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E-Book

Tanzen vor Freude, Zittern vor Wut

Sich von Gefühlen bewegen lassen. Ein Selbsthilfebuch mit körperpsychotherapeutischen Techniken. Mit Online-Material

AutorMargit Koemeda
VerlagBeltz
Erscheinungsjahr2019
Seitenanzahl236 Seiten
ISBN9783621287371
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis23,99 EUR
Emotionen steuern unser Verhalten in einem Ausmaß, das uns oft gar nicht bewusst ist und involvieren dabei den gesamten Körper. Sie bewegen uns im wahrsten Sinne des Wortes. Körperpsychotherapeutische Techniken können dabei helfen, die »körperliche Seite« unserer Emotionen besser wahrzunehmen. Margit Koemeda beschreibt in ihrem Buch seelische und körperliche Facetten von Emotionen und gibt Informationen über ihre Funktion und Wirkungsweise. Über 60 Übungen helfen dabei, die Selbst- und Fremdwahrnehmung von Gefühlen zu vertiefen sowie regulierend auf das emotionale Erleben und Verhalten Einfluss zu nehmen. In der Folge erwächst daraus ein zunehmendes Vertrauen in die Welt eigener und fremder Gefühle. Emotionen werden besser steuerbar, was vor allem für Menschen mit Problemen bei der Emotionsregulation wichtig ist. Aus dem Inhalt Einführung • 1 Grundlagen • 2 Emotionen und Körper • 3 Stress und Erregung • 4 Trauma • 5 Emotionen: Angst, Ärger und Wut, Hass, Liebe, Trauer, Scham, Schuldgefühle, Ekel

Dr. Margit Koemeda, Eidg. anerk. Psychotherapeutin (ASP), Bioenergetische Analytikerin, Lehrtherapeutin, Supervisorin, tätig in Aus- und Weiterbildung, Psychotherapeutische Privatpraxis in Ermatingen und Zürich.

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Leseprobe

1 Grundlagen


Im Folgenden sollen Begriffe erläutert und einige Hintergrundinformationen zum Thema Emotionen gegeben werden.

Emotionen verleihen unserem Leben Dynamik und Farbe. Sie liefern Beweggründe für unser Handeln. Wenn wir Gefühle erleben, sind wir berührt, persönlich betroffen, körperlich und seelisch bewegt. Im Körperinneren kommt eine Reihe von biochemischen Prozessen in Gang. Diese stellen die Voraussetzungen für Bewegung und Handeln bereit. Emotionen informieren unsere Entscheidungen; sie gewichten Pro- und Contra-Argumente. Nicht selten werden größere Veränderungen durch eine emotionale Betroffenheit oder den Wechsel einer Grundstimmung eingeleitet.

Lange Zeit begegneten aufgeklärte, gebildete Menschen allem Gefühlshaften und Emotionsgeleiteten mit Misstrauen und Ablehnung. Emotionen wurden als »unsachlich« abgetan, in seriösen Diskussionen disqualifiziert und nicht selten als unerwünscht an das weibliche Geschlecht oder Kinder delegiert.

Erst in den 80er-Jahren des letzten Jahrhunderts begann man sich in der Wissenschaft, insbesondere der Psychologie, den Neurowissenschaften und der Philosophie, mit Emotionen zu befassen. Eine Flut von Fachartikeln und Büchern zum Thema wurde publiziert. Körperorientierte und humanistische Ansätze der Psychotherapie hatten jedoch das Veränderungspotenzial, das Emotionen innewohnt, schon länger erkannt und mehr oder weniger systematisch zu nutzen begonnen. Dies waren Wilhelm Reich, der den Einbezug des Körpers in die Psychoanalyse forderte, Fritz Perls, der Begründer der Gestalttherapie, Alexander Lowen, der Begründer der Bioenergetischen Analyse, und Arthur Janov, der Begründer der Urschreitherapie, um nur einige zu nennen. Heute finden Emotionen in nahezu allen psychotherapeutischen Ansätzen vermehrt Berücksichtigung, weil sie bei den meisten psychischen Störungen eine wesentliche Rolle spielen und weil andererseits ein kompetenter Umgang mit ihnen zu einer besseren Bewältigung des Alltags und damit zu einer Steigerung der Lebensqualität beitragen kann.

Das vorliegende Buch möchte ein aktuelles Konzept von Emotionen – ihre Erscheinungsformen, ihre Einordnung in den Kontext anderer menschlicher Fähigkeiten und ihre Verwurzelung im Körper – vermitteln und anhand einiger Beispiele von diskreten Emotionen mögliche Probleme und Wege, diese zu meistern, aufzeigen. Zu jedem der beschriebenen Gefühle werden mehrere Übungen vorgeschlagen, die die Selbstwirksamkeit im Umgang mit eigenen und fremden Emotionen erhöhen sollen.

Das bedeutet z. B.: Wenn man sich ärgert, folgt als Reaktion nicht (sofort), dass man ausrastet und laut wird, sondern dass man sein Gefühl zunächst in einem (imaginären) inneren Gefäß (aus-)halten kann. Man bemüht sich zu klären, wem der Ärger gilt, was man verändern möchte. Und man setzt die mit dem Gefühl verbundenen Handlungsimpulse erst dann um, wenn man sein Ziel kennt.

