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Was bisher geschah

Autobiographie

AutorUwe Ochsenknecht
VerlagVerlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG
Erscheinungsjahr2013
Seitenanzahl256 Seiten
ISBN9783838745121
Altersgruppe16 – 
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis15,99 EUR

Uwe Ochsenknecht ist ein Phänomen. Seit über vierzig Jahren ist er auf der Bühne, im Fernsehen und auf der Leinwand präsent. Die Menschen mögen ihn, weil er so ist wie sie: bodenständig, geradeheraus und ein wenig eigensinnig. In seiner Autobiographie schildert der beliebte Schauspieler und Sänger erstmals ausführlich sein Leben. Sehr persönlich und offen erzählt er von einer kargen Kindheit und mehrfachen Schulabbrüchen, von ersten Bühnenauftritten und dem ganz großen Durchbruch, von seiner Liebe zur Musik, dem harten Showbusiness und seiner ungewöhnlichen Familie.

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Leseprobe

ROCKER & AN 1 – FERIEN VON DEN ELTERN

Der Stadtjugendring Mannheim bot für die Sommerferien verschiedene Urlaubsreisen an, bei denen Minderjährige mit Betreuern verreisen konnten. Das war super, denn ich war erst vierzehn und hätte sonst erst ab achtzehn alleine, ohne Erziehungsberechtigte, in die Ferien fahren dürfen. Die Chance, mich zwei Wochen lang von meinen Eltern zu befreien, ließ ich mir nicht entgehen und buchte mit drei Freunden vierzehn herrliche Tage und Nächte »Ferien- und Freizeitlager Schubystrand« an der Ostsee. Eine gute Entscheidung, denn schon die Anreise war ein Volltreffer: Der zwanzigköpfige Ferientrupp aus vergnügungshungrigen Jugendlichen enterte den Zug und besetzte mehrere nebeneinanderliegende Abteile. Kaum dass der Waggon sich in Bewegung gesetzt hatte, brüllte auch schon die Musik der Stones, der Beatles, von Marvin Gaye, Hendrix und immer wieder den Beach Boys aus den Kassettenrekordern durch den Zug.

Im »Schuby-Lager«, einer Art Schullandheim, bezogen wir zu sechst kleine Holzhäuschen, deren Dächer bis auf den Boden reichten. Von ferne sahen die Hütten aus wie große Dreiecke oder Zelte. Drinnen waren sie sehr gemütlich: Jede Hütte hatte Toilette und Waschbecken, Tisch und Stühle, Schränke und sechs Betten.

Wir stöpselten den Radiorekorder ein und veranstalteten zum Eingewöhnen erst mal einen ausgiebigen Kennenlern-Abend. Am nächsten Tag gingen wir schwimmen, spazieren, hingen am Strand ab, begutachteten die mitgefahrenen Mädchen und luden sie für den Abend auf unsere »Bude« ein. Jeder von uns hatte schon eine bestimmte Dame im Auge, der er später, wenn wir in die Dorfdisco weiterzögen, näherkommen wollte. Alkohol war natürlich nicht erlaubt, aber zwei von uns hatten AN 1 dabei, ein leichtes Aufputschmittel, das man rezeptfrei in der Apotheke bekam. Das Zeug war ziemlich harmlos. Wir warfen uns ein paar Pillen ein, und fanden es schick, so »high« zu sein. Dabei basierte die Wirkung im Wesentlichen auf Einbildung und war nicht viel stärker, als wenn man zwei Liter Cola getrunken hatte – aber das Wissen, etwas Verbotenes zu tun, hat sicher stark zum »berauschten Feeling« beigetragen.

Die »Disco« war eine etwas heruntergekommene Dorf-Gaststätte. Der DJ spielte alle unsere Hits, und wir waren high vom Verliebtsein, vom Sommer, vom Meer und von der ungeheuren Freiheit, mal ohne die Spaßbremsen namens Eltern unterwegs zu sein.

