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E-Book

Udine

Trends, Tajut und Tiepolo

AutorEvelyn Rupperti
VerlagStyria Verlag
Erscheinungsjahr2013
Seitenanzahl168 Seiten
ISBN9783990401606
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis4,49 EUR
Udine, man kennt die Stadt - oder vielleicht doch nicht? Als 'Tor zum Süden' ist die Stadt seit Generationen beliebtes Ziel für Wochenendausflüge und Einkaufstouren. Doch zum Shoppen allein ist die zauberhafte Stadt mit ihrem venezianischen Flair viel zu schade. Mit diesem neuen Reiseführer durch Udine und sein Umland tritt die Friaul-Expertin Evelyn Rupperti den Beweis an: Prächtige Palazzi und schmucke arkadengesäumte Plätze erzählen von einer bewegten Vergangenheit unter der Flagge der Serenissima, Museen und Galerien von Weltklasseformat überraschen Kunstfreunde, Castello, Dom und unzählige Kirchen sind einen genaueren Blick wert. Dazu gibt es ausgewählte Insider-Tipps, die den Besuch erst perfekt machen: Wo gibt's den besten caffè, die feinste Trüffelmortadella, die spannendsten Weine zum Verkosten? Wo trinken die Udineser ihr Stehachterl, den Tajut, am liebsten, wo kaufen die Trendsetter ein ... Wer die sympathische Stadt mit einem Ausflug aufs Land kombinieren möchte, findet ebenso dazu Anregungen - von den nahen Weinbergen mit den bekannten Winzern bis hin zur berühmten Kunst- und Kulturstätte Villa Manin.

Evelyn Rupperti, freie Autorin, Texterin und Marketingberaterin in Villach, bereist schon seit ihrer Kindheit den oberitalienischen Raum, am liebsten Friaul-Julisch Venetien. Die daraus entstandene Nahebeziehung mündete in erfolgreichen Titeln wie 'Friaul-Julisch Venetien', 'Grado' oder 'Wein in Friaul', die alle bei Styriabooks erschienen sind.

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Leseprobe

A. Im Herzen der Stadt


Idealerweise finden Sie genau dort, wo einst ein kleiner See lag, für Ihr Auto einen – gebührenpflichtigen – Parkplatz. Die Udineser nennen den großen, grünen Platz Giardin Grande oder auf Furlanisch Zardin Grant, auch wenn man ihm zum Ende des Zweiten Weltkrieges die Allerweltsbezeichnung „1.-Mai-Platz“ verpasst hat. Und als Garten wird er nicht zu Unrecht bezeichnet, denn er misst, den angrenzenden Park Loris Fortuna mitgerechnet, circa 20 000 Quadratmeter und präsentiert sich nicht nur mit einer ellipsenförmigen Parkanlage voller Plantanen, Kastanienbäume und einem Springbrunnen in seiner Mitte, sondern auch rundherum grün und einladend. Giovanni Boccaccio war von dem Park so begeistert, dass er ihn in seiner berühmten Novellensammlung „Decamerone“ als einer der schönsten Gärten, den man jemals zu Gesicht bekommen könnte, gewürdigt hat.

Das Seemonster der Piazza I° Maggio


Eine Sage erzählt von einem Seemonster, das im Zardin Grant sein Unwesen getrieben hat. Doch wie kommt ein Seemonster dorthin? Schlummerte es etwa im Springbrunnen? Wer heute da steht, glaubt es kaum – der weitläufige Platz war in der Antike ein kleiner See. Er wurde von der Roggia di Palma gespeist und jeder, der vom Castello auf die andere Seite wollte, musst sich eines Bootes bedienen, um trockenen Fußes dorthin zu gelangen. Kein Wunder, dass die Fantasie den mittelalterlichen und des Schwimmens nicht mächtigen Seeüberquerern ein gruseliges Gerücht einflüsterte: Es erzählte von einem schaurigen Ungeheuer, das in den Tiefen des Gewässers lauerte. Nach und nach wurde die Wasserfläche trockengelegt, bis aus dem See schlussendlich ein blühender Garten geworden war. Die große, freie Fläche lud natürlich ein, hier Riesenspektakel abzuhalten: Nach 1780 wurden im Sog des großen Lorenzimarktes am 10. August aufsehenerregende Pferderennen abgehalten – mehrere Tage dauerte das Fest, bis es schließlich am 15. August mit der beliebten öffentlichen Tombola seinen Höhepunkt erreichte.

