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E-Book

Vertikales Bauen in Europa

Eine soziologische Analyse

AutorAndrea Glauser
VerlagCampus Verlag
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl266 Seiten
ISBN9783593438665
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis35,99 EUR
In den letzten zwei Jahrzehnten sind weltweit so viele Hochhäuser gebaut worden wie nie zuvor. Auch in Europa, wo lange Zeit vor allem Kirchtürme und Schornsteine vertikale Akzente setzten, prägen sie vermehrt das Gesicht der Städte. Die neuere monumentale Architektur ist mit vielfältigen Versprechen, Begehrlichkeiten und Befürchtungen verknüpft. Am Beispiel von Paris, London und Wien diskutiert diese Studie, welche Vorstellungen von Urbanität dabei im Spiel sind. Sie verortet das vertikale Bauen im Spannungsfeld von globalisierten Vergleichshorizonten einerseits und städtischem Eigensinn andererseits.Andrea Glauser vertritt die Professur für Soziologische Theorie und Allgemeine Soziologie am Soziologischen Seminar der Universität Luzern.Inhalt I Einleitung 7 1 Ausgangslage, Fragestellung 7 2 Forschungsdesign - methodischer Zugang, empirisches Material 12 3 Aufbau der Studie 17 II Diskussionslandschaft und theoretische Bezüge 21 1 Simmels Konzept der 'Raumform' als Ausgangspunkt 21 2 Auf den Spuren städtischen Eigensinns 23 3 Stadt, Globalisierung, Beobachtungsfelder 41 4 Architektur als 'gebaute Gesellschaft' 48 5 Konturen sozialwissenschaftlicher Hochhausforschung 58 III Vertikales Bauen zwischen globalisierten Mustern und lokaler Besonderheit - Fallstudien zu europäischen Metropolen 67 1 Entstehungskonstellationen, Übersetzungsdynamiken 67 2 Paris 79 2.1 Eine Ringautobahn als Bilderrahmen 81 2.2 'Bertrand Delanoë a plusieurs tours dans son sac' 99 2.3 Gegenstimmen 108 2.4 Bilder von Paris und die Fixierung auf Schönheit 113 2.5 Omnipräsentes London und die Distanzierung von der eigenen Geschichte 121 3 London 130 3.1 Das Prinzip 'Flickenteppich' und ein extraterritoriales, überwachtes Zentrum 133 3.2 Vertikalisierung als tour de force - Baupraxis und Rechtfertigungen 145 3.3 'The skyline of London is out of control.' Unbehagen in der vertikalisierten Stadt 157 3.4 Global City, hierarchisches Stadtverständnis und die Abgrenzung vom ?Kontinent? 161 4 Wien 169 4.1 Brüchige Re-Fortifizierung des Zentrums und die Donau als soziale Begrenzung 174 4.2 'Wien wächst wieder' - Wo Hochhäuser (noch) Modernität versprechen 184 4.3 Katz-und-Maus-Spiele mit der UNESCO - Kritik an der Wiener Baupraxis 199 4.4 Bilder der Stadt: Wien zwischen Morbidität und wiedererlangter Zentralität 205 4.5 Dominante Ost-West-Blickachse 210 IV Gebrauchsformen und Symbolik des aufragenden Bautyps 215 1 Bedeutungsproduktion vor Ort - Hochhaus und städtischer Eigensinn 215 2 Rolle und Wahrnehmung 'ikonischer' Architekten 223 3 'Monsters of the mere market' - Hochhaus, Kapitalismus, Überbietungslogik 229 4 Ausblick 232 Literatur 235 Dank 265

Andrea Glauser vertritt die Professur für Soziologische Theorie und Allgemeine Soziologie am Soziologischen Seminar der Universität Luzern.

