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Umstrittene Repräsentation der Schweiz

Soziologie, Politik und Kunst bei der Landesausstellung 1964

AutorKoni Weber
VerlagMohr Siebeck
Erscheinungsjahr2014
ReiheHistorische Wissensforschung 1
Seitenanzahl374 Seiten
ISBN9783161531743
FormatPDF
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis79,00 EUR
Was kommt heraus, wenn sich mitten im Kalten Krieg ein von der Commedia dell'arte und Westschweizer Volksbräuchen inspirierter Theaterregisseur mit der IBM Schweiz zusammentut, um eine Live-Befragung des Publikums der Landesausstellung von 1964 durchzuführen, und zwar auf Basis eines soziologisch elaborierten Fragebogens aus der Feder von sozialanthropologisch geschulten Forscherinnen und Forschern aus Paris? Das Ergebnis ist ein handfester Politskandal, eine vom Schweizerischen Nationalfonds gekappte soziologische Studie, deren Rohmaterial sich schließlich der inzwischen berühmte Soziologe Luc Boltanski annimmt und darauf aufbauend seine erste Monographie verfasst, die 1966 unter dem Titel 'Le bonheur suisse' in Paris veröffentlicht wird. Koni Weber rekonstruiert die Entstehung, Entwicklung und Verwerfung einer soziologischen Gesellschaftsdeutung. Er verfolgt die diversen Phasen der soziologischen Umfrage von den Konzeptentwürfen über die Konstruktion des Fragebogens und die Stichprobenziehung bis hin zur statistischen Auswertung. Inspiriert durch das Postulat Bruno Latours' Wissenschaft in action zu analysieren, also bei jener Phase der Wissensproduktion genauer hinzuschauen, wo Fakten noch nicht abgesichert sind, fokussiert der Autor auf die epistemischen Praktiken, die wissenschaftlichen Kontroversen, die gesellschaftlichen Debatten und die medialen Skandalisierungen, die bei der Herstellung soziologischen Wissens zusammenspielen. Er schlüsselt die Heterogenität soziologischer Verfahren in den 1960er Jahren analytisch auf und beleuchtet ein Stück Schweizer Zeitgeschichte zwischen 1955 bis 1964 in wissenshistorischer Perspektive.

Geboren 1971; Studium der Soziologie, Sozial- und Wirtschaftsgeschichte und Ethnologie an der Universität Zürich; 1998 Lizentiat; seit 2002 an verschiedenen Projekten an der Universität Zürich beteiligt; ab 2005 Dissertationsprojekt; 2008-12 Mitglied des Graduiertenkollegs 'Geschichte des Wissens' der Universität Zürich und der ETH Zürich.

