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E-Book

Videospiele und Identität(en). Identitätsarbeit in und über digitale Bildschirmspiele

Fallbeispiel Star Wars: The Old Republic

AutorSabrina Auer
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl176 Seiten
ISBN9783668035041
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis35,99 EUR
Masterarbeit aus dem Jahr 2015 im Fachbereich Medien / Kommunikation - Multimedia, Internet, neue Technologien, Note: 2, Alpen-Adria-Universität Klagenfurt (Medien- und Kommunikationswissenschaften), Veranstaltung: Game Studies, Sprache: Deutsch, Abstract: Die Welt ist vernetzt und auch wir Menschen selbst agieren heute als GrenzwandlerInnen zwischen dem Leben vor dem Bildschirm und der virtuellen Realität. Dabei von einer 'einzig wahren Realität' und einer gegenüberstehenden 'Nicht-Realität im Computer' zu sprechen, wäre nicht mit unseren neuen Lebensstilen und der Bedeutung der digitalen Lebensräume konform. Der Alltag und die Kommunikation spielen sich, anders als noch in den letzten Jahrzehnten, immer stärker in unserer digitalen 'Parallelwelt' ab. Das Leben vor dem Monitor verschwimmt immer mehr mit dem auf dem Bildschirm und dieser Trend nimmt nicht ab, im Gegenteil: Mobilität und Flexibilität auf vielen Ebenen ist heute gefragter denn je und dies nicht nur in der Freizeit; darum spielt Vernetztheit auch im Berufsleben eine essentielle Rolle. Ein nicht unmaßgebliches Gebiet der digitalen Welten machen die Computerspiele aus (und dies nicht nur im Alltag von Kindern und Jugendlichen). Immer mehr Erwachsene verbringen ihre Zeit heutzutage mit dem Computerspielen on- und offline; unser Alltag wird mehr und mehr bestimmt von dieser sogenannten Gamification. Doch was macht Videospiele eigentlich so populär und beliebt? Was fasziniert am digitalen Spiel und warum werden so viele Gamer von den virtuellen Welten am Monitor angezogen? Das manchmal so sehr, dass sie neben dem Spielen auch Cosplay-Kostüme anfertigen, um ihr/e LieblingsheldIn aus der virtuellen Welt im Alltag vor dem Bildschirm verkörpern zu können? Die vorliegende Masterarbeit soll sich unter anderem mit genau diesen Fragen beschäftigen. Es soll erklärt werden wo hier die Gelegenheiten zur Identitätsentwicklung und -formung liegen, welche Identitäten kreiert werden und inwiefern Videospiele Menschen beeinflussen und unterhalten können. Es stellt sich die Frage, wie viele Aspekte aus dem Leben vor dem Bildschirm in das virtuelle Leben mit einfließen und vice versa. Ein Hauptaugenmerk wird auf all die Wechselwirkungen zwischen Spiel und Alltag gelegt. Vorteile des Spielens werden beleuchtet werden, sowie auch mögliche Risiken und Gefahren. Einen nicht unwichtigen Punkt werden zudem die Thematiken 'Gender und Sex' sein, die direkt mit den wichtigen Spielavataren der einzelnen SpielerInnen zu tun haben.

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Leseprobe

2 Fallbeispiel Star Wars: The Old Republic


 

 2.1 Entwicklung


 

Der, in der Gamer-Szene durchaus bekannte, Spieletitel „Baldur's Gate“, der 1999 von dem kanadischen Unternehmen BioWare auf den Markt gebracht wurde, beeindruckte LucasArts (die Abteilung für Videospiele von Lucasfilm). Baldur's Gate stach damals durch nonlineare Narration, computergesteuerte BegleiterInnen und einen Handlungsverlauf, der von Entscheidungen des/der SpielersIn abhängt, heraus. Die flexible Spielmechanik und Charakterentwicklung dieses Games inspirierte LucasArts und so nahm das Unternehmen Kontakt mit BioWare auf. Man wollte das Gameplay des beschriebenen BioWare-Titels in Spiele des großen Star Wars-Universums übernehmen.

