Im nachfolgenden Kapitel wird erklärt, wie die Untersuchung zu Stande kam, welche Personen für die Erhebung der Daten ausgewählt und welche Forschungsmethoden eingesetzt wurden. Weiter wird beschrieben wie das Forschungsinstrument aufgebaut war, wie die Untersuchung durchgeführt und wie abschließend die Daten ausgewertet wurden.
Als Messverfahren dient in dieser Arbeit die qualitative Forschungsmethode. Dieses Verfahren stützt sich auf eine offenere und flexiblere Zugangsweise zum Forschungsgegenstand, um der Entdeckung neuer Sachverhalte im Forschungsprozess Raum zu schenken. Die Zielgruppe, also die Tinder-Nutzer, sollen selbst zu Wort kommen, um somit ihre subjektiven Erfahrungswerte zu ermitteln.
Bei ersten Recherchen ergaben sich schnell Zugänge zu Personen aus dem privaten Umfeld, es handelt sich dabei um Freunde, Kollegen und Bekannte. Eine weitere Kontaktherstellung erfolgte über die Social Network Plattform Facebook, auf der in unterschiedlichen Rubriken ein Suchaufruf gepostet wurde. Es wurde darauf geachtet, Personen aus verschiedenen Altersgruppen auszuwählen, um das Thema aus unterschiedlichen Perspektiven betrachten zu können.
Die Stichprobe besteht aus sechs weiblichen und sechs männlichen Probanden, wodurch eine Überrepräsentation eines Geschlechts vermieden wurde. Die in dieser Studie interviewten Personen sind durchschnittlich 30 Jahre alt, wobei die jüngste Person 22 Jahre, die älteste Person 39 Jahre alt ist.
Neun der Probanden waren zum Zeitpunkt der Befragung aktive Nutzer bei Tinder. Drei der Befragten befanden sich in einer Beziehung, waren aber zuvor aktive Tinder-Nutzer gewesen. Die Mehrheit der Teilnehmer, nämlich acht Probanden, nutzen die Dating-App Tinder bereits zwischen ein bis drei Jahren. Nur vier der Probanden wiesen eine kürzere Nutzungsdauer zwischen vier und neun Monaten auf. Unter den Probanden befindet sich ein Paar, welches sich über Tinder kennengelernt hat und bereits seit einigen Monaten eine feste Beziehung führt. Die Tab. 1 stellt eine Übersicht der Teilnehmer aus den Interviews dar.
Tabelle 1. Übersicht der Teilnehmer aus den Interviews
Zur Untersuchung des Forschungsgegenstands wurden die Daten erhoben, aufbereitet, analysiert und systematisiert. Für die Entwicklung der hier vorliegenden qualitativen Inhaltsanalyse besteht eine genaue Quellenkunde, das Material wurde nicht vorbehaltslos analysiert. Der Autor dieser Arbeit, also der Inhaltsanalytiker, ist selbst Tinder-Nutzer und verfügt über ein explizites Vorverständnis. Die qualitative Inhaltsanalyse ist hier als ein Verstehensprozess von vielschichtigen Sinnstrukturen im Material zu sehen. Ziel des Forschungsprozesses war es, nicht beim manifesten Oberflächeninhalt stehen zu bleiben, es sollte hier auch auf latente Sinngehalte abgezielt werden. (Vgl. Mayring S. 32). Ein weiteres Ziel der hier durchgeführten qualitativen Inhaltsanalyse war es, sprachliches Material systematisch zusammenzufassen. Dazu wurden Interpretationsregeln entwickelt, im Zentrum der Analyse stehen die Konstruktion und Anwendung eines Systems von Kategorien. Das Kategoriensystem soll zusätzlich anderen ermöglichen, die Analyse nachzuvollziehen. Die Analyse bestand im ersten Schritt aus der Zusammenfassung, indem das Material so reduziert wurde, dass die wesentlichen Inhalte erhalten bleiben und immer noch Abbild des Grundmaterials ist. Das nächste Ziel der Analyse war, bestimmte Aspekte aus dem Material herauszufiltern und aufgrund der Forschungsfrage einzuschätzen.
Zunächst erfolgte die Datenerhebung, die in Kapitel 3.2.1 und 3.2.2 detailliert beschrieben werden. Verbale Daten wurden im Interview in gelenkter Form erhoben, dabei wurde hier ein halbstandardisiertes Interview zugrunde gelegt. Zur Erfassung der Aspekte zu Motiven, Selbstdarstellungen und Verhalten in der Dating-App Tinder wurden Fragen formuliert und in einem Interviewleitfaden zusammengestellt. Der Leitfaden stellt zudem sicher, dass die Interviews in etwa vergleichbar sind. Die auditiven Daten wurden anschließend in Transkripten verschriftlicht. In der Auswertungsmethode wurde beim Kodieren die tatsächliche Textbedeutung erfasst, dabei wurden Verbindungen zwischen Textstellen und Kodes hergestellt (Vgl. Hussy, Schreier & Echterhoff, Forschungsmethoden in Psychologie und Sozialwissenschaften für Bachelor, 2010, S. 238). Die Kodes und Kategorien sind induktiv aus dem Datenmaterial entstanden. Die Inhaltsanalyse wird in Kapitel 3.4 erläutert.
