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Tanz als erlebnispädagogisches Gestaltungsfeld

Möglichkeiten der praktischen Umsetzung unter besonderer Berücksichtigung persöhnlichkeitsstärkender und -fördernder Aspekte

AutorCarolin Gosny
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2005
Seitenanzahl116 Seiten
ISBN9783638386661
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis34,99 EUR
Examensarbeit aus dem Jahr 2005 im Fachbereich Pädagogik - Der Lehrer / Pädagoge, Note: 1,0, Universität Lüneburg (Institut für Erlebnispädagogik), 58 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Ich stelle in dieser Arbeit die persönlichkeitsstärkenden Aspekte des Tanzes dar. So kann das Tanzen zu einem positiven Ausgleich im Alltag führen. Es lässt den eigenen Körper intensiv erfahren und gibt dem Tanzenden die Möglichkeit des vielfältigen Ausdrucks in Bewegung. Tanz und Erlebnispädagogik sowie deren praktische Umsetzung wirken persönlichkeitsstärkend und -fördernd. Sie sind somit von elementarer ganzheitlicher Bedeutung für die Entwicklung von Schülern. Es wird der Frage nachgegangen, wie der Tanz pädagogisch wirkungsvoll ermöglicht mit verschiedenen Zielgruppen zu arbeiten. Die Freude am Tanzen zu wecken, im Tanz auszudrücken und verschiede Ausdrucksformen zu finden, sind die hauptsächlichen Ziele von tanzpädagogischer Praxis. Außerdem wird erarbeitet, inwieweit durch Tanzen ein kommunikatives, soziales Miteinander angeregt wird.

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Leseprobe

3. Das Wesen des Tanzes und die Bedeutung der Tanzpädagogik


 

„ ‚Tanz’ wird als Grunderscheinung des menschlichen Lebens verstanden, meist als ein Zeichen von Lebensfreude und Hochstimmung; gleichzeitig als eine besondere und besonders vollkommene Form des Spielens.“  

 

(Huizinga 1956, zit. nach: Schmolke/Tiedt 1978, S.5)

 

Dieses Kapitel zeigt einen Aufriss der Geschichte des Tanzes: Vom Tanz bei den Naturvölkern bis zu den Erscheinungsformen des Tanzes heute. Das Tanzen ist von jeher ein wichtiger Bestandteil vieler Religionen und Kulturen und erfüllt unterschiedliche Funktionen, abhängig von den Gege­benheiten. Getanzt wird zum Beispiel um die Götter anzubeten, Mächte zu beschwören (Regen- und Fruchtbarkeitstänze) oder als Teil von gesell­schaft­lichen Konventionen oder Schauhandlungen. Ein modernes Über­bleibsel der alten Fruchtbarkeitstänze ist vermutlich der Bauchtanz.

 

Daneben gab es schon in der Antike Tänze zu geselligen Anlässen wie Hochzeiten. Bis heute wird Tanzen als ritualisierte Begegnungsform in der Gesellschaft, z.B. auf ‚Bällen’ gepflegt (vgl. Peters 1991, S.13-15).

 

3.1 Bewegte Geschichte - historischer Bezug


 

„Der Tanz ist so alt wie die Welt.“  

 

(Liechtenhan 2000, S.7)

 

3.1.1 Tanz bei den Naturvölkern


 

Der Tanz bei Naturvölkern begleitete die Menschen von Anfang an, sprichwörtlich von der Wiege bis zur Bahre: Geburt, Pubertät, Vermählung, Alter, sogar Tod wurden durch Tänze begleitet. Diese Tanzrituale halfen den Menschen bei dem Durchstehen von Krankheiten, vor allem bei Seu­chen, bei Gewitter, Erdbeben und in Dürrezeiten. Sie tanzten mit der Bitte um Heilung und Linderung oder mit der Bitte um Regen oder mehr Jagd- und Kriegsglück. Denn Götter waren allgegenwärtig, und das gesamte Leben und der Alltag waren von ihnen bestimmt (vgl. Liechtenhan 2000, S.7ff.)  

