Sie sind hier
E-Book

Über jeden Bach führt eine Brücke

Geschichten aus meinem Leben

AutorOlaf Köhne, Peter Käfferlein, Stefanie Hertel
VerlagHeyne
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl304 Seiten
ISBN9783641217815
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis3,99 EUR
Star auf der Showbühne, Naturkind im Herzen
Seit ihrem vierten Lebensjahr steht sie bereits auf der Bühne. Mit ihrem Charme, ihrem Temperament und ihrer Musik eroberte Stefanie Hertel die Herzen eines Millionenpublikums, ohne ihre Wurzeln jemals zu vergessen. Sie erzählt von ihren Erfolgen, lässt aber auch Erinnerungen an ihr Leben in der DDR, ihre Kindheit und vor allem an ihre Großmutter wiederaufleben, die im Alter als 'Selbstversorgerin' in einem Häuschen im Wald lebte. Von ihr hat sie die Bodenhaftung und die Liebe zur Natur - und eine gute Portion Lebensweisheit.

Stefanie Hertel, geboren 1979 im Vogtland, ist Schlager- und Volksmusiksängerin sowie Moderatorin mit eigenen TV-Shows. Mit ihrem Song 'Über jedes Bacherl geht a Brückerl' gewann sie im Alter von zwölf Jahren den 'Grand Prix der Volksmusik'. 2018 feiert sie ihr fünfunddreißigjähriges Bühnenjubiläum. Sie engagiert sich für soziale Belange, u.a. mit ihrem Verein Stefanie Hertel hilft e.V., und ist Botschafterin des Deutschen Tierschutzbundes. Stefanie Hertel ist verheiratet und lebt mit ihrer Familie im Chiemgau.

Kaufen Sie hier:

Horizontale Tabs

Leseprobe

Die Welt von oben

Ein Leben ohne Berge ist für mich undenkbar. Anders gesagt, ich bin eine echte Bergziege! Das Mittelgebirge des Vogtlands, in dem ich aufwuchs, seine sanften, grünen Hügel, das nahe Erzgebirge, diese einzigartig schöne Landschaft prägte mich, sie ist Teil meiner Kindheit und Jugend. Als ich meine Heimat verließ, blieb ich den Bergen treu – nur höher sind sie geworden. Seit einigen Jahren nämlich lebe ich im Chiemgau, im weiten Achental, umgeben von massiven Gebirgszügen. Die Hochplatte, der Hochgern, der Hochfelln und der Geigelstein flankieren unser Tal und geben eine majestätische Kulisse ab.

Wie heißt es doch immer so schön? »Auf der Alm, da gibt’s koa Sünd.« Ja, in der Tat, in der Welt der Berge ist wirklich alles ganz besonders. Ohne Sünd’, das nun vielleicht nicht. Eines aber weiß ich: Hier ticken die Uhren anders, und hier empfinde ich auch anders. Auf dem Gipfel bekommt man einen Weitblick für das Leben, und alle Sorgen, die man auf dem Buckel aus dem Tal mit nach oben schleppt, werden mit jedem Schritt ein bisschen kleiner. Wenn ich einmal ein richtig arges Problem habe und in meinem Büro festsitze und bei mir denke, Scheibenkleister, jetzt geht gerade gar nichts, das ist völlig aus dem Ruder gelaufen, dann könnte ich mich hinhocken und losheulen, stattdessen aber ziehe ich mir meine Laufschuhe an, gehe nach draußen und wandere den Berg hinauf, an dessen Fuß ich das Glück habe zu leben. So weit und hoch es nur geht, laufe ich, bis ich völlig aus der Puste bin. Ganz mit mir allein. Und wenn ich dort ganz oben stehe, schaue ich nach unten und denke mir, wie klein ist doch die Welt und wie klein sind manche Probleme. Wie nichtig sind meine Sorgen und Nöte angesichts der Größe dieser Welt und der Schönheit der Natur!