Wenn Sie eine Trauer über den Verlust eines geliebten Menschen dauerhaft gefangen hält, kann die Wahrnehmung der körperlichen Begleiterscheinungen dieser Emotion, z. B. eine ständige muskuläre Anspannung im Nackenbereich oder ein Druck auf der Brust, zur Frage nach deren Beeinflussbarkeit führen. Durch Übungen und daraus folgende Verhaltensänderungen kann sich das emotionale Erleben wandeln.

Es lohnt sich, sich mit dem Thema Emotionen zu beschäftigen, weil wir immer wieder erleben, wie sie uns – zum Guten oder zum Schlechten – bewegen: Jemand, der sich schon seit längerer Zeit über etwas ärgert, entschließt sich eines Tages, etwas dagegen zu unternehmen. Ein frisch Verliebter verändert plötzlich Dinge in seinem Leben, die vorher unverrückbar und zementiert erschienen waren. Verkrustete Beziehungen werden wieder lebendig, wenn einer oder beide Beteiligten anfangen, über ihre Gefühle zu reden. Sogar verfahrene Verhandlungen können wieder in Gang kommen, weil jemand der Beteiligten Auskunft über persönliche Empfindungen zu geben beginnt. Wenn ich selbst den Eindruck habe, in eine Sackgasse geraten zu sein, befrage ich mich nach meinen Bedürfnissen und Zielen. Ausgangspunkt ist häufig ein Gefühl, dass etwas unerträglich wird. Wenn ich mich dann weiter frage, was genau ich glaube, bald nicht länger ertragen zu können, was mir fehlt und was mir in dieser Situation guttun könnte, eröffnen sich in aller Regel neue und weiterführende Wege.

Was sind Emotionen?


Emotionen sind Reaktionen auf äußere und innere Reize, Situationen und Ereignisse. Sie beinhalten

  • physiologische Veränderungen im Körper: z. B. eine Beschleunigung des Herzschlags, eine Verengung der Blutgefäße, die Ausschüttung von bestimmten Hormonen und Botenstoffen,

  • kognitive Bewertungen: z. B. wichtig-unwichtig, angenehm-unangenehm,

  • eine subjektive Betroffenheit: z. B. ich fühle mich verletzt; die Trauer um meinen verlorenen Freund liegt wie ein dunkles Tuch über allem, was ich zurzeit erlebe,

  • einen interaktiv bedeutsamen Handlungsaspekt: Annäherung, Abwendung, Distanznahme, Kampf, Flucht, Erstarrung, Begehren.

Emotionale Vorgänge

  • können von außen beobachtbar sein: z. B. folgt ein Verliebter seiner Geliebten auf Schritt und Tritt; ein sich ängstigender Mensch nimmt eine Schutzhaltung ein; und

  • werden subjektiv erlebt: Die Welt ist schön, wenn ich liebe. Oder: Ich bin starr vor Angst.

  • haben einen zeitlich veränderlichen Verlauf und

  • sind Mittler zwischen Selbst und Welt: Gegenseitige Sympathiegefühle veranlassen Menschen dazu, sich näher kennenlernen zu wollen.

  • heben aus dem Strom der Wahrnehmungen und Ereignisse solche hervor, die persönlich bedeutsam sind, die zur eigenen Grundstimmung passen und der aktuellen Bedürfnis- und Motivationslage entsprechen.

  • tragen zur Strukturierung der Wahrnehmung bei und prägen die Architektur des Gedächtnisses.

  • Wiederholte, persönlich bedeutsame Erfahrungen lösen, falls diese sich bewähren, immer wieder ähnliche Reaktionen aus und werden im zumeist unbewussten Erfahrungsgedächtnis als Denk- Fühl- und Verhaltensneigungen auf bestimmte Auslöser hin eingeprägt.

Die unter den beiden letzten Punkten genannten Strukturbildungen und Reaktionsbereitschaften können als Bausteine der Persönlichkeit angesehen werden.

Wer z. B. gestresst-aggressiv unterwegs ist, dem werden auch seine Mitmenschen entsprechend kritisch, gereizt und unfreundlich erscheinen, ihm vielleicht tatsächlich so begegnen, weil sie auf ihn reagieren. Wenn er seine Erinnerung befragt, wird sein Gedächtnis vorwiegend Einträge freigeben, die ihm bestätigen, dass die Welt hauptsächlich aus unfreundlichen und unangenehmen Menschen bestehe, mit denen man sich nur selten wohlfühlen könne. Eine vorherrschende Grundstimmung beeinflusst die Wahrnehmung und unsere Erinnerung so, dass dazu Passendes erlebt bzw. erinnert und der Grundstimmung Widersprechendes eher ausgeblendet wird.

Emotionen dienen der Feinabstimmung des Verhaltens und sozialer Beziehungen. Sie sind speziell den Menschen eigen, im Tierreich lassen sich evolutionsbiologisch erst bei den Säugetieren Anhaltspunkte für entsprechende Empfindungsqualitäten finden. Gefühle modulieren genetisch angelegte und im Laufe der individuellen Entwicklung geprägte Verhaltensprogramme. Beispielsweise sind die Verhaltensweisen der Mitarbeiter eines Unternehmens und ihre Beziehungen zueinander zu einem großen Teil durch Organisationsstrukturen, Arbeitsplatzbeschreibungen, Pflichtenhefte und Rechte definiert. Gleichzeitig entstehen Sympathien und Antipathien, Irritationen, Ärger, Zuneigung und Freude, Rivalitäten, Neugier und Eifersucht, also Gefühle. Diese regulieren zusätzlich die Interaktionen sowie Nähe- und Distanzbedürfnisse unter den Mitarbeitenden, fördern die...

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