 

Tanz war bereits in dieser frühen Zeit Ausdruck von dramatischen Geschehnissen. Im tanzenden Anflehen, um  z.B. mehr Jagdglück, wurde der Ablauf naturgetreu von Tänzern in Bewegung umgesetzt. Ein Tänzer stellte das Beutetier dar, die anderen mimten die Jäger. Bei diesen Tänzen wurde der glückliche Ausgang der bevorstehenden Jagd vorwegnehmend ertanzt, wie steinzeitliche Fels- und Höhlenbilder als früheste Dokumente menschlichen Wirkens beweisen. Diese sind in vielen Jahrtausenden vor unserer Zeitrechnung (ca. 8000 bis 5000 v. Chr.) entstanden (vgl. Liech­tenhan 2000, S.7ff.).   

 

Tanzbilder der sesshaft gewordenen Ackerbauern unterscheiden bereits deutlich Einzel- und Gruppentänze. Nicht nur in berühmten französi­schen und spanischen, sondern auch in türkischen und afrikanischen Höhlen­malereien finden sich Beispiele dafür. Unterschieden wird zwischen körper­bewussten Tänzen und Tänzen wider den Körper, auch Krampftänze ge­nannt, bei denen sich die Muskeln zusammenziehen und wieder erschlaffen. Bei letzteren schwindet das Bewusstsein der Tänzer mehr oder weniger, die Kontrolle ihrer Glieder geht verloren, und sie tanzen sich in Ekstase. Dagegen werden in den körperbewussten Tänzen die verschie­denartigsten Bewegungen vollführt und es kommt zu einem gesteigerten Lebensgefühl oder zu einer Entladung von Emotionen. Diese Tanzformen werden als Springtänze, Beinwurftänze, Hüpftänze, Bauchtänze, Sitz-, Hand- oder Wirbeltänze bezeichnet. In diesen frühen körperbewussten Tänzen sind bereits zahlreiche Elemente des späteren Volkstanzes enthalten, die sich in Rundtänzen, also Reigen, Kettentänzen oder Tänzen in unterschiedlichen Dreierformationen wiederfinden (vgl. Liechtenhan 2000, S.7). Daher lässt sich eine Linie „vom Tanz der Urvölker zu den heutigen Naturvölkern oder zum Volkstanz der Gegenwart, aber auch zum Gesellschafts- und Bühnentanz der letzten 400 Jahre“, feststellen (ebd. S.8).

 

3.1.2 Tanz bei den Kulturvölkern des Mittelmeerraums


 

Zahlreiche Reliefs zeigen, dass Tanz eine immer engere Verbindung mit Kult und Göttermythen eingeht. Anhand der Darstellungen handelte es sich häufig um Schautänze, in denen Akrobatik eine große Rolle spielte. Dabei waren die Ritualtänze, als auch die weltlichen Tänze, bei den Ägyptern eng miteinander verknüpft. Die tatsächliche und jenseitige Welt waren nicht zu trennen, in ihrem Totenkult hatten die Ägypter die feste Überzeugung von einem Leben nach dem Tod (vgl. Liechtenhan 2000, S.9).

 

Ein elementarer Wandel begann sich abzuzeichnen, als der Tanz aktive und passive Teilnehmer vereinte. Zwar bestand weiterhin die ursprüngliche religiöse Richtung, jedoch wurde Tanz zur Kunstfertigkeit umgestaltet und von Spezialisten ausgeführt. Der von festen Regeln unterworfene altägyp­tische Tanz veränderte sich mit der Zeit. Das Körpergefühl löste sich vom religiösen Inhalt (ebd. S.9-10). „Weiche anmutige Bewegungen standen im Dienste einer sinnlich-ästhetischen Wirkung: Der Grundstein des Gesell­schaftstanzes, ja des Schautanzes war gelegt. […] Bei den Griechen der Antike stand der Tanz im Mittelpunkt des kulturellen Lebens: Davon berichten Schriftsteller, Dichter und Philosophen“ (Liechtenhan 2000, S.10-11).  

 

Der in vielen Ausprägungsformen getanzte Reigen diente der Verehrung der Götter. Kreta hatte auf die Entwicklung der griechischen Kultur großen Einfluss, dadurch sind die griechisch-kretischen Tanzbeziehungen sehr vielfältig. Zur Ausbildung der Körperbeherrschung spielte der Unterricht im Tanz bei der Erziehung der Jugend eine wichtige Rolle. Einmal für das Tan­zen selbst und die Handhabung der Waffen, aber ebenso für die Ausbildung eines gesunden Geistes und Körpers (ebd. S.10f.).

