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Über die Sprache der Tiere - eine Revision älterer und neuerer Forschungsliteratur

eine Revision älterer und neuerer Forschungsliteratur

AutorSilke Labudda
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2005
Seitenanzahl107 Seiten
ISBN9783638390002
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis27,99 EUR
Magisterarbeit aus dem Jahr 2005 im Fachbereich Philosophie - Theoretische (Erkenntnis, Wissenschaft, Logik, Sprache), Note: 1,8, Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover (Philosophisches Seminar), 24 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Über die Sprache der Tiere - Eine Revision älterer und neuerer Forschungsliteratur So selbstverständlich die Sprache am menschlichen Leben zu haften scheint, so problematisch stellt sich die Frage dar, ob die Sprache als ein rein menschliches Vermögen zu betrachten sei, oder ob andere Lebewesen auch über etwas verfügen, das sich als Sprache bezeichnen ließe. Schließlich ist offensichtlich, daß auch tierisches Leben durchaus über Laute verfügt, und daß Tiere derselben Spezies auch in der Lage sind, sich einander mitzuteilen. Obwohl diese Tatsachen mittlerweile aufgrund von Forschungsergebnissen eindeutig zu erkennen sind, tut man sich schwer damit, eine 'Tiersprache' anzuerkennen. Stattdessen gilt die Sprache als ausschließlich menschliches Merkmal, welches der Tierwelt vorenthalten bleibt. Was aber unterscheidet die lautlichen Äußerungen der Tiere von der Sprache der Menschen, so daß letzteren eine vollständige Sprache, ersteren aber nur unartikulierte Gefühlsausdrücke oder allenfalls primitive Verständigungssysteme zugesprochen werden? Welche Unterschiede lassen sich anhand älterer sowie neuerer philosophischer und naturwissenschaftlicher Werke feststellen? Oder existieren auch grundlegende Gemeinsamkeiten, die letztendlich vielleicht doch die Bezeichnung 'Sprache der Tiere' rechtfertigen können ? Im Rahmen meiner Magisterarbeit werde ich mich mit den eben genannten Fragen beschäftigen und unter Berufung auf diverse (ältere und neuere) Autoren verschiedene Ansätze zur Behandlung dieses Themas darstellen. Besonders (sprach-)philosophische und anthropologische, aber auch biologische Faktoren sollen dabei Berücksichtigung finden. Demzufolge möchte ich besonders folgende Punkte abhandeln: - Wie kann (menschliche) Sprache definiert werden? Welche Funktionen erfüllt sie? - Wo liegen generell die Grenzen zwischen Mensch und Tier? Wie wurde diese Thematik in der Geschichte behandelt? Inwiefern haben sich die Ansätze verändert? - Worin unterscheidet sich die 'Sprache' der Tiere von der menschlichen Sprache ? Welche Gemeinsamkeiten lasen sich finden? Kann man letztendlich von einer tatsächlichen 'Sprache der Tiere' sprechen? - Wie entwickelte sich der Mensch aus einem ursprünglich tierischen Urzustand in ein sprachbegabtes Wesen ? Welche Voraussetzungen (geistiger und biologischer Art) waren dazu nötig?

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Leseprobe

3.) Die Grenzen zwischen Mensch und Tier


a) Betrachtungen zu den Grenzen zwischen Mensch und Tier in der abendländischen Kultur


Wenn man die Frage nach einer Sprache der Tiere stellt, wird schnell klar, daß diese Frage nur ein Teil eines wesentlich komplexeren Themengebietes ist. Dabei werden nicht nur sprachphilosophische Probleme berührt, sondern auch, viel allgemeiner, das Verhältnis zwischen Mensch und Tier und die menschliche Identität selber. Schließlich wurde (und wird) die Sprache von der Mehrheit als eine rein menschliche Eigenschaft angesehen – die Annahme, auch die Tiere hätten so etwas wie Sprache, führt zwangsläufig dazu, daß das menschliche Dasein und dessen Unterschiede und Gemeinsamkeiten mit der Tierwelt erneut genauer betrachtet werden müssen. Damit einhergehend führt die Frage nach der Tiersprache letztendlich auch zu der Frage, wie viel Intelligenz man den Tieren überhaupt zusprechen will und kann, ohne dabei die Grenzen zwischen menschlichem und tierischem Leben zu überschreiten oder die besondere Stellung des Menschen anzutasten.

 

Aufgrund dieser Problematiken werde ich meine Arbeit nicht sofort mit Überlegungen bezüglich der Sprache beginnen, sondern zunächst darlegen, wie das Verhältnis von Mensch und Tier in der abendländischen Kultur betrachtet wurde bzw. noch immer wird. Dies erscheint mir sinnvoll, um zu verdeutlichen, welche weitreichenden Hintergründe sich hinter der Frage nach einer Tiersprache verbergen.

