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Unheilig

Der Graf - Geboren um zu singen. Die inoffizielle Biografie.

AutorCorinna Siebert
VerlagHEEL Verlag
Erscheinungsjahr2011
Seitenanzahl176 Seiten
ISBN9783868525328
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis4,99 EUR
Im Jahr 2010 feierten Unheilig ihr zehnjähriges Jubiläum, und gleichzeitig war es ihr bislang erfolgreichstes Jahr. Die Single 'Geboren um zu leben' kam auf Platz 1 in den Charts und verkaufte sich mehr als 1,2 Millionen Mal; Unheilig gewann den Bundesvision Song Contest und trat mehrfach in Fernsehsendungen auf - ihr Erfolg ist bis heute ungebrochen, polarisiert aber einige ihrer langjährigen Fans aus der Schwarzen Szene. Diese inoffizielle Biografie über Unheilig erzählt die einzigartige Erfolgsgeschichte der Band und ihres vielseitigen Sängers, der Produzent, Songschreiber, Komponist und Sänger in seiner Person vereint. Es werden alle wichtigen Stationen in der Karriere des 'Grafen' aufgezeigt, von seinen ersten musikalischen Gehversuchen bis zum großen Durchbruch mit dem Album 'Große Freiheit, das sechsfach mit Platin ausgezeichnet wurde. Doch wer ist der Mensch hinter dem Pseudonym der 'Graf'? Dieses Buch wagt den Blick hinter die Kulissen und beschäftigt sich auch mit den Liedtexten und den einzelnen Alben. Zusätzlich gibt es eine kleine Einführung zu den musikalischen Wurzeln des 'Grafen', die im Gothic und der Neuen Deutschen Härte liegen.

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Leseprobe

Die Kraft der Worte


Unheilig sprechen nicht nur mit ihrer Musik vielen Tausenden von Menschen aus dem Herzen, neben seiner markanten und eingängigen Stimme sind es vor allem auch die Texte des Grafen, die seine Fans so tief berühren.

Auf ihrem Debüt-Album Phosphor singt der Graf die Hälfte der Songs noch auf Englisch. Doch seit sich die musikalischen Wege des Grafen und seines Bandkollegen Grant Stevens getrennt haben und der Graf alle Unheilig-Texte alleine schreibt, sind auf den Nachfolge-Alben ausschließlich deutsche Texte zu finden.

Inzwischen ist es längst keine Ausnahme mehr, mit deutscher Popmusik erfolgreich zu sein. Seit der Jahrtausendwende sind deutschsprachige Musikgruppen wieder sehr populär geworden. Bands wie Silbermond, Juli oder Sportfreunde Stiller schossen wie Pilze aus dem Boden und bestimmen die Hörgewohnheiten der Jugend längst ebenso wie ihre englischsprachigen Kollegen. Die Deutsch-Rocker Rammstein oder Pop-Urgestein Nena sind sogar über die nationalen Grenzen hinaus äußerst erfolgreich. Längst ist die deutsche Popmusik wieder aufgeblüht und hat zu neuem Selbstvertrauen gefunden.

Das war nicht immer so. Noch vor nicht allzu langer Zeit war es geradezu ein „No-Go“, seine Texte auf Deutsch zu singen. Um 1970 bevorzugten die meisten Bands Englisch als Textsprache, und die britische Presse bedachte die musikalischen Experimente aus Deutschland ein wenig belächelnd mit dem Begriff „Krautrock“. Natürlich gab es in den Siebzigerjahren dennoch Rio Reisers Ton Steine Scherben mit ihren sozialkritischen Anarcho-Texten, die deutschen Texte von Kraftwerk, Udo Lindenberg mit seinem Panikorchester oder die Punkband Fehlfarben, die allesamt die Jugendsprache der Siebziger- und Achtzigerjahre prägten. Doch all diese Formationen gehörten eher in die Kategorie Subkultur. Besonders in der Punk- und New-Wave-Szene wirkten deutsche Texte sogar besonders progressiv und frech. Die Grenzen zwischen Musik und Bildender Kunst wurden aufgeweicht, und Musikgruppen wie die Formation Der Plan spielten mit der deutschen Sprache, die nicht selten avantgardistische und dadaistische Züge zeigte.

