbeschäftigung' unter anerkennungs¬theoretischem Blickwinkel hat noch nicht stattgefunden. Bisherige arbeitssoziologische Untersuchungen von Arbeitszeitflexibilisierungsmaßnahmen im Kontext von Subjektivierung von Arbeit haben Arbeitszeitflexibilisierungsmaßnahmen meist allgemein (wenig detaillierte Betrachtung von einzelnen Maßnahmen) und im Hinblick auf mögliche negative Folgen für die Subjekte (steigende Belastungen und Beanspruchungen durch zunehmende Arbeitsverdichtungen und erweiterungen etc.) beleuchtet. Der innovative Charakter des hier angestellten Vorhabens zeigt sich im Gegensatz dazu in der detaillierten anerkennungs-theoretischen Betrachtung nur eines ausgewählten Arbeitszeitflexibilisierungs-instrumentes, genauer Arbeitszeitverkürzungsinstrumentes, dem nicht nur Risiken für die betroffenen Subjekte, sondern auch Chancen für sämtliche Beteiligten zugesprochen werden. Darüber hinaus ist qualifizierte Teilzeitarbeit ein besonders interessantes Arbeitszeitflexibilisierungsinstrument, weil hierbei eine klassische Frauen- und eine klassische Männerdomäne zusammengeführt werden: Auf der einen Seite gut bezahlte Fach- und Führungsaufgaben für qualifizierte und hochqualifizierte Männer als klassische Männerdomäne und auf der anderen Seite schlecht bezahlte Teilzeitarbeit als klassische Domäne gering qualifizierter Frauen. Unter Berücksichtigung dieser inhärent spannungs-reichen Zusammenführung konnten im Rahmen der vorliegenden Arbeit auch mögliche Gründe und Ursachen für das Festhalten an tradierten geschlechts-spezifischen Rollenmustern und gesellschaftlich verankerten Anerkennungs-strukturen für bestimmte Formen von Arbeit ausfindig und erklärbar gemacht werden.

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0. Zusammenfassung


 

Die vorliegende arbeitssoziologische Untersuchung zum Strukturwandel der Erwerbsarbeit hat sich mit dem Arbeitszeitflexibilisierungsinstrument „qualifizierte Teilzeitbeschäftigung“ auseinandergesetzt. Unter subjektzentriertem, anerkennungstheoretischem Blickwinkel sollte hierbei herausgefunden werden, ob und inwiefern sich die Einstellung zu und die Wahrnehmung von qualifizierter Teilzeitbeschäftigung durch die viel diskutierte Subjektivierung von Arbeit verändert hat. Darüber hinaus galt es, die spezifischen Chancen und Risiken dieses Arbeitszeitflexibilisierungsinstrumentes für die von der Subjektivierung besonders betroffenen qualifizierten und hochqualifizierten Beschäftigten herauszuarbeiten und im Kontext der vielschichtigen gesellschaftspolitischen, unternehmensinternen sowie lebensweltlichen und individuumspezifischen Einflussfaktoren zu analysieren.

 

Eine solche arbeitssoziologische Zusammenführung von „Subjektivierung von Arbeit“ und „qualifizierter Teilzeitbeschäftigung“ unter anerkennungstheoretischem Blickwinkel hat, meines Erachtens nach, noch nicht stattgefunden. Bisherige arbeitssoziologische Untersuchungen von Arbeitszeitflexibilisierungsmaßnahmen im Kontext von Subjektivierung von Arbeit haben Arbeitszeitflexibilisierungsmaßnahmen meist allgemein (wenig detaillierte Betrachtung von einzelnen Maßnahmen) und im Hinblick auf möglich negative Folgen für die Subjekte (steigende Belastungen und Beanspruchungen durch zunehmende Arbeitsverdichtungen und ‑erweiterungen etc.) beleuchtet. Der innovative Charakter des hier angestellten Vorhabens zeigt sich im Gegensatz dazu in der detaillierten anerkennungstheoretischen Betrachtung nur eines ausgewählten Arbeitszeitflexibilisierungsinstrumentes, genauer Arbeitszeitverkürzungs-instrumentes, dem nicht nur Risiken für die betroffenen Subjekte, sondern auch Chancen für sämtliche Beteiligten zugesprochen werden. Darüber hinaus ist qualifizierte Teilzeitarbeit ein besonders interessantes Arbeitszeit-flexibilisierungsinstrument, weil hierbei eine klassische Frauen- und eine klassische Männerdomäne zusammengeführt werden: Auf der einen Seite gut bezahlte Fach- und Führungsaufgaben für qualifizierte und hochqualifizierte Männer als klassische Männerdomäne und auf der anderen Seite schlecht bezahlte Teilzeitarbeit als klassische Domäne gering qualifizierter Frauen. Unter Berücksichtigung dieser inhärent spannungsreichen Zusammenführung konnten im Rahmen der vorliegenden Arbeit auch mögliche Gründe und Ursachen für das Festhalten an tradierten geschlechtsspezifischen Rollenmustern und gesellschaftlich verankerten Anerkennungsstrukturen für bestimmte Formen von Arbeit ausfindig und erklärbar gemacht werden.

