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E-Book

Tiere in der Therapie

Hunde und Pferde helfen Patienten mit Schizophrenie, Autismus und Depression

AutorAngelika Brück, Carola Fingerhut, Sofie Ellingsen
VerlagScience Factory
Erscheinungsjahr2013
Seitenanzahl135 Seiten
ISBN9783656448761
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis24,99 EUR
Tiere werden in der Therapie von Kindern und Erwachsenen mit großem Erfolg eingesetzt. Dieses Buch zeigt, wie Hund und Pferd dabei helfen können, Krankheitssymptome bei Schizophrenie, Autismus und Depression zu lindern und den Patienten ein Stück Lebensqualität schenken. Aus dem Inhalt: Reittherapie, Hundegestützte Therapie, Schizophrenie, Autismus, Depression, Mensch-Tier-Beziehung.

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Leseprobe

Hundegestützte Verhaltenstherapie


Im Folgenden möchte ich mich näher mit dem speziellen Thema der hundegestützten Verhaltenstherapie auseinandersetzen. Erst möchte ich etwas zur Verhaltenstherapie bei autistischen Kindern im Allgemeinen sagen, danach setze ich mich mit der Wirkung, der Rolle und der Funktion des Hundes in der Therapiesituation auseinander.

 

Allgemeines zur Verhaltenstherapie bei autistischen Kindern


Therapien sind Heilmethoden, mit denen Persönlichkeitsveränderungen, bzw. -umstrukturierungen erreicht werden sollen, die positive Verhaltensformen stärken sowie negative Verhaltensformen eliminieren sollen.[65]

Autismus ist nicht heilbar, das Ziel der Therapie kann also nicht in der Heilung liegen.

Stattdessen sind wichtige Ziele der Therapie die Verbesserung der Lebensqualität, sowie die Stärkung verschiedener Schlüsselbereiche und -kompetenzen. Hierzu zählen die Motivation zu sozialer Interaktion, die Stimulation durch die Umwelt, die Stärkung des Verständnisses des Zusammenhangs zwischen eigenem Verhalten und den daraus resultierenden Folgen sowie die Verbesserung von Kommunikation und sozialer Kompetenz.[66]

Durch die Stärkung dieser Kompetenzen soll den Kindern ein möglichst eigenständiges und selbstverantwortliches Leben ermöglicht werden, was ihre Lebensqualität erheblich verbessern kann.

 

Der Hund in der Therapie


Wirkungsbereiche tiergestützter Intervention

 

Tiere haben sowohl auf den physischen, den psychologischen als auch den sozialen Bereich eindeutige Wirkungen.

Carola Otterstedt erfasste die Wirkungsweisen von Heimtierhaltung, welche ebenso auf Tierbegegnungen und tiergestützter Therapie angewandt werden können.

Diese möchte ich hier tabellarisch darstellen.

 

1. physische Wirkung

- Senkung des Blutdrucks

- Muskelentspannung

- Biochemische Veränderungen u. neuro-endokrine Wirkungen (Schmerzverringerung, Beruhigung, Euphorisierung)

- Verbesserung von Gesundheitsverhalten (u.a. motorische Aktivierung, Förderung von Regelmäßigkeit/Tagesstruktur)

- praktische/technische Unterstützung (speziell Servicetiere)

 

2. psychologische Wirkung

- Kognitive Anregung und Aktivierung

- Förderung emotionalen Wohlbefindens

- Förderung von positivem Selbstbild/Selbstwertgefühl/Selbstbewusstsein

- Förderung von Kontrolle über sich selbst und die Umwelt

- Förderung von (Selbst-) Sicherheit, Reduktion von Angst

- Psychologische Stressreduktion, Beruhigung u. Entspannung

- Psychologische Wirkung sozialer Integration

- Regressions-, Projektions- und Entlastungsmöglichkeit

- Antidepressive Wirkung, antisuizidale Wirkung

 

3. soziale Wirkung

- Aufhebung von Einsamkeit und Isolation

- Nähe, Intimität, Körperkontakt

- Streitschlichtung, Familienzusammenhalt

- Vermittler von positiver sozialer Attribution[67]

 

Diese Wirkweisen machen deutlich, dass Tiere eine vielfältige Wirkung auf den Menschen haben können.

Zusammenfassend kann man sagen, dass Tiere einen entspannenden und beruhigenden Einfluss haben, sowie im psychologischen und sozialen Bereich die Persönlichkeit stärken und eine unterstützende Wirkung auf das soziale Miteinander haben.

 

Wie können diese Wirkungsweisen des Tieres nun in der Therapie genutzt werden und welche Möglichkeiten bieten sich durch den Einsatz von Tieren?

Durch die generell entspannende Wirkung des Tieres kann eine angenehme Arbeitsatmosphäre für das Kind geschaffen werden, die das Lernen vereinfacht.

Im kognitiven Bereich kann die Fähigkeit zur Analyse sozialer Situationen durch das Beobachten des Tieres gestärkt werden. Beim Zusammentreffen von Kind und Tier kommt es zu einer Auseinandersetzung sowohl mit den eigenen als auch mit fremden Emotionen.

Im Bereich der Wahrnehmung kommt es zu einer Differenzierung. Das Kind entwickelt durch die nötige Abstimmung mit dem Tier eine sensiblere Wahrnehmung für Details.

Tiere sprechen viele Sinne gleichzeitig an, wodurch die Aufmerksamkeit und Konzentration des Kindes verbessert werden. Auch die zentrale Kohärenz kann gestärkt werden.

