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Teure Pillen. Arzneimittelfälschungen verhindern - Grenzen und Möglichkeiten

AutorSilke Grünemay
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl61 Seiten
ISBN9783668150737
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis19,99 EUR
Masterarbeit aus dem Jahr 2014 im Fachbereich VWL - Gesundheitsökonomie, Note: 2,3, Universität Bayreuth (Rechts- und Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät), Veranstaltung: MBA Health Care Managment (nebenberufliches Studium), Sprache: Deutsch, Abstract: Arzneimittelfälschungen stellen ein zunehmendes globales Problem dar. Gefälscht werden hauptsächlich umsatzstarke Produkte oder Medikamente mit einem hohen Preis. Meist handelt es sich hierbei um Antibiotika/Chemotherapeutika und schmerz- und entzündungshemmende Mittel. Für Arzneimittelfälscher bietet sich hier ein sehr lukrativer Markt, da die Arzneimittel günstig unter Umgehung von GMP-Vorschriften hergestellt werden können, und die erzielten Gewinnspannen sehr hoch sind. Die Gewinnspannen übersteigen oftmals die Gewinne, die mit dem klassischen Drogenhandel erzielt werden können und das bei einem geringeren Risiko dafür strafbar gemacht zu werden. Dabei handelt es sich nicht um ein Problem, dass sich nur auf Entwicklungsländer beschränkt. Aufgrund der zunehmenden Globalisierung ist es ein leichtes, die Arzneimittelfälschungen weltweit zu vertreiben, und durch das Einschleusen in legale Lieferketten in den Verkehr zu bringen. Innerhalb Europas belegen Arzneimittelfälschungen mit einem Anteil von 10% Rang vier der gefälschten Produktgruppen, und erreichen damit einen Umsatz von 10,5 Mrd. ?. Im Gegensatz zur Bekämpfung des Rauschgifthandels gibt es bei der Bekämpfung des Handels mit gefälschten Arzneimitteln keine einheitlichen Vorgehensweisen oder internationale Abkommen. Daher können Fälscher nur schwer gefasst werden, da sie sich meist außerhalb der Zugriffsrechte der zuständigen Behörden befinden. Dies bedeutet, dass die Fälscher in den meisten Fällen straffrei bleiben, da sie nicht strafrechtlich belangt werden können, oder wenn sie doch verurteilt werden, lediglich zu Geldstrafen oder einer geringen Freiheitsstrafe verurteilt werden.

Silke Grünemay, (Apothekerin, MBA, praktische Betriebswirtin für die Pharmazie (WDA), PTA), geboren in Stuttgart, hat langjährige Erfahrung in der pharmazeutischen Industrie und in öffentlichen Apotheken. In der Industrie konnte sie Erfahrungen im Bereich der Prozessvalidierung und -optimierung sammeln. In der Apotheke hat sie sowohl als PTA als auch als Apothekerin Erfahrungen in der Kundenberatung sowie mit der praktischen Seite der Arzneimittelabgabe sammeln können. Ihre Qualifikation ist umfassend - sie ist PTA und seit 2008 approbierte Apothekerin. Nebenberuflich hat sie sich nicht nur zur praktischen Betriebswirtin für die Pharmazie weiterbilden lassen, sondern auch ihren MBA Health Care Managment im Jahr 2014 erfolgreich absolviert.

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Leseprobe

3 Vorkommen von Arzneimittelfälschungen im Alltag


 

3.1 Darstellung von Arzneimittelfälschungen an Beispielen aus der Praxis


 

Im November 2013 ist eine Fälschung des Arzneimittels Pegasys®(pegyliertes Interferon alfa-2a) aufgetaucht.[27] Dieses Präparat wird zur Behandlung von chronischer Hepatitis B und C eingesetzt. Im dargestellten Fall enthielt die Fertigspritze keinen Wirkstoff, sondern lediglich eine Glucose-Lösung und Zellulosefasern. Die Fälschung wurde entdeckt, da eine Patientin mit einem Ausschlag auf das Arzneimittel reagierte, und dies gemeldet hat.

