Sie sind hier
E-Book

Surfing & Styles: Zur Bedeutung von Lebensstil für die Gemeinschaft der Wellenreiter

AutorOliver Ehlers
VerlagBachelor + Master Publishing
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl36 Seiten
ISBN9783863419165
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis14,99 EUR
In den Auffassungen vieler Personen, die sich mit dem Wellenreiten auseinandergesetzt haben, geht Surfen weit über das hinaus, was gemeinhin als 'Sportart' bezeichnet wird. Es ist in der Wahrnehmung mancher kein Sport, sondern eine Lebenseinstellung, und Diskussionen über dessen Status werden in der Gemeinschaft der Wellenreiter permanent geführt. Für viele Surfer ist der Ritt auf den Wellen ein Ereignis, das auf ihre gesamte Haltung zur Welt Einfluss nimmt und sie auch fern der eigentlichen Körperpraxis in der Art und Weise, also dem Stil ihrer alltäglichen Lebensführung prägt. Im Rückblick auf meine eigene Wellenreiterkarriere stelle ich diesbezüglich fest, dass zu verschiedenen Zeitpunkten je unterschiedliche Bündel aus Surfbrettern, Surfmanövern, Profisurfern, Surfmarken, Surfspots, Surfreisezielen oder Kleidungsstücken (bzw. deren gewollte Abwesenheit) in meinen Wünschen und meinem Besitz vertreten gewesen sind, die mir irgendwie interessant, cool und zu meiner Person passend vorgekommen sind und mir gegenüber der Surfergemeinschaft und meiner Alltagswelt in irgendeiner Weise eine treffende Inszenierung meiner selbst versprochen haben. Die praktische Auseinandersetzung mit dem Phänomen Wellenreiten scheint zusammengefasst einherzugehen mit der Ausbildung eines spezifischen Lebensstils, eines surferischen Stils und Stilisierens des eigenen Alltagslebens. Dieser persönliche Eindruck aus meiner Teilnehmerperspektive soll im Rahmen der vorliegenden Bachelorarbeit eine wissenschaftliche, theoretisch fundierte Aufarbeitung erfahren. Unter Zuhilfenahme einer kultursoziologischen Brille entlang der Bourdieu'schen Konzepte von Habitus und Feld wird untersucht, in welchem Verhältnis Lebensstile in der Gemeinschaft der Wellenreiter zu deren Formierungs- und Vergemeinschaftungsprozessen stehen und welche Bedeutungen und Funktionen Stil in diesem Zusammenhang zukommt.

Oliver Ehlers (M.A.), Jahrgang 1976, studierte ab 2000 an der Universität Oldenburg Sport- und Wirtschaftswissenschaften mit den Schwerpunkten Freizeitsport und Lebensstil sowie Unternehmensführung und Marketing. Parallel zum Studium war er als studentisc

Kaufen Sie hier:

