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Wachstumsmarkt Ambulante Pflege

Angebote, Chancen, Modelle, Lokale Netzwerke bilden, Neue Wohnformen aufbauen, Arbeitgeber-Attraktivität steigern.

AutorBirger Schlürmann
VerlagSchlütersche
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl124 Seiten
ISBN9783842686144
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis11,99 EUR
auf den Punkt gebracht: •Konzepte für den Weg zum professionellen Pflege-Allrounder •Die Zukunftschance: maßgeschneiderte quartiernahe Angebote •Zielvision: der attraktive Arbeitgeber in der Pflege Im Gesundheitsmarkt der Zukunft werden ambulante Pflegedienste eine wesentlich größere Rolle spielen als bislang. Ambulante Pflege muss dafür allerdings lokal und regional bestens verankert sein. Nur als multiprofessionelle Dienstleister können ambulante Pflegeanbieter ihr Wachstumspotenzial heben. Birger Schlürmann beschreibt schlüssig und klar, welche Weichen ambulante Dienste jetzt stellen müssen, um wirtschaftlich effizient und flexibel auf Herausforderungen zu reagieren. Er liefert Lösungen (neue Geschäftszweige und Wohnformen), gibt Tipps für Personalmanagement und -entwicklung. Das Buch zeigt, wie es Pflegeeinrichtungen gelingt, •unterschiedliche Wohnformen aufzubauen; •fachspezifische Pflege mit entsprechenden Versorgungsverträgen anzubieten; •sich im nahen Umfeld zu verankern; •die Belegschaft kontinuierlich weiterzuentwickeln; •als attraktiver und prosperierender Arbeitgeber wahrgenommen zu werden; •durch Diversifikation die Zukunft zu sichern.

Birger Schlürmann ist Pflegefachkraft, TQM-Auditor, Pflegedienst- und Heimleiter. Er arbeitet zurzeit als Unternehmensberater für ambulante und stationäre Einrichtungen.

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Leseprobe

1 Problem: Die heutige Lage ambulanter Pflegedienste


Mit reiner ambulanter Pflege, so wie wir sie seit den 1980er-Jahren kennen, lässt sich heute kein Blumentopf mehr gewinnen. »Naja«, mag der eine oder andere von Ihnen einwenden, »wir haben aber den demografischen Wandel – immer mehr ältere Menschen – da können wir noch lange so weiter machen.« Richtig an diesem Argument ist, dass es auch in Zukunft ältere Menschen mit Pflegebedarf geben wird. Doch es wird eine andere Zielgruppe sein: anspruchsvoller, fordernder, aufgeklärter. Hierauf müssen ambulante Anbieter reagieren.

Hinzu kommen immer mehr Menschen mit demenziellen Erkrankungen, mit besonders schweren pflegerischen Situationen wie Beatmungspflicht und Wachkoma. Auch diese Gruppe wird für ambulante Versorger immer wichtiger.

Die unterschiedlichen Landesheimgesetze, die verabschiedet und zum Teil schon wieder modifiziert wurden (z. B. in Nordrhein-Westfalen), eröffnen mittlerweile neue Formen der ambulanten und teilstationären Versorgung.

Ambulante Dienste haben heute die Möglichkeit, die gesamte Dienstleistungspalette zu offerieren: von der einfachen Nachbarschaftshilfe bis hin zum spezialisierten Angebot für beatmete Menschen in ihrer eigenen Häuslichkeit.

Es ist heute also vieles möglich für ambulante Pflegedienste. Es ist aber zugleich vieles nötig, um die nächsten zehn Jahre und mehr als Pflegedienst zu überleben. Einen ersten Überblick über Ihre Chancen und Möglichkeiten finden Sie in diesem Buch.

