Bachelorarbeit aus dem Jahr 2011 im Fachbereich Geschichte Europas - Neuzeit, Absolutismus, Industrialisierung, Note: 1,3, Universität der Bundeswehr München, Neubiberg (Historisches Institut), Sprache: Deutsch, Abstract: Die sprichwörtlich kochende Galle ist wohl jedem als Synonym für einen aufbrausenden Gemütszustand bekannt. Doch verhältnismäßig wenige wissen um den Ursprung dieser gebräuchlichen Redewendung, bei der durch ein körperliches Phänomen ein seelischer Zustand beschrieben wird. Grundlage und Herkunft ist hierbei die Vier-Säfte-Lehre, die aufgrund ihres ganzheitlichen Charakters keine Trennung zwischen physikalischen und psychischen Erscheinungen kannte. Stellt dies für den heutigen Betrachter eine irrationale Theorie dar, barg dieser Monismus ein logisches Erklärungsmodell für frühneuzeitliche Schulmediziner. Die Überzeugung vom Einfluss seelischer Affekte auf die Gesundheit war vielmehr soweit verbreitet, dass auch Laien bestrebt waren, solche zu vermeiden. Geisteskrankheiten galten als Verneblungen der reinen Seelengeister durch aufsteigende Dämpfe aus den Verdauungs- und Geschlechtsorganen. Ammen sollten nach einem Wutanfall nicht säugen, um das Kind nicht zu gefährden. Dieser Aspekt bietet einen Einblick in das fachmedizinische Europa der frühen Neuzeit, in der neben der Säftelehre parallel weitere Konzepte vorherrschten. Doch inwieweit wussten Patienten um diese Modelle zur Erklärung von Krankheiten? Dies ist Gegenstand dieser Forschungsarbeit: Ausgewählte zeitgenössische Aufzeichnungen medizinischer Laien werden auf den Kenntnisgehalt um medikale Konzepte und Therapiemaßnahmen geprüft. Die Entwicklung der Autobiographie von spätmittelalterlichen Haushalts- und Kaufmannsbüchern über die Bedeutung religiöser Bewegungen wie Puritanismus und Pietismus bis zur Schilderung des eigenen Lebens, auch während historisch bedeutsamer Ereignisse, lässt eine lange und vielschichtige Vorgeschichte erkennen. Stehen diese Quellen seit langem im Fokus kunstgeschichtlicher und literaturwissenschaftlicher Betrachtungen, werden sie erst seit kurzem durch historisch-qualitative Fragestellungen in den Mittelpunkt der mikrohistorischen Forschung platziert. Lange beschäftigte sich die Medizingeschichte fast ausschließlich mit dem ärztlichen Stand und dessen Forschungen, Theorien und Entdeckungen. Der Patient ging hierbei als unumgängliches Mittel zur Geschichtsschreibung in einer gesichtslosen Masse unter.[...]
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