 

 

Abbildung 5: Unterschiede zwischen Fälschung und Original von Pegasys® (Quelle: ABDA)

 

Im vorliegenden Fall hatte das gefälschte Arzneimittel die gleiche Chargennummer und das gleiche Verfalldatum wie das Originalpräparat. Bei der Fälschung handelte es sich um eine Spritze aus Kunststoff, während beim Originalpräparat eine Spritze aus Glas zum Einsatz kommt.[28] Diese Charge wurde von der Firma Roche in Australien, Pakistan und verschiedenen EU-Ländern vertrieben. Das Arzneimittel wurde über die Apotheke vor Ort bezogen. Eine Spritze Pegasys® kostet 295,07 €. Das Medikament wird wöchentlich über einen Zeitraum von mehreren Monaten (je nach Schweregrad der Erkrankung) angewandt. Bisher wurde der Kauf von Arzneimitteln in der öffentlichen Apotheke stets als sicher eingestuft, und es wurde lediglich vor dem Kauf aus dubiosen Quellen im Internet bzw. vor der Bestellung bei einer Versandapotheke ohne DIMDI Prüfsiegel (siehe Abbildung 9 in Kapitel 3.3) gewarnt. Dieser Fall zeigt jedoch, dass durch Lücken innerhalb der Lieferkette Arzneimittelfälschungen durchaus auch über die öffentliche Apotheke bezogen werden können. Die verunreinigten Fertigspritzen wurden über die Firma CC Pharma als Parallelimport vertrieben.

 

Beim Parallelimport werden Arzneimittel, die eine Zulassung in einem anderen EU-Staat besitzen von einer dritten Firma, die die Zulassung des Arzneimittels nicht besitzt in diesem Falle CC Pharma, nach Deutschland importiert. Dort werden sie parallel zu dem Originalprodukt für den deutschen Markt vertrieben. Auch die Firma ACA Müller ADAG Pharma AG, ebenfalls ein Arzneimittelimporteur, war von dieser Fälschung betroffen.[29] Als Maßnahme wurden daraufhin die Apotheker aufgefordert, vor der Abgabe von Pegasys® die Packung im Beisein des Patienten zu öffnen und zu prüfen, ob es sich um das Originalpräparat handelt.

 

Ein weiterer Fall von Arzneimittelfälschung wurde im August 2013 entdeckt.[30] Es handelte sich hierbei um das Medikament Sutent® (Wirkstoff: Sutinib) ein Zytostatikum von Pfizer, dass bei gastrointestinalen Tumorerkrankungen und metastasierendem Nierenzellkarzinom eingesetzt wird. Der Preis einer Packung Sutent® N1 (30 Kapseln) liegt bei 7.214,01 €.

 

Im vorliegenden Fall wurde das Arzneimittel für den rumänischen Markt produziert und über einen rumänischen Großhandel von der Firma CC Pharma importiert.[31]

 

Die Kapseln enthielten keinen Wirkstoff. Entdeckt wurde die Arzneimittelfälschung in diesem Fall auch von einem Patienten, dem aufgefallen war, dass die Farbe der Kapseln nicht der bisherigen Farbe entsprochen hat.[32]

 

 

Abbildung 6: Originalware Sutent® 50 mg von Pfizer (Quelle: ZL)

 

 

Abbildung 7: Arzneimittelfälschung von Sutent® 50 mg (Quelle: ZL)

 

Auf den ersten Blick waren die Arzneimittelfälschungen nicht zu erkennen. Die Unterschiede wurden erst anhand der Siegelfolie erkennbar, nachdem der Deckel des Primärpackmittels abgeschraubt wurde.

 

 

Abbildung 8: Original-Siegelfolie (links) und gefälschte Siegelfolie (rechts) auf der Kunststoffflasche (Quelle: CC Pharma)

 

In beiden beschriebenen Fällen wurde das Arzneimittel aus Rumänien importiert. Hierbei wurde das gefälschte Arzneimittel in die reguläre Lieferkette eingeschleust.[33] Bislang muss der Importeur keine Offenlegung der Lieferkette vornehmen, da eine entsprechende EU-Richtlinie bislang zwar in nationales Gesetz umgewandelt wurde, aber die Umsetzung noch nicht erfolgt ist.

 

Da beim Parallelimport die Arzneimittel für ein anderes EU-Land produziert werden, sind die Faltschachteln gewöhnlich auch nicht in deutscher Sprache beschriftet. Wurde das Arzneimittel z.B. für Griechenland produziert, ist auch der Aufdruck auf den Faltschachteln in griechischer Sprache verfasst. Diese werden dann beim Importeur überklebt und weiterverkauft. Bei einigen Medikamenten werden auch Blister zerschnitten und neu verpackt, da die Packungsgröße des Importlandes nicht auf dem deutschen Markt in dieser Packungsgröße zugelassen ist.