Horizontale Tabs

Leseprobe
Textprobe: Kapitel 3, Die Gemeinschaft der Wellenreiter: Entlang seiner expressiven Körperpraktiken des Wellenreitens, im Rahmen der Gemeinschaft gegebener Möglichkeiten zur Umcodierung mitgebrachter Dispositionen zu einer surferischen Körper- und Lebensstilistik und seinem Modus sozialer Aggregation stellt Wellenreiten ein signifikantes Angebot im entstehenden Konvergenzbereich von Pop- und Sportkultur dar. Trotz seiner ungleich weit zurückreichenden Geschichte und Tradition, stellen u. a. LAMPRECHT/STAMM (vgl. 2002, 129) Wellenreiten in die Nähe sozial ähnlich kontextualisierter Bewegungskulturen und Szenen sogenannter Trend-, Mode- oder Risikosportarten wie Skateboarding, Snowboarding oder auch Kitesurfing. FORD/BROWN begründen die Nähe des Wellenreitens zu solchen lifestyle sports zudem auf Basis geteilter struktureller Elemente und Diskurse: '... concerns with authenticity, sensation and thrill-seeking, mediatization, widespread social debate regarding the place of professionalism and competition, and especially high levels of involvement in the practice by 'hardcore' participants.' (Ford/Brown 2006, 63) Als ein Vertreter der Aggregationsform Sportszene gründen die Rahmungen der Wellenreitgemeinschaft auf 'ähnlichen verkörperten Dispositionen der Teilnehmer und auf ein fremdorganisiertes, von der Sport- und Lifestyle-Industrie bereitgestelltes Angebot' (Gebauer et al. 2004, 63). Zugehörigkeit lässt sich in diesen sozialen Kontexten nicht schon formal via Mitgliedsausweis garantieren, sondern muss in einem 'doppelten Auswahlprozess des Präsentierens und Akzeptierens von Attributen' (ebd., 58) immer wieder aufs Neue performativ hergestellt werden. Die Möglichkeit einer Teilnahme an den Praktiken der Bewegungskultur findet sich nach GEBAUER ET AL. im Verweis auf BOURDIEU im Moment einer 'prästabilierten Harmonie zwischen dem einzelnen Stilisten und der Spielgemeinschaft' (ebd., 64) bedingt und benötigt zu ihrer Realisierung neben der Übereinstimmung äußerer Merkmale von Kleidung, Accessoires und Sportgeräten, vor allem eine Passung zum, 'im Habitus verankerten praktischen Umgangs mit den Attributen' (Gebauer et al. 2004, 64). Mit diesen Elementen verschlungene Aufführungen bieten den Akteuren Möglichkeiten des ostentativen Hervorbringens gemeinschaftlichen wie gleichsam individuellen Stils, der den 'Kern der kollektiven Identität' (Gebauer et al. 2004, 65) der Sozialform einer Szene bildet und dem einzelnen Akteur insoweit eine Mitgliedschaft versichert, wie er in der Lage ist, diesen mittels seiner individuellen Ästhetik und Stilistik glaubhaft aufzuführen: 'Es ist der von allen Beteiligten anerkannte Stil, der die Gemeinschaft zusammenhält, ihr Beständigkeit gibt und ihre zeitliche Kontinuität sicherstellt. Als ein solcher Stabilitätsgarant tritt in den neuen Spielgemeinschaften der Stil an die Stelle von Satzungen und Vereinsstrukturen.' (Gebauer et al. 2004, 65) Mit anderen Worten: Zur Teilnahme muss der Akteur die vorhandenen 'Gemeinschaftsmotoriken' (Vgl. Gebauer 2002, 162ff) der Szene und ihren Akteuren in seinen praktischen Hervorbringungen weitgehend reproduzieren können. 'Im Zusammenspiel von Bewegungsmustern, Zeichen, ritualisierten Handlungen, Gesten und Symbolen formieren sich kollektive Repräsentationen und ein gemeinsamer Glaube .... In den körperlichen Aufführungen im Spiel modelliert die Gemeinschaft ihre Gestalt; sie wird erkennbar und beginnt für sich und andere sozial zu existieren.' (Gebauer et al. 2004, 65) Das nachfolgende Kapitel widmet sich daher den stilistischen Idealvorstellungen des Surfens und deren Verschränkung mit dem gemeinsam geteilten, körperpraktisch fundierten Glauben seiner Gemeinschaft. 3.1, Der gemeinsam geteilte Glaube: Die Wellenreitszene wird wesentlich durch eine eigenlogische Ordnung bestimmt. 