 

BioWare hatte bis dato stets an Rollenspielen gearbeitet, die dem Fantasy-Genre zuzuordnen waren. Es waren Games, die an Hintergrundgeschichten von Filmen wie etwa „Herr der Ringe“ erinnerten und mittelalterlich anmuteten. Der Science Fiction-Bereich war also unbetretenes Neuland für die EntwicklerInnen. Doch es war eine Schiene, auf die sie aufspringen wollten. Und so arbeiteten LucasArts und BioWare schließlich zusammen: Erstere schrieben Dialoge, lieferten Originalmusik und Soundeffekte aus den Star Wars-Filmen, zweitere kümmerten sich um die Spielentwicklung an sich. Damit BioWare dabei (also bei dem Erschaffen eines neuen Settings für das Star Wars-Franchise), nicht an bereits bestehende Geschichtsverläufe stieß, wurde das zu entwickelnde Game in der „Alten Republik“ angesetzt: Einer Ära, viertausend Jahre vor den populären Filmen über Luke Skywalker und Darth Vader. Dies war ein Plan, der von LucasArts zunächst etwas kritisch betrachtet wurde, denn man war sich keineswegs sicher, wie die Star Wars-Fangemeinde einen völlig neuen geschichtlichen Rahmen aufnehmen würde. Denn eventuell wollten die SpielerInnen gar keinen eigenen Charakter erschaffen, vielleicht wollte man als Luke Skywalker oder Han Solo spielen. Vielleicht wollte man Darth Vader oder anderen bekannten Antagonisten in dem Game begegnen können. Doch diese Befürchtungen waren, so zeigte sich nach der Veröffentlichung des ersten, von BioWare entwickelten, Star Wars-Spieles im Jahr 2003, unberechtigt. „Star Wars: Knights of the Old Republic“ (kurz: KotOR), das sich nicht an bereits bestehenden Rahmen des Science Fiction-Universums bediente, sondern lediglich Archetypen und Themen daraus in eine neue Zeit importierte, war ein sehr großer Erfolg.

 

Nach dem Release von KoTOR arbeitete BioWare an weiteren Games, die den Bereich der digitalen Rollenspiele völlig ausloten und austesten sollten: „Jade Empire“ (2005), „Mass Effect“ (2007) und „Dragon Age: Origins“ (2009). (vgl. Erickson/ Parisi 2011: 16)

 

Nach dem Erfolg von KotOR, und den darauf folgenden Games von BioWare, stand eine neue Idee im Raum: Das ehrgeizige Unternehmen wollte ein MMORPG erschaffen. Die Wahl der Thematik dieses Spieles fiel den EntwicklernInnen nicht schwer:

 

„Knights of the Old Republic was very popular. People look fondly upon it. If you were to ask BioWare fans, 'Hey BioWare is about to do an MMO, what MMO do you want them to do?' Most of our fans would say, 'Knights of the Old Republic MMO.'“ (Ohlen, zit. n. Erickson/ Parisi: 23)

 

Auch LucasArts wollte sich weiter in den MMORPG-Bereich bewegen und aufgrund ihrer gemeinsamen Erfolge mit KotOR, arbeiteten LucasArts und BioWare ab 2006 wieder zusammen, um ihren nächsten großen Titel zu entwickeln: Ein Rollenspiel, dessen Geschichte wieder in der Ära der Alten Republik spielen sollte: „Star Wars: The Old Republic“. Die Narration dieses neuen Games sollte wieder BioWare-typische Nuancen aufweisen: Eine komplexe Charakterentwicklung und einen Geschichtsverlauf, der flexibel und abhängig von Entscheidungen der SpielerInnen ist. (vgl. Erickson/ Parisi 2011: 23)

 

Wie bei dem vorangegangenen Titel KotOR lieferte LucasArts nun erneut das Audio-Design für das, nun auch völlig vertonte, MMORPG. Die ingame-Gespräche mit Charakteren und anderen InteraktionspartnerInnen sollten nicht mehr bloß textbasiert sein, sondern über eine Sprachausgabe geschehen. Mehr als 300.000 Dialoge wurden folglich aufgenommen und editiert und acht KomponistenInnen arbeiteten an dem Soundtrack für das neue Videospiel, der heute über sechs Stunden originale Star Wars Musik beinhaltet.

 

BioWare war derweil verantwortlich für alle weiteren Bereiche der Spielentwicklung: das Skript, Charakter- und Umgebungs-Design des Games, Animation, Programmierung und das Erschaffen des technischen Systems rund um das Spiel. Auch Electronic Arts (kurz: EA), das Mutterunternehmen BioWares, kam nun ins Spiel: Es übernahm das Marketing und agierte als Publisher für The Old Republic.