In den 1970er-Jahren startete man den Versuch, ein mittelalterliches Pferdeturnier im Stile eines Palio wie in Siena einzuführen, im Zuge dessen sich zehn Udineser Parteien einen heißen Wettkampf um den Sieg lieferten – allerdings nur zwei Jahre lang. Aber auch ohne Palio sah der Zardin Grant so einiges, was die Massen in Bewegung setzte: buntes Treiben zwischen Marktständen, riesige Zelte der Wanderzirkusse, Rad- und Motorsportveranstaltungen, Militärparaden und für die beiden Papstbesuche (Paul VI. und Johannes Paul II. waren hier!) war der Große Garten gerade groß genug.

Doch was ist aus dem Seeungeheuer geworden? Im Brunnen schwimmt es jedenfalls nicht mehr … Man munkelt, dass eine seiner Rippen in der angrenzenden Basilica Madonna delle Grazie bis heute aufbewahrt wird.

Nach wie vor findet hier rund um den 25. November, dem Tag der heiligen Katharina, ein traditioneller Markt statt, der aus dem 13. Jh. stammt und der wahrscheinlich älteste Italiens ist. Früher kamen die Bauern aus der Umgebung auf den Platz, um ihre Produkte anzubieten und sich im Gegenzug für den langen Winter einzudecken. Noch heute sagt man, dass alles, was man am Katharinenmarkt ersteht, einen ganz besonderen Stellenwert hat – egal, ob Schal, Keramikhäferl oder bunte Zuckerwatte am Stiel.

Auch am Rande des großen Platzes gibt es so einiges zu entdecken, wie etwa die Chiesa Madonna delle Grazie (auch: Santuario della Beata Vergine delle Grazie) gegenüber dem Schlossberg. Auch als Standort für Bildungsinstitute und Schulen erschien der Platz den Stadtplanern und Gründern als der richtige Ort, so hat sich im Südosten das staatliche Konservatorium Jacopo Tomadini angesiedelt, im Osten, in erhabener Position, das Liceo Classico Jacopo Stellini und im Norden beim Viale della Vittoria das Liceo Artistico Giovanni Sello, das sich die Kunsterziehung an die Fahnen geheftet hat.

Durch die Porta Manin hinein ins Zentrum Doch jetzt führt uns der Weg vom südlichen Ende des Platzes direkt ins Herz der Stadt, nämlich durch das Stadttor Porta Manin mit dem Turm San Bartolomeo. Dieses Tor war seit dem 13. Jh. Bestandteil der dritten Stadtmauer Udines, sein heutiges Erscheinungsbild ist allerdings nicht mehr original, was sich unschwer erkennen lässt – die schmucke Glasloggia war zur Zeit seiner Errichtung wohl noch außerhalb jedes architektonischen Vorstellungsvermögens.

So wie die Porta heißt auch die anschließende Straße Via Daniele Manin, in Erinnerung an das Geschlecht, das auch den letzten Dogen Venedigs stellte und dem Friaul u. a. die geschichtsträchtige Villa Manin vor den Toren Udines, in Codroipo, zu verdanken hat. Hier befindet sich gleich hinter dem Tor ein sehenswerter Palazzo ganz in Stile der venezianischen Frührenaissance aus dem 16. Jh., nämlich der Palazzo Mantica, heute frisch renovierter Sitz der Philologischen Gesellschaft Friauls. Diese Straße ist außerdem eine beliebte Einkaufs- und Einkehrstraße, wo man gleich zu Beginn auf der rechten Straßenseite tolle Accessoires (Rosa dei Venti) findet und ein paar Häuser weiter bei A.C.E.R. süße Mitbringsel, Spirituosen und Wein einkaufen kann. Das geschichtliche Gewicht dieser Straße belegen die alten Osterias wie das „Ai Piombi“, die „Osteria Nr. 8“ und das nunmehr innen renovierte „Ristorante Pizzeria Manin“.

