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Vom modernen Märchen zum modernisierten Remake - Preisträger der Kinderjury innerhalb des Film- & Fernseh-Festivals Goldener Spatz

Eine Analyse von drei Preisträgerfilmen

AutorSimone Busch
VerlagExamicus Verlag
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl122 Seiten
ISBN9783656998327
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis20,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2003 im Fachbereich Medien / Kommunikation - Forschung und Studien, Note: 1.3, Technische Universität Ilmenau, Sprache: Deutsch, Abstract: Im Mittelpunkt dieser Arbeit steht die Analyse von drei Spielfilmen, welche im Wettbewerb um den Kinderfilmpreis Goldener Spatz ausgezeichnet wurden. Die Veranstaltung wurde 1979 als Nationales Festival für Kinderfilme der DDR in Kino und Fernsehen in Gera gegründet und bot erstmals dem jungen Publikum die Gelegenheit, auf nationaler Ebene ihre Favoriten zu wählen. Im Rhythmus von zwei Jahren werden seitdem einem Fach- und Kinderpublikum Beispiele aus verschiedenen Genres der Kinderfilmproduktion präsentiert.

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Leseprobe

1.5 Land in Sicht - Nach der Deutschen


Wiedervereinigung


1991: Das 1991er Festival galt als eine Art Bewährungsveranstaltung und Brücke zum achten Festival. Wie seit Anbeginn sollte es Filmemacher untereinander bzw. mit ihrem jungen Publikum zusammenführen, doch darüber hinaus galt es auch die Menschen aus Ost und West zu verbinden. Dies musste nun erstmals ohne eine vom Staat ermöglichte finanzielle und organisatorische Sicherheit geschafft werden. Nur mit viel Engagement und Geldern der Stadt Gera, dem Land Thüringen, dem Bundeskulturministerium, den Öffentlich-Rechtlichen Fernsehanstalten und weiteren Sponsoren konnte das erste Nachwende-Festival veranstaltet werden. Das schwere Amt des Präsidenten übernahm diesmal Rolf Losansky: „...ich fühlte mich wie ein Rangierer, der den West- und Ostwaggon ‚zusammenkoppeln’ .. musste. Überall hatte ich davon blaue Flecke - aber es hat geklappt!“ (Spatzenflüge 1997, S. 32) Filmemacher aus dem gesamten Bundesgebiet waren gespannt auf ihre Kollegen und einen gemeinsamen Austausch über den nunmehr „deutschen“ Film. Neben der Neugier und Freude herrschte aber auch eine wehmütige Stimmung unter den Filmemachern des Deutschen Fernsehfunk und der DEFA. Über ihnen schwebte eine belastende Unsicherheit, wusste doch niemand, wie lange man noch eine feste Anstellung hatte und ob man in der Lage sein würde, unter den veränderten Bedingungen der Marktwirtschaft weiterdrehen zu können. Bewegte man sich bisher zwischen politischem Agitationen und künstlerischem Anliegen, so musste man von nun an auf dem schmalen Grat zwischen dem eigenen filmischen Anspruch und kommerzieller Wirklichkeit wandern. Diese kommerzielle Wirklichkeit war Anfang der 1990er Jahre vor allem geprägt durch medienpolitische Veränderung, wie der Novellierung des Rundfunkstaatsvertrages im

