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E-Book

Weiter. Denken. Ordnen. Gestalten

Mutige Gedanken zu den Fragen unserer Zeit

VerlagSiedler
Erscheinungsjahr2019
Seitenanzahl240 Seiten
ISBN9783641261566
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis25,99 EUR
Alfred Herrhausen, von 1985 bis 1989 Vorstandssprecher der Deutschen Bank, war ebenso Führungspersönlichkeit wie Visionär und führte das Unternehmen ins globale Zeitalter. Schon damals befasste er sich intensiv mit Fragen, die uns noch heute beschäftigen: Wie können wir ein geeintes Europa gestalten? Was sind die Chancen und Risiken der Globalisierung? Wie gehen wir mit der globalen Schuldenfrage um? Und worin liegt die gesellschaftliche Verantwortung der Banken?

Ein Buch mit dem Titel 'Denken, Ordnen, Gestalten', das posthum 1990 erschien, spiegelte seine Gedankenwelt und seine Überzeugungen. Heute, 30 Jahre nach seinem Tod, stellen wichtige Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik die Fragen von damals noch einmal neu und geben Antworten aus gegenwärtiger Sicht. Sie zeigen, wie verblüffend aktuell die Herausforderungen sind, die Alfred Herrhausens Denken und seinem Handeln zugrunde lagen.

Mit Beiträgen von Michail Gorbatschow, Ulrike Guérot, Anna Herrhausen, Gerald Hüther, Parag Khanna, Thomas Straubhaar, Heinrich August Winkler u.a..

  • 30 Jahre nach Alfred Herrhausens Tod: Sein Denken ist aktueller denn je!
  • Führende Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik stellen Herrhausens Ideenwelt in einen heutigen Kontext
  • Europa, Demokratie, Wirtschaft, Kultur, Bildung: kritische Überlegungen zum Zustand unserer Welt

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Leseprobe

Über Alfred Herrhausen


MARTIN MURTFELD
ist ein Wegbegleiter Alfred Herrhausens. In der Deutschen Bank war er Mitglied der Geschäftsleitung Financial Institutions. Zuvor Kreditanstalt für Wiederaufbau, später Premier Vice Gouverneur der Entwicklungsbank des Europarats, Paris.

Aus dem intellektuellen Vermächtnis Alfred Herrhausens ist uns ein letztes Dokument „New Horizons in Europe“ überliefert – die Arthur Burns Memorial Lecture. Herrhausen wollte sie am 4. Dezember 1989 in New York bei der Atlantik-Brücke und dem American Council on Germany halten. Es kam nicht dazu – sein Lebensfaden war fünf Tage zuvor durchschnitten worden. Der Wortlaut in englischer Sprache war jedoch fertig formuliert; eine Würdigung für Arthur Burns – Ökonomieprofessor, Chairman der FED, US-Botschafter in der Bundesrepublik Deutschland und Freund. Ein Nachruf des Tacitus auf den herausragenden Feldherrn und Politiker Agricola beschließt das Manuskript:

„Finis vitae ejus nobis luctuosus, amicis tristis, extraneis etiam ignotisque non sine cura fuit.“ (We grieved at his passing and his friends were saddened. People abroad and strangers, too, were affected.)

Eine Vorahnung Herrhausens zu seinem eigenen Schicksal? Der Geschichtsschreiber Cornelius Publius Tacitus (56–117 n. Chr.) trauert beim Tod seines Schwiegervaters Gnaeus Julius Agricola, Feldherr und römischer Statthalter von Britannien. Dieser galt als erfolgreich, kompetent und antityrannisch. Ob sein Tod natürlich war oder vom Despoten Kaiser Domitian veranlasst wurde, lässt Tacitus offen.

