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Tragödien im Hause Habsburg

AutorSigrid-Maria Größing
VerlagVerlag Carl Ueberreuter
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl208 Seiten
ISBN9783800079698
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis5,99 EUR
Die Familie Habsburg ist reich an tragischen Schicksalen. Sigrid-Maria Größing, bewährte Bestsellerautorin, erzählt in ihrem Buch von bekannten und weniger bekannten Vertretern der Familie. Marie Antoinette wird als Königin von Frankreich geköpft, Leopoldine stirbt als Kaiserin von Brasilien an den Folgen einer Misshandlung durch ihren Mann. Maximilian wird 1867 als Kaiser von Mexiko standrechtlich erschossen. Fast mittellos stirbt der des Landes verwiesene letzte Kaiser Karl I. 1922. 'Tragödien im Hause Habsburg': große Geschichte in großen Geschichten.

Sigrid-Maria Größing, geboren in Bayern, studierte Geschichte und Germanistik in Wien und Salzburg. Veröffentlichung von über 30 Büchern, vor allem auf dem Gebiet der Geschichte des Hauses Habsburg, übersetzt in acht Sprachen.

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Leseprobe

Eine Habsburgerin auf dem Schafott


MARIE ANTOINETTE

»Gott hat Sie mit so viel Grazie, Güte und Sanftmut gesegnet, daß jedermann Sie lieben muß.«

Diese liebevoll aufmunternden Worte schrieb keine Geringere als Maria Theresia, Erzherzogin von Österreich, gekrönte Königin von Böhmen und Ungarn, Gemahlin des römisch-deutschen Kaisers Franz Stephan von Lothringen an ihre ferne Tochter Maria Antonia nach Frankreich, obwohl sie mit Lob und Anerkennung ihren Kindern gegenüber eher zurückhaltend war und sich nicht scheute, die Fehler ihrer Söhne und Töchter mit großer Strenge zu tadeln.

Maria Theresia war für die Zeit, in der sie lebte, eine Bilderbuchmutter, die sich trotz der vielfältigen Pflichten, mit denen sie tagtäglich konfrontiert war, um jedes einzelne ihrer Kinder kümmerte. Sie selbst war in der beneidenswerten Lage gewesen, eine unbeschwerte Jugendzeit in einer intakten Familie verleben zu dürfen, und es war ihr vergönnt gewesen, den Mann ihrer Träume zu heiraten, allen Widerständen zum Trotz. Eine glückliche Familie war für sie der Ruhepol, den sie in den wirren Zeiten nach dem plötzlichen Tod ihres Vaters, Kaiser Karls VI., dringend benötigte, der ihr die Kraft verliehen hatte, als unerfahrene junge Frau die Staatsgeschäfte in dem großen Reich zu übernehmen und ihrem preußischen Widersacher König Friedrich II. die Stirn zu bieten.

Aber das, was sie selber als lebensnotwendig empfand, einen Ehepartner zu haben, der sie mit Liebe und Zuneigung umgab, dies verweigerte sie ihren Nachkommen. Sie opferte ihre zahlreichen Töchter den Geboten der Vernunft, dem Wohle des Staates. Die Kinder, die sie in schöner Regelmäßigkeit zur Welt gebracht hatte, sah sie als politisches Kapital an, das es bestmöglich einzusetzen galt. Mit ihnen konnte man die Politik der Zukunft bestimmen, denn verwandtschaftliche Beziehungen schienen für Maria Theresia immer noch stabiler zu sein als alle Friedensverträge und Nichtangriffspakte.

Deshalb sah sie sich schon früh in Europa um, in welche Ehebetten sie ihre Söhne und Töchter legen konnte, und dabei war es für sie vollkommen unmaßgeblich, was ihre Kinder über die geplanten Heiratsprojekte dachten. Der Wunsch der Kaiserin war einzig und allein maßgebend, da halfen keine Tränen und keine Trauer über verlorene heimliche Liebeleien.