'The joy, peak experience and sheer pleasure of ... surfing has prompted a cultural process of reflections and storytelling, through which practitioners have sought to make sense of their obsession and passion.' (Ford/Brown 2006, 166) In ihren Darstellungen konturiert sie sich gegenüber anderen kulturellen Feldern, beispielsweise dem politischen oder dem ökonomischen als relativ autonomes Feld. '... status through economic capital is probably not a high priority for most surfers.' (Ford/Brown 2006, 76) Dies zeichnet sich auch in nahezu allen Idealisierungen eines surferischen Lebensstils ab. Es wird das Ideal eines Vollzeitakteurs sichtbar, der sich - BOURDIEUS Beschreibung eines freien Künstlers sehr ähnlich - seiner surferisch praktischen Tätigkeit total und ausschließlich widmet, der gesellschaftlichen Anforderungen und Ansprüchen und den Imperativen bürgerlicher Moral gegenüber gleichgültig bleibt und keine andere Bewertungsinstanz anerkennt als die spezifische Norm seiner Bewegungskunst und seines Umfelds (vgl. Bourdieu 1999, 127). '... surfing subculture articulates a middle class myth of holiday leisure time spent in relaxation. The 'surfie' appears to live a life of escape in the eyes of the individual trapped in a 48-hour-a-week job, and is given a certain status by his/her position as myth.' (Ford/Brown 2006, 66) Surferische Stilisierungen und Ritualisierungen führen sich dementsprechend als möglichst direkt und permanent auf den Ozean bezogen und an dessen Veränderungen angepasst sowie dessen Surfpotential optimal und möglichst virtuos ausnutzend auf (vgl. Ford/Brown 2006, 74). Akteure, die einen solchen hardcore surfing lifestyle in ihrem Alltag glaubhaft als eine die gesamte Lebensführung einbindende Form hervorbringen, genießen im Rahmen der Szene höchstes Renomé als ernstzunehmende Surfer (vgl. Ford/Brown 2006, 76). Derartiges Ansehen in der Szene kann mit PIERRE BOURDIEU als symbolisches Kapital des Hervorbringenden verstanden werden. Es 'besteht aus einem beliebigen Merkmal, ... das wie eine echte magische Kraft symbolische Wirkung entfaltet, sobald es von sozialen Akteuren wahrgenommen wird, die über die zum Wahrnehmen, Erkennen und Anerkennen dieser Eigenschaft nötigen Wahrnehmungs- und Bewertungskategorien verfügen: Ein Merkmal, das, weil es auf sozial geschaffene 'kollektive Erwartungen' trifft, auf Glauben, eine Art Fernwirkung ausübt ....' (Bourdieu 1985, 173) Diese als Glaube bezeichnete, kollektiv geteilte Erwartung innerhalb eines Feldes bezeichnet BOURDIEU an anderer Stelle mit dem Begriff der illusio als das, 'um was es bei diesem Spiel geht (also die illusio im Sinne von Spieleinsatz, Spielergebnis, Spielinteresse, Anerkennung der Spielvoraussetzungen - doxa)' (Bourdieu 1987, 122). Als praktischer Glaube der Feldakteure bezeichnet die doxa ein körperliches Verhältnis, eine leibliche Haltung des Glaubens gegenüber den Selbstverständlichkeiten eines Feldes. Sie ist 'jenes unmittelbare Verhältnis der Anerkennung, das in der Praxis zwischen einem Habitus und dem Feld hergestellt wird, ... also jene stumme Erfahrung der Welt als einer selbstverständlichen ...' (Bourdieu 1987, 126). Diese Glaubenshaltung der Akteure, die eine symbolische Wirkung und ihre Kapitalisierung im Feld erst ermöglicht, fußt nach BOURDIEU wiederum auf der Ausbildung oder das Innehaben feldspezifischer Wahrnehmungs- und Bewertungskategorien bei den Akteuren. Die Internalisierung der äußeren, materiellen und kulturellen Existenzbedingungen, der gegebenen Strukturen eines Feldes als hiermit verbundene Vorstellungen, Ansichten, Gefu?hle und Weltbilder in die Akteure erfolgt laut BOURDIEU wesentlich auf körperlicher Ebene. Er spricht in diesem Zusammenhang auch von der Inkorporierung sozialer Praxen und gesellschaftlicher Normen, in der der Leib eine speichernde Funktion übernimmt sowie als Medium und Agens fungiert (vgl. Bourdieu 2001, 192). Die 'Einarbeitung' in ein immer schon strukturiertes, kulturelles Feld erfolgt nach GEBAUER/WULF über praktisch mimetische Prozesse, mittels 'Bewegungen, die auf andere Bewegungen Bezug nehmen' (Gebauer/Wulf 1998, 11). Mimesis meint hier jedoch nicht die direkte Reproduktion eines vorliegenden Modells, vielmehr ist es eine kreative Nachschöpfung realer oder möglicher Vorgänge, ritualisierter Handlungen, des Umgangs mit Dingen oder auch von Gesprächen und Personen. Sie vollzieht sich immer unter vorbewusstem Einbezug von Kriterien wie Anschaulichkeit, Wahrscheinlichkeit und Glaubhaftigkeit der eigenen Hervorbringung und ist aufgrund der individuellen Biografie eines jeden Akteurs gleichsam durch einen performativen Überschuss gekennzeichnet, der 'etwas zur Aufführung ?bringt, dass? es genau so noch nicht gegeben hat' (Wulf 2001, 257).
Blick ins Buch