 

Ausgangspunkt der vorliegenden Untersuchung war die Vermutung, dass qualifizierte Teilzeitbeschäftigung ein geeignetes Arbeitszeitflexibilisierungsinstrument ist, um sowohl den steigenden Anforderungen der Unternehmen (durch die Subjektivierung von Arbeit) als auch den Ansprüchen der Beschäftigten nach mehr Arbeits- und Lebensqualität, Selbstverwirklichung und echter Autonomie entgegenzukommen. Qualifizierter Teilzeitarbeit wurde in dieser Arbeit das Potenzial zugesprochen, der befürchteten „totalen Entgrenzung von Arbeit“ (Hildebrandt 2007: 68) neue Grenzen zu setzen. Hierdurch könnten, so die Hoffnung, Überforderung und unzumutbare psychische und physische Belastungen bis hin zu gesundheitlichen Risiken („Burn-out“) vermieden, eine neue, individuelle Balance zwischen Arbeit und Leben für die Subjekte hergestellt und gleichzeitig Unternehmensziele erfolgreicher und effizienter realisiert werden.

 

Diese Vermutungen basieren auf den Überlegungen von Holtgrewe und Voswinkel (vgl. Holtgrewe 2001, 2003, 2006, Holtgrewe et al. 2002, 2000, Voswinkel 2001, 2002, 2003, 2006), die die Subjektivierung von Arbeit unter anerkennungstheoretischem Blickwinkel betrachtet haben. Die genannten Autoren sind nach eingehenden Untersuchungen zu dem Schluss gekommen, dass sich im Zuge der Subjektivierung und Flexibilisierung von Arbeit die Akzentuierungen der Anerkennung verschoben haben. Gewürdigt wird nicht mehr die selbstverständlich erbrachte Leistung, „seine Arbeit zu tun“, sondern die generalisierte Bereitschaft, jeglichen Anforderungen der Organisation zu entsprechen, sie zu antizipieren und zu übertreffen (vgl. Holtgrewe 2006: 110).

 

Insgesamt gewinnt hierbei Anerkennung in Form von Bewunderung an Gewicht und gleichzeitig verschiebt sich die Bedeutung von Leistung. Anerkennung bemisst sich zunehmend am Erfolg bzw. an erfolgreichen Leistungen, die jedoch oft erst ex post als solche bewertet und anerkannt werden.

 

Diese Veränderungen bringen nach Holtgrewe et al. weitreichende Folgen für die Identitäten der Beschäftigten mit sich. „Weil Anerkennung Identitäten konstituiert, lassen die betrieblich vermittelten Anerkennungsverhältnisse die Individuen nicht unberührt. Indem sie arbeitsbezogene Identitäten entwickeln ratifizieren sie auch das in der Organisation zu Grunde liegende Wertesystem, die Leistungsstandards und Erfolgskriterien“ (Holtgrewe 2006: 108).

 

Diese Zusammenhänge zwischen Identität, Arbeit und Anerkennung sind zentrale Grundannahme für die gewählte anerkennungstheoretische Perspektive bei der Analyse von qualifizierter Teilzeitbeschäftigung. Denn, wenn Arbeit identitätsrelevant ist und wenn Anerkennung identitätsrelevant ist, dann ist auch Anerkennung wesentlich für die Arbeit und entsprechend relevant für die Analyse von qualifizierter Teilzeitbeschäftigung als einer Form von (Erwerbs)Arbeit.

