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E-Book

UND DANN KAM TETRIS

Wie Nintendo innerhalb eines Jahrzehnts den Videospielmarkt eroberte

AutorChristian Gehlen
VerlagCSW-Verlag
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl160 Seiten
ISBN9783941287761
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis5,99 EUR
Nintendo hat heute einen weltweiten Bekanntheitsgrad. Als das Unternehmen in den 1980er Jahren den amerikanischen Videospielmarkt in den Fokus nahm, fanden sie eine zusammengebrochene Branche vor, die sich in den Jahren zuvor selbst zerstört hatte. Genau diesen Zustand konnte Nintendo für sich nutzen, um einen durchschlagenden Erfolg zu erringen. Dies machte die Marke Nintendo erst zu der Marke, die wir heute kennen. Ein Erfolg, der Anfang der 1990er Jahre in einem elektronischen Spiel mündete. 'Tetris' 'Tetris' etablierte sich quer durch alle Altersklassen und machte das Videospiel zur gesellschaftlichen anerkannten Freizeitbeschäftigung. Die Geschichte wie Nintendo zu 'Tetris' kam und 'Tetris' auf den Game Boy, ist spannend wie ein Krimi. Das Buch begibt sich auf eine Zeitreise in die Anfänge und Erfolgsgeschichten einer Branche.

Angaben zur Person: Christian Gehlen, Jahrgang 1982, begann seine Laufbahn als freier Journalist in der Online-Community 2001 für diverse Videospielportale, 2005 stieg er beim (bis heute existenten) Super Nintendo-Fanportal snesfreaks.com ein. Hauptberuflich ist der gelernte Großhandelskaufmann im öffentlichen Dienst tätig.

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Leseprobe

FALL


Bei Warner gaben sich Vizepräsidenten und Präsidenten die Klinke in die Hand, ohne dass jemand von diesen wirklich wusste, was er mit Atari anfangen sollte.

„Wir hatten mit Atari einen riesigen Erfolg, wussten aber eigentlich nie, wo der Erfolg eigentlich herkam“, gab Bushnell später zu.

Der steigende Erfolg des VCS rief auch wieder die Wettbewerber auf den Plan. Mattel, damals größter Spielzeugproduzent der Welt, entwickelte eine Konsole namens Intellivision. Das Gerät hatte nicht nur eine schnellere CPU, sondern auch einen vielfach leistungsfähigeren Grafikprozessor als das VCS. Die Spiele für Mattels Intellivision sahen viel besser aus als die des VCS. Mattel verkaufte im ersten Jahr hunderttausend Einheiten, der Höhepunkt mit dreieinhalb Millionen weltweit verkauften Konsolen erreichte man 1983.

Ray Kassar hatte derweil mit ganz anderen Problemen zu kämpfen: „Unser bester Programmierer war ständig auf Drogen. Er war einer der Jungs, die um zwei Uhr morgens ins Büro kamen und bis zwölf Uhr in der nächsten Nacht arbeiteten. Dann verschwanden sie für zwei Tage, um sich zu erholen. Ich musste das akzeptieren. Einmal kam dieser Programmierer völlig stoned in mein Büro und las mir vier Stunden lang Gedichte vor. Ich musste bleiben und mir das anhören, er war schließlich mein bester Mann.“

Im April 1982 blamierte sich Atari mit seiner Pac Man-Version für das VCS, welche dank der entsprechenden Lizenz von Namco zwar zum bestverkauften Titel avancierte, qualitativ aber eine einzige Katastrophe darstellte: Klötzchengrafik, nervende Sounds und flackernde Objekte sorgten schnell für Frust bei den Spielern, die bald den Eindruck hatten, dass Atari das Spiel unbedingt schnellstens veröffentlichen wollte – in welcher Qualität auch immer. Ataris Manager waren optimistisch und prognostizierten zwölf Millionen verkaufte Cartridges, was man mit einem Umsatz von fünfhundert Millionen Dollar gleichsetzte. Dass bisher nur zehn Millionen VCS-Konsolen verkauft waren, konnte keinen irritieren. Ähnlich wie bei Space Invaders hoffte man auf den Effekt, dass sich Menschen extra wegen Pac-Man eine Konsole kaufen würden.

