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Tagebuch einer musikalischen Reise

Große Komponisten

AutorCharles Burney
VerlagJazzybee Verlag
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl780 Seiten
ISBN9783849602031
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis5,99 EUR
Der literarische Versuch, das Leben und Schaffen der beiden berühmten Komponisten Mozart und Haydn aufzuarbeiten und zu vergleichen.

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Leseprobe

 

 

Man hat nur wenig Gelegenheit an diesem Orte Musik zu hören, weil hier keine Schauspiele erlaubt sind; auch giebt es keine Orgeln in den Kirchen, ausgenommen in zweyen, die nur nach der alten Orthodoxie Johann Calvins bey den Psalmen gebraucht werden. Jedoch ist Herr Fritz, ein vortreflicher Violinspieler und guter Kompoist für dieß Instrument, noch immer am Leben; er hat hier an die dreißig Jahre gewohnt, und ist allen englischen Freunden der Musik, die während der Zeit Genf besucht haben, wohl bekannt. Er hat in seiner Jugend, zu Turin unter Somis studiert. Ich besuchte ihn in einem Landhause, etwa eine englische Meile von der Stadt. Er ist ein hagerer alter Mann, mit dem ich bald bekannt ward. Er war so gefällig, mir eins von seinen Solos vorzuspielen, welches zwar sehr schwer, aber dennoch gefällig war. Ungeachtet er an die siebenzig Jahr alt seyn muß, so spielt er doch mit eben so viel Eifer als ein Jüngling von fünf und zwanzig. Sein Bogenstrich und Ausdruck sind bewunderswürdig schön; und er muß selbst ein wahrer Liebhaber der Musik seyn, da er so gut sich in der Uebung erhält, ungeachtet er so wenig Gelegenheit hat, seine Talente zu zeigen und gehörig dafür belohnet zu werden. Er ist im Begriff sechs Symphonien auf Subscription heraus zu geben.

Ausser Herrn Fritz20 im Pracktischen hat Genf noch einen vortreflichen Theoretiker, Herrn Serre, der zugleich ein vorzüglich guter Miniaturmaler ist. Man hat von ihm einige gelehrte und sinnreiche Abhandlungen über die Theorie der Harmonie.21 Ich hatte das Vergnügen, mich mit ihm über diese Materie zu unterreden, und ihm den Plan meiner künftigen Geschichte der Musik mitzutheilen. Man hält ihn für einen grundgelehrten Mann in der musikalischen Wissenschaft. Mein Besuch schien ihm nicht unangenehm, er erwiederte ihn denselben Abend, nahm vielen Antheil an meinem Vorhaben und schien ernstlich die Ausführung desselben zu wünschen.

Mein Besuch bey Herrn Fritz vernichtete einen Plan, den ich gemacht hatte, Herrn von Voltaire zu der Zeit mir einigen andern Fremden, die nach Fernen giengen, zu besuchen. Allein die Wahrheit zu sagen, ich fragte nicht viel darnach, mit diesen Leuten zu gehen, die nur durch einen Buchführer bey ihm eingeführet wurden, sowohl weil der Besuch bey Herrn Fritz mehr meines Amts war, als auch, weil ich gehört hatte, daß einige Engländer vor kurzem von dem Herrn von Voltaire waren übel aufgenommen worden, indem sie ohne Empfehlungsschreiben oder andere gültige Addresse zu ihm kamen. Er fragte sie, was ihnen beliebte? Als sie zur Antwort gaben, sie wünschten nur einen so ausserordentlichen Mann zu sehen, so sagte er – »Gut, meine Herren, so sehen sie mich izt – hielten sie mich für ein wildes Thier oder für ein Ungeheuer, daß nur dazu diente, zur Schau gestellt und begaffet zu werden?« Diese Geschichte schrekte mich sehr ab; denn weil ich gar nicht, weder bey meiner Abreise von London noch von Paris die Absicht hatte, nach Genf zu gehen, so war ich ohne alle Empfehlungsschreiben an ihn: inzwischen entschloß ich mich seinen Aufenthalt zu sehen, welche ich für

 

Cette maison d'Aristippe, ces jardins d'Epicure,

 

hielt, wohin er sich 1755 begab; aber ich irrte mich. Ich fuhr allein dahin, nachdem ich Herrn Fritz verlassen hatte. Sein Landguth liegt drey oder vier englische Meilen von Genf, aber nah am See. Ich nahte mich ihm mit Ehrfurcht und einer sehr sorgfältigen Neugierde. Ich erkundigte mich, wenn ich zuerst sein Gebiet beträte; ich hatte auch einen recht gesprächigen Postillion, der mir auf meine Fragen ungemein gut zu antworten wußte. Dieß Landguth ist sehr groß, und er hat artige Bauerhäuser darauf angelegt. Er hat auf der Seite von Genf einen vierseitigen Galgen zum Beweise daß er der Seigneur ist, errichten lassen. Einer von seinen Meyerhöfen oder vielmehr Manufakturgebäuden (denn er legt eine Manufaktur auf seinem Gute an) war so schön, daß ich dachte, es wär sein Schloß. Wir fahren durch eine reizende Gegend voller Kornfelder und Weinberge nach Ferney; der Genfersee und die Gebirge von Gex, Helvetien und Savoyen lagen uns im Gesichte. Zur linken Hand, nahe an dem Schlosse, findet man eine niedliche Kapelle mit dieser Inschrift.

 

DEO

 

EREXIT

 

VOLTAIRE

 

MDCCLXI.