Die Mutter führte ein strenges Regiment am Wiener Hof, dem sich alle Familienmitglieder, selbst der eigene Mann, zu beugen hatten. Obwohl Maria Theresia ihren »Franzl« bis über dessen Tod hinaus abgöttisch liebte, war sie es, die in jeder Situation den Ton angab. Sie bestimmte den Tagesablauf ihrer Kinder, sie wählte die Ajos und Ajas, die Erzieher ihrer Söhne und Töchter aus und ließ sich von diesen genau Bericht erstatten, wie jedes ihrer Kinder den Tag verbracht hatte. Es grenzt beinahe an ein Wunder, dass sie trotz der vielfältigen Aufgaben, die sie selbst jeden Tag zu bewältigen hatte, noch die Zeit für viele private Dinge aufbrachte. Aber sie hatte im Laufe der Jahre ein System entwickelt, das es ihr ermöglichte, alles, was auf sie zukam und an sie herangetragen wurde, bestmöglich zu erledigen.

Hätte ihre jüngste Tochter Maria Antonia nur ein klein wenig vom konsequenten, verantwortungsbewussten Wesen ihrer Mutter geerbt, ihr Schicksal wäre wahrscheinlich ganz anders verlaufen. Aber schon von Jugend auf war sie gewöhnt, sich ihren Pflichten zu entziehen, wo sie nur konnte, obwohl sie sich genauso wie ihre Geschwister einem systematischen Tagesablauf unterziehen sollte. Schon bald hatte sie entdeckt, dass sie durch ihren Charme und ihr liebenswürdiges Wesen ihre Erzieher und Lehrer überlisten konnte, sodass sie immer nur ein Minimum an Aufgaben zu erfüllen hatte. Selbst ihre sonst so strenge Mutter vermochte sie dann und wann um den Finger zu wickeln, obwohl sich Maria Theresia eingestehen musste, dass dies sicherlich nicht zum Vorteil der Tochter sein würde.

Antonia oder Tonerl, wie sie von den Geschwistern liebevoll gerufen wurde, war es dadurch möglich, eine heitere Kinderzeit inmitten der pflichtstarrenden Welt zu verbringen, sich im süßen Nichtstun zu üben und nur das Allernötigste zu lernen, denn auch ihre Erzieherin Marie Judith Gräfin Brandis ließ bei ihrem Schützling so manches Mal die Zügel etwas zu locker.

So wie es Maria Theresia auch bei den älteren Kindern gehandhabt hatte, wurden die besten Lehrer für die jüngste Tochter ausgesucht, die das verspielte Kind mit seiner Unstetigkeit und Unkonzentriertheit beinahe zur Verzweiflung brachte. Trotz aller Bemühungen war es nicht möglich, Antonia etwas mehr Ernst einzureden, und alles, was sie an Wissen erwarb, war eine Halbbildung, die zahlreiche Lücken aufwies. Vielleicht war dies ein Erbteil ihres Vaters, der Zeit seines Lebens keine Sprache richtig schreiben oder sprechen konnte und dessen Briefe, die in einem lustigen Kauderwelsch aus Deutsch, Französisch und Italienisch abgefasst waren, von seiner eigenen Frau korrigiert wurden.

Für die Kaiserin stand die religiöse Erziehung ihrer Kinder an allererster Stelle. Der katholische Glaube war für Maria Theresia die absolute Stütze für den Menschen in dieser Welt. Und diesen tiefen Glauben wollte sie auch ihren Kindern weitergeben, wobei sie vor allem bei ihrem skeptischen Sohn und Nachfolger Joseph II. auf heftigen Widerstand stieß und ihn beinahe zum Atheisten machte. Aber auch Antonia wollte sich nicht durch die Gebote der Kirche in ihrem Leben einschränken lassen, immer wieder fand sie einen Weg, wie sie die vorgeschriebenen Andachten und Messen oder den Empfang der Sakramente umgehen konnte.