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Leseprobe
I Einleitung 1 Ausgangslage, Fragestellung 'Himmelsstürmer sind wieder in', hieß es in der Neuen Zürcher Zeitung anlässlich der Ausstellung 'L'invention de la tour européenne' im Pariser Pavillon de l'Arsenal (Zitzmann 2009). Nach wechselhaften Konjunkturen spielt das Hochhaus in heutigen Debatten um Urbanität, Stadtentwicklung und Architektur eine herausragende Rolle, und es prägt unübersehbar das Gesicht der Städte: In den letzten rund 15 Jahren sind weltweit so viele Hochhäuser gebaut worden wie nie zuvor (Museum für Gestaltung Zürich/Janser 2011; Matzig 2017; Wood 2010). Vor allem in Asien - und hier besonders in China sowie in der Golfregion - wachsen Metropolen rasant in die Höhe. Aber auch in Europa, wo mit Ausnahme von Frankfurt am Main Hochhäuser in Stadtzentren lange Zeit weitgehend fehlten und vor allem Kirch- und Rathaustürme sowie Schornsteine vertikale Akzente setzten, mehren sich solche Projekte. Mittlerweile formulieren sogar Kleinstädte in ländlichen Gegenden Hochhauskonzepte und ergreifen Maßnahmen zur Förderung des aufragenden Bautyps (Ackermann 2011). Diese Hinwendung zu einer stärkeren Vertikalisierung des Stadtbildes ist jedoch umstritten und konfliktreich. Wie der Bautyp des Hochhauses in europäischen Städten eingesetzt werden kann und soll - darüber gehen die Ansichten stark auseinander. Die Hochhausdebatten drehen sich dabei meist nicht nur um einzelne Bauprojekte, sondern grundsätzlich um Fragen nach ?erstrebenswerter? Urbanität sowie Macht in städtischen Räumen. Das vertikale Bauen involviert Interessenkonflikte und vereint vielfältige Versprechen und Schwierigkeiten: Wenn heute vom Hochhausbau die Rede ist, sind Verweise auf Bevölkerungswachstum und eine zunehmende Urbanisierung des sozialen Lebens meist nicht weit. Durch die Stapelung von Flächen soll zusätzlicher Raum generiert und der 'Zersiedelung' (dem 'urban sprawl') Einhalt geboten werden. Vertikales Bauen wird gerne als Strategie propagiert, um Grün- und Freiflächen zu bewahren - ein veritables modernistisches Leitmotiv (Fromonot 2008: 16). Im Mittelpunkt solcher Diskussionen stehen vor allem, aber keineswegs ausschließlich, Büro- und Wohnräume. In Brasilien und Israel etwa gibt es Hochhausfriedhöfe, und ausgehend von New York wird seit einiger Zeit über Landwirtschaft im Wolkenkratzer - 'vertical farming' - debattiert sowie mit einschlägigen Techniken experimentiert (Despommier 2011; Frazier 2017). Forderungen nach ?effizienter? Nutzung der Bodenfläche durch Hochhäuser werden nicht zuletzt mit Renditefragen verknüpft. Wo es die Bauordnung erlaubt, durch Stapelung von Flächen eine höhere Ausnutzung des Grundstücks zu erreichen, tangiert der Hochhausbau zentral auch ökonomische Interessen (Willis 1995). Das vertikale Bauen weckt zudem in Sachen Visualität Begehrlichkeiten: Stadtregierungen und Unternehmen greifen auf den augenfälligen Baustil zurück, um 'Signale' zu senden und prosperierende Urbanität zu inszenieren bzw. zu simulieren (Bodenschatz 2000). Die neueren, für Zentrumslagen entworfenen Projekte sind typischerweise Prestigebauten par excellence. Sie stehen für einen, wie es gerne heißt, 'glamourösen' Baustil, der ökonomisches und künstlerisch-architektonisches Kapital fusioniert und meist auch in technischer Hinsicht ambitioniert auftritt (Foster 2011; Peters 2003: 10; Sklair 2010). Offensichtlich verbinden sich mit diesen schillernden Monumenten nicht nur nüchtern-funktionale Anliegen. Gerade wegen ihrer Augenfälligkeit werden Hochhäuser jedoch auch häufig als 'Störung' (oder Zumutung) wahrgenommen, zumal im Kontext von historischen Stadtbildern (Glauser 2016; Rodenstein 2006). Die Vorstellung, dass sich Hochhäuser von historischen Monumenten fernhalten sollten, ist keineswegs eine ausschließlich europäische. Wie verschiedene Quellen belegen, sorgten etwa auch in New York Wolkenkratzer in der Nähe von Kirchen für Irritationen. Ein Beispiel hierfür sind die Beschreibungen Henry James' in The American Scene, in denen er beklagt, dass die Trinity Church ('poor old Trinity') plötzlich von solchen Bauten - 'monsters of the mere market' - umstellt sei (James 2000 [1907]: 375, 378). Hochhäuser gelten als schwierige Nachbarn, insofern sie ihre Umgebung im wahrsten Sinne des Wortes in den Schatten stellen, und sie gehen bezüglich Sicherheit und Finanzierung mit besonderen Herausforderungen einher - mit zunehmender Bauhöhe steigen die notwendigen Aufwendungen typischerweise überproportional an (Peters 2003; Zaera-Polo 2007). In den Bauordnungen vieler europäischer Städte ist die Möglichkeit einer höheren