 

Herren von Voltaire gab bey Erbauung dieser Kapelle eine sonderbare Ursache an, warum er dieß darüber setzen ließ. Es sey endlich einmahl Zeit, sagte er, Gott eine Kirche zu weihen, nachdem den Heiligen so viele wären geweihet worden.

Ich ließ fragen, ob es einem Fremden erlaubt sey, das Landhaus und die Gärten zu besehen, und erhielt Ja zur Antwort. Ein Bedienter kam bald darauf und führte mich in das Kabinet wo sein Herr eben geschrieben hatte, welches sonst niemanden gezeigt wird, wenn er zu Hause ist; weil er aber spatzieren gegangen war, so erhielt ich die Freyheit. Von da gieng ich in die Bibliothek, welche zwar eben nicht groß, aber ausgesucht ist. Ich fand hier eine marmorne Statue die ihn selbst in Lebensgrösse vorstellte, und an ein Fenster gelehnet, stand. Ausserdem waren viele Merkwürdigkeiten in einem andern Zimmer; ein Bruststück ihn selbst vorstellend, welches etwa vor zwey Jahren gemacht war; Die Bildnisse seiner Mutter, seiner Nichte der Mademoiselle Denis, seines Bruders Herrn Dupuis, die Familie Calas u.a.m. Es ist ein niedliches feines Gebäude, nicht sehr groß, und auch ohne gesuchte Verzierungen. Ich hätte oben bemerken sollen, daß gleich neben der Kapelle, zwischen derselben und dem Hause, das Theater ist, welches er vor einigen Jahren bauen lassen, und wo er seinen Freunden einige von seinen Trauerspielen vorstellen ließ. Izt wird es bloß zu einem Behältniß von Holz und altem Hausrath, gebraucht, indem seit vier Jahren keine Schauspiele mehr darin gespielt worden. Der Bediente sagte mir, sein Herr sey acht und siebenzig Jahr alt, aber noch ganz munter. Il travaille, sagte er, pendant dix heures chaque jour. Er studiert täglich zehn Stunden; schreibt beständig ohne Brille, und geht oft, bloß von einem Bedienten begleitet, eine oder gar zwo (französische) Meilen. »Er le voilà, là bas.«

Er besuchte seine Arbeiter. Mein Herz schlug mir bey dem Anblicke eines so ausserordentlichen Mannes. Er kam eben zum Garten heraus, und ging quer über den Hof vor seinem Hause. Da er meine Kutsche, und mich im Begriffe sah hinein zu steigen, so winkte er seinem Bedienten der mein Cicerone gewesen war, zu ihm zu kommen, um, wie ich glaube zu fragen, wer ich wäre. Nachdem sie ein paar Worte mit einander geredet hatten, näherte er sich dem Orte, wo ich unbeweglich stund, seine Person so viel möglich wenn er von mir wegsah, zu betrachten; allein als ich sah, daß er auf mich zu gieng, so fühlte ich, daß eine unwiderstehliche Macht mich zu ihm hinzog, und ohne zu wissen was ich that, eilte ich ihm auf den halben Weg entgegen. Es ist schwer zu begreifen, wie ein Mensch in einer Gestalt, die beynahe bloß aus Haut und Knochen besteht, wie Herr von Voltaire, das Leben haben könne. Er klagte über sein abgelebtes Alter, und meynte, ich wäre vielleicht neugierig, einen Menschen zu sehen, der am Rande des Grabes stünde. Doch sind seine Augen und sein ganzes Gesicht noch immer voller Feuer; und so hager es war, so konnte man sich doch keine lebhaftere Züge denken. Er fragte nach Neuigkeiten aus England, und bemerkte daß die poetischen Zänkereyen den politischen Platz gemacht hätten; aber er glaubte daß der Partheygeist in der Poesie so nöthig sey, als in der Politik. »Les querelles d' auteurs sont pour le bien de la litterature, comme dans un gouvernement libre les querelles des grands les clameurs des petits sont necessaire à la liberté.«22 »Wenn die Kritiker ruhig sind, sezte er hinzu, so ist das nicht so wohl ein Beweis von der VollkoOenheit und dem richtigen Geschmacke der Zeiten, als von ihrer Dumheit Er fragte mich, was wir izt für Dichter hätten, und ich nannte ihm Mason und Gray. Sie schreiben aber nur wenig, erwiederte er, und es scheint, die Engländer haben keinen mehr, der es Dryden, Pope und Swift zuvor thäte. Ich sagte ihm, es sey vielleicht einer von den Nachtheilen, welche die kritischen Monathsschriften, so gut sie auch immer wären, begleiteten, daß sie oft das bescheidene Genie zum Stillschweigen brächten, unterdeß daß unverschämte Dumköpfe hartnäckig und fühllos, die Geissel der Kritik verlachten; Gray sowohl als Mason wären von mechanischen Kunstrichtern, sogar in den Zeitungen auf eine unanständige Weise mitgenommen worden; und, wie ich glaubte, möchte wohl Bescheidenheit und Liebe zur Ruhe bey diesen Männern das Uebergewicht über ihre Nuhmbegierde gewonnen haben. Während dieser Unterredung waren wir den Gebäuden näher gekommen, welche er an dem Wege zu seinem chateau errichten ließ. Dieß, sagte er, indem er darauf zeigte, sind die unschuldigsten und vielleicht die nützlichsten von allen meinen Werken. Ich erwiederte, man habe von ihm andre Werke, die von weit allgemeiner Brauchbarkeit und unsterblicher wären, als diese. Er war so gefällig mir verschiedene Bauerhäuser, die er angelegt hatte, und die Plane von einigen andern zu...

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