1.1 Rote Zahlen trotz rosiger Zukunft?


Sie verzeihen mir bitte, dass ich die Überschrift für dieses Kapitel abgekupfert habe. Das launige Wortspiel stammt von Professor Michael Isfort1. Bereits 2006 schrieb er: »Marktforscher bescheinigen der ambulanten Pflege regelmäßig eine rosige Zukunft. Zugleich kämpfen viele Pflegedienste ums Überleben, ausgebremst durch Struktur- und Finanzierungsdefizite des Gesundheitssystems. Fakt ist: Die Branche hat Wachstumspotenzial. Es zu nutzen heißt, als Pflegedienst neue und passende Angebote zu machen.«2 Tatsächlich hat sich an dieser kompakten Zustandsbeschreibung seither nicht viel geändert. Immer noch kämpfen in Deutschland die Pflegedienste ums Überleben. Immer wieder kommt es zu Meldungen wie dieser: »Rund 60 Prozent der ambulanten Pflegedienste von Caritas und Diakonie in Baden-Württemberg schreiben rote Zahlen«, titelte die Mainpost und nannte auch den Grund für die desolate Haushaltslage: die mangelnde Refinanzierung, denn Caritas und Diakonie müssen u. a. ihren Mitarbeitern Tariflöhne zahlen. Die Krankenkassen erkannten bislang diese Ausgaben nicht als betriebsnotwendig an. Das immerhin ändert sich mit dem ersten Pflegestärkungsgesetz. Doch ob das reicht?

Fakt

In Deutschland gibt es derzeit rund 12.000 ambulante Pflegedienste mit rund 200.000 Mitarbeitern. Ihre Arbeit wird zum Teil aus der Pflegeversicherung, der Krankenversicherung und zum Teil direkt vom Kunden vergütet. Die Ertragssituation vieler ambulanter Dienste ist allerdings nach wie vor heikel. Ambulante Dienste kämpfen vor allem mit dem Delta zwischen überproportional steigenden Betriebskosten und real sinkenden Vergütungen.

Hinzu kommt, dass der überwiegende Teil der ambulanten Pflegedienste (67 %) weniger als 50 Pflegebedürftige versorgt.3

Außerdem gibt es immer neue Qualitätsanforderungen (gern von den Pflegewissenschaftlern), die von Institutionen wie dem MDS geradezu begeistert aufgenommen werden. Gegen Qualität ist freilich nichts zu sagen, doch der Aufwand, den so manche Anforderung an einen ambulanten Pflegedienst stellt, ist enorm. Allein der Dokumentationsaufwand für die Beratung von Pflegekunden mit potenziellen Risiken kostet einen Pflegedienst mit 100 SGB XI-Klienten jährlich etwa 42.000 €, legt man pro Klient und Jahr allein hierfür 12 Dokumentationsstunden zu je 35 € Fachkraftkosten zugrunde. Im Umkehrschluss muss ein Pflegedienst dieser Größe eine komplette Fachkraft inklusive Lohnnebenkosten nur für die nicht-wertschöpfende Beratung beschäftigen.

Die Überbürokratisierung ist ein Konfliktfeld vieler ambulanter Dienste, denn im Gewirr zwischen SGB V und XI müssen sie sich fast allein durchschlagen.

Anfang Dezember 2014 legte das Bundesgesundheitsministerium die Finanzergebnisse der ersten drei Quartale des Jahres 2014 vor. Die Krankenkassen mussten zwar Verluste hinnehmen, verfügten aber über eine Reserve von 16 Mrd. Euro. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe bezeichnete diese Bilanz als außerordentlich stabil. Dennoch darf man Kritik üben: In meinem Newsletter formulierte ich deshalb etwas spitz: »Umso fraglicher ist, warum es immer wieder vorkommt, dass unter fadenscheinigen Begründungen zum Teil lebensnotwendige Verordnungen zur Behandlungspflege im ambulanten Bereich abgelehnt werden. Hier nämlich entstehen im Umkehrschluss immer mehr Verwaltungskosten für ambulante Dienste: Es werden oft viele Arbeitsstunden nur darauf verwendet, Widersprüche zu formulieren – damit der betroffene Versicherte auch sein Recht bekommt.«4

Ein weiteres Problem vieler ambulanter Dienste: Es fehlt an Personal. Die Arbeitsbedingungen in der ambulanten Pflege sind nicht attraktiv. Die Arbeit ist herausfordernd, anstrengend, der Verdienst demgegenüber eher mager.

