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Versicherungsvertragsrecht

AutorErwin Deutsch, Thore Iversen
VerlagVerlag Versicherungswirtschaft
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl386 Seiten
ISBN9783862983469
FormatPDF/ePUB
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis40,99 EUR
Die siebte Auflage führt den neuen Weg des Versicherungsvertragsgesetzes weiter - von den allgemeinen Grundsätzen des zivilen Vertragsrechts bis in die Regeln der einzelnen Versicherungsverträge. Hierbei wurden die Änderungen des Gesetzes berücksichtigt, etwa das Gleichbehandlungsurteil von Mann und Frau. So greift die Gleichbehandlung der Geschlechter beispielsweise in der Prämie und in ihrer Verteilung bei der Kündigung voll durch.

Darüber hinaus wurde die Literatur aktualisiert und befindet sich auf dem neuesten Stand. Aus praktischen Gründen ist die Erläuterung mit dem Text des VVG 2008 in der letzten Fassung abgedruckt.

Das Werk richtet sich an Studenten ebenso wie an Versicherungsvertreter, Makler sowie Praktiker, die mit Versicherungen unmittelbar zu tun haben. Es ist ein Überblick über das Ganze und soll erste Einsicht in das Versicherungsvertragsrecht geben.

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Leseprobe

§ 1  Begriff und Funktion der Privatversicherung


I.  Versicherungsbegriff


1Der Begriff der „Versicherung“ ist für die Anwendung des Versicherungsvertragsrechts und des Versicherungsaufsichtsrechts wesentlich. Nur private Versicherungsverträge und Unternehmen, die solche Privatversicherungsverträge geschäftsmäßig abschließen, werden vom Versicherungsvertragsgesetz (VVG) und vom Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) erfasst. Dennoch haben beide Gesetze davon Abstand genommen, die „Versicherung“ zu definieren.

§1 VVG spricht die Verpflichtungen der Vertragspartner des Versicherungsvertrags aus: Der Versicherer verpflichtet sich, mit dem Versicherungsvertrag ein bestimmtes Risiko des VN oder eines Dritten durch eine Leistung abzusichern, die er bei Eintritt des vereinbarten Versicherungsfalls zu erbringen hat. Im gleichen Zusammenhang wird dem VN auferlegt, die vereinbarte Prämie zu zahlen.

§ 1 VAG sieht vor, dass Privatunternehmungen, die den Betrieb von Versicherungsgeschäften zum Gegenstand haben, der staatlichen Aufsicht unterliegen. Im Versicherungsaufsichtsrecht wird das „Versicherungsgeschäft“ ebenso wenig definiert wie die „Versicherung“ im VVG. Damit hat es der Gesetzgeber der Wissenschaft und der Rechtspraxis überlassen, die Begriffe des Versicherungsvertrags und der Versicherung überhaupt zu bestimmen. Nur ein Rechtsgeschäft, das als Privatversicherung zu qualifizieren ist, unterliegt dem VVG. Ebenso ergreift die Versicherungsaufsicht nur solche Unternehmungen, die private Versicherungsverträge abschließen. Die Versicherung als besondere Form der Garantie ist deutlich von vergleichbaren Geschäften, etwa Bürgschaft, Wette oder Schuldgarantie, zu unterscheiden.

Die Versicherung eines Warenkredits eines deutschen Exporteurs an einen ausländischen Kunden ist ein der Versicherungsaufsicht unterliegendes Versicherungsgeschäft. Die Bürgschaft einer Bank für diese Forderung ist eine nicht versicherungsmäßige Interzession des Privatrechts.

