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E-Book

Tränen am Kilimandscharo

Franziskas Weg

AutorGrit Berge
VerlagMorawa Lesezirkel
Erscheinungsjahr2019
Seitenanzahl372 Seiten
ISBN9783990845424
FormatePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis10,00 EUR
Franziskas Kindheit auf dem Bauernhof ist geprägt von harter Arbeit und dramatischen Vorfällen im Elternhaus. Auf Sinnsuche beschließt sie, den Kilimandscharo zu besteigen. Die angsterfüllten Einwände ihres Umfeldes bringen sie nicht davon ab. Franziska bereitet sich so gut sie kann vor und begibt sich, gar nicht mehr so sicher, das Richtige zu tun, mit zehn weiteren Teilnehmern auf die Reise. Scheinbar mühelos schleppen die tansanischen Träger Lebensmittel, Zelte und sonstiges Equipment die steilen Hänge hinauf, während Franziska die Schönheit der Natur in ihrem zusehends körperlich angegriffenen Zustand kaum noch sehen kann. Schafft sie es?

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Leseprobe

Kapitel 1
Franziskas Leben und Pläne

Franziska stellt sich vor

Juni – 4 Monate vor der Besteigung

Franziska entschließt sich

 

Abschalten und genießend den Tag ausklingen lassen, das hat sich Franziska für heute Abend vorgenommen. Als sie den löchrigen Blätterteppich auf der Zufahrt zu ihrem Haus überfährt, verflüchtigen sich die schwerfälligen Gedanken, die sie während der Heimfahrt vom Büro hegte. Die kolossale Trauerweide hat sich schon im Juni eines Teiles ihres Blätterkleides entledigt und das dürre Laubwerk achtlos auf die zersprungenen Betonfelder des Hofes fallen lassen. Gemächlich lässt Franzi den Wagen ausrollen, öffnet energisch die Fahrertüre und schreitet beschwingt in die Freizeit.

Einige Stufen noch. Als sie das Schloss der massiven Mahagonitüre aufsperrt, laufen ihr die beiden Katzendamen hungrig entgegen. Schnurrend umwerben sie die Knöchel des Frauchens. Der mannshohe Spiegel im Vorraum mit der in der linken oberen Ecke schwebenden, hinter das Glas verbannten weiblichen Figur, zieht Franziska in ihren Bann. Scheinbar mühelos hält sie sich am Laubwerk eines rankenden Efeustrauches fest.

Franzi ist fest entschlossen, die finsteren Schatten, die sie immer wieder vor sich herwirft, aus ihrem Leben zu verbannen. Das Dasein mit mehr Ebbe als Flut behagt ihr nicht. Erwartungsvoll sucht sie ihren eigenen Blick. Aufmerksam starrt sie ihr Gegenüber an. Du siehst nicht so schlecht aus, mit den kleinen Fältchen, die deine Augen zart umrahmen.

Stoisch, wie man Löcher in die Luft schaut, blickt sie tief in ihre olivgrünen Augen mit der zart braunen Zeichnung am Rand der Pupille. Sie sind fast das einzige, was sie an ihrem Körper liebt.

Obwohl sie zufrieden sein könnte, sie wirkt durchaus liebevoll, rassig, das Feuer einer Ungarin im Blick und nicht die Spur einer morbiden Blässe auf der Haut. Mit keinem auch noch so winzigen Wimpernschlag verrät Franziska die Schmerzen der Seele.

Die elegante Frauengestalt rankt sich geschmeidig am Efeustrauch empor und schmiegt sich verträumt an den Rahmen. Sie trägt ein lila Kleid aus fließendem Material, einen Voiletraum, den Franziska für sie entworfen hat. Die Dame in Lila stößt vorsichtig an den massiven Eichenrahmen, gerade so, dass sie nicht daran zerbricht. Ja, dieses Wesen aus tausendundeiner Nacht hatte sie damals in den Spiegel geritzt, im Kreise der Dorffrauen. Hat etwas Halt gegeben, aber immer dieses Schämen, für den Entfleuchten, den unpassenden Angeheirateten, für das Augenpaar, das keinen Gleichklang fand und vieles mehr. Auch damals tapste sie von einem Kummer zum nächsten, mit immer kürzeren Erholungsphasen.