Pac-Man für das VCS erschien am 6. April 1982. Bis dahin hatte die Marketing-Maschine Ataris schon längst einen Hype ausgelöst. Apotheken und Drogerien eröffneten Videospielecken, Einzelhandelsketten lieferten sich um die Partnerschaft mit Atari regelrechte Kleinkriege. Die Ernüchterung folgte prompt.

Nur die Hälfte aller produzierten Module wurden verkauft, in Kombination mit den horrenden Lizenz- und Marketingkosten bedeutete das für Atari ein finanzielles Desaster.

Tatsächlich hatte der Entwickler Todd Frye ganze vier Monate Zeit zur Programmierung des Titels, den er hinter verschlossenen Türen in Eigenregie erstellte. Er war sogar innerhalb von sechs Wochen fertig. Offensichtlich wusste Frye vom spielerischen Wert des Werks, schließlich wird die Anekdote erzählt, dass er für seine Arbeit einen Scheck über eine Million Dollar erhielt, den er demonstrativ an die Türe seines Arbeitszimmers pinnte.

Zumindest die Summe lässt sich nachvollziehen. Atari schloss mit Frye damals einen Kontrakt ab, der dem Programmierer ein gewisses Honorar pro produziertem Modul garantierte – unabhängig davon, ob die produzierten Module verkauft wurden oder nicht.

Später schob Frye die Schuld an dem schlechten Spiel Atari in die Schuhe, da er nur mit vier Kilobyte Speicher auskommen musste. Aus Kostengründen hatte man Frye keine der teureren acht Kilobyte großen Cartridges genehmigt.

Der Umgang Ataris mit seinen Programmierern löste bei diesen öfter Unmut aus. So verließ 1979 eine Gruppe von Entwicklern das Unternehmen und gründete kurzerhand die Firma Activision.

Bis zur Gründung von Activision war es üblich, dass Spiele für Konsolen ausschließlich von den Konsolenherstellern selbst entwickelt und vertrieben wurden. Atari beschäftigte damals unter anderem auch die jungen Programmierer David Crane, Larry Kaplan, Alan Miller und Bob Whitehead. Zur damaligen Zeit war es bei Atari, oder besser gesagt Warner, nicht gern gesehen, in den Credits eines Spiels die Namen der beteiligten Programmierer zu nennen. Die Gruppe um Crane spürte aber den Drang, auch einmal öffentlich für ihre Arbeit gewürdigt zu werden. Und so eröffneten sie mit Jim Levy, einem ehemaligen Manager aus der Musikindustrie, kurzerhand ihr eigenes Entwicklerstudio. Levy ermöglichte es den Programmierern, sich im Abspann des Spiels ebenso wie auf einer Extraseite in der Spielanleitung zu verewigen.

So wurde in den Folgejahren manch ein Spieleprogrammierer fast wie ein Popstar in der Spieleszene verehrt: David Crane als Vorreiter, später wurden Namen wie Richard Garriott, Will Wright, Roberta Williams, Al Lowe oder Sid Meier jedem Spieler ein Begriff.

Crane war sich seiner exponierten Stellung durchaus bewusst: „In der Branche gibt es weniger als hundert Designer, und nur ein Dutzend ist Spitzenklasse.“ Und diese Spitzenklasse, Chaoten im Alter zwischen siebzehn und dreißig, arbeiteten unter strengster Geheimhaltung für ein Jahressalär von bis zu einer Million Dollar.

Der Abgang der vier Entwickler traf Atari hart: Zusammengerechnet machten die vom abgewanderten Quartett entwickelten Spiele mehr als die Hälfte von Ataris Umsatz aus. Als Activision 1982 dann Pitfall veröffentlichte und der Titel zu einem der meistverkauften Spiele überhaupt für das VCS avancierte, Atari selbst aber keinen Cent von den Einnahmen sah, strengte der Gigant Gerichtsprozesse gegen Activision an.