 

Daß es auf der Welt unbelebte Gegenstände, Pflanzen, Tiere und Menschen gibt, weiß jedes Kind mit Sicherheit zu sagen. Diese simpel klingende Einteilung ist selbstverständlich kein Produkt neuerer Zeit. Bereits Aristoteles unterschied zwischen dem vernunftbegabten Menschen, den empfindsamen Tieren und den zwar lebenden, aber nicht empfindenden Pflanzen[47] und stellte auf diese Weise scheinbar eindeutige graduelle Abstufungen dar. Der Mensch steht an der Spitze, ist allem (Leben und Nicht – Leben) übergeordnet und ist demnach von allen anderen in der Welt befindlichen unterschieden.

 

Worin aber liegen die tatsächlichen Unterschiede zwischen Mensch und Tier, die uns alles nicht – menschliche, tierische Leben als „Tier“, den Menschen aber in Abgrenzung dazu als „Mensch“ bezeichnen lassen, obwohl uns die Forschung doch gelehrt hat, daß der Mensch biologisch gesehen ein Primat, also ein Affe, ein Tier, ist ? Und welche Rolle spielt dabei die Sprache ? Ist sie ein Faktor, der die Verschiedenheit des Menschen von den Tieren betont oder gar ausmacht, oder ist sie vielleicht doch eine alle (tierischen und menschlichen) Lebewesen verbindende Gemeinsamkeit ? 

 

Vorab müssen einige klärende Worte zu den Begriffen gesagt werden. Zwar wird die Bezeichnung „Tier“ dem Ganzen des tierischen Lebens ebenso wenig gerecht, wie „Mensch“ der gesamten Menschheit oder „Sprache“ der Ganzheit dessen, was Sprache bedeuten kann. Es ist jedoch notwendig, solche Allgemeinbegriffe zu verwenden, um überhaupt sinnvolle Überlegungen anstellen zu können. In diesem Sinne werde ich zunächst, wie ich an späterer Stelle auch die Begriffe „Sprache“ und „Mensch“ verwenden werde, verallgemeinernd von „dem Tier“ oder „den Tieren“ sprechen. Gemeint ist jede nicht – menschliche, tierische Lebensform[48].

 

Daß der Mensch eindeutig und sogar grundsätzlich von den Tieren unterschieden sei, schien in früheren Zeiten im abendländischen Denken wesentlich einfacher zu beantworten zu sein, als es heute der Fall ist[49]. Heutzutage mag eine solch deutliche Abgrenzung nicht jedem sofort einleuchten. Die Fragen, die ich eingangs stellte, wagte früher jedoch niemand zu fragen, selbst wenn er sie heimlich gedacht hätte. Denn es stand außer Frage, daß der Mensch dem Tier überlegen, ihm übergeordnet sei. Schließlich lehrt die Bibel, daß der Mensch geschaffen wurde als imago dei, als Abbild Gottes, und diese Ehre kam nur ihm zuteil, nicht etwa den Tieren, denen der Mensch durch Gottes Willen in jeder Hinsicht überlegen sein sollte. In diesem Zusammenhang sehr bekannt ist die Aufforderung Gottes an den Menschen, er sollte sich die Erde untertan machen[50] – wenn man so will, eine religiös begründete Bestätigung der menschlichen Vormachtsstellung.

 

Auch in der Philosophie wurde die Sonderstellung des Menschen betont, was sich hierzulande zu einem Teil durch den Einfluß des christlichen Glaubens begründen lässt[51]. Das biblische Menschenbild ließ keine Betrachtungen zu, die den Menschen auch nur annährend mit den Tieren verglichen oder ihn gar in verwandtschaftliche Beziehungen mit ihnen setzten[52]. Dabei schienen die biologischen Unterschiede weniger bedeutsam zu sein, als die geistigen. Häufig verband sich mit dem religiös - philosophischen Menschenbild die Annahme, nur der Mensch hätte als einziges Lebewesen eine Seele, die ihn dann natürlich erneut von den Tieren abhob. Thomas von Aquin beispielsweise sprach den Tieren zwar eine eigene Art der Seele zu, die anima sensitiva, die aber nur zur Empfindung, nicht etwa zum Denken oder gar zum Weiterbestehen nach dem Tod fähig sei[53]. Martin Luther dagegen glaubte entgegen der populären Ansichten, daß jedes Lebewesen eine Seele hätte, die nach dem Tode sogar in den Himmel komme[54], was, wie man sich denken kann, eher eine Ausnahme im zeitgenössischen Denken darstellt.