Grundstücksausnutzung durch Vertikalisierung stark beschränkt. Ob solche Regelungen, etwa zur Verhütung von Bodenspekulation, angebracht sind, darüber gehen die Ansichten auch von Expertinnen und Experten auseinander. Nicht zuletzt gibt der Energieverbrauch von Bürotürmen Anlass zu Diskussionen: Als 'Energiefresser' seien solche Bauten kaum mit den Zielen des Klimaschutzes vereinbar, lautet eine verbreitete Kritik (Paquot 2008a; Wood 2010). Im Zentrum dieses Buches steht die Frage, wie in europäischen Metropolen von der Möglichkeit des vertikalen Bauens Gebrauch gemacht wird und welche Interpretationen das Hochhaus dabei erfährt. Nach welcher Logik werden wünschenswerte von quasi illegitimen Bauten, ?mögliche? von ?unmöglichen? Standorten unterschieden und potentielle oder aktuelle Konflikte ausgetragen? Wofür steht das Hochhaus in der jeweiligen Stadt? Was wird überhaupt als Hochhaus aufgefasst, und welches sind die (expliziten und impliziten) Spielregeln, die den Umgang mit diesem Bautyp prägen? Meine Untersuchung interessiert sich für Parallelen und Unterschiede in städtischen Bau- und Diskussionspraktiken und verortet die unterschiedlichen Positionen im Spannungsfeld von globalisierten Mustern einerseits und individueller Stadtgeschichte - städtischem Eigensinn - andererseits. Ein besonderes Augenmerk gilt der Stadtplanung - also dem Agieren jener Akteure, die für das Erarbeiten von Strategien sowie die Umsetzung und Konkretisierung gesetzlicher Vorgaben zuständig sind. Stadtplanungsämter haben zwar keineswegs in allen Ländern Europas dieselben Züge und dasselbe Gewicht; sie spielen jedoch in der europäischen Stadtgeschichte insgesamt eine wichtige Rolle und formen die Grenzen und Möglichkeiten gebauter Ordnung wesentlich mit (Albers 1997; Altrock/Schubert 2005; Siebel 2004a; Sutcliffe 1981; Weber/Crane 2012). Gerade weil das Hochhaus wie kaum ein anderer Bautyp polarisiert, ist es aufschlussreich zu beleuchten, wie sich diese Instanzen, welche die Stadt als Ganzes und nicht zuletzt auch das Gemeinwohl im Blick haben sollten, zum vertikalen Bauen stellen (Burckhardt 2013 [1981]; Burckhardt 2004 [1974]; Dröge/Magnin 2010: 105; Häußermann 1997). Die Studie setzt bei der Beobachtung an, dass in vielen Städten, namentlich europäischen, die Hochhausdebatten maßgeblich Auseinandersetzungen um Stadtbilder sind, also die materialisierte (bzw. rekonstruierte) Geschichte eines Ortes. Ein zentrales Bezugsproblem der Stadtplanung ist denn auch das Verhältnis von historischem Stadtbild und neuen augenfälligen Bauten. Damit zusammenhängend spielen für die vertikale Entwicklung einer Stadt Grundsätze der lokalen Denkmalpflege und auch die Institution des 'UNESCO-Welterbes' eine nicht zu vernachlässigende Rolle. Wenn die Bewahrung lokaler Besonderheiten als Argument gegen den Hochhausbau ins Feld geführt wird, so ist zu berücksichtigen, dass häufig auch internationale Organisationen an solchen Positionierungen beteiligt sind: Die Verteidigung des ?Lokalen? gegenüber globalisierten Baumustern geht keineswegs ausschließlich oder primär von lokalen Akteuren aus, sondern wesentlich auch von global organisierten Interessenvertretungen (Betts/Corey 2015a; Boyer 1994). Anders als in der Architektur- und Städtebaugeschichte und der Geografie, wo das vertikale Bauen intensiv erforscht wird, ist es in der Soziologie bislang nur am Rande auf Interesse gestoßen. Die Auseinandersetzung beschränkt sich auf vereinzelte Studien - etwa zum Wohnen im Hochhaus (Beng Huat 1997; Herlyn 1970), zu Wolkenkratzern im Kontext von 'Ground Zero' (Jones 2006) oder zur vertikalen Stadtentwicklung Europas im 20. Jahrhundert (Rodenstein 2006; 2002). Was spricht dafür, diesem Phänomen in einer soziologischen Perspektive mehr Aufmerksamkeit zu schenken und einschlägige Fragen nicht einfach Historikerinnen, Kulturgeografen und Architektinnen zu überlassen? Zum einen ist das vertikale Bauen - gerade weil es konfliktreich ist - ein vielversprechender Ansatzpunkt, um aktuelle Vorstellungen von Urbanität zu rekonstruieren und zeitdiagnostische Fragen zu diskutieren: In den Auseinandersetzungen um Bauprojekte artikulieren sich Standpunkte bezüglich der Ideale einer Stadt und damit letztlich auch der Gesellschaft - sie werden so für die Forschung greifbar. Europäische Städte, die hinsichtlich globaler Höhenrekorde quasi als uninteressant abgetan werden könnten, sind in dieser Hinsicht ebenso aufschlussreiche Untersuchungsgegenstände wie Metropolen, in denen der Hochhausbau euphorisch betrieben wird und wo die weltweit höchsten Türme in den Himmel ragen. Zum anderen ist das vertikale Bauen mit Blick auf die