So erging es mir einmal, als ich – vor vielen Jahren – in meinem Büro saß und einen Anruf meines damaligen Managements erhielt, in dem man mir mitteilte, dass der Konzertveranstalter, mit dem wir gerade noch eine Tournee gemacht hatten, pleitegegangen war und er nun die ausstehenden Gagen nicht zahlen konnte. Band und Technikfirma hatten den Vertrag aber mit mir geschlossen, und somit stand ich in der Pflicht, ohne jedoch die Zahlungen des Veranstalters zu erhalten. Es ging damals um einen Betrag in sechsstelliger Höhe. Ich war völlig am Ende und wusste nicht mehr weiter. Bevor ich mir aber lang und breit den Kopf zerbrach, beschloss ich kurzerhand, mir meine Wanderschuhe anzuziehen. Ich marschierte los. Immer bergauf. Wie ein Mantra habe ich dabei vor mich hergesagt: »Ich bin frei, ich bin gesund, ich habe keine Probleme.« Als ich zu einer Stelle kam, an der die Aussicht besonders grandios war, setzte ich mich hin und beobachtete die Welt von oben. Wie unwichtig hier an diesem Ort meine Geldsorgen erschienen. Bloß nicht unterkriegen lassen, das wird schon, dachte ich mir. Nach einiger Zeit stieg ich gestärkt und vollen Mutes wieder hinab und konnte das Problem anpacken. Band und Techniker bezahlten wir aus eigener Tasche, das war selbstverständlich, fühlten wir uns doch für unser Team verantwortlich. Und mit unserem Veranstalter fanden wir schließlich auch eine gütliche Lösung, er beglich seine Schulden im Laufe der Zeit nach und nach. Am Ende ging es sich also aus. Wieder einmal hatte es sich gezeigt, dass man nicht aufgeben darf, dass es immer weitergeht, ja dass über jeden Bach eine Brücke führt …

Den Blick auf das Wesentliche zu richten, das habe ich durch das Leben in den Bergen erfahren. Ich habe gelernt, mich von außen zu beobachten. Egal, wo ich gerade bin. Wenn ich eine unschöne Situation erlebe oder mich nicht gut fühle und keinen Ausweg sehe, schließe ich einfach die Augen und stelle mir vor, ich wäre in dem Moment oben auf meinem Gipfel und würde mich selbst aus großer Entfernung betrachten. Das ist sehr spannend: Wie klein bin ich selbst, wie klein sind meine Probleme? Wie unwichtig bin ich in dem großen Ganzen! Ich will gar nicht behaupten, dass auf diese Weise alle Schwierigkeiten verschwinden. So einfach ist es leider auch nicht. Aber es gelingt mir, sie aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten – und das allein ist oft eine große Hilfe.

Vor einigen Jahren bekamen mein Mann Lanny und ich die tolle Gelegenheit, uns bei lieben Freunden auf einer Alm einzumieten. Seitdem fahren wir mehrfach im Jahr dorthin. Für Johanna, meine mittlerweile sechzehnjährige Tochter, für Lanny und mich sind die Tage in den Bergen wunderbare kleine Fluchten aus unserem hektischen Alltag. Denn Lanny ist, ebenso wie ich, Musiker. Mit Leib und Seele. Unsere Terminkalender sind randvoll, und das ganze Jahr über sind wir ständig unterwegs. Nirgendwo sonst können wir, wenn wir die Gelegenheit haben, so gut abschalten wie auf der Alm. Die Zeit, die wir hier miteinander verbringen, ist immer sehr intensiv. Denn das Leben ist einfach und ursprünglich. Man ist durch nichts abgelenkt. Das »Runterkommen« beginnt schon mit dem Aufstieg. Die Alm liegt ziemlich weit ab vom Schuss, auf einer Höhe von etwa vierzehnhundert Metern. Man erreicht sie nicht mal eben so und ist auch nicht ganz schnell wieder weg. Mit dem Auto fahren wir etwa eine Stunde lang aufwärts. Im Winter muss man zu Fuß gehen, mit Schneeschuhen oder Tourenski, und je nach Fitnesszustand braucht man etwa zwei bis drei Stunden. Alles, was wir auf der Alm benötigen, müssen wir selbst hochschleppen. Weniger ist also mehr. Mit jedem Meter, den wir nach oben gehen, lassen wir aber auch ein Stück unserer Sorgen hinter uns und bekommen den Kopf frei.

