Sie sind hier
E-Book

Theorie und Praxis der Gruppenpsychotherapie (Leben Lernen, Bd. 66)

Ein Lehrbuch

AutorIrvin D. Yalom
VerlagKlett-Cotta
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl704 Seiten
ISBN9783608101089
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis54,99 EUR
Jetzt nur für kurze Zeit: Preiswerte Jubiläumsedition! Der amerikanische Psychotherapeut und Autor auflagenstarker Romane ist zugleich Verfasser des Lehrbuches zur Gruppenpsychotherapie. Es versteht sich als praktische Anleitung für Psychotherapeuten aller Schulen, die mit Gruppen arbeiten. Es reflektiert zugleich aber auch die wissenschaftlichen Grundlagen des Fachs. Der Fülle der Gruppentherapien wird Irvin Yalom gerecht, indem er sie nach ihren Methoden und »therapeutischen Faktoren« ordnet. Fallbeispiele aus mehr als 2000 Gruppensitzungen machen den Text so anschaulich, dass auch ein praktisch wenig erfahrener Therapeut die besonderen Schwierigkeiten einer Gruppenbehandlung meistern kann. Ein Buch, das sich seit über zwei Jahrzehnten als anerkanntes Lehrbuch halten kann, benötigt von Zeit zu Zeit eine gründliche Überarbeitung. In diese Ausgabe, die teilweise neu übersetzt wurde, gingen zahlreiche Anpassungskorrekturen ein. Überholte Therapieansätze wurden gestrichen, viele neue theoretische und methodische Erkenntnisse wurden integriert. Am grundsätzlichen Aufbau des Buches und an seiner Zielrichtung wurde jedoch nicht gerüttelt.

Irvin D. Yalom, Ph.D., war Professor für Psychiatrie an der Stanford University School of Medicine. 1974 erhielt er den Edward-Strecker-Preis und 1979 den Foundations-Fund-Preis für Psychiatrie. Abgesehen von psychotherapeutischer Fachliteratur hat er erfolgreiche Romane veröffentlicht (»Und Nietzsche weinte«, »Die rote Couch«, »Die Schopenhauer-Kur«). Irvin Yalom lebt in Palo Alto, Kalifornien.

Kaufen Sie hier:

Horizontale Tabs

Leseprobe

Vorwort zur fünften amerikanischen Auflage


Bei dieser fünften Neuauflage meines Buches Theorie und Praxis der Gruppenpsychotherapie hatte ich das Glück, mit Molyn Leszcz zusammenarbeiten zu können. Ich habe Dr. Leszcz 1980 kennengelernt, als er bei mir an der Stanford University ein Jahr lang als Stipendiat Gruppentherapie studierte. Er hat zur Erforschung der Gruppentherapie und zur Weiterentwicklung ihrer klinischen Arbeit einen wichtigen Beitrag geleistet und leitet seit zwölf Jahren das größte Ausbildungsprogramm für Gruppentherapie der Welt, das im Rahmen der psychiatrischen Abteilung der University of Toronto organisiert wird, in der Dr. Leszcz als außerordentlicher Professor tätig ist. Sein umfassendes Wissen über die heutige gruppentherapeutische Praxis und seine fast enzyklopädische Kenntnis sowohl der wissenschaftlichen als auch der klinischen Literatur zum Thema Gruppentherapie waren bei der Vorbereitung dieser Neuausgabe von unschätzbarem Wert. Wir haben uns wie Co-Therapeuten sorgsam bemüht, neues und altes Material nahtlos zu integrieren. Obwohl wir uns aus stilistischen Gründen entschieden haben, im Text die Ich-Form beizubehalten, steht hinter diesem Ich doch stets das Wir unserer gemeinschaftlichen Arbeit.

Bei der vorliegenden Neuauflage ging es uns darum, die vielen neuen Phänomene, die im Bereich der Gruppentherapie aufgetaucht sind, zu dokumentieren und überholte Ideen und Methoden aus dem Text zu entfernen. Allerdings sahen wir uns bei diesem Bemühen mit einem Dilemma konfrontiert: Was wäre, wenn einige der Veränderungen in der gruppenpsychotherapeutischen Szene keine Fortschritte, sondern Rückschritte wären? Und wenn die von der Gesundheitsökonomie geforderten schnelleren, billigeren und effizienteren Verfahren den wohlverstandenen Interessen der Klienten nicht entsprächen? Und wenn der Begriff der »Effizienz« nichts weiter als eine Beschönigung der Tatsache wäre, dass Klienten zwecks Kostenersparnis so schnell wie möglich »gesundgeschrieben« werden sollen? Und was wäre schließlich, wenn diese verschiedenen ökonomischen Faktoren Therapeuten dazu zwängen, ihren Klienten weniger zu bieten, als sie eigentlich könnten?