Die deutsche New-Wave- und Gothic-Bewegung schwappte gegen Ende 1970 von Großbritannien nach Deutschland über, und Bands wie Xmal Deutschland, Belfegore oder Calling Dead Red Roses erkundeten in ihren Texten die Abgründe und Widersprüche der menschlichen Natur. Die Texte der Hamburger Band Geisterfahrer (1979) sind düster, intelligent und zuweilen auch sehr humorvoll. Das Stück „Das Haus“ von ihrem ersten Album Schatten Voraus aus dem Jahre 1980 zählt zu den Klassikern dieses Genres und muss sich auch vor Größen der britischen Underground-Bewegung wie Joy Division nicht verstecken. Textzeilen wie „Ich hasse dich, ich liebe dich“ kommen ganz ohne Pathos aus und zeugen dennoch von tiefer emotionaler Zerrissenheit. 1981 erscheint das Album Fest der Vielen Sinne, das ohne klare Aussagen ist und einzig den ideologischen Ansatz verfolgt, seine Hörer „ideologisch zu verunsichern“. „Himmel auf Erden“ ist zwar das eingängigste Stück der Platte, wirkt aber durch den genuschelten Gesang tatsächlich leicht verstörend.

Xmal Deutschland wurde 1980 gegründet und bestand anfangs ausschließlich aus Frauen. Auch das ist eine Errungenschaft der Punk- und Gothic-Bewegung: Starke und provokante Frauen, die zu Vorbildern der weiblichen Jugendkultur werden. Mit „Incubus Succubus“ schuf die Band 1982 einen wahren Underground-Klassiker. Incubus bezeichnet einen männlichen, Succubus einen weiblichen Dämon, der unsere Albträume aus den Tiefen der Seele hervorlockt. Nach der Legende ernähren sich Dämonen von der Lebensenergie schlafender Menschen, mit denen sie sich nachts paaren. „Ganz tief unten, wo es kein Licht mehr gibt, Dämonen; am Himmel ist kein Platz für uns“, heißt es in diesem Gothic-Stück. „Da du gefoltert wirst, auf der Streckbank der Zeit, erlös ich dich, töt ich dich, Geliebter.“ Zeilen wie diese erinnern an die Dichtungen von Claire und Yvan Goll oder auch an Charles Baudelaire und passen auch heutzutage in das wieder aufgekeimte Vampir-Fieber, das sich durch Teenie-Serien- und Filme wie „Die Twilight-Saga“ oder „Vampire Diaries“ erneut ausgebreitet hat.

Die englischen Texte auf dem noch stark vom Punk beeinflussten Debüt-Album der Berliner Band Leningrad Sandwich, Go East von 1980 handeln von Schmerz und Verlust. Und existenzielle Fragen wie „es ist die Frage, ob du Mensch bist oder Gott“ (Belfegore, 1983) gehören ebenso zur New-Wave- und Gothic-Bewegung wie schwarze Spitze und Eyeliner.

Etwa Ende der Siebzigerjahre geht aus dem deutschsprachigen Punk und New Wave die Neue Deutsche Welle hervor und sorgt Anfang der Achtzigerjahre in ihrem kommerziellen Höhepunkt für eine kreative Erschöpfung in der Underground-Bewegung. Nach den alternativen Vorläufern der Neuen Deutschen Welle mit Vertretern wie Der Plan, der Punk-Rock-Band Mittagspause oder den New Wavern Abwärts beherrschen nun Joachim Witts „Goldener Reiter“, Hubert Kahs „Sternenhimmel“ oder Trios „Da Da Da“ die deutsche Musiklandschaft und bohren sich als Ohrwürmer in die Köpfe der Nation. Noch heute kann wohl jeder die alten Songs im Schlaf mitsingen. Gleichzeitig bescherte die Neue Deutsche Welle auch Künstlern wie Marius Müller-Westernhagen, Herbert Grönemeyer oder BAP einen immensen Karriereschub. Auch Punk-Urgesteine wie Die Toten Hosen oder Die Ärzte spielen plötzlich nicht mehr in den kleinen Clubs sondern rocken die Bühnen der ganz großen Festivals. Der Deutschrock ist zu einem Millionengeschäft geworden.