2Eine Versicherung ist gegeben, wenn durch privaten Vertrag die dem VN drohenden Risiken in eine rechtliche Gefahrengemeinschaft gleichartig Gefährdeter so einbezogen werden, dass dem VN bei Realisierung des Risikos ein zivilrechtlicher Anspruch gegen den Versicherer auf Deckung seines Schadens, Bedarfs oder Plandefizits zusteht. Der Versicherungsbegriff beruht also auf folgenden Momenten: Vertrag, Risiko, Gleichartigkeit des Risikos, Gefahrengemeinschaft, Anspruch gegen den Versicherer. Das BVerwG hat das Versicherungsunternehmen als gegeben angesehen, „wenn es gegen Entgelt für den Fall eines ungewissen Ereignisses bestimmte Leistungen übernimmt (Garantieversprechen), wobei das übernommene Risiko auf eine Vielzahl durch die gleiche Gefahr bedrohter Personen verteilt wird und der Risikoübernahme eine auf dem Gesetz der großen Zahl beruhende Kalkulation zugrundeliegt“ (VersR 1987, 701). Aus diesem Grunde ist der entgeltliche Vertrieb einer Wartungsgarantie für Videoapparate als Versicherung gewertet worden, nicht aber die Übernahme einer 18-monatigen Langzeitgarantie bei einem langlebigen technischen Gerät – Waschautomat – (BVerwG VersR 1992, 1381). Ebenso wenig ist eine Versicherung die Zusage des Vereins Flugwacht e. V., fördernden Mitgliedern einen Anspruch auf Rückholung im Krankheitsfall einzuräumen, die Gewährung von Sterbegeld ohne Anspruch an die Mitglieder eines nicht rechtsfähigen Vereins (BVerwG VersR 1987, 273, 297) oder die Prozessfinanzierung durch die FORIS AG (BAV NJW 1999, 3540).

II.  Wirtschaftliche Basis der Versicherung


3Der wirtschaftliche Hintergrund des Versicherungsgeschäfts besteht in der finanziellen Vorsorge für den Einzelnen durch Umlegung des Schadens und vorher schon in der Überwälzung des Risikos auf eine Gemeinschaft. Dabei wird die Gemeinschaft durch den Versicherer verkörpert, der indes eine juristisch selbstständige Person darstellt. Die Gefahren der menschlichen Existenz generell, etwa das Risiko, krank zu werden oder früh zu sterben, ebenso wie spezielle Gefahren, etwa aus dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs oder einer Atomenergiegewinnungsanlage, veranlassen dazu, die Risiken breit zu streuen. Grundsätzlich besteht Versicherungsfreiheit, ausnahmsweise Versicherungspflicht. Regelmäßig wird die Versicherung freiwillig aus Sorge vor dem drohenden Nachteil genommen, wie bei der Lebens- oder Krankenversicherung, mag der Abschluss auch durch steuerliche Vorteile erleichtert werden. Kraft besonderer gesetzlicher Anordnung gibt es auch Pflichtversicherungen, etwa die des Kraftfahrzeughalters für das Haftpflichtrisiko aus dem Betrieb des Automobils. Die Versicherungspflicht soll den Halter vor dem Risiko der Haftung für einen möglicherweise hohen Schaden bewahren, noch mehr aber den Verletzten durch eine zwangshaftpflichtversicherte Gefährdungshaftung sicherstellen.

Ein französischer Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit, der Lehrer versichert, hatte den höchsten von einem Auto verursachten Sachschaden des Jahres 1976: ein Citroen blieb auf einem Eisenbahnübergang wegen eines defekten Reifens liegen, ein Güterzug fuhr auf, entgleiste, riss die Gleise auf, stürzte eine Eisenbahnbrücke in den Kanal und folgte, E-Lok und Wagen mit Bier und Fertigsuppe, in das Wasser. Der Schaden betrug DM 16 Mio., von der E-Lok angefangen bis zum Verlust eines Angelvereins für ausgesetzte Fische. Glücklicherweise trug der Rückversicherer 80 % des Schadens (The Economist vom 13. Juli 1976, S. 53).