Auseinandersetzungen um Globalisierung und Weltgesellschaft ein interessantes Phänomen. Ausgehend von Baupraktiken in den USA hat sich das Hochhaus in den letzten rund 100 Jahren weltweit verbreitet, wobei der Umgang mit dem Bautyp ortsspezifische Färbungen aufweist und zentral auch lokale Problemstellungen, Konflikte und Diskurse tangiert (King 2004; Ren 2011; Scharfenroth 2009; Taillandier u. a. 2009). Insofern hat der Tendenz nach jede Stadt ihr eigenes - einzigartiges - Verhältnis zum Hochhausbau (Museum für Gestaltung Zürich/Janser 2011). Das Beispiel des vertikalen Bauens verspricht damit aufschlussreiche Einblicke in das Zusammenspiel von Globalisierung und Lokalisierung - die lokale Rekonfiguration von globalisierten Mustern (Czarniawska 2010 [2002]: 7ff.). Die damit verbundene gleichzeitige Erzeugung von Homogenisierung und Heterogenisierung wurde bislang lediglich vereinzelt an räumlich-architektonischen Phänomenen ausgelotet (vgl. etwa Diener u. a. 2015; Jacobs 2006; King 2004). Die vorliegende Untersuchung rekonstruiert weder die globale Expansion des Hochhauses noch die Möglichkeitsbedingungen solcher Verbreitungsprozesse - dazu hätte der Fokus selbstredend anders ausgerichtet werden müssen. Im Zentrum des Interesses steht vielmehr die Frage, wie Akteure die globalisierte Praxis des Hochhausbaus in besonderen städtischen Zusammenhängen interpretieren und welche Formen der Bedeutungsproduktion damit verknüpft sind. Eine solche Blickrichtung ist in den letzten Jahren vor allem von Vertreterinnen des 'Skandinavischen Institutionalismus' propagiert und in fruchtbarer Weise zum Einsatz gebracht worden; ausgehend von solchen Studien konnte verdeutlicht werden, weshalb Globalisierung (auch) Differenzierung und Diversifizierung bedeutet und keineswegs nur Strukturangleichung mit sich bringt (Alasuutari 2015: 162ff.; Czarniawska 2010 [2002]). In der Auseinandersetzung mit dem aufragenden Bautyp drängt sich eine solche Perspektivierung besonders auf, da seine Verbreitung nicht selten als Paradebeispiel für die Uniformierung der Welt angeführt wird. Dass die Verhältnisse allein schon in europäischen Städten komplizierter sind, sollen die folgenden Fallstudien deutlich machen. Dabei interessiert vor allem auch die Frage, wie sich die Materialität gebauter Strukturen bei der Rezeption des Hochhauses in spezifischen Kontexten auswirkt. 2 Forschungsdesign - methodischer Zugang, empirisches Material Diesem Buch liegt die Überzeugung zugrunde, dass für das Verständnis dessen, wie die Bedeutung des Hochhauses (lokal) produziert wird, die Ebene der Stadt besonders relevant ist. Vor diesem Hintergrund umfasst das Forschungsdesign im Wesentlichen kontrastierende Fallstudien zu drei Metropolen. Im Fokus stehen die Hochhaus- und Stadtbildpolitiken der Städte Paris, London und Wien mitsamt den Konvergenzen und Divergenzen, die sich abzeichnen. Die solcherart analysierten Orte können und sollen nicht stellvertretend für die europäische Stadt stehen; derartige Strategien sind in den vergangenen Jahren angesichts der Heterogenität europäischer Städte zu Recht ins Kreuzfeuer der Kritik geraten (vgl. etwa Schubert 2001). Die Fallauswahl zielt vielmehr darauf, gewisse Konstellationen, die hinsichtlich aktueller Vorstellungen von Urbanität in (West-)Europa sowie mit Blick auf die Verschränkung von Globalisierung und Lokalisierung besonders interessant erscheinen, ins Blickfeld zu rücken. Mit 'besonders interessant' sind in diesem Zusammenhang nicht besonders spektakuläre Bauprojekte gemeint, sondern das Interesse gilt hauptsächlich den Konfliktlinien - dem Ringen alter Metropolen um neue Skylines sowie den Wegen, die sie dabei einschlagen (Hoff 2009). Mit den Fallstudien zu Paris, London und Wien beleuchtet die Untersuchung drei Städte, in denen das vertikale Bauen in den letzten Jahren in besonderer Weise für Unruhe sorgte. Bestrebungen, die Baupraxis stärker für den aufragenden Bautyp zu öffnen, haben sich in unterschiedlichen Formen als ausgesprochen kontrovers erwiesen. Auch fiel die Wahl im Rahmen eines theoretischen Samplings auf diese drei Städte, weil sich zwischen ihnen aufschlussreiche Kontraste abzeichnen, die vor dem Hintergrund bestimmter geteilter Züge umso markanter in Erscheinung treten. Alle drei Städte sind nicht nur touristisch hochfrequentierte Destinationen, sondern auch Hauptstädte, die im jeweiligen nationalen Kontext dominieren sowie darüber hinaus, im globalen Rahmen, als wichtige Zentren in ökonomischer, politischer und kultureller Hinsicht fungieren - mit unterschiedlicher Schwerpunktsetzung. Die heutigen Stadtgestalten sind das Ergebnis komplexer, sich