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»Was ihr dem geringsten meiner Brüder getan habt, das habt ihr mir getan …« – Das Weilheimer Heilig-Geist-Spital als Beispiel privater und kommunaler Sozialfürsorge in Mittelalter und Neuzeit (um 1328 bis 1943)

AutorJoachim Heberlein
VerlagHerbert Utz Verlag
Erscheinungsjahr2010
Seitenanzahl658 Seiten
ISBN9783831609895
FormatPDF
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis42,99 EUR
Knapp 620 Jahre erfolgreiche Sozialgeschichte – mit diesen doch recht dürren Worten lässt sich das Wirken der Heilig-Geist-Spital-Stiftung Weilheim wohl am besten umreißen. Die großzügige Dotation eines Einzelnen – des Münchner Patriziers Ludwig Pütrich des Älteren – legte um das Jahr 1328 den Grundstein für das Heilig-Geist-Spital und somit zu einer zunächst privaten Sozialfürsorge. In einer Gesellschaft, in der das soziale Netz äußerst weitmaschig war, erhielt diese Stiftung eine besondere Bedeutung – Arme und Alte, jene Randpersonen der mittelalterlichen städtischen Gesellschaft – bekamen eine neue Perspektive, eine Hoffnung auf menschenwürdiges Leben. Auch wenn die Stiftung 1405 in städtische Verwaltung überging und sich somit von einer privaten zu einer kommunalen Einrichtung wandelte, blieb der Stifterwille doch fortbestehen. Die einmal begonnene Sozial­fürsorge, nun auch ausgedehnt auf andere Bereiche, die unter die städtischen Aufgaben fielen, wurde erfolgreich weitergeführt. Der Aufruf Jesu, sich seines Nächsten anzunehmen und ihn in seiner Not zu unterstützen, wurde hier zur Tat. Wenn auch im Laufe der Jahrhunderte dieser Aufruf immer wieder durch das Profitstreben der Verantwortlichen verdunkelt wurde, erfüllte die Heilig-Geist-Spital-Stiftung, die größte und wirkmächtigste Sozialstiftung der kleinen Stadt, unvermindert ihren Auftrag. 1943 bannte eine Unterschrift zur Auflösung die Gefahr, dass die Stiftung durch eine nationalsozialistische Organisation übernommen wurde. Damit endete nach über einem halben Jahrtausend die Geschichte des Heilig-Geist-Spitals, das seither als Städtisches Bürgerheim Weilheim fortlebt.

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Leseprobe
5. Das Spitalkuratbenefizium Heilig Geist (S. 443-444)

Über das leibliche Wohl der Pfründner des Heilig-Geist-Spitals hinaus lag dessen Stifter vor allem auch deren sowie sein eigenes Seelenheil und das seiner Ahnen sehr am Herzen, so dass er zum Spital eine ewige Frühmesse, das sog. Frühmess- oder Spital-Kurat-Benefizium2058 Heilig Geist stiftete.

Die Benennung der Frühmesse bzw. des Benefiziums gestaltet sich schwierig, da diese durch die Jahrhunderte immer wieder wechselte und erst im 19. Jahrhundert festgelegt wurde.

Der Stiftungsbrief legte nur fest, dass es eine ewige Messe sei2059. 1385 wurde der Stelleninhaber als „Capplan des obgenanten Spittals ze Weilhaim“2060 benannt, während sich der 1424 die Stelle innehabende Priester als „primissarius zu weilheim“ 2061 bezeichnete. 1470 wurde der Priester als „pfarer des vorgenannttn gotzhaus“ 2062 erwähnt und ebenso 1504 als „Pfarer vnnd Frümeser der wirdigen Stift vnnd loblichen Hospitals zu Weilham“2063. 1709 bezeichnete sich Georg Gerold als „Primissarius et Parochus in dem Spittall Weilhaimb“2064. Die Vindelicia Sacra weist den im Spital tätigen Priester schließlich als „simulque curatus; seu Parochus Hospitalis“2065, der das Frühmess-Benefizium zu betreuen habe2066, aus.

1851 legte das Bischöfliche Ordinariat Augsburg fest, dass die Kirchenpfründe fortan als „Spitalkuratie“ bezeichnet werde und unter diesem Titel auch im Schematismus Aufnahme finden solle2067. Bis dahin hatte sie unterschiedliche Benennungen erfahren. So wurde sie 1819 auf Grund der Vereinigung mit der Stadtpfarrei als „Spital-Frühmeß-Curat-Benefizium“ genannt und 1847 in der Installationsurkunde für Andreas Schmidtner als „Benef. curat. Primiss. in hospit. in Weilheim“.

Der Titel „Spitalkuratie“ blieb bis 1900 bestehen. Im Schematismus des Jahres 1901 wurde die Pfründestellte schließlich als „Spital-Kurat-Benefizium“ bezeichnet.

5.1. Die Stiftung der Frühmesse bzw. des Benefiziums

Ludwig Pütrich der Ältere trug sich wohl bereits vor 1367 im Zusammenhang mit einer geplanten Verlegung des Spitals von der Vorstadt St. Pölten in die Stadtmitte mit dem Gedanken, beim Spital auch eine ewige Messe mit einem eigenen Priester zu stiften.

Da der Ort, wo das Spital nun innerhalb der Ringmauer stehen sollte, im Sprengel der seit 1244 dem Kloster Wessobrunn inkorporierten Stadtpfarrei lag, bot sich hier Konfliktstoff.

Sowohl der Abt des Klosters Wessobrunn, Paul I., wie auch der Weilheimer Stadtpfarrer Sighardt hatten sich wahrscheinlich gegen einen Eingriff in das ihnen untergebene Pfarrgebiet gewehrt. Um hier zukünftig ein gutes Einvernehmen zwischen dem Abt, dem Stadtpfarrer und dem Frühmesser sicherzustellen, ließ Herzog Stephan II. durch Münchner Honoratioren einen Schiedsspruch fällen, der von Pütrich in einer am 10. August 1367 ausgestellten Urkunde anerkannt wurde."
Blick ins Buch
Inhaltsverzeichnis
VORWORT10
INHALT16
1. Die Geschichte des Heilig-Geist-Spitals48
2. Das Heilig-Geist-Spital als Institution108
3. Das Heilig-Geist-Spital als Sozialeinrichtung307
4. Die Einkünfte und materiellen Grundlagen des Heilig-Geist-Spitals427
5. Das Spitalkuratbenefizium Heilig Geist490
Schlussbetrachtung524
Anhang530

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