Die Erinnerung an die Arthur Burns Memorial Lecture sei diesem Bande vorangestellt, mit dem das geistige Erbe Herrhausens weitergeführt wird zu Themen, bei denen wir annehmen dürfen, dass er sich damit auseinandergesetzt und uns seine Argumente zur Orientierung anhand gegeben hätte. „Amicis tristis“ sei ergänzt: „et inquietis“ – es ist zu forschen in innerer Unruhe um Gegenwart und Zukunft.

Mit seinem universal orientierten und offenen, ungemein produktiven Intellekt hat uns Herrhausen eine Fülle von Maximen zu „Denken_Ordnen_Gestalten“ überlassen – mit diesem Titel sicherten Herausgeber und Siedler Verlag 1990 relevante Reden und Aufsätze aus seiner Feder. Dieses Erbe ist unvermindert aktuell, und es lohnt, sich damit zu befassen. Der Band bringt die deutschsprachige Fassung der Arthur Burns Memorial Lecture unter dem Titel: „Um Freiheit und Offenheit“.

Im gleichen Band hinterlässt uns Wilfried Guth eine meisterlich treffende Würdigung der Persönlichkeit Herrhausens. Dieser hatte Guth über weite Strecken begleitet und war ihm in Funktionen gefolgt – in der Bank, als Chefkontrolleur der Daimler-Benz AG oder bei der Arbeit für die Pearson Commission on International Development. Die dortige Arbeit gab Herrhausen Rüstzeug für sein viel beachtetes späteres Engagement in der Debatte um die Schuldenproblematik von Entwicklungsländern und des zerfallenden Comecon.

Nunmehr ist es der Alfred Herrhausen Gesellschaft – und wiederum Siedler – zu danken, dass Stimmen publiziert werden, die im Andenken an Alfred Herrhausen lebendige Themen von Gegenwart und Zukunft beleuchten und hinterfragen.

Eindringlich verlangt uns Alfred Herrhausen „Denken“ ab. Nicht nur mit der – oft zitierten – Aufforderung, dass wir bei jeder Aufgabe „bis zur Spitze denken“ sollen. Kaum ein anderer führender Banker dürfte es ihm gleichgetan haben, die philosophischen Grundlagen unseres Seins generell zu erfragen – wie in seinen Freiburger Vorträgen geschehen – und uns in prägnanter Kommunikation daran teilhaben zu lassen. Respekt vor großen Philosophen ist Bankern und Politikern, die nationale und internationale Verantwortung tragen, als selbstverständliches Bildungselement abzufordern. Macht nicht Staatspräsident Emmanuel Macron eine höchst noble Geste der Verständigung, wenn er – wie in seiner Eröffnungsrede zur Frankfurter Buchmesse am 10. Oktober 2017 – neben seinem Lehrer, dem Philosophen Paul Ricœur, auch den deutschen Philosophen Walter Benjamin nennt, der ihm als Jugendlicher den Zugang gegeben habe, Baudelaire besser zu verstehen?

Unendlich dankbar müssen wir auch Michail Gorbatschow sein, von dem der jetzige Band einen Beitrag bringt, hat er – mit Raissa Gorbatschowa – der Welt doch nicht nur Glasnost und Perestroika beschert, sondern, wie auf der Berliner Tagung der Alfred Herrhausen Gesellschaft am 15. März 2019 gesagt wurde, neues Denken, das wir auch für die Zukunft dringend brauchen – und das uns derzeit von mächtiger Seite vorenthalten wird. Zu den überragenden Persönlichkeiten aus Russland, die Alfred Herrhausen persönlich kannten und schätzten, zählte auch der weltberühmte Cellist Mstislav Rostropovitsch. Wie sehr ihn das Attentat schockte, hat er mir später erzählt – Slava war als Music Director des John F. Kennedy Center in Washington, D.C., wiederholt Hausherr bei Konzertabenden der Deutschen Bank während IWF/Weltbanktagungen mit Alfred Herrhausen als Gastgeber. Zuletzt am 24. September 1989 mit der Geigerin Anne-Sophie Mutter und dem Pianisten Lambert Orkis – im Programm Tartini, Franck und Ravel. Zu gedenken ist auch des Bankiers Friedrich W. Christians, Vorstandssprecher der Deutsche Bank AG gemeinsam mit Herrhausen 1985–88, souveräner Gestalter friedlicher Kooperation mit Russland und weltweit.