Die Natur in den Bergen – sie ist so einzigartig schön. Jeder, der schon einmal in den Alpen unterwegs war, weiß, was ich meine. Wenn wir auf der Alm sind, leben wir mit der Natur und möglichst auch von ihr. Ein Beispiel: Sobald ich oben angekommen bin, das ist ein kleines lieb gewonnenes Ritual, suche ich auf den umliegenden Wiesen die Zutaten für meinen Almkräutertee. Nirgendwo sonst auf der Welt schmecken die Wildkräuter besser als hier, so intensiv und kräftig. Für meinen Tee benötige ich eine Menge verschiedener Kräuter: Brennnessel, Bergminze, Schlüsselblume, Huflattichblüten, Huflattichblätter, Weißdornblätter, Holunderblüten, Brombeerblätter, Himbeerblätter, Johanniskraut, Taubnessel, Wilder Thymian, Schafgarbe und Gundermann. Diese Mischung – pro Tasse einen Esslöffel davon mit kochendem Wasser aufgießen und zehn Minuten ziehen lassen – erzeugt nicht nur eine Geschmacksexplosion im Mund, sie wirkt auch kräftigend, heilend und beruhigend auf den Körper. Eine Wohltat.

Wenn wir dann auf dem Berg übernachtet haben und uns am nächsten Morgen in aller Herrgottsfrüh die Sonne ins Zimmer strahlt, geht mir das Herz auf. Ich spüre die Wärme, auch wenn es noch fröstelig kalt ist, in diesen Momenten bin ich einfach nur glücklich. Vor nicht langer Zeit bin ich mit zwei guten Freundinnen für ein paar Tage auf die Alm gegangen. Wir hatten uns fest vorgenommen, einmal den Sonnenaufgang ganz oben auf dem Gipfel zu erleben. Früh um fünf Uhr, es war noch dunkel, sind wir losmarschiert, das letzte Stück des Weges ist steil und man muss gut achtgeben, denn rechts geht es Hunderte Meter tief nach unten. Nichts für Leute mit Höhenangst und schwachen Nerven. Im Winter, wenn meterhoch der Schnee liegt und die Wege vereist sind, hätten wir uns nicht allein da hoch gewagt. Als wir jetzt aber den Aufstieg wohlbehalten bewältigt hatten, hockten wir uns erschöpft, aber selig neben das mächtige schmiedeeiserne Gipfelkreuz – und warteten geduldig. Und wir sahen, wie die Sonne über den Berggipfeln aufging und der Tag ganz langsam erwachte. Uns fehlten die Worte ob dieser Schönheit und Naturgewalt. Wir saßen dort, schwiegen und genossen die Einzigartigkeit des Moments.

In den ersten Jahren, als wir auf die Alm fuhren, waren wir völlig abgeschnitten von jeglicher Kommunikation, es gab keinen Handy-Empfang, Internet schon gar nicht. Mittlerweile hat sich das geändert. Inzwischen kann man mit etwas Glück ab und an eine Nachricht verschicken, aber nur von einer bestimmten Position aus, an einem Fenster der Hütte, dort zeigt das Handy einen kleinen Balken im Display an. Manchmal denke ich mir, eigentlich war es schöner, als wir noch unerreichbar waren. Wie abhängig sind wir doch von unseren WhatsApp-Gruppen und den Breaking News der Online-Dienste! Niemand ist perfekt, und wenn man Netz hat, dann nutzt man es. Ja, ich gebe es zu: Ich tue es auch! Aber ich versuche wenigstens – ich gebe mir wirklich echt Mühe –, mich zu disziplinieren und einzuschränken. Also mache ich das Handy für ein paar Tage ganz aus, wenn wir auf der Alm sind. Und wenn ich es dann wieder einschalte, na, dann poppen hunderttausend Nachrichten auf …

Für den Winter ist die Almhütte nicht wirklich ausgebaut. Die Zimmer sind unbeheizt, und nachts wird es klirrend kalt. Ein paar Tage bei Schnee und Frost auszuharren, grenzt schon an ein kleines Abenteuer. Hält uns das ab? Nein, im Gegenteil. Über Silvester haben wir es mal ganze vier Tage lang ausgehalten. Tagsüber machten wir Schneewanderungen und Skitouren, und abends richteten wir uns gemütlich am Lagerfeuer ein. Der Herd, auf dem wir kochen, wird mit Holz – selbst gehackt versteht sich – eingeheizt. Dann gibt es einen deftigen Kaiserschmarren oder Kasspatzn und dazu meinen selbst gebrauten Nuss-Schnaps. Der darf nicht fehlen – natürlich allein der Kälte wegen …

Die Almhütte entspricht absolut nicht dem Klischee eines schicken Bergchalets, wie man es aus exklusiven Reiseprospekten kennt. Aber genau das macht für uns ihren Charme aus. Ich mag es am liebsten ganz einfach und...

