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Vergleich zwischen den sächsischen Lehrplänen der Altenpflege und Heilerziehungspflege in Bezug auf die pflegerische Handlungskompetenz

AutorStefan Vogler
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2013
Seitenanzahl73 Seiten
ISBN9783656502746
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis20,99 EUR
Wissenschaftliche Studie aus dem Jahr 2010 im Fachbereich Gesundheit - Pflegewissenschaft - Altenpflege, Altenhilfe, Technische Universität Dresden, Sprache: Deutsch, Abstract: In einer Zeit, in welcher das Wort 'Kompetenzen' vor allem im erziehungswissenschaftlichen Kontext in aller Munde ist, soll mit der vorliegenden wissenschaftlichen Arbeit der Versuch unternommen werden, sich dem Begriff der 'pflegerischen Handlungskompetenz' anzunähern. Im Mittelpunkt der Betrachtung stehen dabei die beiden sächsischen Lehrpläne für die Ausbildungsberufe der Altenpflege sowie der Heilerziehungspflege. Diese Auswahl erfolgte ganz bewusst, da der Autor in seinem Arbeitsfeld mit beiden Berufsbildern und damit auch mit beiden Ausbildungswegen konfrontiert ist. Einhergehend mit dem sich vollziehenden Paradigmenwechsel in der Behindertenhilfe macht sich eine Neuverortung der Berufsinhalte und -ziele erforderlich. Aufgrund der steigenden Zahl an älterwerdenden behinderten Menschen in der Bundesrepublik scheint eine Neuausrichtung der Heilerziehungspflegeausbildung unumgänglich. Die bislang rein pädagogisch geprägten Zieldimensionen bzw. Inhalte müssen um pflegerische Schwerpunkte ergänzt werden. Insofern zeigt sich bereits in der Praxis, dass ein stetiger Austausch zwischen Altenpfleger- und Heilerziehungspfleger/innen gerade in Bezug auf die Betreuung von älteren Behinderten in institutionalisierten Wohnformen sehr hilfreich sein kann. Im Hinblick auf Modellversuche, welche sich mit einer Verschränkung der Ausbildungen in der Kranken- und Gesundheitspflege sowie der Altenpflege beschäftigen , lag es nahe, den Fokus auf die Gemeinsamkeiten zwischen der Altenpflege- und Heilerziehungspflegeausbildung zu legen. Im Rahmen der Recherchen zu dieser Arbeit traf man bereits auf einzelne innovative und zukunftsweisende Ausbildungsprojekte, so auch in Form einer integrierten Altenpflege- und Heilerziehungspflegeausbildung (HEPAP). Bei der Bearbeitung des Themas stehen drei Fragestellungen im Mittelpunkt. Als erstes soll herausgefunden werden, wie sich die Berufe 'Altenpfleger/in' bzw. 'Heilerziehungspfleger/in' entwickelt haben und welche (rechtliche) Stellung diese heute einnehmen. Dann ist es wichtig zu erfahren, inwiefern 'Pflege' bzw. 'pflegen' ein verbindendes Moment zwischen den beiden Berufen darstellt. Zum dritten geht es um die Parallelen zwischen den sächsischen Lehrplänen für die Ausbildung zum Heilerziehungspflege und Altenpfleger in Bezug auf die pflegerische Handlungskompetenz. [...]

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Leseprobe

3. Berufsbilder Alten- und Heilerziehungspflege


 

Nachdem im vorherigen Kapitel die gesellschaftlichen und berufspädagogischen Herausforderungen im Mittelpunkt standen, sollen nunmehr die Herkunft und Entwicklung[88] der beiden Berufe einschließlich der Ausbildung in der Altenpflege und Heilerziehungspflege erörtert werden. Dies scheint erforderlich, bevor im nächsten Gliederungspunkt versucht wird, mit der pflegerischen Handlungskompetenz das gegebenenfalls den beiden Berufen Gemeinsame zu definieren. Eine Parallele besteht bereits in der Struktur. So gehören die Altenpflege und die Heilerziehungspflege zur Berufsgruppe „Pflege“ im Berufsfeld „Personenbezogene und soziale Dienstleistungen“.[89] Wie bereits im Kapitel zuvor erwähnt, unterscheiden sich die beiden Ausbildungen in ihrer rechtlichen Grundlage. So richtet sich die Altenpflegeausbildung mit dem Altenpflegegesetz (AltPflG) nach Bundesrecht, während die Qualifikation in der Heilerziehungspflege einer Landesregelung unterliegt. Es soll in den folgenden Unterabschnitten ebenso auf die Entstehung und die Struktur der beiden sächsischen Lehrpläne eingegangen werden, da diese im fünften Kapitel Gegenstand der Analyse sind. Eine kurze Zusammenfassung soll die Erkenntnisse dieses Teils der wissenschaftlichen Arbeit bündeln.