 

Dies kann auch dazu führen, dass dabei Sicherheitsetiketten oder Sicherheitsmerkmale des herstellenden pharmazeutischen Unternehmens zerstört werden. [34] Da es sehr viele unterschiedliche Packungen und unterschiedliche Importeure gibt, ist es zum Teil selbst für den abgebenden Apotheker nicht einfach, die Packungen einwandfrei zuzuordnen.

 

Die Rückrufe von Arzneimitteln, oder Meldungen zu schwerwiegenden Nebenwirkungen, werden in Deutschland über den sogenannten Roten Handbrief vorgenommen. Hierbei handelt es sich um ein Informationsschreiben, mit dem pharmazeutische Unternehmen heilberufliches Fachpersonal über Risiken zu Arzneimitteln informiert.[35]

 

3.2 Reimporte und Parallelimporte in anderen Ländern


 

Die vorliegenden Fälle zeigen, dass Reimporte und Parallelimporte ein Einfallstor für Arzneimittelfälschungen sind.

 

Gemäß Rahmentarifvertrag nach §129 Absatz 2 SGB V, der zwischen GKV und Apotheken geschlossen wurde, wird für die Apotheken die Importquote geregelt. Der Rahmenvertrag nach §129 Absatz 2 SGB V §5 regelt die Abgabe importierter Arzneimittel, so heißt es hier in §5 Abs. 3:

 

„Die Partner des Rahmenvertrages vereinbaren eine Importquote. Die Importquote bezeichnet den prozentualen Umsatzanteil abzugebender importierter Arzneimittel am Fertigarzneimittel-Umsatz der Apotheke mit der kostenpflichtigen Krankenkasse und wird auf

 

5% festgelegt“.[36]

 

Die Importquote wurde festgelegt, um durch den Arzneimittelimport Kosten einzusparen.

 

Nachdem in der Schweiz ebenfalls Probleme mit importierten Arzneimitteln auftraten, hat die Schweizer Heilmittelbehörde Swissmedic gehandelt. Importarzneimittel sind nur noch in kleinen Mengen von Medizinalpersonen einzuführen.[37] Damit wurde von der Heilmittelbehörde der Import von Arzneimitteln praktisch untersagt.[38]

 

Auch die FDA hat sich gegen den Import von Arzneimittel aus Patientenschutzgründen ausgesprochen.[39] Durch EU-Recht wurde in mehreren Urteilen durch den EuGH die Zulässigkeit von Arzneimittelimporten bestätigt.[40] Allerdings wird innerhalb dieser Urteile auch darauf verwiesen, dass die zuständige nationale Behörde aus Sicherheitsbedenken die Zulassungserteilung ablehnen kann.

 

In Deutschland werden ca. 4-5 % der Arzneimittelausgaben durch die Importe gespart.[41]

 

Daher wird vermutlich ein vollständiges Verbot von Importarzneimitteln unter dem reinen Gesichtspunkt des Verbraucherschutzes nicht umsetzbar sein.

 

Umso wichtiger ist es, den Arzneimittelimport für die Verbraucher sicherer zu gestalten.

 

3.3 Einfluss des Versandhandels auf die Verbreitung von Arzneimittelfälschungen


 

Seit Januar 2004 ist der Versandhandel sowohl für OTC-Präparate als auch für verschreibungspflichtige Präparate, bei Vorliegen eines gültigen Rezeptes, in Deutschland erlaubt.[42]

 

Deutschland ist das erste Land, das den Versandhandel sowohl für OTC-Präparate, als auch für verschreibungspflichtige Arzneimittel, zugelassen hat.[43]

 

Es können auch Arzneimittel aus dem europäischen Ausland bestellt werden. Die Voraussetzung hierfür ist, dass das Land in dem das Arzneimittel bestellt wird, vergleichbare Sicherheitsstandards hat wie Deutschland. Aktuell gilt dies ausschließlich für folgende Länder:[44]

 

- Island

 

- Niederlande, soweit die Versandapotheke gleichzeitig eine Präsenzapotheke hat

 

- Schweden, nur für den Versand von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln

 

- Tschechien, nur für den Versandhandel mit nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln

 

- Vereinigtes Königreich

 

In 2012 machten die Versandapotheken 3% Umsatz, gemessen am gesamten Apothekenumsatz in Deutschland.[45] Vom Bundesverband der Deutschen...

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