Die in dieser Arbeit zugrundeliegende Erhebungsmethode ist das qualitative leitfadenorientierte Interview, welches einen größeren Spielraum in Bezug auf den Fragenden und den Interviewten lässt. Das Interview basiert auf einem Fragenkatalog, der keine festen Antwortvorgaben erfordert. Die im Vorfeld angefertigten Interviewfragen dienen dazu, den Gesprächen eine stärkere Strukturierung zu verleihen und eine Vereinheitlichung zu ermöglichen. So wird insbesondere der Grad an Vergleichbarkeit der verschiedenen Interviewaussagen erhöht (Vgl. Hussy, Schreier & Echterhoff, Forschungsmethoden in Psychologie und Sozialwissenschaften für Bachelor, 2010, S.216).
In dieser Befragung sollte die subjektive Sichtweise der Nutzer erfasst werden, ohne diese durch vorgegebene Antwortmöglichkeiten zu beeinflussen oder zu beschränken. Der Nutzer wurde in dieser Arbeit zum Experten und die Breite und Tiefe seiner Antworten sollte nicht eingeschränkt werden. Als Form der Kommunikation mit dem Nutzer wurde das qualitative Interview ausgewählt, da es ein vertrauensvolles, offenes Gespräch initiierte. Hierzu wurde ein Interviewleitfaden entwickelt, welcher offene Fragen zur Datenerhebung beinhaltete. Ziel der Fragen im Leitfaden war es, die Interviewten möglichst frei und natürlich sprechen zu lassen. Alle Fragen des Leitfadens zielen dabei auf die Beantwortung der Forschungsfragen aus Kapitel 2.6 ab: Was motiviert Menschen zur Nutzung der App? Gibt es Selbstdarstellungstendenzen? Wie verhalten sich die Tinder-Nutzer?
Der Leitfaden lässt sich in drei Abschnitte unterteilen, die unterschiedliche Themenfelder aufführen. Das erste Feld des Leitfadens begründet sich in den Motiven der Dating-App Nutzer. Eine Frage lautet hier beispielsweise: „Glaubst du Tinder bietet die Möglichkeit einen festen Lebenspartner zu finden?“. Der Mittelteil erfasst die virtuelle Selbstdarstellung der Befragten, zum Beispiel durch die Frage: „Worauf achtest du bei deinen Profilfotos?“. Der dritte und somit letzte Teil konzentriert sich auf das Nutzerverhalten. Dabei kamen Fragen in folgender Form zum Einsatz: „Wie oft bist du online?“ oder „Wenn du dir andere Profile anschaust, worauf achtest du da?“.
Insgesamt wurden 16 Fragen für den Interviewleitfaden generiert (siehe Anhang 8.1 Interviewleitfaden). Fünf Fragen beziehen sich dabei auf die Motivation der Nutzer, weitere fünf Fragen konzentrieren sich auf die Selbstdarstellung und weitere sechs Fragen erschließen das Nutzerverhalten.
Zur Dokumentation der Interviews wurde eine Audio-Aufzeichnung genutzt. Dies gab dem Interviewer die Möglichkeit dem Probanden maximale Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, da er sich nicht vom Probanden abwenden musste, um Notizen anzufertigen. Außerdem gewährleistete die Audio-Aufzeichnung den natürlichen Fluss des Gesprächs, da durch das Notieren von Antworten die Interaktion zwischen Interviewer und Proband gestört werden kann.
Das Ziel war es, eine entspannte Gesprächssituation zu schaffen und es somit dem Gesprächspartner zu ermöglichen, seine Erfahrungen und Vorstellungen in einer ihm gewohnten Form zur Sprache zu bringen. Zu Beginn des Gesprächs erfolgte die Instruktion durch den Interviewer, indem zunächst der Ablauf vorgestellt wurde. Danach ergab sich die Gelegenheit, offene Fragen zu klären. Alle Interviews wurden mithilfe der Smartphone-App „Audio Recorder“ aufgezeichnet, dazu wurde das Einverständnis des Probanden abgefragt. Im abschließenden Segment kam es zur Durchführung des Interviews anhand des vorgestellten Leitfadens.
Alle Befragungen fanden an verschiedenen Orten statt, unter anderem in der Fachhochschule, im Biergarten oder in der Wohnung der Teilnehmer. Es wurde einleitend darauf hingewiesen, sich ehrlich und unbefangen zu äußern und dass keine Bewertung oder Kritik befürchtet werden muss. Zusätzlich erfolgte der Hinweis, dass alle Daten vertraulich und anonym behandelt werden. Der Forscher vermittelte sowohl Interesse an dem Gesprächsinhalt, als auch an dem Gesprächspartner und versuchte die eigene Einstellung zum Forschungsthema zurück zu stellen.
Je nach Gesprächigkeit der Interviewten ergaben sich kurze und längere Interviews (Tab. 1. Übersicht der Teilnehmer aus den Interviews). Die anfängliche, leichte Anspannung bei der Mehrzahl der Probanden legte sich innerhalb der ersten Minuten. Im weiteren Verlauf stellte sich schnell eine...