Um Mitternacht teilte unser Betreuer uns plötzlich mit sehr ernstem Gesichtsausdruck mit, dass wir sofort zurück ins Lager müssten: Es gebe »Ärger mit ein paar Rockern«. Aus irgendeinem Grund wollten sie uns »die Fresse polieren«. Wow – das klang nicht so witzig!

So viele Mädchen, wie in seinen VW-Bus reinpassten, fuhren mit dem Betreuer voraus. Die restlichen Mädchen sollten mit den Jungs schon mal zu Fuß losgehen und würden dann mit der zweiten Fuhre von ihm aufgesammelt werden. Charly, das Mädel, das ich im Auge hatte, bestand darauf, mit den Jungs zu laufen. Es war Sommer, eine laue Nacht, über uns der sternenklare Himmel und hinter uns die Gefahr: Wir mussten schließlich jeden Moment damit rechnen, dass uns die Rocker mit ihren brodelnden, blubbernden Motorrädern verfolgten und zusammenschlugen.

Wir hatten alle heimlich Alkohol getrunken, der – gepusht durch die Pillen – zuverlässig seine Wirkung entfaltete. Wir alberten herum, sangen laut und lachten uns über völlig blödsinnige Bemerkungen total schlapp. Die Gefahr geriet in Vergessenheit.

Aus dieser übermütigen Stimmung heraus sagte ich zu Charly, dass ich sie jetzt doch besser mal vor den bösen Rockern beschützen müsse, nahm ihre Hand und konnte kaum fassen, dass sie das zuließ. Wow! Der erste wichtige Schritt war getan. Bei Vollmond schlenderten wir Hand in Hand und später sogar Arm in Arm zurück zu unseren Hütten. Es war gefährlich und romantisch zugleich – und damit äußerst elektrisierend für mich.

Zurück im Lager marschierten meine Kumpel und ich zu unserem Betreuer und überzeugten ihn davon, dass es besser sei, wenn die Mädchen heute nicht alleine übernachteten, sondern weiterhin von uns vor den gefährlichen Rockern beschützt werden würden!

Nachdem die Mädels bei uns eingetroffen waren, spielten wir unsere Musik, zündeten Kerzen an und verriegelten die Tür mit Stühlen und Schränken. Ein paar der Jungs hatten aus der Kneipe noch heimlich Bier und Schnaps mitgeschmuggelt, und so stieg nicht nur die Stimmung.

Charly lag neben mir, und nachdem mir nichts mehr einfiel, über das wir hätten reden können, begannen wir zu knutschen und zu fummeln. Leider schob sie meine Hand, die ich vorne in ihre engen Hotpants zu zwängen versuchte, immer wieder weg und sagte: »Die Hose bleibt zu!« Da ich nicht weiter kam und der Schritt meiner Jeans mittlerweile schon ziemlich viel mit dem Titel des erotischen Erfolgsromans von Charlotte Roche gemein hatte, ging ich zur Toilette und zog mir heimlich ein anderes Paar an. Als ich mich wieder zu ihr legte, war sie allerdings schon selig eingeschlummert. Ich hatte mir meine Sorgen also ganz umsonst gemacht. Viel hätte sie vermutlich sowieso nicht mehr mit mir anfangen können, denn ohne meine Erlaubnis, aber dafür mit Dauerkarte, fuhr mein Schädel Karussell, und auch ich fiel ins Koma.

Kein Geringerer als Marvin Gaye weckte uns am nächsten Morgen aus unserem Delirium: Um uns wach zu kriegen, ließ der Gruppenleiter morgens in voller Lautstärke What’s going on aus dem von uns mitgebrachten tragbaren Tonbandgerät krachen. Er wollte uns damit aus den Betten jagen und erreichte das genaue Gegenteil: Wir blieben extra liegen, weil wir es total toll fanden, mit dem Saxophon-Intro dieses Hammer-Songs geweckt zu werden. Ohne große Mühe und ohne dass wir etwas davon mitbekamen, hatte der Betreuer die Tür, die wir in der Nacht mit Tischen und Stühlen verbarrikadiert hatten, um uns vor den bösen Eindringlingen zu schützen, wieder aufbekommen. Toll. Unsere Maßnahmen hatten ja extrem viel genutzt …

