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E-Book

Volkswagen

Eine deutsche Geschichte

AutorMark C. Schneider
VerlagBerlin Verlag
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl368 Seiten
ISBN9783827079190
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis12,99 EUR
Kein anderes Unternehmen spiegelt das Wirtschaftswunder nach dem Zweiten Weltkrieg besser wider als Volkswagen. Mit dem internationalen Erfolg des legendären VW Käfer begann der Aufstieg der Bundesrepublik zum Exportweltmeister. Doch der von Ingenieur Ferdinand Porsche im Auftrag Hitlers im Niemandsland zwischen Hannover und Berlin angesiedelte Autobauer durchlief extreme Höhen und Tiefen: In den 1970ern, den 1990ern, den frühen 2000er-Jahren war die wirtschaftliche Lage des Wolfsburger Konzerns bedrohlich - und sie ist es auch jetzt wieder. Sein Wohl und Wehe spiegelte sich stets in der Politik, mit der er aufs Engste verflochten ist. Kann das Unternehmen mit seinem erzpatriarchalischen Fundament den nötigen radikalen Wandel vollziehen? Mark C. Schneider gibt einen tiefen Einblick in die Entwicklung und Kultur des Autokonzerns und zeigt, wie viel auf dem Spiel steht: für Volkswagen, Mitarbeiter, Aktionäre und Deutschland.

Mark C. Schneider ist Wirtschaftsjournalist und Autor. Er lebt und arbeitet in Hamburg. Stationen: Geboren 1973 in Hildesheim. Erste journalistische Schritte in Göttingen. Berufsstart als Marketingreferent der Stadt Göttingen, dann Pressesprecher des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur in Hannover. Volontariat bei der Gruner + Jahr Wirtschaftspresse und an der Kölner Journalistenschule. Schreibt seit mehr als zehn Jahren über die Autoindustrie, erst bei Capital, dann beim Handelsblatt als Branchenkorrespondent in Hamburg. Seit Juni 2014 baut er bei Axel Springer BILANZ Deutschland mit auf.

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Leseprobe

EINLEITUNG

Der Fall Volkswagen

In jedem hochentwickelten Land der Welt gibt es große Unternehmen, die symbolhaft für die Gesellschaft stehen, aus der sie stammen: In den USA sind das der Elektronik- und Unterhaltungskonzern Apple, der Social-Media-Koloss Facebook und der Handelsgigant Amazon. Für Japan stehen der Autobauer Toyota oder der Mischkonzern Mitsubishi. Für China stehen der Handels- und Finanzkonzern Alibaba und der Handyhersteller Huawei. Deutschland wird zuvorderst von Volkswagen repräsentiert. Der Autobauer ist das Symbolunternehmen des Landes, wie früher die Deutsche Bank oder Siemens, die beide das Bild von Deutschland in der Welt geprägt haben. Der Wolfsburger Konzern trägt erheblich zum Image der Deutschen, ihrer Wirtschaft und des German Engineering im Ausland bei. Autos wie der VW Golf und der Porsche 911 stehen stellvertretend für die Exzellenz des Made in Germany – oder stellen schlimmstenfalls das Gütesiegel international infrage, wie jüngst durch den Dieselskandal geschehen.

Epochale Krise

Dieselgate erweist sich seit Monaten als eine epochale Krise, wie sie selbst die krisengeschüttelten Wolfsburger imagemäßig noch nie bewältigen mussten. Doch selbst ohne die jüngste Affäre könnte die Firmenhistorie zweifellos kaum bewegter sein.

Alles begann mit der Idee eines »Volkswagens«. Am 28. Mai 1937 gründete die Deutsche Arbeitsfront in Berlin die »Gesellschaft zur Vorbereitung des Deutschen Volkswagens mbH«. Mit dem »Volkswagen« wollte Hitler im Dritten Reich ursprünglich die Massen motorisieren. Das technische Konzept realisierte der geniale und politisch gegenüber dem NS-Regime wenig skrupelhaft agierende Ingenieur Ferdinand Porsche (1875  1951), Stammvater des Doppelclans Porsche-Piëch. Die Familien sind heute über ihre Finanzholding größter Aktionär der in der Börsenbundesliga Dax notierten Volkswagen AG.