Franziska presst die Lippen zu einem Schweigen und ballt gleichzeitig die rechte Hand zu einer Faust.

„Ja, ja, ja“, ruft sie der Elfendame zu, „ich schaffe es! Ich werde mein eigener Mentor.“

Die Trennung vom unpassenden Angeheirateten hat sie hunderte Male mit sich selbst besprochen und auch nicht einen Atemzug lang bereut. Nein, sie ist nicht gleich ausgestiegen, als es holprig wurde, sie hat sich an ihren Humor und die Naivität angeschnallt und durchgehalten. Wenn es sehr wehtut, verschweigt sie sich die Wahrheit. Sie denkt sich einige Pakete feinster Teebutter an den Hüften weg, übersieht die missratene Nase und freut sich an den vollen Lippen. Nun streifen ihre Blicke über die Ohren zu den Haaren. Kraftlose Fäden, die energielos an den Wangen lehnen, ein Erbteil ihres Vaters.

Franzi schmunzelt, denn die Frau im Spiegel schickt ihr aufmunternde Botschaften.

Dann gleitet sie über die permanent gezeichneten Brauen und findet sich wieder in ihren katzengrünen Augen, wie anfangs. Sie ist ganz geborgen in ihrer Innenwelt. Fatales, Böses, Erlebtes, Ersehntes, Verpatztes und überhaupt die ländliche Gerüchtebörse hat sie außerhalb der Haustüre deponiert.

Gequält lächelt sie, als sie den winzigen Altersflecken auf ihrem Handrücken bemerkt. „Jetzt wird’s ernst mit dem Altern!“ schießt es ihr durch den Kopf, „aber du bist noch lange kein Friedhofsdeserteur! Die Haut ist nicht mehr aalglatt und die Lachfalten um die Augen sehen aus wie ein Gebirgsbach mit feinen Wasserläufen, wenn du weinst, was du gelegentlich tust, wenn dir danach zumute ist“, flüstert sie sich zu.

„Die Furchen, die sich rund um deinen Mund gelegt haben, sind vom Reden und nicht von verbissenem Schweigen entstanden.“ Endlich beendet sie das Zwiegespräch mit dem Gegenüber und lässt die Frau in Lila weiter am Efeustrauch zappeln.

Beim Schritt in Richtung ihres Esszimmers stolpert sie über die aufdringlich herumwuselnde Katze und erblickt in dieser leicht schwebenden Bewegung die auf dem Tisch liegende Zeitung. Auf dem Titelblatt prangt in großen Lettern: „ Der härteste Spaziergang meines Lebens.“

Ungeachtet der nach Futter lechzenden Katzen vertieft sie sich gierig in den Bericht in der Samstagsausgabe der Tageszeitung. Er handelt von der Besteigung des Kilimandscharo.

Der Herbst ist ins Land gezogen. Sie ist gut fünf Jahrzehnte alt und denkt, dass das Leben noch einiges mit ihr vorhat. Natürlich ausschließlich Feines, Zartes, etwas Leichtes! Das Schwere, an dem sie hätte zerbrechen müssen, liegt hinter ihr, davon ist die sich immer an einem Funken Humor klammernde Franzi felsenfest überzeugt.

Die Katzen fordern miauend ihr Futter ein. Mit den Gedanken in Afrika, öffnet sie die metallene Lasche der Futterdose, gibt mit einem Teelöffel scheibchenweise die Ententerrine in den Plastiknapf und drückt die hühnereigroßen Stücke noch platt um sie fressfertig im Eingangsbereich zu servieren.