 

Noch wesentlich stärker als die Seele wurde (und wird) der Geist des Menschen als gänzlich von dem des Tieres unterschieden angesehen. Insbesondere seitdem die biologischen Grenzen zwischen Mensch und Tier ihre Unumstößlichkeit verloren und stattdessen mehr und mehr Gemeinsamkeiten offensichtlich wurden, wurde der Geist zu dem eigentlich unterscheidenden Merkmal.

 

Der Mensch verfügt, über Verstand und Vernunft. Beide Fähigkeiten kommen exklusiv und ausschließlich dem  Menschen zu. Tieren wird dagegen unterstellt, sie hätten keinerlei Fähigkeit zu vernünftigem Nachdenken, zur Einsicht oder zu daraus resultierenden bewussten Handlungen. Der Intellekt, der dem Menschen eben diese Tätigkeiten ermögliche fehle den Tieren gänzlich. Descartes beispielsweise schreibt, die Tiere hätten nicht nur weniger, sondern überhaupt keine Vernunft, und ihren Handlungen liege keinerlei Geist zugrunde[55]. Die Handlungen der Tiere entstünden aufgrund von Trieben und Instinkten, die sie eben zu Tieren machten[56]. Der Intellekt und die Vernunft (und auch die Sprache, die aus ebensolchen geistigen Fähigkeiten resultierte) hingehen seien ausdrückliche Merkmale des Menschen, die diesen somit unüberbrückbar von den Tieren unterschieden.

 

Infolge dieser Überlegungen wurden den Menschen lange Zeit triebgesteuerte Handlungen abgesprochen bzw. sollten diese durch vernünftiges Denken und Handeln unterdrückt oder gar ersetzt werden. Die Triebe hingegen sollten den Tieren zukommen und somit einen deutlichen Unterschied zwischen menschlichem und tierischem Leben bezeichnen. Es war Sigmund Freud, der diese Vorstellungen zunichte machte, indem er das menschliche Leben von Geburt an von Trieben beeinflußt sah, gegen die auch Vernunft und Intellekt machtlos waren. Die Leugnung der menschlichen Triebe und Instinkte ließ sich durch den Einfluß der Psychoanalyse nicht weiter aufrecht erhalten; diese Grenze zwischen Mensch und Tier war gefallen[57].

 

Nicht nur Religion und Philosophie, sondern auch die Naturwissenschaften lehnten es zunächst ab, die Grenzen zwischen Tier und Mensch genauer zu untersuchen und ursprüngliche Annahmen und Überzeugungen zu überwerfen. Zwar gab es unter anderem bereits bei Aristoteles gewisse rudimentäre Erkenntnisse über Ähnlichkeiten der menschlichen und tierischen Körper[58]; es sollte aber Jahrtausende dauern, bis diese Ähnlichkeiten und Verwandtschaftsbeziehungen, die uns heute geläufig sind, genauer erforscht und auch akzeptiert wurden.

 

Auch hier spielte zunächst das religiöse Menschenbild eine bedeutsame Rolle. In einer Zeit, in der der Glaube an (in meiner Betrachtung vornehmlich christlichen) Gott und die Integration der Religion in das tägliche Leben wesentlich ausgeprägter und selbstverständlicher war, als es heute der Fall ist, konnte die Behauptung, der Mensch, der Höhepunkt der göttlichen Schöpfung, sei verwandt mit den niederen und triebhaften Tieren, nur auf Ablehnung stoßen. Thesen, die derartiges vermuteten, wurden als Gotteslästerung verurteilt oder als unhaltbar abgetan.

 

Erst im Jahre 1859 gelang es Charles Darwin, die schon länger vermuteten Annahmen zu beweisen und an die Öffentlichkeit zu bringen. Darwin hatte erkannt und konnte beweisen, daß die Entstehung des Lebens nicht so vor sich gegangen war, wie es das Alte Testament schilderte, sondern daß in Wahrheit alles Leben aus demselben natürlichen (nicht göttlichen) Ursprung hervorgegangen war. Im Verlauf der Evolution hatten sich die verschiedenen Arten durch Selektion und Mutationen auseinander entwickelt. Am Ende stand schließlich jene Erkenntnis, die das Menschenbild für immer verändern sollte : „Der Mensch stammt vom Affen ab !“[59]

 

Das jüdisch - christliche Menschenbild wurde im folgenden immer weiter entmythologisiert und durch das wissenschaftliche ersetzt, denn je weiter die Forschung auf diesem Gebiet fortschritt, desto weniger konnte man die Tatschen leugnen. Der Mensch war nicht von Gott als dessen Ebenbild auf die Erde...

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