Sollten diese Vermutungen sich als zutreffend erweisen, sind die Anforderungen, die an eine Neuauflage wie die vorliegende zu stellen sind, wesentlich komplexer als zunächst angenommen, denn dann sehen wir uns mit einer zweifachen Aufgabe konfrontiert. Es geht dann nicht nur darum, aktuelle Entwicklungen und Methoden zu beschreiben und Therapeuten auf ihre heutige Arbeitssituation vorzubereiten, sondern es geht auch um die Erhaltung des gesammelten Wissens und des Schatzes gruppentherapeutischer Techniken, auch wenn einige junge Therapeuten dieses Wissen nicht sofort anwenden können.

Seit die Gruppentherapie in den Vierzigerjahren eingeführt wurde, hat sie zahlreiche Anpassungsprozesse durchlaufen, um den sich wandelnden Anforderungen der klinischen Praxis gerecht werden zu können. Mit dem Auftauchen neuer klinischer Syndrome, Situationen und theoretischer Ansätze sind entsprechende Varianten der Gruppentherapie entstanden. Die Vielfalt der Formen tritt heute so deutlich hervor, dass man besser von Gruppentherapien als von einer Gruppentherapie spricht. Gruppen für Menschen mit akuter oder chronischer Depression, Gruppen für die Prävention von Rückfällen bei Depressiven, Gruppen für Klienten mit Essstörungen, für Krebskranke und Aids-Patienten, für Patienten, die unter rheumatoider Arthritis, multipler Sklerose, chronischer Darmreizung, Fettleibigkeit, Querschnittslähmung oder Parkinson leiden, Gruppen für Gesunde, die aufgrund eines genetischen Defekts damit rechnen müssen, an einer bestimmten Krebsart zu erkranken, Gruppen für Opfer sexueller Gewalt, für verwirrte Senioren, für Menschen, die unter Panikstörungen, Zwangsstörungen oder chronischer Schizophrenie leiden, Gruppen für erwachsene Kinder von Alkoholikern, für Eltern sexuell missbrauchter Kinder, für gewalttätige Männer, für Menschen, die zur Selbstschädigung neigen, Gruppen für Geschiedene, Trauernde, gestörte Familien, verheiratete Paare, Patienten mit Herzinfarkt oder mit beidseitiger Lähmung, Gruppen für Patienten mit diabetischer Erblindung, Nierenversagen, Knochenmarkstransplantationen – dies alles sind Formen von Gruppentherapie, und es gibt noch wesentlich mehr.

Auch die klinischen Zusammenhänge, in denen Gruppentherapien stattfinden, sind vielfältig: Eine auf starke Fluktuation eingerichtete Gruppe für chronisch oder akut psychotische Klienten in einer sterilen Krankenhausstation ist ebenso Gruppentherapie, wie Gruppen für inhaftierte Sexualtäter und für die Bewohnerinnen eines Frauenhauses es sind, aber das Gleiche gilt auch für eine fortlaufende Gruppe, in der sich relativ gut angepasste Menschen, die an neurotischen Störungen oder Persönlichkeitsstörungen leiden, in der komfortablen Praxis eines Psychotherapeuten treffen.

Auch die verwendeten therapeutischen Ansätze, die im Rahmen von Gruppentherapien zum Einsatz kommen, sind geradezu verwirrend vielfältig: Gestalttherapie, Kurzzeittherapie, unterstützende Ausdruckstherapie, kognitiv-behaviorale Therapie, psychoanalytische, psychoedukative, interpersonale, dynamisch-interaktive Therapie, Psychodrama – diese und viele andere Ansätze kommen im Rahmen von Gruppentherapien zum Einsatz.

Noch weiter vergrößert hat sich die Familie der Gruppentherapien durch entferntere Verwandte: durch die Selbsterfahrungstrainingsgruppen (oder Prozessgruppen) an Schulen und die zahlreichen Selbsthilfegruppen, beispielsweise die der Anonymen Alkoholiker, und anderer Zwölf-Schritte-Gruppen, die der Gruppen für Inzestopfer, Sexsüchtige, Eltern ermordeter Kinder, Übergewichtige und schließlich die Gruppen von Recovery, Inc. Zwar handelt es sich in den genannten Fällen nicht um formelle Therapiegruppen, doch ist ihre Arbeit trotzdem sehr oft therapeutisch und bewegt sich in einem fließenden Bereich zwischen Selbsterfahrung, Unterstützung, Psychoedukation und Therapie (Kapitel 16 geht ausführlich auf dieses Thema ein).