Doch selbst bei guten Arbeitsbedingungen haben Pflegedienste Schwierigkeiten, Personal zu bekommen. Ein Beispiel aus Sachsen-Anhalt: Dort ist »in jeder Sozialstation der Volkssolidarität eine Vollzeitstelle nicht besetzt, 13 insgesamt. Und nichts hilft, diesen Zustand zu beenden, obwohl Beate Bechmann [Geschäftsführerin des Regionalverbandes der Volkssolidarität Halle-Saalekreis, Anm. d. Verf.] zum Beispiel alles versucht: »Kommen Sie zu mir, Sie kriegen auch einen Dienstwagen mit privater Nutzung. Sie kriegen eine Altersvorsorge, Sie erhalten leistungsabhängigen Lohn, Sie erhalten sonnabends und sonntags Schichtzulage, Sie erhalten Ende des Jahres 60 Prozent als Sondervergütung«, zählt sie auf. Nichts passiert. Und das, obwohl diese Konditionen kaum jemand bietet. Beate Bechmann weiß selbst am besten, warum Altenpflegerinnen nicht einfach wechseln: »Die sagen, ich lasse meine Pflegenden nicht allein. Die fühlen sich, als ob sie den zu Pflegenden verraten. Und ich glaube, die meisten würden auf 200 Euro verzichten, nur damit sie den alten Menschen nicht enttäuschen.«5

Ob Beate Bechmann damit richtig liegt, können nur Sie, liebe Leserin, lieber Leser, beantworten. Fakt ist aber, dass Pflegekräfte ihren Beruf zumeist mit wirklicher Anteilnahme und großer Hingabe erfüllen. Da darf gern gefragt werden, ob sich die Politik nicht gerade deshalb so viel Zeit mit neuen Gesetzen lässt, weil sie weiß, wie geduldig die Pflegekräfte hierzulande sind …

1.1.1 Zwischen Gesetzen und Verträgen


Der ambulante Pflegedienst, der als Vertragspartner der Kranken- und Pflegekassen Dienstleistungen für pflegebedürftige Menschen in ihrer Häuslichkeit oder anderen geeigneten Orten anbietet, erfüllt folgenden Zweck:

Er erbringt häusliche Krankenpflege gemäß § 37 Abs. 1 SGB V (Grund und Behandlungspflege sowie hauswirtschaftliche Versorgung, wenn Krankenhausbehandlung geboten, aber nicht ausführbar ist, oder wenn sie durch die häusliche Krankenpflege vermieden oder verkürzt wird).

Er bietet häusliche Krankenpflege gemäß § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB V (Behandlungspflege zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung), häusliche Pflege gemäß §§ 198 RVO, 25 KVLG.

Er leistet Haushaltshilfe gemäß §§ 38 Abs. 1 SGB V, 199 RVO, 27 KVLG, 10 KVLG 1989.

Er stellt durch geeignetes Personal Leistungen der häuslichen Pflegehilfe nach §§ 36 und 39 SGB XI sicher.

Er übernimmt die Durchführung von Pflegeeinsätzen nach § 37 Abs. 3 SGB XI bei Beziehern von Pflegegeld.

Der Pflegedienst ist zudem eine selbstständig wirtschaftende Einrichtung unter ständiger fachlicher Verantwortung einer ausgebildeten verantwortlichen Pflegefachkraft gemäß § 113 SGB XI i.V.m. den Gemeinsamen Maßstäben und Grundsätzen zur Qualität in der Pflege in ihrer aktuellen Fassung. Dieser Satz ist ganz entscheidend: »Selbstständig wirtschaften« heißt sogar im Sinne des SGB XI auch automatisch, die Dienstleistungen wirtschaftlich zu erbringen.

Mit Krankenkassen werden Versorgungsverträge und Vergütungsverträge nach SGB V geschlossen.

Mit Pflegekassen werden Versorgungsverträge und Vergütungsverträge nach SGB XI geschlossen.

Zudem rechnen ambulante Pflegedienste Leistungen mit den zuständigen Sozialhilfeträgern nach SGB XII ab.

Zusätzlich können die Leistungen auch ohne Beteiligung der oben genannten Kostenträger im Rahmen der Privatliquidation...

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