Das Kinderfilmfestival Goldener Spatz 24

Jahr 1994, der Privatisierung von elektronischen Medien und der damit verbundenen Bedeutungszunahme von Einschaltquoten und Werbeeinnahmen. Damit der Etat für die Produktion gesichert bleibt, muss der nationale Kinderfilm in seiner kulturellen und somit auch wirtschaftlichen Bedeutung gestärkt werden. Dafür wiederum braucht er neben einer engagierten Kinderfilmszene einen Ort, an dem sich seine Befürworter regelmäßig treffen und gemeinsam bilanzieren können. Der Goldene Spatz sollte dieser zentrale Treffpunkt sein: Ein Festival zur Präsentation, Reflexion und Perspektivensuche. Dafür waren einige konzeptionelle Umgestaltungen notwendig. Das Genre „Unterhaltung“ bekam beispielsweise einen eigenen Platz in der Kategorienreihe. Eine weitere, bis dato einmalige und ganz besondere Veränderung gab es für die elfköpfige Kinderjury: Sie durfte nun für die Vergabe des Goldenen Spatzes zuständig sein und sichtete dafür insgesamt 45 Beiträge. Damit kam man dem Wunsch des jungen Publikums nach mehr Selbstbestimmung entgegen. Die Erfahrungen der vergangenen Jahre hatten bereits gezeigt, dass Kinder ihre ganz eigenen Qualitätskriterien formulierten und Filme ihrerseits unter teilweise anderen Gesichtspunkten beurteilten als Erwachsene dies tun. Für die Filmemacher gewannen die Entscheidungen der Kinder noch mehr an Bedeutung, denn ihre Meinung wurde nun offiziell zum Mittelpunkt des Wettbewerbs. Der poetisch und gefühlvoll inszenierte Sieger in der Kategorie „Spielfilm“ trug einen passenden Titel zur geglückten Rettung des siebenten Festivals: Land in Sicht (Regie: Berno Kürten, 1990). Der Film handelt von Yvonne, einem Hamburger Mädchen, das Reiterferien auf dem Land macht. Dort wird sie von zwei Jungen umworben, die ihretwegen ihre Freundschaft aufs Spiel setzen. In der Begründung hieß es: „Der Film war dunkel, weil es Herbst war. Man lernt die Nordsee kennen, und ihre Gegend vermittelt Wissenswertes und Neues. Die psychische Bedrängnis des Mädchens Yvonne wird einem sehr nahe gebracht. Vor allem, weil die Probleme wie im richtigen Leben aus einer Art ‚Kette’ bestehen. ... Die Geschichte war etwas lustig und sehr traurig, aber auch nachdenkenswert, wenn man solche Probleme wie das Alleinsein selbst hat.“ 1993: Es folgten zwei weitere Jahre voll engagierter Bemühungen um die Zukunft des „Spatzen“. Um diese einmalige Veranstaltung weiterhin bundesweit und kontinuierlich zu erhalten, wurde im März 1993 eine Stiftung errichtet, deren Gründungsmitglieder die Stadt Gera als damaliger Veranstalter, ARD / MDR, das ZDF und RTL waren. Zur Gründungsbeauftragten wurde Elke Ried (unter anderem Präsidentin des Europäischen Kinderfilmverbandes und Leiterin des

