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E-Book

Übertragungsmöglichkeiten des Toyota Production System auf den Prozess der Kreditsachbearbeitung

AutorStefan Scheib
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2005
Seitenanzahl77 Seiten
ISBN9783638444682
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis23,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2005 im Fachbereich BWL - Investition und Finanzierung, Note: 1,3, Universität Siegen, 120 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Im Kreditgeschäft der deutschen Bankenlandschaft sind Umstrukturierungen nötig, da es im Vergleich zu internationalen Konkurrenzinstituten wenig effizient und profitabel ist. Ein Beispiel an Effizienz - und gleichzeitig hoher Qualität/Kundenzufriedenheit - stellt dagegen das aus der japanischen Automobilindustrie stammende 'Toyota Production System' (TPS) dar, welches bereits erfolgreich auf die Arbeitsabläufe von Industrieunternehmen anderer Branchen übertragen worden ist. Ziel dieser Arbeit ist die Erörterung der Frage, warum ein solcher Transfer des TPS auch auf Dienstleistungsunternehmen - wie es die Kreditinstitute sind - möglich ist und wie diese Übertragung speziell im Prozess der Kreditsachbearbeitung aussehen kann.

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Leseprobe

3 Das Toyota Production System


 

3.1 Entstehungsgeschichte und Elemente des klassischen Toyota Production System


 

3.1.1 Produktion kleinerer Losgrößen


 

In der Massenproduktion wurden für die Herstellung von Teilen verschiedene Stahlpressen verwendet, die darauf ausgerichtet waren, große Stückzahlen zu produzieren. Toyotas möglicher Absatz beschränkte sich hingegen auf nur wenige Fahrzeuge, und das Finanzbudget zwang Ohno dazu, ein Automobil mit nur einer Presse herstellen zu können. Diese Umstände veranlassten ihn, die Werkzeuge regelmäßig zu wechseln, um so alle benötigten Press-Stahl-Teile für ein Automobil an dieser einen Presse herstellen zu können. Auch Modellwechsel ließen sich trotz der beschränkten Mittel mit dieser Methode problemlos bewerkstelligen. Die Werkzeugwechsel konnten durch sich stetig verbessernde Techniken von den Arbeitern selbst in immer kürzeren Rüstzeiten vollzogen werden, so dass keine weiteren Spezialisten benötigt wurden. Entgegen einer Hauptannahme der Massenproduktion von sinkenden Stückkosten bei ausschließlich wachsendem Produktionsvolumen, stellte Ohno fest, dass auf Grund fehlender Lagerbestände und eine direkt möglichen Qualitätskontrolle bzw. direkten Qualitätserzeugung, die Stückkosten bei kleineren Losgrößen geringer ausfielen als bei sehr großen. Durch die direkte Qualitätskontrolle von Arbeitern bei der Fertigung konnte auf eine solche Kontrolle, wie sie noch bei Ford am Ende der Fertigung durchgeführt wurde, verzichtet werden, so dass die hierarchischen Strukturen abflachten. Deshalb konnten Personal, Zeit, Arbeitsfläche und Kosten gespart werden. Allerdings erforderte diese Arbeitsweise im Gegensatz zur Arbeitsteilung qualifizierte und engagierte Arbeiter. Wie Kapitel 3.1.2 zeigt, nutzte Toyota die Gegebenheiten der damaligen Zeit dazu, das Bedürfnis nach diesen Arbeitskräften zu stillen.[25]

 

3.1.2 Mitarbeiterorientierung und kontinuierlicher Verbesserungs- prozess


 