Blick ins Buch

Weitere E-Books zum Thema: Biografie - Autobiografie

Klartext.

E-Book Klartext.
Für Deutschland Format: ePUB/PDF

Streitbarer Querulant, umstrittener Politiker, Nervensäge, wandelndes Medienereignis - all das und mehr ist Jürgen Möllemann. Nach langem Schweigen redet das Enfant terrible der deutschen Politik zum…

Klartext.

E-Book Klartext.
Für Deutschland Format: ePUB/PDF

Streitbarer Querulant, umstrittener Politiker, Nervensäge, wandelndes Medienereignis - all das und mehr ist Jürgen Möllemann. Nach langem Schweigen redet das Enfant terrible der deutschen Politik zum…

Klartext.

E-Book Klartext.
Für Deutschland Format: ePUB/PDF

Streitbarer Querulant, umstrittener Politiker, Nervensäge, wandelndes Medienereignis - all das und mehr ist Jürgen Möllemann. Nach langem Schweigen redet das Enfant terrible der deutschen Politik zum…

Klartext.

E-Book Klartext.
Für Deutschland Format: ePUB/PDF

Streitbarer Querulant, umstrittener Politiker, Nervensäge, wandelndes Medienereignis - all das und mehr ist Jürgen Möllemann. Nach langem Schweigen redet das Enfant terrible der deutschen Politik zum…

Klartext.

E-Book Klartext.
Für Deutschland Format: ePUB/PDF

Streitbarer Querulant, umstrittener Politiker, Nervensäge, wandelndes Medienereignis - all das und mehr ist Jürgen Möllemann. Nach langem Schweigen redet das Enfant terrible der deutschen Politik zum…

Klartext.

E-Book Klartext.
Für Deutschland Format: ePUB/PDF

Streitbarer Querulant, umstrittener Politiker, Nervensäge, wandelndes Medienereignis - all das und mehr ist Jürgen Möllemann. Nach langem Schweigen redet das Enfant terrible der deutschen Politik zum…

Sigmund Freud

E-Book Sigmund Freud
Format: PDF

Wer war Sigmund Freud wirklich? Wie war der Mann, der in seiner Ordination in der Wiener Berggasse der Seele des Menschen auf die Spur kam? Und welche Rolle spielte dabei die weltberühmte Couch…

Sigmund Freud

E-Book Sigmund Freud
Format: PDF

Wer war Sigmund Freud wirklich? Wie war der Mann, der in seiner Ordination in der Wiener Berggasse der Seele des Menschen auf die Spur kam? Und welche Rolle spielte dabei die weltberühmte Couch…

Sigmund Freud

E-Book Sigmund Freud
Format: PDF

Wer war Sigmund Freud wirklich? Wie war der Mann, der in seiner Ordination in der Wiener Berggasse der Seele des Menschen auf die Spur kam? Und welche Rolle spielte dabei die weltberühmte Couch…

Weitere Zeitschriften

bank und markt

bank und markt

Zeitschrift für Banking - die führende Fachzeitschrift für den Markt und Wettbewerb der Finanzdienstleister, erscheint seit 1972 monatlich. Leitthemen Absatz und Akquise im Multichannel ...

küche + raum

küche + raum

Internationale Fachzeitschrift für Küchenforschung und Küchenplanung. Mit Fachinformationen für Küchenfachhändler, -spezialisten und -planer in Küchenstudios, Möbelfachgeschäften und den ...

ea evangelische aspekte

ea evangelische aspekte

evangelische Beiträge zum Leben in Kirche und Gesellschaft Die Evangelische Akademikerschaft in Deutschland ist Herausgeberin der Zeitschrift evangelische aspekte Sie erscheint viermal im Jahr. In ...

IT-BUSINESS

IT-BUSINESS

IT-BUSINESS ist seit mehr als 25 Jahren die Fachzeitschrift für den IT-Markt Sie liefert 2-wöchentlich fundiert recherchierte Themen, praxisbezogene Fallstudien, aktuelle Hintergrundberichte aus ...

Eishockey NEWS

Eishockey NEWS

Eishockey NEWS bringt alles über die DEL, die DEL2, die Oberliga sowie die Regionalligen und Informationen über die NHL. Dazu ausführliche Statistiken, Hintergrundberichte, Personalities ...