 

Beim Chortanzen, in festgelegten Formationen, bewegten sich die Tänzer begleitet von gesungenen Liedern der Tanzenden selbst. Neben den zahl­reichen Gruppentänzen gab es bereits auch den Paartanz, bei dem der männliche Part häufig von einem ‚Satyr’ getanzt wurde. Das sind maskierte Tänzer, halb Mensch, halb Tier. Bei den Römern spielte der Tanz zunächst eine untergeordnete Rolle. Um Christi Geburt bekam Tanz bei den Römern großen Aufschwung in Form von pantomimischen Tänzen und Waffen­tänzen (ebd. S.12).  

 

3.1.3 Tanz in frühchristlicher Zeit


 

Nach einem schleppenden Übergang vom Heidentum zum Christentum in Rom brachte es den Anhängern zwar Vorschriften der Frömmigkeit, dafür aber ein Sittengesetz, das selbst die Ärmsten mit etwas Adel umgab. Tanz wurde in dieser Zeit nur bedingt für religiöse Feiern akzeptiert, vor einem Sinnesrausch des Tanzes wurde gewarnt (ebd. S.16).  

 

Bald spalteten sich die religiösen Ansichten, Tanz galt jedoch vorerst noch als „die vornehmste Beschäftigung der Engel“ (Peters 1991, S.13). Die Ursache, dass Tanz als Überrest der heidnischen Zeit verboten wurde, lag in der Aussage des hl. Augustinus: „Der Tanz ist ein Teufelskreis, in dessen Mitte der Teufel sitzt.“ (Liechtenhan 2000, S.16).  

 

Wie genau in dieser Periode des aufkommenden Christentums getanzt wurde, ist kaum bekannt. Da heidnische Tänze bekämpft wurden, war der Tanz von den Israeliten beeinflusst und folglich nicht mehr von dem griechisch-römischen Tanz. Rückfälle in die heidnischen Bräuche der Vor­fahren waren nicht selten, und die christliche Kirche blieb oft erfolglos mit dem Verbot, Theater oder Spiele zu besuchen. Die Folgewirkung des kriti­schen Einflusses der Kirche war, dass Tanz immer mehr verweltlichte und an kirchlichen Feiertagen nunmehr profane Tänze aufgeführt wurden (ebd. S. 16-17).

 

3.1.4 Tanz im Mittelalter


 

Die tanzfeindliche Haltung durch das Christentum verstärkte sich im frühen Mittelalter noch. „Der Geist jener Zeit richtete sich ohnehin gegen individu­elle Handlungen, und Tanzen galt buchstäblich als ein ‚Aus-der-Reihe-Tan­zen’ des Einzelnen.“ (ebd. S.17) Auch Priestern wurde im 12. Jahrhundert durch Bischof Odon von Paris Tanz bei Prozessionen in Kirchen und auf Friedhöfen verboten. Fest steht, dass auch außerhalb des sakralen Bereichs Tanzen zwar auf Ablehnung stieß, dennoch z.B. bei der Begrüßung der durchziehenden Kreuzritter zum Mittelmeerhafen (Aigue-Mortes), statt­fand (ebd. S.17).  

 

Die Carole, d.h. der Reigen, war ein sehr beliebter Gemeinschaftstanz beim Volk, bei der man sich an den Händen hielt und wild und ungezügelt tanzte. Auch beim bäuerlichen Paartanz ging es derb zu. Mädchen wurden in die Luft gewirbelt oder sogar absichtlich umgeworfen. Patrizier erbauten sich eigene Tanzhäuser und auch Adelige tanzten gern auf Bällen, Festen oder bei Ritterturnieren (vgl. Peters 1991, S.15).  

 

Lediglich höfische Paartänze wurden vom Christentum gebilligt. Die weiter­hin ablehnende Haltung aller übrigen Tänze wird in einigen Dokumenten deutlich, deren gröbstes Beispiel ist das aus dem Jahre 1559 stammende Buch: „Tanzteufel – Das ist wider den leichtfertigen, unverschemten Welt­tanz und...

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