Venedig in Udine: Die Piazza Libertà Die Via Daniele Manin bringt uns über die Via Vittorio Veneto mit dem traditionsreichen Caffè Cotterli an der Ecke direkt zu dem Vorzeigeplatz der Stadt: Piazza Libertà. Von ihm sagt man, er sei der venezianischste außerhalb Venedigs – und wirklich hat die Serenissima, unter deren Regentschaft Udine 380 Jahre lang stand, hier unverkennbar beim Entwurf Regie geführt: die Loggia del Lionello mit der weiß-rosa gestreiften Fassade und den zarten Bögen der Arkaden und Fenster, der Torre dell’Orologio, der Uhrturm, den sogar ein Markuslöwe ziert – dieses Ensemble könnte auch in Venedig stehen.

Der Eindruck, den der Platz an einem normalen Arbeitstag erweckt, mag von der Betriebsamkeit her enttäuschend sein – für Cafés und Geschäfte ist an umittelbarer Stelle kein Platz. Doch die Piazza kann auch anders. Wenn es etwas richtig zu feiern gibt, wie etwa den Aufstieg in den Fußballhimmel der Champions League durch den heimischen Udinese Calcio, dann bietet die Loggia eine ideale Bühne und der Platz wird zum brodelnden Hexenkessel, in dem gefeiert wird, bis den hier residierenden Giganten Herkules und Kakus die steinernen Köpfe dröhnen.

Als Versammlungsort fungierte er schon im Mittelalter und er war darüber hinaus Marktplatz – wohl auch für Wein, denn „Piazza del Vino“ ist neben der Bezeichnung „Piazza del Comun“ einer seine alten Bezeichnungen. Erst seit 1530 sieht die Piazza so aus wie heute. Ein schweres Erdbeben – keine Seltenheit im Friaul und durchaus keine Erscheinung der historischen Vergangenheit, wie uns 1976 die Katastrophe im Kanaltal schmerzlich bewiesen hat – hatte 1511 große Verwüstungen angerichtet und auch den Vorzeigeplatz Udines schwer in Mitleidenschaft gezogen.

Die Stadtväter, zu jenen Zeiten in Venedigs Diensten, machten sich also an die Wiederherstellung. Mit dem Torre dell’Orologio begann die Neugestaltung. Er ersetzte einen mittelalterlichen Turm der Stadtmauer und präsentiert an seiner Front stolz den Markuslöwen, der ursprünglich sogar vergoldet und ein deutlicher Hinweis darauf war, wer in Udine das Sagen hatte. Vor dem blauen Himmel der Stadt macht sich das himmelblaue Ziffernblatt der Turmuhr äußerst dekorativ, und wenn die Sonne einmal nicht scheint, so strahlt immer noch die goldene Sonne im Zentrum des schönen Zeitmessers. Die Glocke hängt ungeschützt am Dach des Turms, wo sie von zwei dunkelhäutigen Gesellen zeitgerecht zum Ertönen gebracht wird. Der Turm scheint aus der luftigen Loggia di San Giovanni emporzuwachsen, aus der sich die Kuppel der Cappella di San Giovanni erhebt, heute eine Gedenkstätte für Gefallene.

Die elegante venezianische Loggia del Lionello gegenüber bildet das Gegengewicht dazu – sie ist das älteste Monument am Platz, ihr Bau wurde 1448 begonnen. Dieser Palazzo Comunale (ehemaliges Rathaus) gilt als Meisterwerk venezianischer Gotik und ist einen genaueren Blick wert.

Loggia del Lionello: Ein Schmuckstück vom Goldschmied


Vielleicht liegt der Grund für die Filigranität des Bauwerkes darin, dass es ein Goldschmied entworfen hat? Nicolò Lionello hieß der gute Mann, dem Udine dieses Schmuckstück zu verdanken hat, und so lautet auch der offizielle Name des prächtigen Palazzos. Lionello stammte aus der Stadt und war Architekt, vor allem aber mit Leib und Seele Goldschmied, mit einer Werkstätte in der Via Mercatovecchio – und er hatte schon für einige Kirchen und Klöster kostbare Goldschmiedearbeiten geliefert. Sein Entwurf fand nach langwierigen Diskussionen die Zustimmung der Stadtväter und so wurde dieser unter der Leitung eines Udineser...

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