Weitere E-Books zum Thema: Sport - Sporttheorie - Sportpsychologie

Sportwetten strategisch gewinnen

E-Book Sportwetten strategisch gewinnen
Ideal für Wetten auf Fussball, Tennis, Baseball, Basketball, Boxen, Golf, Formel 1, Spezialwetten & Co. Format: PDF

Allein durch Sportwissen kann man mit Sportwetten wohl kaum hohe Gewinne erzielen. Wer einige Regeln beachtet, kann jedoch gerade von den vielen ereignisreichen Überraschungen profitieren. Einen…

Hennings kleines rotes Sportwetten Systembuch

E-Book Hennings kleines rotes Sportwetten Systembuch
Mit Sportwetten systematisch Geld verdienen (Band 1) Format: PDF

Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser, Sportwetten sind heute beliebter denn je. Das Angebot geht längst über Großereignisse, wie die Fußball-WM hinaus. Schließlich kann man neben den klassischen…

Hennings' Online Poker Guide

E-Book Hennings' Online Poker Guide
Texas Hold'em erfolgreich im Internet spielen Format: PDF

Vor etwa 150 Jahren pokerten die Amerikaner noch auf alten Flussschiffen oder in verrauchten Saloons. Heute dagegen bietet sich das Internet als ideale Plattform für Poker an. In den letzten Jahren…

Von 100 auf 90 (Golfratgeber)

E-Book Von 100 auf 90 (Golfratgeber)
Format: PDF

Lieber Golffreund! Mein Name ist John J. Roethling. Ich leite die „GOLFeinfachMARBELLA" Golfschule, die erste deutsche Konzept Golfschule (im Sommer in Deutschland, in den Wintermonaten in…

Nordic Blading

E-Book Nordic Blading
Inlineskaten mit Speed Format: PDF

Speed und Fun garantiertFür Nordic Blading benötigt man nur ganz normale Roller Blades und Langlaufstöcke und schon kann man richtig Gas geben. Adrenalinstöße und Action werden garantiert. Das Motto…

Weitere Zeitschriften

arznei-telegramm

arznei-telegramm

Das arznei-telegramm® informiert bereits im 53. Jahrgang Ärzte, Apotheker und andere Heilberufe über Nutzen und Risiken von Arzneimitteln. Das arznei-telegramm®  ist neutral und ...

Augenblick mal

Augenblick mal

Die Zeitschrift mit den guten Nachrichten "Augenblick mal" ist eine Zeitschrift, die in aktuellen Berichten, Interviews und Reportagen die biblische Botschaft und den christlichen Glauben ...

AUTOCAD & Inventor Magazin

AUTOCAD & Inventor Magazin

FÜHREND - Das AUTOCAD & Inventor Magazin berichtet seinen Lesern seit 30 Jahren ausführlich über die Lösungsvielfalt der SoftwareLösungen des Herstellers Autodesk. Die Produkte gehören zu ...

Baumarkt

Baumarkt

Baumarkt enthält eine ausführliche jährliche Konjunkturanalyse des deutschen Baumarktes und stellt die wichtigsten Ergebnisse des abgelaufenen Baujahres in vielen Zahlen und Fakten zusammen. Auf ...

DER PRAKTIKER

DER PRAKTIKER

Technische Fachzeitschrift aus der Praxis für die Praxis in allen Bereichen des Handwerks und der Industrie. “der praktiker“ ist die Fachzeitschrift für alle Bereiche der fügetechnischen ...

Deutsche Hockey Zeitung

Deutsche Hockey Zeitung

Informiert über das nationale und internationale Hockey. Die Deutsche Hockeyzeitung ist Ihr kompetenter Partner für Ihren Auftritt im Hockeymarkt. Sie ist die einzige bundesweite Hockeyzeitung ...

DHS

DHS

Die Flugzeuge der NVA Neben unser F-40 Reihe, soll mit der DHS die Geschichte der "anderen" deutschen Luftwaffe, den Luftstreitkräften der Nationalen Volksarmee (NVA-LSK) der ehemaligen DDR ...

DSD Der Sicherheitsdienst

DSD Der Sicherheitsdienst

Der "DSD – Der Sicherheitsdienst" ist das Magazin der Sicherheitswirtschaft. Es erscheint viermal jährlich und mit einer Auflage von 11.000 Exemplaren. Der DSD informiert über aktuelle Themen ...