über mehrere Jahrhunderte hinziehender Formierungsprozesse, und damit das Produkt verschiedener Bauphasen sowie der sie fundierenden gesellschaftlichen Konstellationen. In der Stadtforschung wurde ihnen vor allem deshalb Aufmerksamkeit zuteil, weil sie in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zum Schauplatz radikaler urbaner Transformationen wurden, die Maßstäbe setzten (Cohen/Frank 2013; Csendes/Opll 2006; Fehl/Rodríguez-Lores 1995; Frisby 2001; Harvey 2003; Olsen 1988). Dies gilt insbesondere für Paris - die 'Hauptstadt des 19. Jahrhunderts' (Benjamin 1977 [1935]). Um 1900 gehörten alle diese drei Städte, angeführt von London, zu den bevölkerungsreichsten weltweit und waren Inbegriff moderner Metropolen. Heute steht in Paris, London und Wien das bauliche Erbe stark im Fokus von (Re-)Inszenierungsarbeit und wird mitunter exzessiv bewirtschaftet. Gleichzeitig sind in allen drei Fällen städtische Akteure sehr um ein modernes Stadtbild bemüht - und schlagen dabei unterschiedliche Wege ein. Der für diese Städte charakteristische Umgang mit historischer und zeitgenössischer Architektur weist über weite Strecken eigensinnige Züge auf, die es hinsichtlich ihres 'So-und-nicht-anders-Gewordenseins' genauer zu beleuchten gilt (Weber 1988 [1904]: 171). Paris ist für die Auseinandersetzung mit dem Hochhausbau insofern zentral, als man in dieser Stadt unterschiedliche, ja geradezu gegensätzliche Strategien erprobte und davon wichtige Impulse für die vertikale Stadtentwicklung andernorts ausgingen. Dies gilt namentlich für die Konstruktion des Eiffelturms anlässlich der Weltausstellung von 1889 wie auch für die Errichtung des Bürohochhausviertels La Défense im Westen von Paris - außerhalb der Stadtgrenzen, aber in unmittelbarer Verbindung zum Zentrum. Ab den späten 1950er Jahren bis zu Beginn der 1970er Jahre gab es dezidierte Bestrebungen, die Stadt auch intra muros in eine veritable Hochhausmetropole zu transformieren; so entstanden zahlreiche Türme, die in dieser Zeit zu den höchsten in Europa zählten. Diese vertikalen Ambitionen gerieten indes stark unter Beschuss, und seit Mitte der 1970er Jahre kennt die Stadt vergleichsweise strenge Höhenbeschränkungen, die einem Hochhausverbot gleichkommen. Diese wurden in den letzten Jahren zwar leicht gelockert: Nach zähen, hitzigen Debatten haben die Stadtbehörden vereinzelt Solitärbauten mittlerer Höhe bewilligt, mit denen städtische ?Problemzonen? aufgewertet und verdichtet werden sollen (Taillandier 2009). Die konkrete Baupolitik orientiert sich allerdings weiterhin klar an der Devise, dass das städtische Zentrum von historischen Strukturen geprägt sein solle und neuere augenfällige Bauten im wahrsten Sinne des Wortes lediglich am Rande der Stadt tolerierbar seien. Die vorherrschende, auch in der Stadtplanung relevante Auffassung von Paris versteht diese Stadt als eine Art Kunstwerk von herausragender, historisch gewordener Schönheit, von der alles, was diese gefährden könnte, möglichst fernzuhalten ist. Die Stadtgrenzen, die durch die Ringautostraße Boulevard Périphérique in eigentümlicher Weise materialisiert sind, fungieren dabei als 'Bilderrahmen' im Sinne Georg Simmels (1995 [1902]). Was nicht eindeutig für Singularität steht und eher Assoziationen an Quantität als an Qualität weckt - Hochhäuser im Kollektiv beispielsweise -, wird weitgehend in die Vorstädte verbannt. London drängt sich insofern als Vergleichsfall auf, als diese Stadt für Akteure in Paris gegenwärtig wie auch historisch gesehen die maßgebliche Referenz darstellt(e) - nicht zuletzt in Fragen des Städtebaus. In der britischen Kapitale wurden in den letzten Jahren ebenfalls die Weichen für mehr vertikales Bauen gestellt, allerdings in weitaus radikalerer Form als in Paris. Seit gut 15 Jahren setzen die Stadtbehörden auf nichts Geringeres als eine Vertikalisierung des historischen und wirtschaftlichen Zentrums der Stadt (Grubbauer 2011b; Tavernor 2004). In und um die City of London und mittlerweile auch in vielen anderen Stadtteilen wurden in einer veritablen tour de force zahlreiche Türme errichtet, die europaweit zu den höchsten zählen. Zusammen mit Moskau, Istanbul und Frankfurt am Main gehört London zu jenen Städten Europas, die auch in zentralen Lagen ganze Rudel von Hochhäusern ins Stadtgefüge integrieren. Damit wird von der in europäischen Städten verbreiteten Idee, dass das Stadtzentrum wesentlich durch das historische Erbe dominiert sein soll - dieses Konzept war auch in London bis in die 1990er Jahre bestimmend -, deutlich Abstand genommen. Bemerkenswert ist, dass dieses Vorgehen von Akteuren vor Ort hauptsächlich damit begründet