Trotz wirtschaftlicher Krise um das Jahr 1946 waren japanische Firmeneigner durch gewerkschaftlichen Druck in der Möglichkeit Arbeiter zu entlassen stark eingeschränkt. Toyota schloss daraufhin einen Kompromiss, der neben teilweisen Entlassungen eine Beschäftigung auf Lebenszeit für die restlichen Mitarbeiter vorsah. Diese Vereinbarung mit strenger Koppelung der Entlohnung an die Betriebszugehörigkeit machte die Arbeiter aus betriebswirtschaftlicher Sicht zu einem Fixkostenblock mit langer Abschreibungsdauer. Ein legitimes Ziel von Ohno war es infolgedessen, aus dem Humankapital den größtmöglichen Nutzen zu ziehen. Da für ihn sowohl die körperlichen als auch die geistigen Fähigkeiten der Arbeiter wertvoll waren, kam es zur Aufhebung der Trennung von Kopf- und Handarbeit. Die Verantwortung und Motivation der Mitarbeiter wurde erhöht, indem sie – im Gegensatz zur klassischen Massenproduktion – in den gesamten Produktionsprozess eingebunden waren. Dazu bildete Toyota Teams aus, die aufgefordert wurden, in einem kollektiven Prozess (Qualitätszirkel) eine kontinuierliche Verbesserung für die Prozesse des gesamten Arbeitsablaufes zu finden, um damit die Verschwendung zu minimieren und die Konzentration auf die eigentliche Wertschöpfung zu lenken.[26] Insbesondere galt es, den Anteil der wertschöpfenden Arbeit an den Arbeitsbewegungen zu maximieren (Abbildung 2), indem man ,unnütze Bewegungen’ (z.B. überflüssige Transporte durch Umladen) und ,Arbeit ohne Mehrwert’ (z.B. Suche nach Werkstücken) vermied.[27] Unter ,wertschöpfender Arbeit’ wurden schließlich nur Arbeiten verstanden, die zur Veränderungen von Gestalt oder Charakter eines Produktes führten.[28]

 

 

Abb. 2: Inhalt von Arbeitsbewegungen nach Ohno[29]

 

Neben den überflüssigen Bewegungen identifizierte Ohno weitere Arten der Verschwendung in Form von Überproduktion, hohen Lagerbeständen, Wartezeiten, indirekten Transportwegen und der Herstellung fehlerhafter Produkte.[30]

 

3.1.3 Kooperation im Team und  Einführung eines Qualitätssicherungssystems


 

Das Anforderungsprofil an die Arbeiter stieg noch weiter, als um 1949 im Zuge einer gesunkenen Nachfrage die Auslastung der Maschinen nicht mehr gegeben und in Folge dessen nur ein Teil derer in Betrieb war. Um die Laufzeit der reduzierten Anzahl von betriebsbereiten Maschinen zu erhöhen und die Produktivität zu steigern, wurden die Arbeiter befähigt, mehrere Maschinen gleichzeitig zu bedienen.[31] Eine regelmäßige „Job-Rotation“[32] gewährleistete, dass alle Teammitglieder in die Arbeitsschritte anderer Mitarbeiter der Gruppe eingewiesen wurden. Während der laufenden Produktion konnte das erworbene übergreifende Wissen genutzt werden, einen Kollegen zu unterstützen, der einen Mangel entdeckt hatte, aber diesen nicht eigenständig beheben konnte. Das Signal zur Anforderung von Hilfe erfolgte durch eine blinkende Tafel (Andon-Tafel). Die schon in Abschnitt 3.1.1 angesprochene laufende Qualitätskontrolle wurde zu einem regelrechten „Qualitätssicherungssystem“[33] ausgebaut, das Qualität von Anfang an garantieren sollte. Ein Produktionsfehler war laut Ohno nicht nur sofort zu beseitigen, sondern es war auch notwendig, dessen Ursache zu ergründen und zu eliminieren. Die blinkende Andon-Tafel und die damit verbundene Anforderung von fremder Hilfe wurde dem verursachenden Arbeiter nicht als Schwäche angelastet, sondern machte die Stärke des Produktionssystems aus, in dem Unregelmäßigkeiten des Prozessablaufs direkt offengelegt wurden. Für den Fall, dass ein Mangel weder vom einzelnen Arbeiter noch mit Hilfe des Teams während der laufenden Produktion beseitigt werden konnte, waren die Arbeiter dazu berechtigt bzw. verpflichtet das Fließband zu stoppen, um so zu verhindern, dass fehlerhafte Leistungen innerhalb der Wertschöpfungskette weitertransportiert wurden, sich multiplizierten und am Ende schwerer behoben werden konnten, als bei sofortiger Vermeidung.[34] Die Übernahme von direkter Verantwortung durch die Mitarbeiter reduzierte die Fehlerproduktion. Ohno konnte durch die direkte Erzeugung von Qualität ein Problem des Fordismus beseitigen, das in nachlassender Arbeitssorgfalt der Mitarbeiter bestand, die auf das Entde-cken von Fehlern durch die Nachkontrolle vertrauten. Dieser Miss-Stand ließ sich in der damaligen arbeitsteiligen Produktionswirtschaft auch nicht durch Sanktionen beheben, da sie gleichbedeutend mit noch mehr Kontrollen waren und eine verhängnisvolle Spirale in Gang gesetzt hätten.[35] Mit zunehmender technologischer Entwicklung führte Toyota später ergänzend die ,autonome Automation’ ein. Bei diesem Prinzip wurde durch ein Zusatzgerät menschliche Intelligenz auf eine Maschine übertragen, die fortan dazu in der Lage war, anormale Situationen zu erkennen und bei fehlerhafter Produktion selbstständig zu stoppen.[36]

