Eine Verwertung im Internet ohne die Einwilligung des Berechtigten ist strafbar und stellt eine Urheberrechtsverletzung gemäß § 106, UrhG dar: „Wer in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen ohne Einwilligung des Berechtigten ein Werk oder eine Bearbeitung oder Umgestaltung eines Werkes vervielfältigt, verbreitet oder öffentlich wiedergibt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“
Eine Verletzung im Sinne des UrhG liegt dann vor, wenn gegen die Urheberpersönlichkeitsrechte und die Verwertungsrechte verstoßen wird. Bei einer Verletzung des Urheberrechts stehen dem Urheber und dem Rechteinhaber Anspruch auf Unterlassung und Schadensersatz zu.
Generell liegt durch die Umwandlung von einer Musikdatei auf einer CD in eine MP3-Datei keine Bearbeitung vor: Bei der MP3-Datei „handelt es sich vielmehr um das Ergebnis eines automatisierten Prozesses und folglich auch aus diesem Grunde nicht um eine Bearbeitung gemäß §§ 3, 23, UrhG.“[51] Bei der Komprimierung eines digitalisierten Werkes in das MP3-Format handelt es sich um eine Vervielfältigung nach §§ 15 I Nr1, 16, UrhG, da „das jeweilige Werk in einem anderen Dateiformat neu körperlich festgelegt“.[52] Ebenso wird eine Musikdatei auf CD durch die Umwandlung in eine MP3-Datei nicht zu Software. Sie bleibt Musik und der urheberrechtliche Schutz von Musikwirken gemäß § 2 I Nr. 2, UrhG wird gewährleistet.
Die Musikpiraterie im Internet hatte ihren Beginn nicht erst seit dem Aufkommen von Filesharing-Plattformen wie „Napster“. Vor dem Zeitalter der Tauschbörsen existierten hauptsächlich zwei Arten von Musikpiraterie: Auf speziellen Webseiten konnten MP3-Dateien direkt heruntergeladen werden. Des Weiteren war der Tausch von Musikdateien über E-Mail-Dienste vor Ende der 1990er populär. Da diese Vorgänge im Internet nahezu keine Relevanz mehr haben, wird auf eine ausführlichere Darstellung verzichtet. Die massenhafte Verbreitung von urheberrechtlich geschützten Werken im Internet wurde erst durch die Existenz von Filesharing-Dienste möglich. Das Ausmaß an Musik-Urheberrechtsverletzungen im Internet ist groß und nur schwer überschaubar.
Gegenstand der vorliegenden Arbeit sind daher die wichtigsten Urheberrechtsverletzungen durch Filesharing-Plattformen, „One-Click-Hoster“, durch das Videoportal „YouTube“ und durch spezielle Suchmaschinen und „Warez“-Webseiten.
Bei Urheberrechtsverletzungen im Internet kommt neben der Verantwortlichkeit des eigentlichen Täters auch eine Verantwortlichkeit derjenigen in Betracht, die die Inhalte und Vorgänge erst ermöglichen. Dabei ist folgendes Personenkonstrukt denkbar:
1. der unmittelbar rechtswidrig Handelnde (z.B. Filesharer)
2. der Anschlussinhaber und Vertragspartner des Access-Providers
3. Webseiten-Betreiber oder Bereitsteller der Software
4. Provider
Filesharing-Plattformen unterscheiden sich deutlich von dem Client-Server-Prinzip des World Wide Web. Im World Wide Web beantwortet ein Server Anfragen, die ein Client schickt. Bei Filesharing-Netzwerken gibt es keine festgelegten Clients und Server, sondern diese existieren stattdessen gleichberechtigt nebeneinander und stellen ihre Dienste anderen zur Verfügung.[53]
Als bekanntestes Beispiel für einen zentralistischen Filesharing-Dienst aus dem Musikbereich ist die Tauschbörse „Napster“, die auch heute noch zu den bekanntesten Vertretern der Filesharing-Anbieter gezählt wird. Mit der Erfindung des “MP3”-Formats Mitte der 1990er durch das Fraunhofer Institut wurde der Austausch von Musik im Internet erst massentauglich. Mithilfe des Audio-Komprimierungsverfahrens wurde der freie Austausch von Musikdateien im Internet durch die geringere Datengröße erleichtert. Auf diese Weise konnten ganze Musik-CDs schnell und kostengünstig über das Internet vertrieben werden – zunächst jedoch ausschließlich auf illegalem Wege. Die seit Mitte 1999 – programmiert von einem amerikanischen Studenten - verfügbare Musiktauschbörse „Napster“ und die mittlerweile in jedem PC verfügbaren CD-Brenner bewirkten, dass in Deutschland 2001 zwischen 133 und 190 Millionen CDs selbst gebrannt wurden.
