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E-Book

Traumberuf Fussballprofi

Der harte Weg vom Bolzplatz in die Bundesliga

AutorJörg Runde, Thomas Tamberg
VerlagWiley-VCH
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl272 Seiten
ISBN9783527691647
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis9,49 EUR

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Leseprobe

1 Endlich wieder Weltmeister


Deutschland hat neue Helden. 24 Jahre nach dem letzten Triumph hält wieder ein Nationalmannschaftskapitän den Goldpokal in die Luft. Bei der WM 2014 in Brasilien begeistert die DFB-Elf nicht nur sportlich, sondern auch in ihrer Außendarstellung. Die Gastgeber sind entzückt. Der Sieg gegen Argentinien inspiriert hunderttausende Jugendliche in Deutschland, ebenfalls den Traum vom Fußballprofi zu träumen.

Rio de Janeiro, Maracanã! Es gibt wohl keinen besseren Ort, um Fußballgeschichte zu schreiben als in diesem berühmten Stadion mitten in der Millionen-Metropole am Zuckerhut. Als Nationalmannschaftskapitän Philipp Lahm am 13. Juli 2014 um 19.04 Uhr Ortszeit den Goldpokal in den Himmel reckte, hatte das lange Warten endlich ein Ende. Nach 24 Jahren ist Deutschland wieder Fußball-Weltmeister. Zum vierten Mal in der Geschichte des Landes. Was für ein Triumph, was für ein Turnier, was für ein Jubel; vor Ort im Maracanã und bei Millionen Fans in der deutschen Heimat.

Fast neun Wochen lang haben Bundestrainer Joachim Löw, sein Trainer- und Betreuerstab sowie 23 Nationalspieler mit ganzer Kraft auf dieses Ziel hingearbeitet. Am Ende wurden sie nicht nur mit dem WM-Titel belohnt. Die deutschen WM-Fahrer haben in dieser Zeit einen Zusammenhalt entwickelt, der sie aufgrund des historischen Erfolgs ihr Leben lang miteinander verbinden wird. Und sie haben ihr Heimatland und damit alle Deutschen vor den Augen der Weltöffentlichkeit nicht nur sportlich, sondern auch menschlich herausragend vertreten und viele Sympathiepunkte sammeln können. Das ist mindestens genauso viel wert wie der Gewinn des WM-Finals. Den begeisternden Empfang vor knapp einer halben Million Menschen am Brandenburger Tor in Berlin hatten sie sich mehr als verdient.

Doch vor den Erfolg haben die Götter bekanntlich den Schweiß gesetzt. In ihrem Campo Bahia, mitten im kleinen Dörfchen Santo André an der Atlantikküste Brasiliens, bereitete sich das DFB-Team auf die Spiele gegen Portugal, Ghana, USA, Algerien, Frankreich, Brasilien und Argentinien vor. Es sollte sich als der perfekte Ort herausstellen. Hier, inmitten überwältigender Natur, wurde der Grundstein für den späteren Erfolg gelegt. Um der Nationalmannschaft nahe zu sein, mussten Journalisten, Fans und alle anderen Interessierten stets eine beschwerliche Anreise auf sich nehmen. Eine Fähre machte den Besuch zusätzlich zu einem zeitlich schwer kalkulierbaren Abenteuer. Ein Umstand, der sich im Laufe des Turniers als großer Vorteil herausstellen sollte – konnten sich die Profis doch so weitestgehend ungestört auf ihre Spiele vorbereiten.

Diese ungewohnte Freiheit wussten Bastian Schweinsteiger und Co. sehr zu schätzen. Ohne totale mediale Überwachung konnten sie sich relativ ungezwungen im Dorf Santo André bewegen und vielfältige Kontakte zu den Einheimischen knüpfen. Das gefiel den deutschen Stars zusehends. Wie kein anderes Team suchten die Deutschen die Nähe zur einheimischen Bevölkerung. Die Folge waren tolle Begegnungen mit Brasilianern beim gemeinsamen Fußballspielen am Strand oder auf offener Straße, es gab gemeinsame Gesänge auf Portugiesisch. Bilder und Videos verbreiteten die Spieler anschließend selbst über Facebook, Twitter oder Instagram. Die großen einheimischen Zeitungen und TV-Stationen nahmen diese Geschichten gerne auf. Und so bekamen alle Brasilianer dieses ehrliche Interesse an ihrer Kultur mit und schlossen die Deutschen schnell in ihr Herz. Ernst, diszipliniert, zuverlässig, hüftsteif und alles andere als spontan: So hatte man bisher die Deutschen im größten Staat Südamerikas gesehen. Doch die Nationalspieler sorgten dafür, dass sich dieses Bild im Laufe des Turniers deutlich änderte und sich die Menschen wunderten, wie ausgelassen und fröhlich die großen Blonden aus Übersee doch sein können.