Das Kinderfilmfestival Goldener Spatz 25

Kinderfilmfestivals Frankfurt/Main) berufen, die dann auch die Leitung des Festivals und die Geschäftsführung der Stiftung übernahm. Die Neukonzeption des Goldenen Spatz beinhaltete alle wichtigen Punkte des alten traditionsreichen Festivals, bezog gleichzeitig aber auch die Erfahrungen aus den alten Bundesländern mit ein. Die Veranstaltung sollte ein nationales Publikums- und Arbeitsfestival bleiben und die Film- und Fernsehproduktion hinsichtlich ihrer Verbreitung, Popularität, Professionalität und Wettbewerbsfähigkeit stärken. Ein Rahmenprogramm, bestehend aus Foren zu verschiedenen filmrelevanten Themen, einem neueingerichteten internationalen Kinderfilm- und Fernsehmarkt für Einkäufer und Verleiher und einer Hommage-Filmreihe über Rolf Losansky, rundete das Festival ab. Mit 9.000 großen und kleinen Besuchern und rund 400 akkreditierten Fachleuten aus Film, Fernsehen und Presse wurden die Erwartungen der Festivalveranstalter erfüllt. Erstmals bestimmte eine bundesdeutsche Kinderjury die Preisträger, die sich auf nunmehr sechs Kategorien verteilten: „Kino- und Fernsehfilm“, „Kurzspielfilm“, „Animation“, „Dokumentation / Magazin“, „Unterhaltung / Magazin“ sowie „Serie / Reihe“. Die 29 Mädchen und Jungen wurden aus über 120 Bewerbern ausgewählt, wobei jeder Bewerber auf den in Kinos und Kinderfilmclubs erhältlichen „Mitmachbögen“ seine Film- und Fernsehgewohnheiten angeben sollte. Die Juryarbeit wurde folgendermaßen organisiert: Nach der Sichtung eines Films fand eine spontane Bewertung nach Punktvergabe im Bereich von null bis maximal sechs Punkte statt. Auf einem Bewertungsbogen waren die Beiträge der jeweiligen Kategorien aufgelistet und mit Bewertungskriterien wie glaubwürdig, wissenswert, phantasievoll, langweilig, nachdenkenswert, unverständlich, Musik, Kamera/Bilder usw. versehen. In einer täglichen Feedback-Runde wurde dann intensiv über die einzelnen Kriterien und die Punktevergabe diskutiert und jedes Jurymitglied hatte ein möglichst aussagekräftiges Statement abzugeben. Nach den Gesprächen und anhand einer weiteren detaillierteren Beurteilung wurden abermals Punkte vergeben. Bei den Beurteilungen konnten sich die Kindern an Fragen orientieren, wie z.B.: Konntest du dich gut in die Hauptfiguren versetzen? oder Würdest du den Film weiterempfehlen? Die Höhe der Punktezahl war zum Schluss entscheidend für den Erfolg eines Films. Wie schon die Jahre zuvor, mussten die Kinder eine kurze Gesamteinschätzung für ihren Favoriten erstellen. Die im Wettbewerb präsentierten Beiträge zeigten, dass der Kinderfilm trotz aller Probleme existierte und qualitätssicher war. Dabei waren die meisten Produktionen „thematisch stark der Gegenwart und der Realität verpflichtet - mit dem Bewußtsein: Kinder brauchen Märchen und Abenteuer“ (Radevagen 1993).

Das Kinderfilmfestival Goldener Spatz 26

Im Bereich „Spielfilm“ gab es für die jungen Kritiker zwei Favoriten unter den insgesamt 45 Wettbewerbsbeiträgen. Zum einen die Abenteuergeschichte Die Lok (Regie: Gerd Haag, 1992), in der es um die Bemühungen einer Clique von fünf Kindern und einem ehemaligen Eisenbahner geht, mit einer alten Dampflokomotive nach Sibirien zu fahren. Die Entdeckerfreude der Kinder wird dabei auf sehr humorvolle und spannende Weise geschildert und der Film bekam unter anderem Lob für seine „guten Schnitte, tollen Spezialeffekte, realen Dialoge und lustigen Einfälle.“ Gleichzeitig mit dem Film Die Lok, der vor allem von den jüngeren Jurymitgliedern gewählt wurde, erhielt Das Heimweh des Walerjan Wróbel (1991) von Rolf Schübel eine Auszeichnung. Auf die bereits mehrfach bei europäischen Festivals ausgezeichnete Erzählung über das wahre Schicksal eines 16-jährigen polnischen Zwangsarbeiters wird in der Filmanalyse (Kapitel 2.3) ausführlich eingegangen. Bestimmt wurde die Festivalatmosphäre von den Fernsehproduktionen. Serien und Magazinsendungen wurden als die beiden zukunftsträchtigsten Schwerpunkte im Kinderbereich gesehen, da sie die Zuschauer längerfristig ans Programm binden und lange Einzelsendungen aufgrund der Programmfülle kaum noch wahrgenommen werden würden. Wie nahezu alle Spielfilme sind auch Die Lok (WDR) und Das Heimweh des Walerjan Wróbel (ZDF) in Co-Produktion mit Fernsehsendern und entstanden und scheinen Belege dafür zu sein, dass der Kinderfilm nur noch durch die Unterstützung der Öffentlich-Rechtlichen bestehen kann. Das angekündigte Werbeverbot im Kinderfilm brachte Zweifel beim Sender RTL, ob man „überhaupt noch einsteigen“ sollte und es herrschte die Ansicht, dass „nur per Umdefinierung von...

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