Um die Urheberrechtsverletzungen im Einzelnen zu verstehen und diejenigen zu ermitteln, die sich letztendlich strafbar machen, ist das Verständnis der verwendeten Technologie von wesentlicher Bedeutung. Im Folgenden wird zunächst das technische Prinzip des Dateiaustausches bei „Napster“ behandelt.
„Napster“ betreibt einen Server als „zentrale Austauschplattform [und] führt die Nutzer zusammen.“[54] Der Datei-Austausch erfolgt folglich nicht über „Napster“ selbst, sondern von Nutzer zu Nutzer. Nutzer machen MP3-Dateien, die sich auf deren Computer befinden, anderen Nutzern verfügbar, indem sie Dateien und/oder Ordner auf ihrem Computer für den Dienst freigeben. Alle Computer der Nutzer sind dabei über eine bestimmte Software in einem eigenen Netzwerk miteinander verbunden. Daraus entwickelte sich die Bezeichnung „P2P“-Netzwerke (Peer-to-peer), die stellvertretend für alle Anbieter steht, die den Austausch von Dateien unter einzelnen Nutzern ermöglichen. Auch wenn „Napster“ durch seine zentrale Architektur und der damit verbundenen serverbasierten Verwaltung nicht als echtes „P2P“-Netzwerk angesehen werden kann, werden in der Praxis oft alle Filesharing-Dienste unter dem Begriff „P2P“ zusammengefasst. „P2P“-Systeme unterscheiden sich durch ihre Netzwerk-Architektur deutlich vom Client-Server-Prinzip des World Wide Webs, was einer der Gründe für die juristischen Probleme im Zusammenhang mit Filesharing-Diensten ist, da jeder Teilnehmer einer Filesharing-Plattform in der Lage ist Daten zu empfangen, zu speichern und zu senden. Die Nutzer des Dienstes sind untereinander gleichberechtigt (engl.: peer) und können sowohl Anbieter als auch Nutzer sein bzw. sowohl Client als auch Server.
Um an dem Netzwerk überhaupt teilnehmen zu können, ist zunächst der Download und die anschließende Installation der Software erforderlich, die in der Regel über die eigene Webseite des Anbieters kostenlos herunterladbar ist. Nach der Festlegung eines Benutzernamens und eines Passworts ist die Anmeldung abgeschlossen. Die Software durchsucht die Festplatte daraufhin nach verfügbaren MP3-Dateien und meldet dies einem zentralen Server von „Napster“, wo auch die Suchfragen anderer Teilnehmer eingehen: „Auf dem zentralen Napster-Server wird ein Gesamtindex aller angemeldeten Benutzer samt ihren gesammelten und freigegebenen MP3-Dateien abgebildet. Dieser Gesamtindex, der hauptsächlich aus Musikstücken aber auch anderen Inhalten besteht, wird dem Benutzerkreis über eine einfach bedienbare Suchoberfläche zur Verfügung gestellt. Das Suchfenster des Client-Programms erlaubt beispielsweise die Suche nach Interpret und Titel und gibt als Ergebnis Trefferlisten von entsprechenden MP3-Dateien aus, die sich auf den Festplatten anderer Nutzer befinden und die dann direkt von dort übertragen werden können.“[55]
Der Server führt die Nutzer dadurch zusammen, indem die IP-Adressen derjenigen ermittelt werden, die die MP3-Datei anbieten. Die beiden Nutzer – Suchender und Anbieter – werden im nächsten Schritt direkt miteinander verbunden („peer-to-peer“) und die MP3-Datei kann übermittelt werden. Der Begriff „Tauschen“ ist im Zusammenhang mit den Filesharing-Plattformen missverständlich, da die „getauschte“ Datei, nach wie vor auf der Festplatte des Anbieters verbleibt. Vielmehr findet eine Kopie seitens des Empfängers statt.
Durch die zentrale Architektur macht sich der Anbieter leichter haftbar: Da „Napster“ selbst das System zentral auf einem oder mehreren Serverrechnern verwaltet, besteht der Grundsatz: ohne „Napster“ – kein Dateitausch. Im Jahr 2000 wurde „Napster“ von den Rechteverwertern der Musikindustrie und der „RIAA“ verklagt, da „Napster“ die Urheberrechte in erheblichem Maße verletze. Die „Napster“-Nutzer verletzen Urheberrechte, da es sich bei dem „Tausch“ von Musikdateien eben nicht um eine private Nutzung handelt. Des Weiteren hätte „Napster“ vom illegalen Treiben der Nutzer wissen müssen („[It] overwhelmingly establishes that the defandant had actual or, at the very least, constructive knowledge.“[56]). Als Beweis wird angegeben, „dass Napster in der Lage war, tausende Nutzer auszuschließen, die inkriminiertes Songmaterial von Metallica und Dr. Dre angeboten haben.“[57] „Napster“ musste um weiterhin existieren zu können, sicherstellen, dass in Zukunft kein urheberrechtlich-geschütztes Material ohne Autorisierung getauscht werden könne.
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