Wie soll man nun ein Buch schreiben, das all diesen Formen von Gruppentherapie gerecht wird? Die Strategie, die ich vor fünfundzwanzig Jahren beim Schreiben der ersten Auflage dieses Buches wählte, erscheint mir noch heute angemessen. Zunächst trennte ich bei den verschiedenen Arten von Gruppentherapie jeweils die Fassade vom Kern. Die Fassade besteht aus dem Aufputz, der Form, den Techniken, der Spezialsprache und der Aura, die jede ideologische Schule umgibt, der Kern aus den Aspekten des Gruppenerlebens, die für den therapeutischen Prozess entscheidend sind: den eigentlichen Veränderungsmechanismen.

Lässt man die »Fassade« außer Acht und betrachtet nur die eigentlichen Methoden, die Veränderungen bewirken, stellt man fest, dass die Zahl der Veränderungsmechanismen relativ klein ist und dass diese bei den verschiedenen Arten von Gruppen erstaunliche Ähnlichkeiten aufweisen. Hinsichtlich ihrer äußeren Form sehr verschiedene Therapiegruppen mit unterschiedlichen Zielsetzungen nutzen die gleichen Veränderungsmechanismen.

In den ersten beiden Auflagen dieses Buches habe ich diese Mechanismen unter dem Einfluss jenes positivistischen Zeitgeistes, in dessen Bann die damals neu auftauchenden Psychotherapien standen, als »Heilfaktoren« bezeichnet. Im Laufe der Jahre bin ich erfahrener und bescheidener geworden, und heute weiß ich, dass der Lohn der Psychotherapie nicht die Heilung ist – das wäre eine Illusion –, sondern die Veränderung oder die Förderung der Entwicklung. Deshalb bezeichne ich die Veränderungsmechanismen heute nicht mehr als »Heilfaktoren«, sondern als »therapeutische Faktoren«.

Die therapeutischen Faktoren sind das zentrale Organisationsprinzip dieses Buches. Ich werde zunächst die elf therapeutischen Faktoren ausführlich darstellen und anschließend einen psychotherapeutischen Ansatz beschreiben, der auf ihnen basiert.

Doch mit welchen Arten von Gruppen sollten wir uns befassen? Die Vielfalt der Gruppentherapien ist heute so groß, dass es selbst in einem Buch wie diesem unmöglich ist, jede einzelne Gruppenart separat darzustellen. Wie aber könnte man sonst vorgehen? Ich habe mich dafür entschieden, meiner Darstellung eine Art Prototyp von Gruppentherapie zugrunde zu legen und darauf aufbauend eine Anzahl von Prinzipien herauszuarbeiten, die es Therapeuten ermöglichen, das Grundmodell so abzuwandeln, dass es sich für jede spezielle klinische Situation eignet.

Das prototypische Modell ist die intensive, heterogen zusammengesetzte ambulante Psychotherapiegruppe, die mindestens über einen Zeitraum von einigen Monaten zusammenkommt und ehrgeizige Ziele sowohl hinsichtlich der Symptomlinderung als auch hinsichtlich der Persönlichkeitsveränderung verfolgt. Doch warum konzentriere ich mich auf diese spezielle Art der Gruppentherapie, obwohl die heutige gruppentherapeutische Szene aufgrund ökonomischer Zwänge von einer anderen Art von Gruppe geprägt ist: von einer homogenen, symptomorientierten Gruppe, die für eine kürzere Zeitspanne zusammentrifft und begrenztere Ziele verfolgt?

Die Antwort lautet, dass die Langzeitgruppentherapie seit vielen Jahrzehnten existiert und dass über diese Therapieform mittlerweile ein gewaltiger Wissensfundus sowohl aufgrund empirischer Untersuchungen als auch durch die aufmerksame Auswertung klinischer Erfahrungen zusammengetragen wurde. Ich habe bereits darauf hingewiesen, dass Therapeuten heute in der klinischen Praxis nicht oft auf die bestmögliche Weise arbeiten können; meiner Meinung nach ist die prototypische Gruppe, die wir in diesem Buch beschreiben, der Zusammenhang, in...