Vieles, was Maria Theresia ihren Kindern abverlangte, war nach heutigen Gesichtspunkten modern, vor allem die persönliche Hygiene, auf die sie ganz besonderen Wert legte. Tägliche Waschungen sowie die intensive Pflege der Zähne gehörten genauso wie die regelmäßigen Kontrollen durch ihren Leibarzt van Swieten zum allgemeinen Gesundheitsprogramm. Und trotzdem konnte sie nicht verhindern, dass einige ihrer 16 Kinder den Schwarzen Pocken zum Opfer fielen.

Für Antonia war die Gewöhnung an regelmäßige hygienische Pflege ihres Körpers wahrscheinlich für die Zukunft von großer Wichtigkeit. Denn später, am französischen Königshof, sollte sie erfahren, dass man keineswegs Wert auf persönliche Sauberkeit legte. Anstatt Seife und sauberes Wasser zu benutzen, besprühte man lieber den ganzen Leib mit kostbaren Parfums und bestäubte ihn mit wohlriechendem Puder, das natürlich nach einiger Zeit seine Wirkung einbüßte.

Wie für alle ihre Kinder hatte die Kaiserin auch für Antonia einen allseits bekannten Musiklehrer ausgesucht, keinen Geringeren als Christoph Willibald Gluck. Er war wahrscheinlich mit den Erfolgen seiner Schülerin zufrieden, wenn er sich auch etwas mehr Fleiß zu der vorhandenen musikalischen Begabung gewünscht hätte. Für eine kleine Erzherzogin spielte Antonia immerhin ganz brav die Stücke auf dem Spinett, die Gluck für sie vorbereitet hatte.

Wahrscheinlich wäre das tändelnde Leben, das das heranwachsende Mädchen führte, noch eine Zeit lang weitergegangen, wäre nicht überraschenderweise eine Anfrage des französischen Hofes in Wien eingetroffen, ob nicht die junge Maria Antonia für den Enkel des Königs von Frankreich Ludwig XV. die passende Gemahlin wäre.

Diese Nachricht erregte am Wiener Hof das allergrößte Aufsehen, denn jahrhundertelang waren die Beziehungen der Habsburger zu Frankreich äußerst problematisch bis schwierig gewesen, man hatte zahlreiche Kriege gegeneinander geführt und auf diplomatischem Wege immer nur halbe Lösungen erzielt, die oftmals wieder der willkommene Anlass zu neuen Auseinandersetzungen waren. Jetzt schien für Maria Theresia endlich die Möglichkeit durch die Initiative Ludwigs XV. gegeben zu sein, einen Schlussstrich unter die habsburgisch-bourbonische Rivalität zu ziehen. Schon vor etlichen Jahren hatte sich dieses Tauwetter zwischen Wien und Paris seltsamerweise durch die Aktivitäten der damaligen Maîtresse en titre, der berühmt berüchtigten Madame de Pompadour, angekündigt, die Maria Theresia trotz ihrer strengen Moralvorstellungen schätzte. Vielleicht auch deshalb, weil der von ihr so gehasste Preußenkönig Friedrich II. gerade diese kunstsinnige Frau, wo er nur konnte, in den Schmutz zog.

König Ludwig XV. suchte eine Gemahlin für seinen Enkel, den Dauphin, der den gleichen Namen trug wie er, der aber keineswegs seinem Großvater glich, ja ihm nicht einmal ähnelte. Ludwig XV., dem schon sehr früh vom Volk der Beiname »der Vielgeliebte« verliehen worden war, galt als schöner Mann, dem die Frauen jeden Alters zu Füßen lagen und dessen Amouren nicht mehr zu zählen waren. Er genoss das Leben, das ihm als König von Frankreich alles bot, was man sich vorstellen konnte, in vollen Zügen und überließ die »ermüdenden« Regierungsgeschäfte weniger seinen...

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