Soviel Vehemenz! Das war Franziska nicht gewohnt von sich, „sie werden ihren Sinnen nicht trauen, sie werden staunen“, schrie sie in den Spiegel, ohne darüber nachzusinnen, wen sie damit meint. Der schwarzhaarigen Eleganz links oben scheint der lachende Gesichtszug zu versteinern.

Diese Querelen in der Firma, eine Intrigen schmiedende Kollegin, der Scherbenhaufen von einem Elternhaus, sie ist auf der Suche nach, ach sie weiß es nicht, sie träumt halt von etwas Wunderbarem, das sie noch nicht kennt. Spuren von scharfen Splittern aus dem bisher Erlebten, aber auch Hoffnungsfunken finden sich in Franzis verwegenen Zukunftsträumen.

Eigentlich will sie ja Schriftstellerin werden, eine ganz berühmte natürlich, stattdessen schiebt sie Zahlenkolonnen durch die Bilanzen. Sie hat diese Ziffern aber durchaus lieben gelernt.

Die Vergangenheit rächen? Nein, das ist vergeudete Zeit, sie will die Zukunft neu entwerfen. Zu lange ging sie die Wege der Eltern. Aber wovon sollte sie denn fortgehen, wenn sie nicht einmal weiß, wo sie steht. Franzis Selbstbild gleicht einem ausgefransten Putzlappen, zu dick, hässlich und unbegabt. Was sie lange Zeit als Barockfigur entschuldigte, war eine viel zu mollige Fünfzigjährige, die endlich aufhören möchte zu kämpfen. Sie zwinkert ihrem Pendant in der linken oberen Spiegelecke zu, bevor sie sich der Haus-und Gartenarbeit zuwendet, erstmals mit dem verwegenen Plan den Kilimandscharo zu besteigen.

Täglich legt sie ihren Weg zum Büro ein Stück lang über die Bundesstraße, die schon sanierungsbedürftige ehemalige Reichsstraße, zurück. An den Fahrbahnrand grenzen Kornfelder, die sich in der Zeit nach dem Frühling zu einem goldfarbenen Teppich aus reifen Ähren verfärben. Es ist Frühsommer und die Wintergerste, das weiß sie als Bauernkind, wird bald zu ernten sein. Die ebenen, gut überschaubaren weitläufigen Äcker werden immer wieder durch Orte, die vorwiegend aus landwirtschaftlichen Gehöften bestehen, unterbrochen.

In aller Herrgottsfrühe, zwischen den Dörfern, wo die Landstraße unendliche Freiheit gebietet, lockt Franzi den Motor ihres Autos und die erlaubten Geschwindigkeiten manchmal gänzlich aus der Reserve. Doch sie bremst unwillkürlich bei dem Gedanken an den Briefträger, den sie nicht schon wieder bemühen möchte, ihr diese unsympathischen Briefe mit den fordernden Erlagscheinen von der Verkehrsbehörde zuzustellen. Den Heimweg auf vier Rädern nach dem Büroalltag gestaltet sie gemächlicher, sie kennt den Straßenverlauf im Schlafe und hängt ungeniert ihren Gedanken über Gott und die Welt nach. Die sich täglich verändernde Natur, die verschiedenen Braun-und Grüntöne der Äcker und die zarten Blüten der Obstbäume in Weiß- und Rosaschattierungen schweben lautlos an ihr vorbei. Manch kleiner Hügel in der sanften Landschaft ihrer Heimat gebärdet sich in ihren Tagträumen nun zum Bergunikum in Afrika.

Angenehme Müdigkeit vom anstrengenden, erfolgreichen Bürotag verspürend, freut sie sich auf die beiden Katzendamen. Das sind die einzigen, die in ihrem Zuhause auf sie warten. Ihre erwachsenen Sprösslinge haben das Nest verlassen und...

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