wird, dass London zusammen mit New York und Tokio zu den wichtigsten 'Global Cities' gehöre und Türme der ?adäquate? Ausdruck von Londons Stellung als wichtiges Finanzzentrum und Weltmetropole seien. Zwar war und ist der Hochhausbau auch in London stark umstritten. Die Vertikalisierung der Stadt wie auch das angesprochene Deutungsmuster konnten sich jedoch in bemerkenswerter Weise durchsetzen; es fungiert dabei weitgehend als Ersatznarrativ zur Konzeption Londons als 'Heart of the Empire' (Jacobs 1994: 760; Liedtke 2006: 8). Der Umgang mit dem vertikalen Bauen in der Stadt Wien steht in mancher Hinsicht zwischen den Städtebau- und Hochhauspolitiken von London und Paris; zu den Verhältnissen in diesen zwei Städten zeichnen sich aufschlussreiche Parallelen und Kontraste ab. Außerdem ist das Fallbeispiel Wien mit Blick auf gegenwärtige Konfliktkonstellationen erhellend, in die nicht selten das UNESCO-Welterbekomitee involviert ist. In der österreichischen Kapitale wurde das Hochhaus vor allem in der Zeit nach dem Fall des Eisernen Vorhanges, die gerne als 'zweite Gründerzeit' apostrophiert wird, zu einem verbreiteten Phänomen. Gestützt auf eine (Bild-)Semantik der Internationalisierung und die Konzeption Wiens als 'Drehscheibe zwischen Ost und West' (Grubbauer 2011a: 20), verfolgte die Stadtregierung in den 1990er Jahren zunächst eine offensive Strategie im Umgang mit dem vertikalen Bauen und sah, ähnlich wie in London, auch an zentralen Orten der Stadt Hochhäuser vor. Die Bestrebungen, historische und zeitgenössische augenfällige Architekturen zu verzahnen, kollidierten indes bald mit der Strategie, die gesamte Wiener Innenstadt als 'Welterbe' und damit als universal bedeutsames Artefakt von der UNESCO anerkennen zu lassen. Die Konsekration als 'Welterbe' lief auf eine Re-Fortifzierung des Stadtzentrums hinaus. Vor diesem Hintergrund haben sich die Hochhausstrategien Wiens jenen von Paris angenähert. Dies kann indes nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Hochhaus in den zwei Städten - vor allem aufgrund divergierender historischer Erfahrungen - höchst unterschiedlich konnotiert ist. Zudem ist in Wien die Dominanz des Zentrums durch historische Strukturen umstritten und von einer ambivalenten Haltung geprägt. Dies zeigt sich nicht zuletzt in permanenten Katz-und-Maus-Spielen mit dem UNESCO-Welterbekomitee sowie dem Umstand, dass das 'Historische Zentrum Wien' schließlich wegen eines geplanten Hochhauses im Juli 2017 auf die 'Liste des gefährdeten Welterbes (Rote Liste)' gesetzt wurde. Es ist nicht ohne Ironie, dass im Falle Wiens der Hochhausbau auf der einen Seite in engem Zusammenhang mit der Errichtung der (vertikalen) 'UNO City Vienna' steht und auf der anderen Seite das UNESCO-Welterbekomitee maßgeblich dafür verantwortlich ist, dass die Stadtregierung heute eine vergleichsweise zurückhaltende Strategie verfolgt und Hochhäuser, wenn auch nicht konsequent, so doch stärker als ursprünglich geplant an dezentralen Standorten konzentriert. Die Untersuchung dieser Städte und ihrer Hochhauspolitiken stützt sich auf die Methodik der 'Grounded Theory'. Diese steht in der sozialphilosophischen Tradition des Pragmatismus und umfasst analytische Instrumente, anhand derer eine gegenstandsbasierte Theorie des vertikalen Bauens ausgearbeitet wird (Bryant/Charmaz 2010; Glaser/Strauss 1967; Strauss/Corbin 1996; Strübing 2008). Der Zugang der 'Grounded Theory' zeichnet sich durch eine enge Verschränkung von theoriegeleiteter Datenerhebung und materialen Analysen aus. Der Forschungsprozess sieht dabei vor, dass zunächst relativ extensiv Daten erhoben und auf mögliche relevante Kategorien hin untersucht werden ('offenes Kodieren'). In den folgenden Schritten wird die Untersuchung spezifischer. Daten werden gezielt auf bestimmte Kategorien, deren Bedingungen, Konsequenzen und Kontexte hin analysiert ('axiales Kodieren'), um schließlich Kernkategorien auszuwählen und Zusammenhänge zwischen diesen und anderen Kategorien herauszuarbeiten ('selektives Kodieren') (Strauss/Corbin 1996: 43-117). Ausgehend von diesem Ansatz wurde bewusst darauf verzichtet, Dimensionen für den Vergleich von Hochhauspraktiken und -debatten von Beginn an festzulegen und Städte in einer standardisierten Weise zu vergleichen. Vielmehr ging es zunächst darum zu eruieren, welche Städte sich überhaupt für eine Kontrastierung eignen, d. h. welche Baustrategien wo anzutreffen sind und wie die Diskussionen über diese Thematik verlaufen. Ausgehend davon habe ich die jeweilige Hochhauspraxis und die für sie relevanten Kategorien und Zusammenhänge genauer untersucht, wobei auch stadtspezifische Muster