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E-Book

Taschenlehrbuch Klinische Chemie und Hämatologie

AutorKlaus Dorner
VerlagGeorg Thieme Verlag KG
Erscheinungsjahr2019
Seitenanzahl728 Seiten
ISBN9783132402829
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis44,99 EUR
Du suchst ein praxisorientiertes Lehrbuch, in dem alle relevanten Grundlagen der klinischen Chemie und Hämatologie enthalten sind? Dann ist dieses Taschenlehrbuch genau das Richtige für dich: - Eingeteilt nach Organen/Organsystemen (Herz, Niere, etc.) und Stoffklassen (Kohlenhydrate, Hormone, etc.) werden die jeweiligen labordiagnostischen und hämatologischen Methoden, die Referenzwerte und die Interpretation von Abweichungen detailliert erläutert. - Fallbeispiele, klinische Hintergründe und pathophysiologische Zusammenhänge bieten Dir einen fundierten Einblick in die aktuellen labordiagnostischen Möglichkeiten. - Ideale Grundlage für Mediziner und MTAs Was ist neu? - Die 9. Auflage wurde durch neue Autoren komplett überarbeitet und erweitert Jederzeit zugreifen: Der Inhalt des Buches steht dir ohne weitere Kosten digital in der Wissensplattform eRef zur Verfügung (Zugangscode im Buch). Mit der kostenlosen eRef App hast du zahlreiche Inhalte auch offline immer griffbereit.

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Leseprobe

1 Allgemeine Klinische Chemie


K. P. Kohse, V. Haselmann, I. Faust, D. Hendig, C. Knabbe, M. Kiehntopf, T. Deufel*, R. Dörner* und K. Dörner*

1.1 Einführung


Die Klinische Chemie ist eine wesentliche Säule im Gebäude der diagnostischen Fächer in der Medizin. Ihre Kernaufgabe wird am ehesten mit dem Begriff der Beschaffung, Verarbeitung und Weitergabe von Informationen (über die uns anvertrauten Patienten) charakterisiert. Dabei umfasst sie nach der Definition ihres internationalen Dachverbandes (International Federation of Clinical Chemistry and Laboratory Medicine, IFCC) die „Anwendung chemischer, molekularer und zellulärer Strategien (engl. concepts) und Techniken für das Verständnis und die Prüfung von menschlicher Gesundheit und Krankheit“. Sie schließt im weiteren Sinne auch die Hämatologie und Hämostaseologie ein und enthält weitere Elemente der fachübergreifenden „Klinischen Pathologie“ (Clinical Pathology im angloamerikanischen Gesundheitssystem), in der sich die diagnostischen Aspekte der Mikrobiologie, Virologie, Transfusionsmedizin, Humangenetik, Pathologie und andere Fächer finden.

Die Übergänge zwischen den in der Definition genannten Zuständen von Gesundheit und Krankheit sind fließend ( ▶ Abb. 1.1). Sie lassen sich mit den exakten Methoden der Klinischen Chemie präzisieren, aber nicht immer festlegen, da somatisch Kranke ohne pathologische Laborbefunde (Teilmenge 5), aber auch Gesunde mit auffälligen Laborbefunden (Teilmenge 3) beobachtet werden. Grenzen auffälliger Laborbefunde können nur selten absolut festgelegt werden. Überschneidungen erfordern daher die besondere Aufmerksamkeit der Labormedizin.

Zustandsbilder der menschlichen Gesundheit (nach Morrow).

Abb. 1.1 1 = Gesunde
2 = Gesunde mit klinischen Symptomen
3 = Gesunde mit pathologischen Laborbefunden
4 = Kranke mit klinischen Symptomen und pathologischen Laborbefunden
5 = Kranke ausschließlich mit klinischen Symptomen
6 = Kranke ausschließlich mit pathologischen Laborbefunden
7 = Kranke ohne klinische Symptome und Befunde

Deshalb ist die Klinische Chemie ein interdisziplinäres Fach, das zwischen der patientenbezogenen, labordiagnostischen Fragestellung des Arztes und der Therapie tätig ist ( ▶ Abb. 1.2). Eine maximale Effektivität kann sich dabei nur ergeben, wenn klinisch und im Labor Tätige eng zusammenarbeiten. Der hierbei ablaufende Gesamtprozess lässt sich in einem sequenziellen Ablaufschema von Präanalytik, Analytik und Postanalytik darstellen ( ▶ Abb. 1.2).

Vereinfachtes Flussdiagramm für die Erstellung klinisch-chemischer Befunde.

Abb. 1.2  Alle zeitlich vor der Analytik liegende Prozesse werden als Präanalytik bezeichnet, die danach ablaufenden als Postanalytik.

Zusatzinformation

Nach dem Selbstverständnis der Klinischen Chemie beschränkt sich ihr Tätigkeitsfeld nicht auf die analytische Arbeit im Laboratorium. Eine zielgerichtete Indikationsstellung für Laboratoriumsuntersuchungen, eine qualifizierte Probenentnahme beim Patienten und die Auswahl der am besten geeigneten Untersuchungsverfahren sind für die jeweilige Fragestellung mindestens so wichtig wie eine nach dem Stand der Technik durchgeführte Analytik. Dies betrifft sowohl „Routine“-Parameter wie Enzyme, Elektrolyte und Proteine als auch spezielle Bereiche wie etwa die Therapiekontrolle anhand von Medikamentenspiegelbestimmungen, bei denen Zeitpunkt und Höhe der Dosierung, Comedikation, Leber- und Nierenfunktion, Alter u. a. die Gewinnung des Untersuchungsmaterials festlegen.

