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E-Book

Was ist die Seele?

Mein Geheimnis - meine Stärke

AutorAnselm Grün, Wunibald Müller
VerlagKösel
Erscheinungsjahr2009
Seitenanzahl224 Seiten
ISBN9783641024963
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis7,99 EUR
Anselm Grün und Wunibald Müller im Dialog: So wirkt die Seele
In allen Menschen wirkt eine geheimnisvolle Macht. Das Wort 'Seele' umschreibt diesen Kern unserer Persönlichkeit. In einem aufregenden Dialog zwischen Pater Anselm Grün, dem spirituellen Bestseller-Autor, und Wunibald Müller, dem erfahrenen Psychotherapeuten, werden Wege vorgeschlagen, mit unserer Seele in Kontakt zu kommen. Berührt von der Seele, werden wir zu Persönlichkeiten, die dem Leben standhalten, weil wir zwischen Himmel und Erde geborgen sind.

Pater Anselm Grün, geboren 1945, ist Benediktinermönch der Abtei Münsterschwarzach, deren Cellerar (wirtschaftlicher Leiter) er 36 Jahre lang war. Als Kursleiter und geistlicher Begleiter ist er viel unterwegs. Er ist Träger des Bundesverdienstkreuzes und erreicht mit zahlreichen Veröffentlichungen und Vorträgen Millionen von Menschen.

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Leseprobe
TEIL II

Von der Unsterblichkeit der Seele


WUNIBALD MÜLLER: Wir sollten uns jetzt einem Thema widmen, das unbedingt bedacht werden muss, wenn man von der Seele spricht. Ich meine damit die Vorstellung von der Unsterblichkeit der Seele. Wir begeben uns damit auf eine Ebene, die noch mehr als das, was wir bisher schon über die Seele sagten, unser Denken und unsere Möglichkeiten, darüber und dazu etwas zu sagen, übersteigt. Und dennoch sollten wir es wagen, uns darüber Gedanken zu machen.
Nach C. G. Jung stellt die kirchlich dogmatisch festgestellte Unsterblichkeit der Seele »diese über die Vergänglichkeit des körperlichen Menschen und macht sie zum Teilhaber einer übernatürlichen Eigenschaft. Sie überragt damit den sterblichen Bewusstseinsmensch um ein Vielfaches an Bedeutung …« Das ist die gewichtige Aussage eines Mannes, der von sich sagt, dass er über alles – und das gilt auch für seine Aussagen über die Seele – als Wissenschaftler spricht:
»In mir hat sich tief die Vorstellung eingeprägt, nach der die Seele nur vorübergehend meinen Leib bewohnt und ihn im Augenblick meines Todes verlässt. Während mein Leib vergeht und verwest, wird meine Seele überleben. Sinn des sterblichen Lebens ist die Erlösung der unsterblichen Seele.«
Das war auch in etwa die gängige Lehre der katholischen Kirche über die Unsterblichkeit der Seele. Inzwischen gibt es Theologen, die meinen, die Seele bleibe ein Krüppelwesen, solange sie nicht mit dem Leib wesenhaft vereint sei. Doch wie man sich das Weiterleben der Seele vorstellen kann, wenn wir gestorben sind und unser Leib dann offensichtlich verwest, bleibt offen.
Die Volkskunst stellt die Seele häufig als Seelenvogel dar, der aus dem sterbenden Leib des Menschen entweicht. In christlichen Darstellungen nimmt Christus oft die scheidende Seele als ein kleines mit weißem Gewand bekleidetes Kind auf.
 

