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E-Book

Vom Trost Gottes

Mit einer Einführung von Leonardo Boff

AutorMeister Eckhart
VerlagTopos
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl115 Seiten
ISBN9783836750134
FormatPDF/ePUB
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis6,99 EUR
Mit Meister Eckhart erreicht die abendländische Mystik ihren Höhepunkt. Der hochspekulative Dominikanertheologe war zugleich volkstümlicher Prediger und Seelsorger. In diesen Band sind zwei seiner populärsten Texte aufgenommen, in denen es vor allem um den Umgang des Menschen mit dem Leid geht. Leonardo Boff zeigt in seiner Einleitung, wie aktuell Meister Eckhart ist und wie er uns einweisen kann in eine Gotteserfahrung, die heute noch trägt.

Meister Eckhart, um 1260 bis 1328, eigentlich Eckhart von Hohenheim, war Dominikanertheologe und gilt als der größte Mystiker des Abendlandes. Seine deutschen Schriften gelten auch als Meilensteine in der Entwicklung der deutschen Sprache. Leonardo Boff, geb. 1938, Dr. theol., ist einer der einflußreichsten Befreiungstheologen, der hierzulande vor allem als spiritueller Schriftsteller bekannt ist.

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Leseprobe

Meister Eckhart


Sein Leben11


Die Mystik ist eine Antwort auf die jeweiligen Krisen der Zeit. Es gab stets materielle, religiöse, politische und ideologische Bedingungen, die die Entstehung mystischer Erfahrung begünstigten. Die Zeit, in der Meister Eckhart lebte, war von tiefen Umbrüchen geprägt. Die große mittelalterliche Einheit von Wissenschaft und Glaube, Thron und Altar, Evangelium und Geschichte war in Auflösung begriffen. Die blutige Auseinandersetzung zwischen dem Papsttum und der mächtigen Kaiserfamilie der Staufer (insbesondere Friedrich II., 1212–1250) führte dazu, dass diese beiden Mächte nachhaltig geschwächt wurden. Die Päpste begaben sich schließlich ins „babylonische Exil“ nach Avignon (1309–1377). Naturkatastrophen wie Erdbeben, Überschwemmungen, die schwarze Pest, die in der Kunst zum Motiv des Totentanzes führte, prägten die Mentalität der Zeit. Es ist der „Herbst des Mittelalters“ (Huizinga). Die historische Krise findet im Denken ihren Widerhall: Der Nominalismus dominiert, demzufolge die Begriffe bloße Namen sind (nomina flatus vocis) und nicht das wirkliche Wesen der Sache erfassen. Die Bezeichnungen unterliegen dem willkürlichen Geschmack derer, die die Macht innehaben.

In solchen Situationen der geistigen Orientierungslosigkeit und Unsicherheit aller Bezugssysteme und legitimierenden Instanzen macht sich die Notwendigkeit einer neuen Wahrheit stark bemerkbar. Sie muss Überzeugungskraft aus sich selbst heraus haben und über den religiösen und politischen Streitigkeiten stehen. Der Riss ist geheilt und die Disharmonie überwunden. Die unmittelbare religiöse Erfahrung, der direkte Zugang zur Quelle der Wahrheit, zu Gott, bilden die wesentlichen, sich durchhaltenden Inhalte der Mystik. Sie entfernt Gott nicht aus dem historischen Prozess, sie bringt ihn vielmehr mit neuer Kraft in ihn ein, sodass er sogar erfahrbar wird.

Diese Mystik machte sich bereits in der letzten Schaffensphase des großen franziskanischen Theologen und Mystikers Bonaventura († 1274) bemerkbar. Bei den Mystikerinnen Mechthild von Magdeburg ( † 1283 und Hadewijch († 1260) gewinnt sie poetische Ausdruckskraft und übt einen bedeutenden Einfluss auf zahlreiche Frauenklöster in Flandern, Deutschland und Frankreich aus.