 

Neben der Job Rotation innerhalb der Teams erfolgte auch ein Wissensaustausch der einzelnen Arbeitsteams untereinander. So wurde die Bildung von isoliert nebeneinander arbeitenden ,operativen Inseln’ vermieden, die zwar den Teilvorgang optimal beherrschen, denen aber das Verständnis für den Gesamtzusammenhang des Prozess fehlt. Der Prozess konnte durch die Kenntnisse der Zusammenhänge deutlich effizienter gestaltet werden.[37]

 

Maßnahmen wie die Job-Rotation, die aktive Einbindung der Mitarbeiter in den Produktionsprozess sowie deren Übernahme von Verantwortung brachten nicht nur dem Arbeitgeber Vorteile, sondern waren auch für die Arbeitnehmer von Nutzen. So wurde das Arbeitsumfeld im Gegensatz zum Taylorismus der Monotonie enthoben, die Weitergabe von Kenntnissen und Fertigkeiten wurde forciert, durch häufigere Gespräche untereinander verbesserte sich das Betriebsklima und auf Grund ihrer vielseitigen Kenntnisse konnten die Mitarbeiter Probleme schneller identifizieren bzw. Verbesserungsvorschläge machen, was wiederum die eigene Arbeitssituation erleichterte.[38]

 

3.1.4 Just-in-time und Kanban


 

Wegen finanzieller Schwierigkeiten und auf Verlangen der Banken sollte Toyota im Jahre 1950 nur die Menge produzieren, die von Händlern bestellt wurde. Auf der Suche nach einem unternehmensinternen System, das die überhöhten Bestände weiter verringern konnte und seinem Bestreben nach der Reduzierung von Verschwendung gerecht wurde, entwarf Ohno das bis heute populäre Just-in-time-Prinzip.[39]

 

Bei diesem Prinzip der fertigungssynchronen Anlieferung wurden Materialbestände und somit Kapitalbindung minimiert, weil für die Produktion benötigte Teile zur rechten Zeit am Montageband eintrafen.[40] Voraussetzung für die Umsetzung war eine größtmögliche Produktionsnivellierung. Die Umsetzung des Just-in-time-Konzepts erfolgte mit Hilfe der Kanban-Produktionssteuerung.[41]

 

Den Kern des Kanban-Systems bildet die Gestaltung des Fertigungsbereiches in immer zwei technologisch...

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