 

ANSELM GRÜN: Um die Vorstellungen von der Unsterblichkeit der Seele verstehen zu können, ist es hilfreich, Einblick in die Geschichte der Philosophie und Theologie zu nehmen und genau zu untersuchen, wie die Philosophen und Theologen das Geheimnis der Seele gesehen haben.
Da gibt es zunächst die Seelenlehre des Platon, der die unsterbliche Seele im Gegensatz zum sterblichen Leib sieht. Platon spricht von der Präexistenz der Seele. Bevor der Mensch existiert, hat seine Seele bereits von jeher eine Existenz in Gott. Bei der Geburt manifestiert sich dann diese Idee Gottes in einem konkreten Menschen.
Die griechischen Kirchenväter verbanden die Lehre von der Unsterblichkeit der Seele, die sie bei Platon vorfanden, mit der biblischen Idee von der Auferstehung der Toten. Die protestantische Theologie wehrte sich gegen diese Gleichsetzung dieser beiden Ideen. Für sie ist die Auferstehung der Toten das Werk Gottes. Im Tod stirbt für sie auch die menschliche Seele. Am Ende der Zeit wird Gott dann den Menschen vom Tod auferwecken.
Diese Interpretation hat dazu geführt, dass man alle Vorstellungen vom Tod und vom Zustand des Menschen nach dem Tod, vor allem aber alle Bilder der Vollendung im Tod, des ewigen Lebens in Gott, beiseitegeschoben hat.Am Ende hat man sich geweigert, dazu überhaupt etwas zu sagen. Das hat viele Menschen dazu gebracht, in anderen Religionen nach Vorstellungen von Tod und Fortleben nach dem Tod zu suchen. Für viele war schließlich die Idee der Reinkarnation am besten nachvollziehbar.
 

 

WUNIBALD MÜLLER: Offensichtlich spüren viele Menschen in sich die Sehnsucht, nach dem Tod weiterzuleben, als eine andere Person ins Leben zurückzukehren, bis dahin, dass sie sich vorstellen können, auch in einem Tier oder in einer Pflanze weiterzuleben. Wieder andere sprechen wie selbstverständlich davon, in einem vergangenen Leben ein Krieger oder eine Königin gewesen zu sein.
Ich habe manchmal den Eindruck, dass wir solche Vorstellungen und Ahnungen zu schnell als etwas verrückte Ideen abtun und die Menschen, die so denken und empfinden, nicht wirklich ernst nehmen. Ich selbst habe dazu keine Beziehung und die Vorstellung einer Wiedergeburt ist mir fremd. Anderen mag jedoch unsere Vorstellung von einer unsterblichen Seele fremd bleiben.
Vielleicht sollten wir noch mutiger und ohne überheblich zu werden, von der Unsterblichkeit der Seele sprechen. Dann könnten wir von der Auferstehung der Toten, an die wir als Christen glauben, um ein Vielfaches überzeugender sprechen.
 

 

ANSELM GRÜN: Ich sehe das auch so und betrachte es daher als eine Aufgabe der Theologie, die platonische Sicht von der Unsterblichkeit der Seele mit der biblischen Sicht der Auferweckung aus dem Tod zu verbinden. Das ist übrigens auch das Anliegen von Papst Benedikt XVI. Ohne die Offenheit für die philosophischen Vorstellungen von der Unsterblichkeit der Seele können wir nicht glaubwürdig über die Auferstehung der Toten sprechen.
Dabei kann ich verstehen, dass wir uns mit manchen philosophischen Spekulationen über die Unsterblichkeit der Seele heute schwertun. Wir sind nicht mehr so spekulativ veranlagt wie die Menschen früher. Doch bei allem, was Philosophen und Theologen über die Seele gedacht und gesagt haben, kommt es darauf an, die Erfahrung zu machen, die hinter den Aussagen steckt. Dann beginnen die alten Bilder auf einmal zu leuchten, sie bekommen einen neuen Glanz für uns.
Der Mensch hat nach biblischem Verständnis von seinem Wesen her einen Bezug zu Gott. Dieser Bezug zu Gott kann sogar den Tod überdauern. Das Alte Testament kennt die griechische Lehre von der Unsterblichkeit der Seele nicht. In den Weisheitsschriften des Alten Testaments finden wir den Glauben daran, dass die Seele des Gerechten in Gottes Hand ist und von Gott auch über den Tod hinaus bewahrt wird. So gelangt das Alte Testament letztlich zu einer ähnlichen Auffassung von der Unsterblichkeit des Menschen, die nicht in seiner Natur liegt, sondern in der Treue Gottes zum Menschen, wie die Griechen.
 