Im Jahr darauf fuhr ich mit dem Stadtjugendring und fast derselben Truppe in die Schweiz, nach Gersau am Vierwaldstätter See. Der Urlaub war nicht mehr ganz so sensationell, weil wir ähnlich schöne Momente erwarteten wie an der Ostsee, die sich dann aber – wie es mit Erwartungen halt so ist – nicht einstellten. Charly war bei dieser Reise ebenfalls mit von der Partie, hatte aber mittlerweile einen festen Freund. Der war zwar nicht mit, aber wegen ihm konnte ich dann nicht mehr bei ihr landen.

Zum Glück waren die Stadtjugendring-Urlaube jedoch nicht mehr die einzige Möglichkeit, um sich zu vergnügen. Auch Vogelstang hatte neuerdings ein spannendes Event zu bieten: Weil es für die Jugendlichen der 10 000-Seelen-Gemeinde überhaupt nichts zum Ausgehen gab, hatte unser evangelischer Pfarrer, der Bruder des legendären Theaterregisseurs Peter Stein, dafür gesorgt, dass für uns eine Disco aufgemacht wurde. Sie hieß »Experiment« und wurde ihrem Namen in jeder Hinsicht gerecht. Einlass war erst ab sechzehn, deshalb mussten wir unsere Schülerausweise und Monatskarten fälschen, um uns den Zutritt zu erschummeln. Die Eröffnung des Ladens sprach sich wohl rum, denn aus den umliegenden amerikanischen Kasernen strömten bald viele Schwarze in den Club und beeinflussten maßgeblich den Sound, indem sie ihre LPs mitbrachten. Es wurde heißester Soul aufgelegt und getanzt, bis der Schweiß von den Wänden lief. Der Schuppen war durch sein im wahrsten Sinne des Wortes »buntes Publikum« so international, dass er auch zu New York gepasst hätte.

Ich liebte diese Musik und fand es supergeil, wie sich die Schwarzen in dem stets brechend vollen Laden zur Musik bewegten und mitsangen. Sie haben meinen Musikgeschmack und Tanzstil absolut geprägt.

Wenn er mal Pause machte, ließ mich der DJ kurz an die Plattenteller. Ich durfte wirklich auflegen! Mit vierzehn! Ein Traum … Ich spielte Aretha Franklin, James Brown und Isaac Hayes und beschloss daraufhin, auch selbst Musik zu machen. Mit drei Kumpeln gründete ich eine Band, in der ich zunächst am Schlagzeug saß. Als unser Frontmann das Handtuch schmiss, sprang ich wegen meiner Chor-Erfahrung dann spontan als Sänger ein. Wir probten zwei- bis dreimal die Woche im evangelischen Gemeindezentrum von Pfarrer Stein und performten Songs von Led Zeppelin, Free oder Bad Company. Das war supergeil, und ich kam mir extrem lässig und erwachsen vor: Wir spielten nicht nur deren Songs, wir waren Led Zeppelin und all die anderen!

MUTTER MÜNCHEN UND DIE PENSION OLIVE – MEIN ERSTER FILM

Ein Anschlag am schwarzen Brett der Theater-Kantine wurde zur Initialzündung meines Lebens: Regisseur Diethard Klante, der mit dem Leiter der Statisten befreundet war, suchte Darsteller mit Mannheimer Dialekt für sein neues Fernsehspiel. Sein Filmprojekt Freizeitraum, Bau 2 sollte die Problematik minderjähriger Straftäter in einer Jugendstrafanstalt zeigen und war um die Person eines progressiven Gefängnisdirektors herum geplottet, der wegen seiner modernen Resozialisierungspläne angefeindet wird. Rolf Zelter, der Autor des Stücks, war selbst Leiter der Jugendstrafanstalt Schwäbisch Hall, wo die Außenaufnahmen gedreht werden sollten.

In der Notiz wurde zum Vorsprechen in der kommenden Woche geladen. Es ging darum, einen minderjährigen Sträfling zu mimen. Aufs Leidenschaftlichste las und spielte ich Klante...

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