Von nicht unerheblicher Bedeutung ist der Beitrag der Laboratoriumsdiagnostik im Zusammenhang mit dem DRG-Abrechnungssystem (Diagnosis Related Groups), da eine schnelle und zielgerichtete Labordiagnostik einen erheblichen Beitrag zum ökonomischen Erfolg eines Krankenhauses leistet. Das schnelle Auffinden der Hauptdiagnose und behandlungsrelevanter Nebendiagnosen senkt die Liegezeit und sichert das für die Diagnosen relevante Entgelt. Ein leistungsfähiges Krankenhauslabor nützt somit allen Krankenhausabteilungen.

1.2 Die klinisch-chemische Kenngröße: Biomarker


M. Kiehntopf, K. P. Kohse

Der hier verwendete Begriff „klinisch-chemische Kenngröße“ (engl. analyte oder measurand) bezeichnet keinen abstrakten Analysenwert, sondern einen Biomarker, der eine Beschreibung des Gesundheitszustandes eines Patienten erlaubt.

1.2.1 Definition von Biomarkern


Biomarker sind, nach einer gemeinsamen Arbeitsgruppe von FDA und NIH, als validierte, objektiv messbare Merkmale definiert, die (basierend auf einem bestimmten Untersuchungsmaterial, einer ebenso definierten Bestimmungsmethode und auf möglichst exakten Beurteilungskriterien) Indikatoren für normale oder aber pathologische biologische Prozesse oder für eine Exposition oder Intervention, inkl. therapeutischer Maßnahmen, darstellen. Je nach Anwendung können verschiedene Kategorien von Biomarkern unterschieden werden. Diagnostische Biomarker werden zum Nachweis und zur Bestätigung einer Erkrankung oder einer spezifischen Untergruppe einer Erkrankung eingesetzt. Biomarker, die eine Aussage über die Wahrscheinlichkeit des zukünftigen Auftretens einer Erkrankung in noch gesunden Individuen erlauben, werden als Risikomarker bezeichnet. Prädiktive Biomarker erlauben es, Individuen danach zu unterscheiden, ob sie z. B. von bestimmten therapeutischen Interventionen eher profitieren oder aber ein erhöhtes Risiko für Nebenwirkungen haben. Hiervon abzugrenzen sind prognostische Biomarker, die eine Aussage über die Wahrscheinlichkeit des Eintretens eines klinischen Ereignisses, wie z. B. die Progression oder das Wiederauftreten einer Erkrankung oder aber das zusätzliche Auftreten einer Zweiterkrankung, erlauben. Biomarker können auch zur Verlaufsbeurteilung von Erkrankungen, z. B. nach therapeutischen Interventionen oder generell zur Verlaufsbeobachtung eines Erkrankungszustandes, eingesetzt werden.

1.2.2 Identifizierung und Validation von Biomarkern


Die Identifizierung und Validierung neuer Biomarker wird nach Rifai in mehrere Phasen unterteilt. In der ersten der sog. Discoveryphase werden häufig mehrere tausend Moleküle, nicht zielgerichtet und nur semiquantitativ in wenigen Proben aus Zellkultur- bzw. Tiermodellen oder aber auch klinischen Proben vergleichend analysiert, um erste Biomarkerkandidaten zu identifizieren, die sich in ihrer Ausprägung, z. B. zwischen verschiedenen physiologischen/pathophysiologischen Zuständen, unterscheiden. An diese Untersuchungen schließt sich eine Qualifizierungsphase an, bei der mit einer quantitativen, häufig alternativen, Methode überprüft wird, ob sich die in der vorherigen Phase beobachteten Unterschiede in wenigen klinischen Proben bestätigen lassen. Die Verifizierungsphase schließt dann eine größere Zahl populationsbezogener Proben ein und erlaubt so erste Einblicke in biologisch, umwelt- oder auch genetisch bedingte Variationen. Soweit potenzielle Biomarker die vorgenannten Schritte erfolgreich durchlaufen haben, schließen sich die eigentliche diagnostische Validierungsphase und die Assayentwicklung an, gefolgt vom Nachweis der klinischen Leistungsfähigkeit, bei der überprüft wird, ob Einsatz und Performance des neuen Biomarkers für den Patienten einen klinischen Nutzen haben, der neue Biomarker also z. B. eine frühzeitigere oder spezifischere Therapie erlaubt und damit einen Beitrag zu weniger Komplikationen oder einem verbesserten Überleben leisten kann.

1.3 Der Weg zum klinisch-chemischen Befund


Zusatzinformation

In der breiten Öffentlichkeit und bei Funktionsträgern besteht häufig das Missverständnis, dass im medizinischen Labor Analysenautomaten alle Arbeit verrichten, was lediglich für einen Teil der reinen analytischen Tätigkeit zutrifft. Die hier erhaltenen Ergebnisse sind jedoch zunächst nur abstraktes Zahlenwerk, aus dem erst nach der medizinischen Bewertung ein patientenrelevanter klinisch-chemischer Befund wird.

Der Gesamtprozess einer Laboratoriumsuntersuchung lässt sich gedanklich in 3 Teile gliedern: Präanalytik, Analytik und Postanalytik. Die Bewertung eines Laborergebnisses erfolgt anhand von analytischen und medizinischen Kriterien ( ▶ Abb. 1.2). Der analytischen Seite sind Präzision und Richtigkeit zuzuordnen, in die medizinische Beurteilung gehen die diagnostische Sensitivität und Spezifität des eingesetzten Tests, die Referenzintervalle (transversale Beurteilung), Vorbefunde desselben Patienten (longitudinale Beurteilung) und vor allem die Synopsis der verschiedenen Laborergebnisse und des klinischen Bildes (einschließlich Plausibilitätskontrolle) ein.

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