 

3.1. Altenpflege (-ausbildung)


 

Im Vergleich zur Geschichte der Krankenpflege[90] ist die der Altenpflege, zumindest der beruflich organisierten, noch relativ jung. Ein erster diesbezüglicher Meilenstein war SAHMEL zufolge die Situation unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Gesellschaft musste sich mit vielerlei Notständen auseinandersetzen, wozu der Zustrom von Vertriebenen, Wohnungsnot, zerrissene Familien und eine schlechte Ernährungslage gehörten. Davon waren überproportional hilflose ältere Menschen betroffen. „Vom ‚wiederaufbauenden‘ Teil der Bevölkerung wurden sie eher als ‚unproduktiv‘ abgeschoben in Altersheime, in denen sie weitgehend als anleitungsbedürftige und unselbständige ‚Schützlinge‘ angesehen wurden.“[91] Zu einer Änderung der Situation kam es erst im Zuge des wirtschaftlichen Aufschwungs der jungen Bundesrepublik. Mit den Reformen von Rente 1957 und dem Bundessozialhilfegesetz 1961 änderte sich die finanzielle Ausgangslage der Senioren. Mit der wirtschaftlichen Etablierung der Bundesrepublik blickte man nun auch verstärkt auf die Versorgung und Pflege alter, hilfebedürftiger Menschen. Diese rückten als soziales und berufliches Problem ins Bewusstsein. Es wurde ein fachlich qualifizierter Berufszugang gefordert, der sich vom traditionellen Modell einer an Armenfürsorge und Siechenpflege orientierten Altenarbeit abhob. Während auf der einen Seite die Zahl der älteren und pflegebedürftigen Menschen stieg, nahm auf der anderen Seite die Zahl der Diakonissen und Ordensfrauen, die bis dahin die Menschen in Alten- und Pflegeheimen betreut hatten, ab.[92] Ende der 1950er Jahre entstand in Marl eine erste an der Krankenpflege orientierte Schulung über 6 Monate für in der Altenpflege tätige Frauen mittleren Alters. Bestimmende Inhalte waren dabei, angelehnt an die Fürsorge-Einstellung der ordensangehörenden Schwestern, Mitgefühl, Duldsamkeit, Selbstlosigkeit und Hingabefähigkeit.[93] 1965 legte der Deutsche Verein für Öffentliche und Private Fürsorge ein erstes Ausbildungskonzept vor, welches den gewachsenen Anforderungen in der Altenhilfe entsprach und die bis heute gültige Berufsbezeichnung „Altenpfleger“ einführte.[94] Begleitet wurde die Ausbildungsentwicklung durch die Veränderungen im Beruf. So veränderten sich die Bedingungen in den stationären Pflegeeinrichtungen und ab den 1970er Jahren begannen sich zahlreiche Sozialstationen zu etablieren, die die häusliche Versorgung gewährleisten sollten. Flankiert wurde dies auf theoretischer Ebene durch den Aufschwung der Gerontologie als Wissenschaft. Vorangetrieben durch die Aktivitäten verschiedener Organisationen, stellvertretend sei an dieser Stelle das Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA) erwähnt, professionalisierte sich die Altenarbeit immer mehr. Im Jahr 1969 wurde erstmals in einem Bundesland (Nordrhein-Westfalen) eine landesweite Verordnung über die Ausbildung zum staatlich anerkannten Altenpfleger erlassen. Andere Bundesländer folgten und richteten meist zweijährige Ausbildungsgänge[95] ein. Im Zuge dieser Entwicklung gab es immer wieder Diskussionen um ein eigenständiges Berufsbild der Altenpflege. Neben politischen, standesbezogenen und finanziellen Gründen fehlte dafür eine Spezifikation der Bildungsgrundlagen und Qualifikationen. Die seit den 1980er Jahren unternommenen Bemühungen um ein bundeseinheitlich geltendes Altenpflegegesetz, ähnlich wie dem Krankenpflegegesetz, scheiterten lange Zeit. Erst 2003 wurde mit dem AltPflG das Nebeneinander von 17 verschiedenen landesrechtlichen Ausbildungsverordnungen beendet. Das Gesetz regelt verbindlich die Inhalte sowie die Aufteilung der Zeiten in Theorie und Praxis. So entfallen 2100 Stunden der dreijährigen Ausbildung auf den Unterricht an der Schule sowie 2500 Stunden auf den praktischen Wissenserwerb in verschiedenen Tätigkeitsbereichen.[96] Eine Abfrage im KURSNET der Bundesagentur für Arbeit ergab aktuell im gesamten Bundesgebiet 905 Anbieter für die schulische Ausbildung in der Altenpflege.[97] Trotz der im Jahr 2003 endlich erreichten inhaltlichen Übereinstimmungen und Verbindlichkeiten in der Altenpflege gehen die Überlegungen bereits weiter. Die im Rahmen der obigen berufspädagogischen Diskussion erwähnten Bundesmodellprojekte weisen den Weg in Richtung von generalisierten bzw. integrierten Pflegeausbildungen im Bereich der Kinder, erwachsenen und alten Menschen.[98]