Den gelehrten Dominikanern fiel die seelsorgliche Aufgabe zu, diese Frauenklöster spirituell zu begleiten (cura monialium). Unter diesen Seelsorgern für Ordensfrauen ragt der genialste mittelalterliche Mystiker, der spekulativste und kühnste Vertreter einer christlichen Mystik, Meister Eckhart, heraus. Über sein Leben ist wenig bekannt. Hier seien einige seiner Lebensdaten benannt:

1260: Eckhart wird in Hochheim bei Gotha in Thüringen geboren. Er war noch sehr jung, als er in den Dominikanerorden eintrat, der im Jahr 1216 von Papst Honorius III. approbiert worden war.

1227: Eckhart studiert die artes liberales in Paris. Dazu zählen die Disziplinen Logik, Grammatik, Rhetorik, Musik, Astronomie, Geometrie und Arithmetik. Hier lernte er mit Sicherheit die berühmten Gelehrten Siger von Brabant (1240–1280), einen großen Aristoteliker, und Johannes Duns Scotus (um 1266–1308), einen hochgelehrten Franziskanertheologen, kennen.

1280: Eckhart studiert Theologie im Studium generale des Ordens der Predigerbrüder (Dominikaner) in Köln. Hier ist er Schüler des Universalgelehrten Albertus Magnus, eines aristotelisch orientierten Naturwissenschaftlers, Philosophen und Theologen.

1293–1294: Eckhart kehrt nach Paris zurück, um als Baccalaureus die Sentenzen des Petrus Lombardus († 1160) zu lehren; diese waren der Grundlagentext für die Theologiestudenten.

1294: Eckhart wird als Prior des Dominikanerkonvents nach Erfurt geschickt und zum Vizeprovinzial der Ordensprovinz Thuringia ernannt.

1302–1303: Eckhart wird Provinzial der Ordensprovinz Saxonia, die den gesamten Norden Deutschlands und Holland umfasst. Zu ihr gehören 47 Konvente des männlichen Zweiges und neun Konvente von Dominikanerinnen. Er übernimmt damit eine sehr umfassende Verwaltungsaufgabe, gründet neue Konvente, übernimmt die spirituelle Leitung der Brüder und Schwestern, führt Verhandlungen und schließt Verträge mit den höchsten Feudalherren.

1310: Beim Generalkapitel in Straßburg wird Eckhart zum Generalvikar (Stellvertreter des Ordensoberen der Dominikaner) mit speziellen Aufgaben der Reform der gesamten böhmischen Ordensprovinz ernannt. Im selben Jahr wählen ihn die Brüder aus Süddeutschland (Ordensprovinz Teutonia), die um seine Geschicklichkeit und sein geistliches Gespür wissen, zu ihrem Provinzial.

1311: Die Rivalitäten zwischen den zwei großen theologischen Strömungen in Paris, der franziskanischen und der dominikanischen Schule, verschärfen sich. Eckhart wird als Universitätsprofessor nach Paris geschickt. Er schreibt dort das berühmte Opus tripartitum und verfasst verschiedene Bibelkommentare. Eckhart ist jedoch eher Mystiker als Polemiker und verlässt Paris.

1314–1322: Eckhart ist in Straßburg als Vikar des Ordensgenerals. Seine Hauptaufgabe ist die Seelsorge und geistliche Leitung der Schwesternkonvente. In dieser Funktion ist er viel auf Reisen und hält Predigten für das einfache Volk in deutscher Sprache.

1323/1324: Eckhart wird nach Köln geschickt, um das Studium generale der Dominikaner zu leiten. Er widmet sich der theologischen Lehre, der Predigt für das einfache Volk und der geistigen Arbeit.