 

WUNIBALD MÜLLER: Die Vorstellung von der Unsterblichkeit der Seele hat zu vielen ganz unterschiedlichen Spekulationen geführt, die zeigen, welch großes Interesse diesem Phänomen entgegengebracht und wie sehr dadurch ein schöpferisches Nachdenken darüber stimuliert wird. So repräsentiert für Rabbi Harold Kushner die Seele jene Teile unseres menschlichen Seins, die nicht physischer Art sind. Dazu zählt er unsere Wertvorstellungen, unsere Erinnerungen und unsere Identität, in der unsere Einzigartigkeit in besonderer Weise zum Ausdruck kommt. Die Seele, so seine Überzeugung, kann nicht krank werden, nicht sterben, nicht einfach verschwinden. Also ist sie unsterblich.
Das ist eine interessante Version, sich die Unsterblichkeit der Seele vorzustellen.Auf der anderen Seite bleibt natürlich die Frage, wo kann das, was hier mit Seele gemeint ist, ausgedrückt werden, wenn nicht über unseren Leib. Hier muss man aufpassen, nicht wieder dieser unsäglichen Trennung, hier Leib, dort Geist oder Seele, zu verfallen, zugleich aber auch offen dafür zu bleiben, im Wirken der Seele eine Kraft zu sehen, die zwar nicht ohne den Leib leben, aber auf unseren Leib einwirken kann. So sehr sie nicht ohne unseren Leib gesehen werden kann, stellt sie eine Größe dar, die mehr ist als unser Leib.
Unser körperliches Empfinden hat Auswirkungen auf unser seelisches Befinden, doch der Einfluss unseres Leibes auf unsere Seele bleibt begrenzt. Das Verhältnis zwischen unserem Leib und unserer Seele ist nicht symbiotisch. Seele und Leib sind aufeinander bezogen, ohne dadurch ihre Selbstständigkeit und Bewegungsfreiheit zu verlieren.
 

 

ANSELM GRÜN: Ich finde es übrigens auch wichtig, die Unsterblichkeit der Seele nicht als abstrakte Lehre zu verstehen, sondern die Erfahrung zu bedenken, die hinter einer solchen Lehre steht. Die Erfahrung kann dem entsprechen, was der jüdische Theologe Rabbi Harold Kushner über die Seele schreibt. Die Seele ist unsterblich, weil sie diese Welt immer schon übersteigt. In ihr ist etwas in uns, über das die Welt keine Macht hat.Wir brauchen Leib und Seele tatsächlich gar nicht auseinanderzureißen. Sie gehören zusammen. Aber die Seele zeigt die Dimension unseres Personseins, die nicht zerstört werden kann, auch dann nicht, wenn der Leib stirbt. Sie ist an den Leib gebunden und übersteigt ihn zugleich. Sie gestaltet und formt den Leib und wird sich auch wieder im Leib ausdrücken, sobald sie sich von unserem sterblichen und der Verwesung anheimgegebenen Leib getrennt hat.
Wichtig ist mir auch, dass ich die Seele immer als Bezogensein verstehe. Sie ist nämlich nicht nur auf den Leib bezogen, sondern auch auf andere Menschen und letztlich auf Gott. Und nur von diesem Bezogensein her können wir die Lehre von der Unsterblichkeit der Seele verstehen. Wer in seinem Innersten bezogen ist auf Gott, kann aus dieser Bezogenheit nicht mehr herausfallen, auch durch den Tod nicht. Er wird im Tod eine neue Qualität der Beziehung zu Gott, zu sich selbst und zu seinem Leib erfahren.

Die Frage nach dem ewigen Leben


WUNIBALD MÜLLER: Kurz vor seinem Tod ging Karl Rahner in der Freiburger Katholischen Akademie am Ende seines Vortrages auf Vorstellungen über das ewige Leben ein. Seine Stimme wurde leiser, als er, wie nach den richtigen Worten suchend, eher stammelnd als dozierend, meinte:
»Mir will...
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