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Vertrauen im interkulturellen Kontext

VerlagVS Verlag für Sozialwissenschaften (GWV)
Erscheinungsjahr2008
Seitenanzahl257 Seiten
ISBN9783531910383
FormatPDF
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis46,99 EUR
Der Band versammelt die Beiträge einer Tagung zum Thema Interkulturalität des Phänomens Vertrauen am Orient Institut für Interkulturelle Studien (OIS) / Hochschule Heilbronn im Jahre 2006. Vorgestellt werden theoretische, methodische und kulturraumbezogene Ansätze aus dem arabisch-sprachigen Raum, China, Frankreich, Polen, Russland und Tschechien.

Dr. Elias Jammal ist Professor für interkulturelle Studien und interkulturelles Management mit dem regionalen Fokus auf den arabischen Raum an der Hochschule Heilbronn. Er ist Leiter des Orient Instituts für Interkulturelle Studien.

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Leseprobe
Reziprozität, Vertrauen, Interkultur. Kohäsionsorientierte Teamentwicklung in virtualisierten multikulturellen Arbeitsumgebungen (S. 69-70)

Jürgen Bolten

In vielen Industriezweigen beschreibt der „Arbeitstag 24" heute bereits den Normalfall: Konstruktionszeichnungen werden beispielsweise nacheinander für jeweils acht Stunden an Standorten in den USA, in Europa und in Asien bearbeitet und schrittweise gen Osten weitergeleitet. Unter Ausnutzung von Zeitverschiebungspotentialen umrunden sie innerhalb von 24 Stunden einmal die Welt, ohne dass der Arbeitsprozess unterbrochen werden müsste. Entsprechende Verfahren der Arbeitsorganisation gelten z.B. für die Auftragsbearbeitung in international organisierten Dienstleistungsunternehmen wie Großbanken, Logistikbetrieben oder auch Medieneinrichtungen. Ressourcennutzung wird dabei primär zeitbezogen gedacht: Wettbewerbsvorsprung können diejenigen für sich verbuchen, die in der Lage sind günstige Standortfaktoren mit bestmöglicher Zeiteffizienz bei der Auftragsbearbeitung zu vernetzen.

Gründe, sich dieser Entwicklung gegenüber skeptisch zu verhalten, gibt es sicherlich genug. Aber es ändert nichts daran, dass der „Arbeitstag 24" sich in den vergangenen Jahren nach und nach als unverzichtbares Element des Globalisierungsgeschehens etablieren konnte. Ursachen und Wirkungen dieses Prozesses sind dabei eng verwoben. Hierzu zählen informations-, mobilitäts- und medientechnologische Entwicklungssprünge ebenso wie die rapide Beschleunigung weltpolitischer, ökonomischer, ökologischer und gesellschaftlicher Veränderungsdynamiken oder wie – auf der Mikroebene - die zunehmende Virtualisierung von Arbeitswelten. Gemeinsam ist diesen Entwicklungen, dass sie Prozesse der internationalen Zusammenarbeit sowohl fordern als auch fördern – allerdings unter der Prämisse eines optimalen Umgangs mit der Ressource „Zeit".

So werden strategische Allianzen unter dem Aspekt der Flexibilitätssicherung heute in der Regel kurzfristig und in ihrer Dauer limitiert geplant. Für die Personalorganisation folgt daraus, dass Kurzzeitentsendungen an die Stelle langfristiger Auslandsaufenthalte treten, dass die Zahl der „Vielflieger" überproportional wächst (Harris 2005: 278) und dass es zum Normalfall zählt, multikulturelle Teams für mehr oder minder stark virtuell geprägte Arbeitsumgebungen zusammenzustellen.

Gerade angesichts der Intensität und zum Teil auch der Euphorie, mit denen derzeit vor allem bei großen Unternehmen ein entsprechender arbeitsorganisatorischer Kurswechsel hin zu (virtuellen) multikulturellen Teams2 vollzogen wird, wirken Befunde neuerer empirischer Untersuchungen zur Leistungsfähigkeit und zum Erfolg multikultureller Teams ernüchternd: Ihre Effizienz wird – in Abhängigkeit vom Virtualisierunggrad3 - durchweg schlechter bewertet als die Effizienz monokultureller Gruppen, wobei als Ursachen insbesondere Vertrauensmangel und Kommunikationsvermeidung genannt werden (u.a. Thomas 1999, Stumpf 2005, Köppel 2006/2008, Klein-Hitpaß/ Leibenath/ Knippschild 2006, Jedrzejczyk 2007).