1326: Der Erzbischof von Köln, der Franziskaner Heinrich II. von Virneburg, setzt einen Inquisitionsprozess gegen Meister Eckhart in Gang, da er häretischer Lehren verdächtigt wird. Es beginnt in der Art, wie die Lehrinstanzen der Kirche bis in unsere Tage für gewöhnlich funktionieren, ein wahrhaft kafkaesker Prozess gegen verschiedene Sätze des Meister Eckhart. Die vom Erzbischof ernannte Kommission listet aus seinem Buch Von der göttlichen Tröstung, seinen lateinischen Werken und seinen deutschen Predigten 120 Sätze auf. Es stimmt, dass sich Eckhart eines paradoxen Stils bedient und dass seine Predigten bei seinen Zuhörern ein feines Gespür und Verständnis voraussetzen. Die Sprache der Mystiker ist, wie wir bereits weiter oben ausgeführt haben, nicht die der Prediger und Theologen. Sie spricht vielmehr eine Erfahrung an, die auch das gläubige Volk macht, auch wenn es nicht imstande ist, sie in diskursiver und allgemeiner Form darzulegen. Eckhart protestiert gegen diese Methode, einzelne Sätze willkürlich aus einem umfassenden Werk herauszunehmen. Er beruft sich auf das den Dominikanern und Franziskanern zugebilligte Privileg der Exemption, das heißt der Nichtzuständigkeit der Bischöfe für sie, und bittet darum, dass der apostolische Stuhl oder die Universität von Paris über ihn urteilen möge.

Bevor er sich jedoch nach Avignon wendet, wo der Papst residiert, legt er am 13. Februar 1327 vor dem ganzen Volk ein Bekenntnis zum rechten Glauben ab:

„Ich, Meister Eckhart, Doktor der heiligen Theologie, protestiere vor allem und rufe Gott zum Zeugen an, dass ich jeden Glaubensirrtum und jede Sittenverderbnis immer, soweit mir möglich war, verabscheut habe, da solche Irrtümer dem Stande meines Lehrertums widerstritten hätten und widerstreiten. Wenn also etwas Irrtümliches in der Glaubens- und Sittenlehre gefunden werden sollte, das ich geschrieben, gesagt oder gepredigt habe, heimlich oder öffentlich, irgendwann oder irgendwo, unmittelbar oder mittelbar, nach weniger gesunder Lehre oder falscher, so widerrufe ich ausdrücklich hier öffentlich vor euch allen und jedem einzelnen hier Gegenwärtigen, dass ich von nun an solches für nicht gesagt und nicht geschrieben haben will …“12

Eckhart macht sich zusammen mit seinem Provinzial und drei weiteren Theologieprofessoren aus dem Dominikanerorden nach Avignon auf. Der Prozess wird in Avignon fortgesetzt, wobei es nun nur noch um 28 Thesen geht, die unter dem Verdacht der Häresie stehen. Eckhart versucht sich vor der Kommission, die zur Beurteilung seiner Lehre eingesetzt wurde, zu erklären – offenbar wenig erfolgreich, denn am 27. März 1329 verurteilt Papst Johannes XXII. in der päpstlichen Bulle In agro dominico 28 Thesen des Meister Eckhart. Die Bewunderer des großen christlichen Mystikers sind heute noch schwer betroffen von den harten Worten des Papstes in der Einleitung dieses Dokumentes. Es betrachtet Eckhart als einen Feind, der „auf dem Acker des Herrn“ (dies ist die Bedeutung des Incipit des Dokumentes, der Anfangsworte: In agro dominico) Unkräuter aussät. Im Text heißt es dann: „Fürwahr, mit Schmerz tun Wir kund, dass in dieser Zeit einer aus deutschen Landen, Eckehart mit Namen, und, wie es heißt, Doktor und Professor der Heiligen Schrift, aus dem Orden der Predigerbrüder, mehr wissen wollte als nötig war, und nicht entsprechend der Besonnenheit und nach der Richtschnur des Glaubens, weil er sein Ohr von der Wahrheit abkehrte und sich...

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