Nach dem Zweiten Weltkrieg nahm der Autobauer einen steilen Aufstieg, als der legendäre Käfer (Werbeslogan: »… dieser Wagen läuft und läuft und läuft …«) das bundesdeutsche Wirtschaftswunder ankurbelte. In seinen Stärken wie seinen Schwächen war und ist das Unternehmen extrem. Heute ist es ein weltumspannender Konzern, der Fahrzeuge in Afrika, Amerika, Asien und vielen Ländern Europas produziert – ein Global Player aus der niedersächsischen Provinz.

So schwer die aktuelle Krise den Großkonzern auch belastet: Die Geschichte zeigt, dass Volkswagens Entwicklung nur selten gleichförmig verlief – ganz im Gegenteil, der Autobauer durchlief fortwährend Höhen und Tiefen. Seit den siebziger Jahren war die wirtschaftliche Lage alle zehn Jahre bedrohlich – und sie ist derzeit wieder angespannt, angesichts vieler Milliarden Euro, die für die Aufarbeitung der Dieselaffäre nötig sind.

Vertrauen verloren

Dadurch ist die Glaubwürdigkeit abhandengekommen, die Basis eines jeden erfolgreichen Unternehmens. Wie schnell Vertrauen verloren gehe, habe Volkswagen schmerzlich erfahren, sagte Konzernchef Matthias Müller neun Monate nach Beginn des Skandals. »Und wie schwer es zurückzugewinnen ist, das erleben wir in diesen Tagen.«

Dazu kommen kaum überschaubare, schwer einzugrenzende juristische Risiken. Drei Tage vor der Hauptversammlung Ende Juni 2016 in der niedersächsischen Landeshauptstadt Hannover detonierte ein juristischer Sprengsatz: Die Staatsanwaltschaft Braunschweig verkündete, dass sie gegen den früheren, in der Folge von Dieselgate abgetretenen Volkswagen-Chef Martin Winterkorn und den aktuellen Markenchef Herbert Diess Ermittlungen wegen des Verdachts der Marktmanipulation aufnehme. Die Staatsanwälte waren auf eine Strafanzeige der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hin aktiv geworden, die sogar den gesamten Vorstand belastet. Volkswagen und die Beschuldigten bestreiten die Vorwürfe jedoch.

Es bestünden »zureichende Anhaltspunkte« dafür, dass die Pflicht zu einer Mitteilung über die zu erwartenden erheblichen finanziellen Verluste des Konzerns bereits zu einem früheren Zeitpunkt bestanden habe, so die Argumentation. Erst am 22. September 2015 informierte das Unternehmen die Börse über die Manipulation der Abgaswerte von Dieselmotoren, vier Tage nachdem die US-Behörden die Misere öffentlich gemacht hatten. Zudem sollen Winterkorn und Diess bereits einige Monate zuvor bei einem internen Termin von ihren Technikern auf die Probleme aufmerksam gemacht worden sein.

Klagewelle gegen den Konzern

Staatsanwaltliche Ermittlungen beeindrucken selbst hartgesottene Manager – und bieten den vielen Klägern, die erhebliche Kursverluste geltend machen, unschätzbare Hilfe vor Gericht. Viele Investoren fühlen sich durch die schleppende Informationspolitik geschädigt. Selbst Bundesländer wie Bayern klagen auf Schadenersatz für ihre Pensionsfonds, die VW-Aktien halten. Ein Großkampfplatz für Juristen: Volkswagen ist international gleich einer ganzen Reihe gebündelter Klagen ausgesetzt. Auch wenn das Unternehmen die Vorwürfe zurückweist: Seit dem Bekanntwerden des Skandals hat das Unternehmen an der Börse mehrere Milliarden Euro an Wert verloren. Der Kurs der Vorzugsaktie brach regelrecht ein, von gut 170 Euro Anfang September 2015 auf zeitweilig unter 100 Euro.

Bei der Hauptversammlung in Hannover mussten Aufsichtsrat und Vorstand Ende Juni 2016 ein Scherbengericht der unabhängigen Aktionäre über sich ergehen lassen. Ulrich Hocker, Präsident der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, beklagte: »Die Aktie ist ein Trümmerhaufen und der Diesel eine Mogelpackung.« Christian Strenger, früher Chef der Investmentfonds der Deutsche-Bank-Tochter DWS, warf der Unternehmensspitze »Wagenburg-Mentalität« vor und bemängelte »die mangelhafte Zusammensetzung und Unabhängigkeit des Aufsichtsrats sowie die defizitäre Kontrolle des mit Angstkultur agierenden Vorstands«. Strenger hat mittlerweile über einen Anwalt Klage beim Landgericht Hannover gegen Vorstand und Aufsichtsrat von Volkswagen eingereicht.