4Der Grundgedanke der Versicherung beruht darauf, dass sich erfahrungsgemäß die Risiken einer großen Zahl von Versicherungsverträgen nur bei einem geringen Prozentsatz verwirklichen. Das gilt nicht stets für jedes einzelne Jahr, wohl aber auf einen größeren Zeitraum gesehen, bei dem der Eintritt der Versicherungsfälle auf die einzelnen Jahre verteilt relativ niedrig angesetzt werden kann. Der voraussichtliche Bedarf an Versicherungsleistungen ermöglicht es, den Versicherungsschutz gegen Leistung einer Prämie anzubieten, die den zu erwartenden Leistungsbedarf auf der einen Seite sowie die Kosten des Unternehmens und einen angemessenen Gewinn auf der anderen Seite beinhalten. Das Risikomoment des einzelnen Versicherungsvertrags wird also durch die Vielzahl gleichartiger Versicherungsverträge so verdünnt, dass der Wagnischarakter oder das spekulative Element auf Seiten des Versicherungsunternehmens verblasst. Durch Rückversicherungen wälzen die Versicherer das Risiko überwiegend oder teilweise weiter ab.

Das Gesetz der großen Zahl verlangt freilich, dass eine entsprechende Menge von Versicherungsverträgen abgeschlossen wird. Das ist bei Massenrisiken, etwa im Bereich der Lebensversicherung oder der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung, regelmäßig bei den Versicherern gegeben. Es gibt jedoch Risiken, bei denen nur eine relativ geringe Zahl von VN oder nur besonders Gefährdete als VN zur Verfügung stehen. Die Versicherung der besonders Gefährdeten wird nur zu hohen Prämien oder gar nicht möglich sein. Die Versicherung der kleinen Zahl, etwa die Berufshaftpflichtversicherung für Anwälte, Architekten oder Arzneimittelhersteller, wird nur von wenigen überregional tätigen Versicherern angeboten und oft im Wege der Mitversicherung, des Versicherungspools oder der Rückversicherung breit gestreut. Die Versicherungsunternehmen sind dann nicht selten gezwungen, durch Zusammenfassung der Risiken auf diese Weise deren Durchschlagskraft zu verringern.

III.  Rechtliche Einordnung des Versicherungsvertrags


5Die rechtliche Einordnung des Versicherungsvertrags in die typischen Verträge des besonderen Schuldrechts bereitet Schwierigkeiten. Das Versicherungsgeschäft hat einen eigenständigen Vertragstyp hervorgebracht. Will man den Versicherungsvertrag in Parallele zu den abstrakten Einordnungstypen des BGB setzen, so handelt es sich um ein Risikoübernahmegeschäft nach Art des Garantievertrags. Die Versicherung ist ein gegenseitiger Vertrag. Auf der einen Seite steht die Leistung der Garantiegewährung, auf der anderen Seite die Prämienzahlung. Die Garantie bezieht sich auf den Eintritt eines Risikos und enthält eine insoweit bedingt versprochene Leistung des Versicherers. In der Theorie der Bedingung des Allgemeinen Teils des BGB unterscheidet man die Unsicherheit des Eintritts einer Bedingung überhaupt (incertum an), etwa die Haftpflicht oder der Unfall, von der zeitlichen Unsicherheit der gewiss eintretenden Bedingung (incertum quando), z. B. den Todesfall. Wie schon die Beispiele zeigen, finden für die Versicherung beide Bedingungsformen Anwendung. Für den Versicherungsvertrag gelten die allgemeinen Regeln des BGB über den gegenseitigen Vertrag. Es findet jedoch kein besonderer Vertragstyp des Schuldrechts Anwendung. Der Garantievertrag, unter dessen Allgemeintyp der Versicherungsvertrag fällt, ist bekanntlich im BGB nicht geregelt. Es gelten also neben den Vorschriften des Allgemeinen Teils und des Allgemeinen Schuldrechts des BGB hauptsächlich die Bestimmungen des VVG und der allgemeinen Versicherungsbedingungen. Der Versicherungsschutz erscheint als Hauptleistung eines entgeltlichen Vertrags. Dementgegen sind Garantieleistungen, die im Bereich von Kauf und Dienstleistungsverträgen versprochen werden, keine Versicherung.

IV....


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