Die Argumentation ging dahin, dass die Produktion von Spielmodulen für eine Konsole dem Entwickler und Hersteller der Konsole vorbehalten sei. Schließlich war es bisher ja nie anders.

Atari verlor.

Von nun an durften auch Dritthersteller Spiele für das VCS entwickeln, ohne dass Atari selbst finanziellen Nutzen vom Verkauf der Spiele hatte. Für Atari war das eine mittlere Katastrophe, denn ihr Geschäftsmodell basierte bis zu diesem Zeitpunkt darauf, dass man die Hardware so billig wie möglich verkaufte und Gewinne fast ausschließlich über die Software generierte.

„Ich bin sehr stolz darauf, dass wir die Industrie der unabhängigen Videospiel-Publisher begründet haben“, sagte Alan Miller einmal.

1982 erzielte Activision mit Spielmodulen einen Umsatz von hundertfünfzig Millionen Dollar.

Das Urteil öffnete die Schleuse für Fremdentwickler aller Art, die nun auf Teufel komm raus qualitativ oftmals ungenügende Spiele für das VCS auf den Markt pumpten. So hatte Atari auch bald ein Imageproblem: Firmen wie Mystique produzierten kleine pornographische Spiele und ruinierten so den Ruf der Konsole und Ataris. Das bekannteste dieser Spiele durfte Custer’s Revenge sein: Der Spieler steuerte den nackten, mit erigierter Männlichkeit dargestellten General George Armstrong Custer durch einen Regen aus Pfeilen bis zum rechten Bildschirmrand, wo eine an einen Marterpfahl gefesselte amerikanische Ureinwohnerin abgebildet war. Erreichte die Custer-Spielfigur die Frau, vergewaltigte er sie, wofür dem Spieler Punkte gutgeschrieben wurden. Der Rummel war gewaltig: Tom Moriarty vom Magazin Videogaming and Computergaming Illustrated berichtete im Oktober 1983, dass ein Jahr zuvor während der Pressekonferenz, die zur Veröffentlichung von Custer’s Revenge abgehalten wurde, zweihundertfünfzig Männer und Frauen gegen das Spiel demonstrierten. Kristen Reilly, ein führendes Mitglied der Women Against Pornography, organisierte die Demonstration mit Hilfe der National Organization for Women (NOW) und des American Indian Community House.

Reilly sagte zu Moriarty: „Der Hersteller bestritt, dass es sich um eine dargestellte Vergewaltigung handle. Sie behaupteten, die dargestellte Szene würde einvernehmlich stattfinden, das ist wirklich dumm.“

Von Custer’s Revenge wurden achtzigtausend Exemplare zu fünfzig Dollar das Stück verkauft. Allerdings erreichten Bestseller-Spiele in dieser Zeit Verkaufszahlen von bis zu einer halben Million Exemplaren.

Atari selbst verklagte Mystique, die während des Prozesses noch zwei weitere Pornospiele veröffentlichten und dann die Tore schlossen.

In gewisser Weise läuteten die verlorenen Gerichtsprozesse Ataris Mitte 1982 den Anfang vom Ende ein. Nicht nur Mystique fiel durch seine diskutable Softwarebibliothek auf, auch andere Startup-Unternehmen, hastig finanziert und überstürzt aus dem Boden gestampft, entfachten eine Flut von qualitativ bestenfalls unterdurchschnittlichen Spielen für das VCS.

Auch Atari selbst glänzte nicht mehr mit Spielspaßgranaten.

Zudem war die Automatenbranche langsam auf dem Rückzug, da es mittlerweile in wirklich jedem China-Restaurant Münzautomaten gab und die leistungsfähigen Heimvideospiele immer stärker auf den Markt drängten. Die Lust auf Konsolen wurde durch Filme wie...

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