 

Die Aufgaben eines Altenpflegers werden in der Gegenwart bestimmt durch die „selbständige und eigenverantwortliche Pflege einschließlich der Beratung, Begleitung und Betreuung alter Menschen.“[99] Das Gesetz nimmt dabei keine Einschränkung vor und insofern zielt das berufliche Handeln auf die Aktivierung und Pflege gesunder wie kranker alter Menschen gleichermaßen in den Bereichen der Altenhilfe und Altenpflege.[100] Spezifiziert werden die aufgezählten Aufgaben durch die Gesundheitsvorsorge, die Erhaltung und Wiederherstellung individueller Fähigkeiten im Rahmen von Rehabilitationskonzepten, Anleitung und Beratung von Betroffenen, Angehörigen und Nicht-Pflegefachkräften sowie die umfassende Begleitung Sterbender.[101] Entsprechend der breiten Ausbildungsinhalte sind auch die Beschäftigungsmöglichkeiten sehr vielfältig. Grundsätzlich erstrecken sich diese über stationäre, teilstationäre bis hin zu ambulanten Betreuungs- und Pflegeangeboten. Dazu gehören ambulante Pflege- und Hospizdienste genauso wie betreute Wohngemeinschaften, Rehabilitationseinrichtungen, Tagespflegen, Krankenhäuser mit gerontopsychiatrischen Stationen oder Alten- und Pflegeheime. Darüber hinaus finden Altenpfleger Anstellungen in Pflegeberatungsstellen, in Sozialämtern, bei Pflegekassen oder beim Medizinischen Dienst. Weiterhin gibt es die Möglichkeit der Selbständigkeit.[102]

 

Aufbauend auf dem 2003 in Kraft getretenen AltPflG sowie der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für den Beruf der Altenpflegerin und des Altenpflegers (AltPflAPrV) hat zeitgleich der Freistaat Sachsen den Lehrplan für die Berufsfachschule in der Ausbildung „Altenpfleger/ Altenpflegerin“ als sogenannten „Erprobungslehrplan“ veröffentlicht. Dies bedeutet, dass der Lehrplan „bis zur endgültigen Inkraftsetzung zur Erprobung freigegeben“ ist.[103] D.h. gegenüber der verantwortlichen Behörde, dem Sächsischen Bildungsinstitut (ehemals Comenius-Institut), können jederzeit Hinweise zur Veränderung eingereicht werden. Mittlerweile wird im siebten Jahr mit diesem „Erprobungslehrplan“ an den sächsischen Berufsfachschulen gearbeitet. Die „quasi-duale“ Ausbildung[104] dauert drei Jahre und umfasst im Theoriebereich 2340 Stunden und in der Praxis 2500 Stunden. Der Unterricht in der Schule unterteilt sich in einen allgemeinen Bereich (Deutsch, Englisch, Religion/ Ethik) mit 240 Stunden, einen fachlichen Bereich der sich über zwölf Lernbereiche (insgesamt 1900 Stunden) erstreckt und Wahlpflichtfächer im Umfang von 200 Stunden. Die praktische Ausbildung erfolgt in Einrichtungen der ambulanten und stationären Altenhilfe, wobei zeitlich begrenzte Einzelpraktika in anderen Bereichen möglich sind.[105]

 

Ausgehend von den fachlichen Lernbereichen besteht der Lehrplan aus Einzellehrplänen, die sich in ihrer Binnenstruktur auf alle drei Ausbildungsjahre erstrecken. Diese umfassen jeweils einen Bereich, welcher wiederum in Lehrplaneinheiten (LPE) mit zugeordneten Zeitrichtwerten, Zielen, Inhalten und Hinweisen zum Unterricht unterteilt ist. Kritisch anzumerken ist an dieser Stelle, dass der Lehrplan sehr stofforientiert erscheint und durch seine starre Struktur, die sich an den drei Klassenstufen sowie den einzelnen Lernfeldern orientiert, eine Wissensvernetzung erschwert. [106] Im Lehrplan erscheint, ggf. bedingt durch seinen Erstellungszeitraum, kein einziges Mal das Wort „Lernfeld“. Die entsprechende Spalte in der Stundentafel wird lediglich mit „Unterrichtsfächer und Praktika“...

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