In zugespitzter Form, deswegen aber nicht unplausibel, lässt sich die Schlussfolgerung ziehen, „dass kulturelle Diversität die Zusammenarbeit in Teams" erschwere „und sich belastend auf die Teammitglieder" auswirke, wodurch insgesamt „die soziale Effektivität multikultureller Teams negativ" beeinflusst werde (Jedrzejczyk 2007: 253). Derartige Befunde signalisieren vor allem interkulturellen Personalentwicklern dringenden Handlungsbedarf. Vor dem Hintergrund der nahe liegenden Fragestellung, ob und in welcher Weise eine Investition in multikulturelle virtua lisierte Arbeitsumgebungen überhaupt noch lohnenswert sein kann, soll nachfolgend zunächst vor allem aus handlungstheoretischem Blickwinkel nach Zusammenhängen zwischen dem diagnostizierten „Vertrauensdilemma" (Klein-Hitpaß/ Leibenath/ Knippschild 2006: 62) und kultureller Diversität (1) sowie zwischen dem „Vertrauensdilemma" und Aspekten der Virtualisierung (2) gefragt werden. Als perspektivenreich könnten sich für die interkulturelle Personalentwicklung vor diesem Hintergrund kohäsionsorientierte Konzeptualisierungen erweisen (3).
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis6
Vorwort8
Einleitung9
Vertrauen und soziales Handeln - Eine differentialpsychologische Perspektive12
1 Grundpfeiler der interdisziplinären Vertrauensforschung12
2 Die differentielle Vertrauenstheorie17
3 Perspektiven für die interkulturelle Kommunikation22
Literatur23
Wie kann man Vertrauensbildungsprozesse in sprachlicher Interaktion beobachten und beschreiben?26
1 Vertrauen in interkulturellen Kontaktsituationen27
2 Kultur in der „interkulturellen Kommunikation“29
3 Vertrauen in die Performativität von Kultur33
4 Analysebeispiel35
5 Fazit39
Literatur40
Anhang44
Opportunismus, Vertrauen und Kontrolle in internationalen Geschäftsbeziehungen49
1 Einführung: Kooperationen in der internationalen Wirtschaft49
2 Ein historisches Beispiel zur internationalen Unternehmenskooperation50
3 Das Risiko des Opportunismus in internationalen Geschäftsbeziehungen52
4 Vertrauen in den Kooperationspartner54
5 Kontrollmechanismen60
6 Abhängigkeiten62
7 Zusammenfassung62
Literatur63
Reziprozität, Vertrauen, Interkultur. Kohäsionsorientierte Teamentwicklung in virtualisierten multikulturellen Arbeitsumgebungen.66
1 Lost in Diversity?68
2 Lost in Virtuality?74
3 „Blended“ Ending?75
4 Let’s talk: Vertrauensbildungsprozesse in der interkulturellen Teamentwicklung für virtualisierte Arbeitsumgebungen77
Literatur88
Vertrauensaufbau in internationalen Geschäftsbeziehungen: Anregungen für ein akteursorientiertes Forschungsdesign91
1 Einleitung: Positive Wendung des Vertrauensdilemmas?91
2 Vermeidung konzeptioneller Schließung bei den Grundbegriffen92
3 Fokussierung auf die Aktivität und Kreativität der Akteure99
4 Resümee: Akteure ins Zentrum der interkulturellen Forschung103
Literatur103
Operationalisierung von Vertrauen im interkulturellen Kontext107
1 Problemstellung und Zielsetzung107
2 Konzeptualisierung interpersonellen Vertrauens108
3 Besonderheiten eines interkulturellen Kontexts111
4 Messung von Vertrauen in interkulturellen Beziehungen112
5 Beispiel zur methodischen Vorgehensweise118
6 Implikationen122
Literatur124
„Gemeinsam den Kopf hinhalten, falls etwas mal nicht gut gelaufen ist" - Interpersonales Vertrauen in deutsch- tschechischen Unternehmen128
1 Einleitung128
2 Vertrauen im interkulturellen Kontext129
3 Ziele der Untersuchung132
4 Datenerhebung132
5 Ergebnisse133
6 Zusammenfassung144
Literatur144
Relationship Management für Führungskräfte146
Die Geschichte von den Konzepten A und B146
1 Vertrauensindikatoren und Vertrauensmissverständnisse148
2 Vertrauensmissverständnisse in der interkulturellen Zusammenarbeit157
3 Deutsch-französisches Relationship Management Training173
Literatur182
Anhang: Französische Originalzitate184
Die Rolle von Vertrauen in sozialen Beziehungen – das Beispiel chinesischsprachiger Kulturräume1187
1 Face und die Bedeutung von Facework188
2 Guanxi – ein Leben in Beziehungspflege190
3 Von der Beziehungspflege zum Vertrauen – oder umgekehrt?196
4 Fazit: von der Beziehungsforschung zur Vertrauensforschung200
Literatur202
Vertrauen und die Organisation von Heterogenität Beispiele aus der deutschen staatlichen Entwicklungszusammenarbeit206
Vorwort206
1 Formale Organisation, Moralökonomie und Vertrauen208
2 Hybride Experten214
3 Organisation von Heterogenität in turbulenten Umwelten217
4 Schluss222
Literatur224
Vertrauen in deutsch-arabischen Wirtschaftsbeziehungen227
1 Einleitung227
2 Das Forschungsprojekt228
Land Diplomingenieur Wirtschaftswissenschaftler Jurist Geisteswissenschaftler Sonstiges229
Land Anzahl der deutschen Ip, die eine Auslandsvorbereitung erhielten229
Land Aufenthaltsdauer in Jahren230
3 Das Sprechen über Vertrauen und der Interviewkontext232
4 Begriffstheoretische Eingrenzung234
5 Vertrauenssphären235
6 Erwartungen, Erwartungserwartungen und die autologische Perspektive238
7 Der Stellenwert von Zeit, Kulturverstehen und Respekt240
8 Vertrauen: Annäherung an eine kulturspezifische Typologie241
9 Fazit, offene Forschungsfragen und Ausblick245
Literatur247
Register249
Autoren252

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