Im sozialen Bereich kann im Kontakt mit dem Tier Rücksichtnahme und Sensibilität trainiert werden. Eigenschaften und Verhaltensweisen zum gemeinsamen, aufeinander bezogenen Handeln können erprobt und das Bedürfnis nach Nähe kann erfüllt werden.[68]

 

Wirkung des Hundes auf das Kind

 

Tiergestützte Therapie kann mit verschiedenen Tieren durchgeführt werden, weshalb also sollte man bei der Arbeit mit autistischen Kindern Hunde als Therapietiere wählen?

Zuerst einmal sind Hunde nur eine Möglichkeit in der Arbeit. Gerade bei Therapien mit autistischen Kindern sind auch Delfin- und Reittherapien sehr weit verbreitet und erzielen gute Erfolge.

Hunde haben jedoch ganz bestimmte Eigenschaften, durch die sie in meinen Augen sehr gut für die Arbeit mit autistischen Kindern geeignet sind.

 

Hunde haben generell eine starke Anziehungskraft auf die meisten Kinder, sie animieren zum Spielen, Streicheln und dazu mit ihnen zu sprechen.

Sie sind aus sich selbst heraus eine Motivation für das Kind in der Therapie.

Anke Prothmann stellt fest, dass autistische Kinder im Umgang mit dem Hund ein verstärktes sozial motiviertes Verhalten zeigen und auch oft in der Lage sind, die Bedürfnisse bzw. Gefühle des Hundes wahrzunehmen.[69]

„Die [...] lange gemeinsame Evolution von Hund und Mensch hat zu einem im Tierreich einzigartigen Vermögen der Hunde geführt, menschliche Gestik und Mimik erfassen, deuten und in das eigene Handeln einfließen lassen zu können. Keinem anderen Haus- und Heimtier ist es bis jetzt gelungen, zu so vielen verschiedenen Lebensbereichen des Menschen Zugang zu finden.“[70]

Gerade für autistische Kinder, die oft Schwierigkeiten in der Deutung und Nutzung nonverbaler Kommunikation haben ist es wohl von Vorteil, wenn der Gegenüber, in diesem Fall der Hund, diese Kommunikation beherrscht, sie eindeutig widerspiegeln und auf sie reagieren kann.

Im Gegensatz zum Menschen senden Hunde eindeutige nonverbale Signale aus, sie überfordern die Kinder nicht durch verbale Kommunikation, die eventuell sogar den nonverbalen Signalen widerspricht.

Die Signale, die der Hund sendet, sind einfacher verständlich und oft weniger komplex, wodurch es sehr viel seltener zu einer Überforderung des Kindes kommt.

Diese Einfachheit der nonverbalen Sprache und ihre Echtheit können den autistischen Kindern mehr Selbstvertrauen geben und sie motivieren, sich mit ihrem Gegenüber, dem Hund, zu beschäftigen.

Dazu muss das Kind selbst tätig werden und seine Fähigkeiten zur nonverbalen Kommunikation stärken.

Durch die direkte Reaktion des Hundes auf nonverbale Signale kann das Kind lernen, seine eigenen Signale besser wahrzunehmen, zu deuten und damit auch die Signale anderer Menschen besser zu deuten.

Ein weiterer wichtiger Punkt bei der Annäherung von Kind und Hund ist, dass Hunde keine Signale der Ablehnung aussenden. Sie bringen dem Kind uneingeschränkte Akzeptanz entgegen, unabhängig von Wertvorstellungen und Normen der Gesellschaft, denen das Kind vielleicht nicht entsprechen kann.[71]

Durch den erleichterten Kontakt zum Tier erfährt das Kind ein Gefühl des Angenommenseins sowie Nähe und Geborgenheit.

Es kann angstfrei Körperkontakt aufnehmen. Durch diesen Kontakt kann nicht nur Sicherheit und Wohlbefinden ausgelöst werden, der taktile Reiz kann außerdem die Wahrnehmung und Kontrolle des eigenen Körpers stärken.

Durch ihre Authentizität und die bedingungslose Akzeptanz gegenüber dem Menschen unterstützen die Hunde den Öffnungsprozess des autistischen Kindes. Das Kind kann seine Abwehrmechanismen fallen lassen und das positive Grundgefühl des Kindes wirkt sich auf seine Lernmotivation und -möglichkeiten aus.

Das Kind kann offener sein für die aktive Auseinandersetzung mit seiner Umwelt und Erfahrungen in unbedrohlichen Interaktionsprozessen sammeln. Beides ist ein wichtiger Indikator für die weitere Persönlichkeitsentwicklung.[72]

 

Rolle des Hundes

In der Therapie übernimmt der Hund die Rolle des Co-Therapeuten.

Durch das Tier soll die Atmosphäre entspannt werden, das Interesse des Kindes soll geweckt und ein gemeinsamer Fokus hergestellt werden.

Bei autistischen Kindern, die sprechen können, kann durch den Hund ein Gesprächseinstieg zwischen Kind und Therapeuten erleichtert werden.

Wie im vorigen Kapitel bereits beschrieben, ist es für die meisten autistischen Kinder einfacher, Kontakt zu dem Hund als zu anderen Menschen herzustellen.

Der Hund übernimmt so eine Brückenfunktion. Anfangs findet der Kontakt zwischen Therapeut und Kind indirekt über das Tier statt. Durch eine schrittweise Aufnahme des Therapeuten in das...

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