Blick ins Buch

Weitere E-Books zum Thema: Angewandte Psychologie - Therapie

Lob des sozialen Faulenzens

E-Book Lob des sozialen Faulenzens
Motivation und Leistung beim Lösen komplexer Probleme in sozialen Situationen Format: PDF

Soziales Faulenzen bezeichnet einen Motivationsverlust, der bisher meist als eine negative Folge kollektiven Arbeitens betrachtet wurde. Die vorliegende experimentelle Studie zeigt dagegen, dass im…

Lob des sozialen Faulenzens

E-Book Lob des sozialen Faulenzens
Motivation und Leistung beim Lösen komplexer Probleme in sozialen Situationen Format: PDF

Soziales Faulenzen bezeichnet einen Motivationsverlust, der bisher meist als eine negative Folge kollektiven Arbeitens betrachtet wurde. Die vorliegende experimentelle Studie zeigt dagegen, dass im…

Psychologie 2000

E-Book Psychologie 2000
Format: PDF

Der 42. Kongreß der Deutschen Gesellschaft für Psychologie bedurfte dank der bedeutungsträchtigen Jahreszahl keines besonderen Mottos – es war der Kongreß "Psychologie…

Psychologie 2000

E-Book Psychologie 2000
Format: PDF

Der 42. Kongreß der Deutschen Gesellschaft für Psychologie bedurfte dank der bedeutungsträchtigen Jahreszahl keines besonderen Mottos – es war der Kongreß "Psychologie…

Ernährungspsychologie

E-Book Ernährungspsychologie
Eine Einführung Format: PDF

Essen und Trinken beherrschen unser Leben und unser Denken. Die Ernährungswissenschaft erforscht die nutritiven Lebensgrundlagen des Menschen und weiß inzwischen sehr genau, wie sich der…

Ernährungspsychologie

E-Book Ernährungspsychologie
Eine Einführung Format: PDF

Essen und Trinken beherrschen unser Leben und unser Denken. Die Ernährungswissenschaft erforscht die nutritiven Lebensgrundlagen des Menschen und weiß inzwischen sehr genau, wie sich der…

Weitere Zeitschriften

Atalanta

Atalanta

Atalanta ist die Zeitschrift der Deutschen Forschungszentrale für Schmetterlingswanderung. Im Atalanta-Magazin werden Themen behandelt wie Wanderfalterforschung, Systematik, Taxonomie und Ökologie. ...

FREIE WERKSTATT

FREIE WERKSTATT

Die Fachzeitschrift FREIE WERKSTATT berichtet seit der ersten Ausgaben 1994 über die Entwicklungen des Independent Aftermarkets (IAM). Hauptzielgruppe sind Inhaberinnen und Inhaber, Kfz-Meisterinnen ...

BONSAI ART

BONSAI ART

Auflagenstärkste deutschsprachige Bonsai-Zeitschrift, basierend auf den renommiertesten Bonsai-Zeitschriften Japans mit vielen Beiträgen europäischer Gestalter. Wertvolle Informationen für ...

CE-Markt

CE-Markt

CE-Markt ist Pflichtlektüre in der Unterhaltungselektronik-Branche. Die Vermarktung von Home und Mobile Electronics mit den besten Verkaufsargumenten und Verkaufsstrategien gehören ebenso zum ...

SPORT in BW (Württemberg)

SPORT in BW (Württemberg)

SPORT in BW (Württemberg) ist das offizielle Verbandsorgan des Württembergischen Landessportbund e.V. (WLSB) und Informationsmagazin für alle im Sport organisierten Mitglieder in Württemberg. ...

Deutsche Hockey Zeitung

Deutsche Hockey Zeitung

Informiert über das nationale und internationale Hockey. Die Deutsche Hockeyzeitung ist Ihr kompetenter Partner für Ihren Auftritt im Hockeymarkt. Sie ist die einzige bundesweite Hockeyzeitung ...

VideoMarkt

VideoMarkt

VideoMarkt – besser unterhalten. VideoMarkt deckt die gesamte Videobranche ab: Videoverkauf, Videoverleih und digitale Distribution. Das komplette Serviceangebot von VideoMarkt unterstützt die ...

Euphorion

Euphorion

EUPHORION wurde 1894 gegründet und widmet sich als „Zeitschrift für Literaturgeschichte“ dem gesamten Fachgebiet der deutschen Philologie. Mindestens ein Heft pro Jahrgang ist für die ...