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Blick ins Buch
Inhaltsverzeichnis
Cover1
Dank6
Inhalt8
1 Einleitung12
1.1 Skandal auf der Landesausstellung12
1.2 Kontext und Erkenntnisinteresse15
1.3 Fragestellung und Untersuchungszeitraum22
1.4 Forschungsstand23
1.4.1 Sozial- und Kulturgeschichte der Nation23
1.4.2 Wissenschaftsgeschichte der Soziologie28
1.4.3 Geschichte der Schweiz und der Expo 6432
1.5 Ansatz und Theorien36
1.6 Quellen38
1.7 Aufbau der Arbeit40
2 Entwürfe44
2.1 Die Vorbereitung der Expo 6446
2.1.1 Achtung: die Schweiz47
2.1.2 Die Organisation der Expo 6452
2.1.3 Das Programm der Landesausstellung56
2.1.4 Der »Weg der Schweiz«60
2.2 Entwürfe der Sektion »Un jour en Suisse«68
2.2.1 Charles Apothéloz68
2.2.2 Mythologisch-technische Bausteine72
2.2.3 »Homo Helveticus« – sozialanthropologischer Theorierahmen75
2.2.4 Wissen statt Klischees: Das soziologische Forschungsdesign79
2.3 Gegenkonzepte und Kritik81
2.3.1 Streitpunkt Wissenschaftlichkeit82
2.3.2 Fundamentalkritik eines externen Soziologen85
2.3.3 Herausforderung durch die Marktforschung89
2.4 Fazit: Vielfältige »nationale Identität«92
3 Zwischen »Leviathan« und »Labor«: Die soziologische Repräsentationsweise des »Homo Helveticus«98
3.1 Repräsentation und Repräsentativität100
3.1.1 Repräsentation im politischen Feld102
3.1.2 Repräsentativität im sozialwissenschaftlichen Feld106
3.2 Die Ziehung einer repräsentativen Stichprobe115
3.2.1 Ein anspruchsvolles Auswahlverfahren116
3.2.2 Grundgesamtheit und Kontrollvariablen117
3.2.3 Verteilung von Merkmalen120
3.3 Der »objektive« Fragebogen124
3.3.1 »Nicht-gelenkte« Interviews und Quantifizierung124
3.3.2 Durchführung und Auswertung »nicht-gelenkter« Interviews126
3.3.3 Einen »objektiven« Fragebogen formulieren131
3.3.4 Dramaturgie des Fragebogens135
3.4 Fazit: Politische Effekte objektiver Repräsentation142
4 Kodieren/Dekodieren: Von der Umfrage zum Schlussbericht146
4.1 Performative Dynamiken im Interview149
4.1.1 Das Interview als Handlungsrahmen149
4.1.2 Schwankungen der »gleichschwebenden Aufmerksamkeit«153
4.1.3 Unterschiedliche Kriterien eines gelungenen Interviews155
4.1.4 Das Narrativ des Fragebogens156
4.1.5 Soziologische Objektivierung und der subjektive Faktor158
4.2 Die quantitative Auswertung der Umfrage161
4.2.1 Kodierung der Interviews161
4.2.2 Der Kodierungsschlüssel162
4.2.3 Maschinell kodieren und zählen165
4.3 Die Interpretationslogik quantitativer Aggregation168
4.3.1 Die Nation als ein »statistisches Kollektiv«168
4.3.2 Die Nationalität wechseln172
4.3.3 Das Interesse an Politik175
4.4 Das »neue Bild der Schweiz«178
4.4.1 Ein soziologischer Triumph über die Politik178
4.4.2 Soziologische Problematisierungen183
4.4.3 Die Inszenierung von »Un jour en Suisse«191
4.4.4 Der Schweizer Lebenszyklus192
4.5 Fazit: Kodieren/Dekodieren198
5 Konflikt – politische Reaktionen auf »Un jour en Suisse«204
5.1 Aus einem Fragespiel wird Ernst207
5.1.1 Der Eingriff des Bundesrates207
5.1.2 Änderungen am Fragespiel »Un jour en Suisse«212
5.1.3 Die Argumente des Bundesdelegierten Giger217
5.2 Demoskopie und Demokratie223
5.2.1 Die schweizerische Demoskopiediskussion224
5.2.2 Elitäre vs. plebiszitäre Perspektiven229
5.2.3 Die Volksumfrage von 1946230
5.3 Politische Intervention auf dem Terrain der Soziologie232
5.3.1 Soziologische Gutachten232
5.3.2 Gegenargumente der Arbeitsgruppe »Un jour en Suisse«240
5.4 Fazit: Widerstreit auf unsicherem Terrain242
6 Gullivers Weg an die mediale Öffentlichkeit250
6.1 Das Gulliverspiel auf der Expo253
6.1.1 Gullivers Thesen255
6.1.2 Der Tisch der Männer257
6.1.3 Spielraum durch Fiktionalisierung262
6.2 Der Medienskandal264
6.2.1 »Enquête sur une enquête«264
6.2.2 Mediale Reaktionen auf die Enthüllung270
6.2.3 Politik als Geheimklub272
6.2.4 Der Gulliverskandal im Lichte der Soziologie277
6.3 Die gescheiterte Publikation der Umfrage »Un jour en Suisse«286
6.3.1 Gesuch beim Nationalfonds286
6.3.2 »Un jour en Suisse« in Paris290
6.3.3 Loslösung von der Expo294
6.4 Le bonheur suisse – Luc Boltanskis erste Monographie295
6.4.1 Der Plot des Buches296
6.4.2 Eine unwahrscheinliche Ordnung299
6.4.3 Soziale Klassen und Nationalcharakter304
6.4.4 Das schweizerische Übel310
6.4.5 Eine Stimme von ausserhalb312
6.5 Fazit: Gegensätzliche Bilder der Schweiz316
7 Schlusswort320
7.1 Entwürfe322
7.2 Zwischen »Leviathan« und »Labor«323
7.3 Kodieren/Dekodieren325
7.4 Konflikt327
7.5 Gullivers Weg in die Öffentlichkeit329
Anhang334
Die Fragebogen der Umfrage »Un jour en Suisse«334
Der Fragebogen auf Französisch334
Der Fragebogen auf Deutsch339
Der Fragebogen des Gulliverspiels343
Vergleich der Fragebogen des Gulliverspiels343
Der Gulliver-Fragebogen auf Deutsch348
Bibliographie354
Quellen354
Archivquellen354
Gedruckte Quellen354
Darstellungen357
Personenregister366
Sachregister369

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