im Sinne von materialisierten Strukturen und Regulierungen sowie Beobachtungs- und Imitationsverhältnisse von Interesse waren. Vor diesem Hintergrund galt es, die drei Städte miteinander ins Gespräch zu bringen und die Auseinandersetzung mit Parallelen und Differenzen zu vertiefen. Die empirische Analyse stützt sich auf verschiedene Erhebungsmethoden und Materialien. Um charakteristische bauliche Strukturen und Sichtbeziehungen in den Blick zu bekommen, waren - besonders in den frühen Phasen des Forschungsprozesses - ausgiebige Streifzüge und Erkundungstouren unumgänglich. Lucius Burckhardt (2011 [1996]; 2011 [1995]) hat diese Methodik treffend als 'Spaziergangswissenschaft' und 'Promenadologie' gefasst. Sie ist als ethnographische Methodik einem Erkenntnisstil des 'Entdeckens' verpflichtet (Amann/Hirschauer 1997: 9). Weiter basiert die Untersuchung auf 23 themenzentrierten, nicht-standardisierten Interviews, die ich mit involvierten Akteuren aus den Bereichen Stadtpolitik und Stadtplanung sowie Architektur und Denkmalpflege in Paris, Wien und London sowie in Städten Deutschlands und der Schweiz zwischen 2010 und 2012 durchgeführt habe. Diese Gespräche hatten einerseits den Charakter von Experteninterviews, insofern sie zu Beginn der Untersuchung primär der Erschließung des Feldes und der Debatten dienten; auf der anderen Seite waren sie Teil des Untersuchungsgegenstandes und wurden daraufhin befragt, inwiefern sich in ihnen stadtspezifische Argumentationsmuster dokumentieren. Die Auseinandersetzung mit den drei Städten basiert zudem auf einer breit angelegten Dokumentenanalyse. Die einschlägige Quellenbasis umfasst eine Vielzahl publizierter und nicht-veröffentlichter Dokumente, welche für die jeweiligen Hochhausdebatten und -strategien zentral sind, wie etwa rechtliche Grundlagen (Bauordnungen) und Reglemente, Hochhausleitbilder, städtebauliche Entwicklungsstudien, Dokumentationen zu Denkmalpflege und Kulturerbe sowie politische Positionspapiere und Presseartikel. Von zentraler Bedeutung für die Untersuchung der Bau-, Deutungs- und Diskussionspraktiken in Paris, London und Wien waren ferner Studien zur Geschichte dieser Metropolen sowie zu Fragen des Städtebaus. 3 Aufbau der Studie Zunächst beleuchte ich die theoretischen Instrumente und Debatten, auf die sich meine Untersuchung des vertikalen Bauens bezieht. Ausgangspunkt dieser Sondierungen ist Georg Simmels Raumsoziologie, welche dieses Projekt in basaler Weise inspiriert hat. Simmel misst der Auseinandersetzung mit räumlichen Phänomenen zentrale Bedeutung zu und versteht diese gar als eine Art erkenntnistheoretischen Trick, um relevanten sozialen Mustern auf die Spur zu kommen. Vor dem Hintergrund dieser raumsoziologischen Überlegungen wird der Blick auf das Phänomen Stadt gelenkt. Richtungsweisend für die vorliegende Studie ist die Überzeugung, dass es sowohl der Heterogenität des städtischen Lebens als auch dem Eigensinn von Metropolen Rechnung zu tragen gilt. Prominenter Anknüpfungspunkt ist eine theoretische Perspektive, welche die 'inevitable specificity of cities' betont und in den letzten Jahren an der Schnittstelle von Architektur, Soziologie und Geografie ausgearbeitet wurde (Diener u. a. 2015; 2005; Schmid 2015). Die Fallstudien zu Paris, Wien und London orientieren sich wesentlich an dieser Perspektive. Um das Verhältnis von städtischem Eigensinn und Globalisierung genauer fassen zu können, werden auch Debatten um Weltgesellschaft und die Verschränkung von Globalisierung und Lokalisierung aufgegriffen. Die erwähnte stadtsoziologische Perspektive erweitere ich durch Anleihen beim 'Skandinavischen Institutionalismus'; dieser regt dazu an, sich verstärkt den Beobachtungs- und Imitationsverhältnissen von Akteuren zu widmen (Alasuutari 2015; Czarniawska 2010 [2002]). Daneben spielen in dieser Untersuchung auch vergleichsweise ?handfeste? Aspekte - gebaute Strukturen - eine zentrale Rolle. Solche werden bereits bei der Darstellung des Konzepts der Spezifität von Städten thematisiert und sodann mit Blick auf neuere Debatten zur Architektursoziologie vertieft. Hierbei gilt ein besonderes Augenmerk der bestehenden sozialwissenschaftlichen Forschung zum Hochhausbau. Diese zeichnet sich insgesamt durch eine weitreichende, wenig produktive Zweiteilung aus. Um die damit verbundenen Engführungen zu überwinden, drängen sich Forschungsdesigns auf, die zum einen den Besonderheiten der jeweiligen Kontexte Rechnung tragen und zum anderen konsequent auf Vergleich bzw. Kontrastierung setzen. Der dritte Teil ist das empirische Herzstück der Untersuchung und umfasst die Fallstudien zu Paris, London und Wien. Von