 

Das wichtigste, oft erwähnte, Team rund um die Entwicklung des neuen MMORPGs war währenddessen die Gruppe der Spiel-AutorenInnen. Tausende KandidatenInnen wurden für diese Posten gecastet und diejenigen, die es schafften, passende nonlineare Dialoge und Geschichten zu schreiben, wurden in die Entwicklung integriert (vgl. Erickson/ Parisi 2011: 25):

 

„When you're writing interactive fiction, the work is game design as much as story-telling. What this means is that many of the normal rules of writing go out of the window. First, there is no protagonist. The player could be playing as a man or a woman and see themselves as smart, funny or mean. […]. At BioWare, it was important that the writing team come together as quickly as possible. Because The Old Republic was to be voice acted and translated into multiple languages, the team would need a huge lead time to develop what would be enormous scripts. Plus, with BioWare's story-driven tradition, the locations, the characters – in short, everything waits for the writers.“ (Erickson/ Parisi 2011: 25)

 

Eine Hürde, die BioWare und LucasArts nehmen mussten, war nicht nur das Programmieren eines hoch komplexen, narrativen Spielsystems, sondern man sollte das MMORPG am Ende 24 Stunden und sieben Tage die Woche für SpielerInnen erreichbar machen. Anders als bei Offline-Spielen galt es in Zukunft einen Server zu warten, der stabil sein sollte, um das Spielerlebnis der UserInnen nicht zu unterbrechen. Ein eigener Spezialist hinsichtlich Serverprogrammierung wurde zu Rate gezogen, denn das Star Wars-MMORPG sollte immer online sein, SpielerInnen sollten, wenn sie sich nach einer Spielpause wieder einloggen, nahtlos und mit zuvor gespeicherten Erfolgen weiterspielen können; das Game sollte als virtuelle Welt einfach immer ohne Komplikationen erreichbar sein. (vgl. Erickson/ Parisi 2011: 27)

 

Als MMORPG stellte The Old Republic die weitere Aufgabe an die EntwicklerInnen alle Konzepte, die in vorangegangenen Singleplayer-Spielen funktioniert hatten, mit auf die Multiplayer-Ebene zu nehmen: Die Möglichkeit frei zu handeln und eigene Entscheidungen zu treffen, die den Spielverlauf beeinflussen, Konsequenzen für das Handeln zu erfahren, filmisch anmutende Zwischensequenzen, actiongeladene Kämpfe, Emotion, computergesteuerte BegleiterInnen und so weiter. Es galt eine Geschichte, wie sie noch nie für ein MMORPG verwendet wurde, in eines zu implementieren.

 

Zumeist ist es in MMORPGs so, dass die Quest-Reihe im Spiel einem Ein-Aus-Prinzip folgt und stets eine öffentliche Angelegenheit darstellt. Bekommt man zum Beispiel die Aufgabe zehn Gegenstände zu sammeln, so zieht man, wie viele andere SpielerInnen parallel, los, um diese Gegenstände zu suchen. Hat man dies geschafft, wird die Aufgabe als beendet abgehakt. Raum für Überraschungen oder unvorhergesehene Wendungen der Geschichte gibt es kaum oder gar nicht. Somit besteht auch keine große Möglichkeit zur individuellen, geschichtlichen Charakterentwicklung. Erickson und Parisi beschrieben dies weiter und sagten dabei, es gäbe in MMORPGs „events but no story“ (Erickson/ Parisi 2011: 143). In The Old Republic wollte man dies vermeiden und kreierte daher sogenannte „World Arcs“ (Etwa zehn Aufgaben, die sich über die Handlung eines Planeten/einer Gegend spannen), die, je nach digitaler Umgebung, zwischen zehn und 20 Stunden Spielinhalt bieten. Dies zu bespielen gleicht nun weniger einem klassischen MMORPG als einem Film, in dem man mit seinem Avatar als SchauspielerIn mitspielt: Die vielen Planeten sind Bühnen und die World Arcs ihre Drehbücher. Diese Geschichten spielt man zudem nicht nur im öffentlichen Raum, denn es gibt sogenannte „Instanzen“ oder „Flashpoints“: Von außen abgeschottete Bereiche, die man alleine oder zusammen mit bis zu drei FreundenInnen betreten und, unter Beachtung gewisser Aufgaben, meistern kann. Sie erinnern stark an „Raids“ aus anderen Onlinerollenspielen; sie machen das Spielerlebnis für Spielgruppen (oder EinzelspielerInnen) „privat“ und daher intensiver oder besonderer. Kooperatives Zusammenspiel ist hier unter anderem nötig, um die, teils schwierigen, Instanzen zu bestehen:

 

„Flashpoints not only offer visceral cinematic thrills, but also provide players with highly scripted, character-changing decision points. Players get to make huge choices that change the entire plot and resonate across the galaxy. They have the chance to destroy capital ships, invade space stations, and experience complex storylines that rival the best of singleplayer games.“ (Erickson/ Parisi 2011: 143)

 

„That's hard to do in a public space, so you put that into a...

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