Ein einschneidendes Erlebnis für beide Seiten dürfte sicherlich der sensationelle 7:1-Erfolg der DFB-Elf im Halbfinale von Belo Horizonte gegen Brasilien gewesen sein. Ein Spiel, dessen Stellenwert in den kommenden Jahren und Jahrzehnten stetig wachsen wird, da einem erst mit der Zeit die Einmaligkeit immer bewusster werden wird. Während die Gastgeber bereits zur Halbzeit bittere Tränen vergossen, erlebten die deutschen Fans die Geburtsstunde einer großen Mannschaft. Ihre Größe zeigten sie auch darin, dass sie den Gegner trotz der 5:0-Pausenführung im zweiten Durchgang nie vorführten, sondern der Seleção bis zuletzt Respekt entgegenbrachten. Das rechneten die Brasilianer dem deutschen Team hoch an und verabschiedeten es aus dem Mineirão-Stadion mit Standing Ovations für die beeindruckende Leistung. Überhaupt muss man sagen, dass sich die Brasilianer nicht nur als unglaublich freundliche Gastgeber präsentierten, sondern auch in der Niederlage als überaus faire Verlierer zeigten, wie man es in dieser Form nur selten erlebt. Nach dem Supergau im Halbfinale drückte ganz Brasilien dem DFB-Team die Daumen, zumal im Finale ausgerechnet Argentinien wartete. Nicht auszudenken, wenn der große Rivale aus Südamerika im Maracanã den Weltmeister-Titel feiern würde. Diese Schmach konnte fortan nur noch Deutschland verhindern.

Und so ergab sich am Finaltag eine sonderbare Atmosphäre im beeindruckenden Rund des wohl geschichtsträchtigsten Stadions der Welt. Auf den Rängen verfolgten gleich drei Fangruppierungen ihre eigenen Interessen. Einzeln betrachtet waren die Argentinier in der Überzahl. Zu Tausenden strömten sie in den Tagen zuvor über die Grenze, um Messi und Co. zu unterstützen. Die deutschen Fans waren zahlenmäßig klar unterlegen. Aber nicht alle Brasilianer hatten ihr Finalticket verkauft. Sie ärgerten mit ihren Sprechchören die argentinischen Fans, die sich dadurch nicht so sehr auf das Finale konzentrieren konnten. Hingegen konnten die deutschen Fans bedingungslos ihre Mannschaft anfeuern. Den Rest erledigte Mario Götze.

Damit ging eine lange Zeit ohne WM-Titel zu Ende. Als Deutschland 1990 das bis dato letzte Mal den ganz großen Coup feiern konnte, war der Mauerfall gerade erst ein paar Monate her. Dieter Thoma gewann die Vierschanzentournee, Nelson Mandela wurde freigelassen, Microsoft veröffentlichte Windows 3.0 und das Internet steckte noch in den Kinderschuhen. Die Charts bestimmten Hits wie „Verdammt ich lieb' dich“ von Stefan Reim, „Nothing Compares 2 U“ von Sinead O'Connor, „We Didn't Start The Fire“ von Billy Joel oder „Herzilein“ von den Wildecker Herzbuben.

Es wurde also allerhöchste Zeit, dass Nachfolger gefunden wurden für die Völlers, Klinsmanns und Matthäus’. Schließlich tut sich die heutige Generation der Nachwuchsfußballer leichter, sich an modernen Helden zu orientieren als an Ikonen einer längst vergangenen Zeit. In Philipp Lahm, Bastian Schweinsteiger, Mats Hummels, Manuel Neuer, Sami Khedira, Mesut Özil, Lukas Podolski, Julian Draxler oder Mario Götze haben die Helden von 1990 würdige Nachfolger gefunden.

Rund 100 000 Kinder und Jugendliche meldeten sich nach dem Gewinn des WM-Titels 1990 in deutschen Fußballklubs an. Sie wollten so werden wie eben diese Völlers und Klinsis. Einer von ihnen war Philipp Lahm. „Das war etwas ganz Besonderes. Das habe ich mir 100-mal auf Video angeschaut“, sagte der Bayern-Star kurz bevor die WM in Brasilien losging. Ähnlich wie er damals werden nun viele tausend Kinder die Tore von Thomas Müller oder Mario Götze anschauen und ebenfalls beschließen, einem Fußballverein beizutreten. Gut möglich dass darunter ein kommender Weltmeister ist.

Sie werden dann in Vereine eintreten, die Namen haben wie TSV Pattensen, TuS Haltern, BV Rentfort, TSV Pähl oder SC March – allesamt Kleinstvereine verstreut über ganz Deutschland. Mit ihren Mannschaften jagen sie irgendwo in der Kreisliga dem Ball hinterher. Und doch sind es besondere Orte. Hier machten einige Kicker der Weltmeister-Mannschaft von 2014 ihre ersten Gehversuche. Diese Klubs stehen stellvertretend für tausende Amateurvereine in denen quer durch die Republik Fußballer ihrer großen Leidenschaft nachgehen. Und wer weiß, vielleicht würde Per Mertesacker heute noch in Pattensen, Benedikt Höwedes in Haltern und Matthias Ginter in March die Abwehr organisieren, Julian Draxler in Rentfort das Mittelfeld beackern oder Thomas Müller in Pähl auf Torejagd gehen. Vielleicht hätten sie es auch aufgrund ihres Naturtalents noch zu einem höherklassigen Verein in der Nachbarschaft geschafft. Aber hätte der DFB seine Talentförderung zur Jahrtausendwende nicht komplett revolutioniert, dann wären sie eines heute sicherlich nicht: Weltmeister.

Dank dieser außergewöhnlichen Talentförderung des DFB, die in den folgenden Kapiteln beleuchtet wird, ist es Fußball-Deutschland gelungen, gegenüber der Konkurrenz verloren gegangenes Terrain wiedergutzumachen und sich aktuell an die Spitze des Weltfußballs zu setzen. Der 1:0-Sieg gegen Argentinien im WM-Finale von Rio des Janeiro mag am Ende vielleicht auch etwas glücklich zustande gekommen sein, doch zufällig kommt dieser Erfolg keinesfalls. Es ist die zwischenzeitliche Krönung einer kontinuierlichen Entwicklung über viele Jahre hinweg, an der viele Menschen ihren Anteil...

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