Markus Dufner, Chef des Dachverbands der Kritischen Aktionäre, machte auf der Aktionärsversammlung seinem Unmut Luft und kritisierte Chefaufseher Hans Dieter Pötsch, zuvor Finanzvorstand und als solcher für die Information des Kapitalmarktes zuständig: »Als langjähriges Mitglied des Vorstands sind Sie belastet, der personifizierte Interessenkonflikt.«

Dabei sind die Anleger nicht das einzige Problem des Autobauers: Betroffene Kunden in Europa sollen mit Verweis auf die unterschiedliche Rechtslage keine Entschädigung bekommen, während die betrogenen US-Käufer von Volkswagen mehrere Tausend Dollar erhalten. Wäre der Verbraucherschutz in Europa so scharf wie in den USA, hätte das dramatische finanzielle Folgen für den Konzern: »Es würde auf jeden Fall eng werden«, gestand Müller wenige Tage vor der Hauptversammlung ein.

Teuer könnte es dennoch in Deutschland werden: Die Staatsanwaltschaft Braunschweig startete ein Bußgeldverfahren gegen den Autobauer. Kommt dabei heraus, dass Volkswagen mit einer vorschriftsmäßigen Diesel-Abgasreinigung weniger verdient hätte, könnte die Ermittlungsbehörde den entstandenen Gewinn abschöpfen.

Krise als Katalysator

Die Vergangenheit ist eine Bürde für den Vorstandschef, der dringend Aufbruchsstimmung braucht. »Volkswagen ist mehr als diese Krise«, beschwor Müller die Aktionäre. Im Autoreich tobt ein Kampf zwischen Reformern wie Markenchef Diess und den Beharrungskräften in Betriebsrat und Management – der Ausgang ist ungewiss. Der Autokonzern muss beweisen, dass er nicht den Anschluss verliert und in eine Abwärtsspirale gerät.

Seit der Skandal um vorsätzlich manipulierte Abgaswerte öffentlich wurde und den Autobauer heftig wie nie zuvor in die Schlagzeilen katapultierte, debattieren Investoren, Manager, Medien, Politiker und Kunden kontrovers über die Zukunft des wichtigsten deutschen Industrieunternehmens. Viel steht für Anleger, Mitarbeiter, Unternehmen und Deutschland auf dem Spiel. Wankt Volkswagen, trifft das alle: Schon aufgrund schierer Größe ist der Konzern das, was Politiker systemrelevant nennen. VW ist wie einst die Banken in der Finanzkrise too big to fail – zu groß, um scheitern zu dürfen.

Die Niedersachsen sind ein entscheidender Bestandteil des deutschen Automobil-Clusters aus Herstellern und Zulieferern, dem Rückgrat von Industrie und Volkswirtschaft. Direkt an der Branche hängen laut dem Verband der Automobilindustrie (VDA) hierzulande 785 000 Arbeitsplätze. Ein Niedergang des mit Abstand größten deutschen Herstellers würde die anderen schwächen, sie anfälliger machen für die Attacken etwa aus China und Korea.

Unverändert habe es der Autobauer »mit asiatischen Herstellern zu tun, die aggressiv auf den Markt drängen«, warnte Martin Rosik, Personalchef der Kernmarke Volkswagen. Sie bauten Autos in Fernost und Osteuropa zu deutlich niedrigeren Arbeitskosten als dies in den deutschen Werken möglich sei.

Erschwerend kommt hinzu, dass im Sog des Wolfsburger Dieselabgrunds weitere deutsche Autobauer wie Opel oder Mercedes-Benz von Interessengruppen wie der Deutschen Umwelthilfe (DUH) heftig kritisiert werden für ihre Abgaswerte und Motorsteuerungen bei Dieselmotoren. Beide Unternehmen widersprechen den Vorwürfen. Beim neuen Modell Zafira hat Opel die Software geändert. Gegen Daimler liegt eine Sammelklage in den USA vor. Das ist ein Instrument des amerikanischen Rechtssystems, um die Interessen...

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