Interesse ist das Spannungsfeld von globalisierten Beobachtungs- und Vergleichshorizonten einerseits und eigensinnigen städtischen Praktiken andererseits. Die drei Fallstudien sind in ihren Grundzügen gleich aufgebaut und aus den theoretischen Überlegungen abgeleitet. Nach einem stadtspezifischen Auftakt rückt die Darstellung jeweils als erstes die wichtigsten Züge der gebauten Stadtlandschaft - das 'urban territory' (Schmid 2015: 291) - ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Dieses bildet in materieller Hinsicht die Ausgangslage für weitere Urbanisierungsprozesse und damit auch für Hochhaus- und Stadtbildpolitiken. Zu dieser Dimension zählen nicht zuletzt die architektonischen Zeugen vergangener Hochhausstrategien. Ein besonderes Augenmerk gilt den Grenzziehungsprozessen sowie der Art und Weise, wie sich (formelle oder informelle) Spielregeln in den städtischen Raum eingeschrieben haben. Vor diesem Hintergrund wende ich mich den jeweils aktuellen Hochhaus- und Stadtbilddebatten zu und diskutiere, welche Versprechen und Schreckensszenarien in den drei Städten mit dem Hochhausbau verknüpft sind und wofür der Bautyp überhaupt steht. Von Interesse ist dabei namentlich auch, welche Strategien die Stadtplanung in Paris, London und Wien verfolgt(e) und wie diese Akteure in der Öffentlichkeit den vermehrten Hochhausbau begründen. Diese Rechtfertigungen sind selbstredend nicht mit den Gründen für diese Strategien gleichzusetzen. Die Legitimationen interessieren vor allem im Hinblick auf zeitdiagnostische Fragen. Ich gehe davon aus, dass soziale Ordnung - auch gebauter Art - einem 'Rechtfertigungsimperativ' unterliegt, wobei sich Rechtfertigungen typischerweise auf gemeinwohlorientierte Konventionen zu beziehen haben (Boltanski/Chiapello 2003 [1999]: 46, 61; Boltanski/Thévenot 2007 [1991]). Dieser Rechtfertigungsimperativ ist untrennbar mit der Möglichkeit der Kritik verbunden. Diese ist ebenfalls Gegenstand der Untersuchung. Inwiefern sehen sich die verfolgten Hochhausstrategien mit Kritik konfrontiert? Wer bekämpft sie mit welchen Argumenten? Die rekonstruierten Debatten werden in zwei Richtungen hin genauer analysiert. Zum einen interessieren die Stadtbilder - die vorherrschenden Definitionen der Städte, die als zentrale sinnlogische Bezugspunkte in den Hochhausstrategien und Rechtfertigungsmuster aufscheinen. Es wird zu zeigen sein, dass diese hochgradig selektiven, kurzformelartigen Beschreibungen, die das Charakteristische einer Stadt fassen (sollen), häufig von Hochhausbefürwortern und -gegnern geteilt werden und als weitgehend unterhinterfragte Selbstverständlichkeiten im Umlauf sind. Zum anderen wird den Beobachtungs- und Imitationsverhältnissen nachgespürt. Erkenntnisse hierüber helfen zu verstehen, wie sich Akteure in einer Stadt orientieren und auf welchen Wegen das vertikale Bauen in die jeweilige Stadt gelangte. Ein zentraler Befund in diesem Zusammenhang ist, dass die Beobachtungsfelder der Stadtpolitik bemerkenswert eng sind und über weite Strecken eingespielten Blickverhältnissen folgen. Diese besonderen, von Tabus umstellten Bezugnahmen sind eng mit Fragen der Legitimität verknüpft und als Form der 'identity and alterity construction' ein veritables Politikum (Czarniawska 2010 [2002]: 16). Der einschlägige Beobachtungs- und Vergleichsmodus unterscheidet sich nicht nur grundlegend von der Art und Weise, wie Städte etwa im Rahmen von Rankings in großer Zahl zueinander in Beziehung gesetzt werden, sondern auch von der Vergleichspraxis global agierender Architekten, die mehrheitlich die neuen schillernden Türme in den untersuchten europäischen Metropolen und andernorts verantworten. Ziel dieses Teils des Buches ist es, die ortsspezifischen Färbungen der Hochhausdebatten und Baupraktiken in Paris, London und Wien herauszuarbeiten und zu verdeutlichen, in welchen Bedingungen sie gründen. Der vierte und letzte Teil greift die wichtigsten Befunde der Fallstudien nochmals auf und vertieft die Auseinandersetzung mit den Gebrauchsformen und der Symbolik des aufragenden Bautyps. Ich werde argumentieren, dass eine allgemeine Bedeutungstheorie des Hochhauses zum Scheitern verurteilt ist, da die Bedeutung solcher Bauten wesentlich in lokalen Zusammenhängen (mit-)produziert wird. Zudem werden ausblicksartig einige weitere Aspekte betrachtet, die sich im Rahmen der Fallanalysen als besonders bemerkenswert abgezeichnet haben: Dazu gehören die Rolle bzw. die Wahrnehmung der global agierenden 'ikonischen Architekten' (Sklair 2010) und die Beziehung von Hochhaus, Kapitalismus und Finanzindustrie. T
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