 

Auf Basis dieser Überlegungen und der prognostizierten Veränderungen der Leistungsbewertungskriterien und –ziele (erfolgsabhängige Vergütungssysteme, Zielvereinbarungs- und Mitarbeiterjahresgespräche etc.) lautet die Kernthese der vorliegenden Untersuchung, dass qualifizierte Teilzeitbeschäftigung durch die Verschiebung der Anerkennungsmodi („weg“ von Würdigung, „hin“ zu Bewunderung) bessere Anerkennungs- und Realisationschancen hat.

 

Wenn erfolgreiche Ergebnisse, also der Leistungs-Output, unabhängig von zeitlichem Aufwand und klassischen Leistungsprinzipien (Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit etc.) anerkannt und honoriert werden, verlieren Leistungs-Inputfaktoren, wie zeitliche Investitionen, an Bedeutung. Wenn nicht mehr relevant ist, wie ein besonderer Erfolg für zunehmend marktabhängigere Unternehmensziele zustande kommt, sondern nur noch, dass er zustande kommt, müsste das Interesse an verkürzten Arbeitszeitmodellen auf allen Seiten – bei den Beschäftigten, in den Unternehmen, von gesellschaftlichen Institutionen - steigen. Weiter wurde geschlussfolgert, dass wenn die Chance, Anerkennung für Leistung zu erhalten, zeitunabhängiger wird, weil Anerkennung nur noch für Erfolge (in Form von Bewunderung) gewährt wird und nicht mehr für den zeitabhängigen Arbeitseinsatz bzw. die eigentliche Leistung (in Form von Würdigung), dann müssten Teilzeitarbeitszeitmodelle auch bzw. insbesondere für qualifizierte Beschäftigte leichter und anerkannter durchzusetzen sein. Die Unternehmen „bezahlen“ und „anerkennen“ (z.B. in Form erfolgsabhängiger Vergütungssystem) nur, wenn erfolgreich geleistet wurde, und die Beschäftigten entscheiden, wann sie wie viel für welchen Output arbeiten. Eine herausragend erfolgreiche Idee kann ebenso auf dem Kinderspielplatz wie während eines 12-stündigen Bürotages entstehen. Nach der Devise: Es zählt der Output bzw. der Erfolg, es zahlt der Markt; keine Diskussionen mehr über den Input.

 

Doch die detaillierten Analysen von qualifizierter Teilzeitbeschäftigung unter anerkennungstheoretischem und subjektzentriertem Blickwinkel sowie die Auswertungen der empirischen Befunde zur aktuellen Situation von qualifizierter Teilzeitbeschäftigung zeigten ein anderes Bild: Obwohl im hier fokussierten Fach- und Führungskräftebereich eine besonders starke Verschiebung der Anerkennungsmodi hin zu Bewunderung für besonders herausragende Erfolge stattgefunden hat, was sich vor allem in den veränderten Leistungsbewertungskriterien und –zielen zeigt, hat sich die Anerkennung von qualifizierter Teilzeitbeschäftigung nicht bzw. nicht entsprechend signifikant verändert. Immer noch herrschen in Unternehmen traditionelle Denkstrukturen vor, die Zeit und Leistung im Fach- und Führungskräftebereich gleichsetzen und von einer „guten Führungskraft“ überdurchschnittlich lange physische Anwesenheit erwarten.

 

Das Problem liegt darin, dass in Teilzeit weniger Zeit für Leistungs-Input zur Verfügung steht und folglich quantitativ weniger Leistungsinput-Ressourcen mobilisiert werden können. Dieses reduzierte zeitliche Kompensationspotential sowie die berechtigte Angst (vgl. Straumann et al. 1997, Domsch et al. 1994, Mücke 2005, Kratzer et al. 2004) vor Karriereeinbußen und unverhältnismäßig hohen Belastungen durch Arbeitsverdichtungen etc. führen nun dazu, dass viele Fach- und Führungskräfte ihren Wunsch nach verkürzter Arbeitszeit nicht verbalisieren, geschweige denn um dessen anerkannte Realisierung kämpfen. Hinzu kommt, dass Teilzeitarbeit, wenn sie denn in Ausnahmefällen für „besonders verdiente“ Mitarbeiter gewährt wird, als Sonderleistung und besonderes Zugeständnis deklariert wird.

 

Auf Basis dieser und...

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