Ende der Achtzigerjahre entwickeln sich aus der Neuen Deutschen Welle weitere deutschsprachige Musikbewegungen. Die so genannte Hamburger Schule beispielsweise mischt Elemente aus Indie-Rock, Punk, Grunge und Pop. Der ehemalige Taz-Kritiker Thomas Gruß hatte den Begriff Hamburger Schule in Anlehnung an die „Frankfurter Schule“ geprägt. Die Hamburger Schule bezeichnet deutschsprachige Musik mit einem intellektuellen Anspruch. In den Texten wird auf hohem Niveau Kritik an der Gesellschaft geübt. Das Fundament bildet das Label L’Age d’Or, das 1988 gegründet wird, sowie das Hamburger Tonstudio Soundgarden, in dem die meisten Alben dieses Genres produziert werden. Ein weiteres einflussreiches Label ist Alfred Hilsbergs What’s so funny about?, bei dem u. a. die ersten Blumfeld-Alben oder Alben der 1986 von Max Müller gegründeten Berliner Band Mutter erscheinen. Erst Anfang der Neunzigerjahre werden sie durch den Aufschwung deutschsprachiger Independent-Bands auch von der Kritik wahrgenommen. Neben den anarchistischen Texten und dem intellektuellen Anspruch zeichnet beide Bands eine Affinität zur Bildenden Kunst aus, in der sie sich mit Künstlern wie Martin Kippenberger auseinandersetzen.

Die Songs von Blumfeld-Frontmann Jochen Distelmeyer tragen Titel wie „Wir sind frei“, „Wir suchen was, was es nicht gibt (…) Bist du bereit für eine kleine Utopie (…) Es gibt kein Müssen und kein Sollen, wenn wir nicht wollen“, „Diktatur der Angepassten“, „Ihr habt immer nur weggesehen (…) Gebt endlich auf, es ist vorbei“, oder „Testament der Angst“. Neben Blumfeld und Die Sterne gelten Tocotronic als wichtigste Vertreter der Hamburger Schule. Songs mit selbstironischen Titeln wie „Ich möchte Teil einer Jugendbewegung sein“ klingen tatsächlich nach dem Slogan einer neuen Bewegung in der deutschsprachigen Musik.

Anfang der Neunzigerjahre wird der künstlerisch-intellektuelle und anarchistische Ansatz wieder aufgebrochen und durch die so genannte „Spaßgesellschaft“ abgelöst. Neben einem Boom von Comedy-Sendungen geht auch die deutsche Musik wieder in eine oberflächlichere Richtung. Und im Zuge der Amerikanisierung der deutschen Musiklandschaft findet auch der Hip Hop Einzug in die deutsche Clublandschaft. 1992 haben die deutschen Hip-Hop-Pioniere Die Fantastischen Vier mit „Die da“ ihren ersten Charterfolg und machen damit den deutschen Sprechgesang salonfähig. Es gab auch vor ihnen schon Bands, die dieses Genre bedienten, wie etwa die Heidelberger Gruppe Advanced Chemistry, die als erste deutschsprachige Hip-Hop-Band gilt, doch erst mit Fanta 4 wurde das Genre auch von der Musikpresse ernst genommen. Es folgen Bands wie Fettes Brot, Samy Deluxe oder Fünf Sterne deluxe.

Seither beschäftigen sich immer mehr deutsche Bands aus unterschiedlichen Genres mit der eigenen Sprache. Vom politischen Ansatz der Hamburger Punkband Die goldenen Zitronen („Das bisschen Totschlag“) über die teutonischen Rocker Rammstein („Wenn sie Brust schwimmt ist...

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