„Die Bank hat aus der Kultur gelebt“, schrieb mir kürzlich ein maßgebender Kunsthändler, der die Sammlungen der Bank mit aufgebaut hat und dem das geistige Erbe Herrhausens am Herzen liegt: „Wir brauchen diese Vorbilder, diese Kultur in unserer Welt, wo Neid und Gier dominieren.“ Gier wäre Alfred Herrhausen eine fremde Kategorie gewesen; der Götzendienst der Überhöhung von Vergütungen wucherte im deutschen Finanzwesen erst nach seinem Tode und legte sich wie ein Krebsgeschwür in die Finanzmärkte und die Gesellschaft.

Wer immer fragt: „Was bringt mir Europa?“, sollte bei Alfred Herrhausen nachlesen. Ein gelingendes Europa bedarf der Kultur und Wissenschaft. Alfred Herrhausen hat uns hierzu Zeugnisse (Witten/Herdecke, Wharton…) vorgelebt, im Rahmen umfassend engagierter Leistung.

Die Deutsche Bank würdigte Hermann J. Abs 2001, 100 Jahre nach seiner Geburt, in einer Feier als „Politischer Bankier zwischen den Zeiten“. In der Abs’schen Tradition – ein Bankier, der durch sein Londoner Schuldenabkommen 1953, die Indonesien-Umschuldung 1969, die Führung der Bank, als Ideengeber für kulturelle Institutionen und vieles anderes bis hin zu souveräner Autorität und Schlagfertigkeit bei der Leitung von Hauptversammlungen in Erinnerung bleibt – steht Alfred Herrhausen. In seltener Weitsicht und Stringenz erkannte er seismische Beben in der Politik. In der Pause eines Round -Tables der European Banks’ International Company S.A. (EBIC) in Wien am 17. November 1989 – wir suchten Antworten in der EU zu Hochtechnologie und zur Schuldenkrise – prüfte Herrhausen den Fahnenabzug für seinen Aufsatz „Die DDR ist am Zuge“, der drei Tage später im „Spiegel“ erschien. Noch höre ich Herrhausen sagen: „Ich bin der erste deutsche Banker, der es wagt, das Wort ‚Wiedervereinigung’ in den Mund zu nehmen. Niemand ist vorbereitet oder hat einen Plan in der Schublade, auch nicht die Bundesregierung.“ Die Konsequenz in dieser Frage musste Kreise stören, die auf Fortsetzung ihrer despotischen Gewalt im Falle einer längeren Zweistaatlichkeit Deutschlands setzten – die Gefahr wurde deutlicher von internationalen als deutschen Medien angesprochen.

Herrhausen erkannte die außerordentlichen Chancen für Freiheit und friedliche Entwicklung, die sich durch den Zerfall des Kommunismus und seiner zentralen Planwirtschaft für Zentral- und Osteuropa auftaten. Bei der Eröffnung der Jahrestagung von Weltbank und Internationalem Währungsfonds in Washington am 25. September 1990 erweiterte Michel Camdessus, Managing Director des IWF, sein offizielles Manuskript um persönliche Worte vor den circa 2.000 Delegierten: „Die Menschheit hat in Alfred Herrhausen einen Visionär für die friedliche Entwicklung eines Neuen Europas verloren – und einen großen Freund der Bretton Woods-Institute.“ Eine universale Würdigung der großen Persönlichkeit!

Mit seiner analytischen Brillanz würde uns Alfred Herrhausen heute helfen, allenthalben zunehmenden Risiken zu begegnen. Heinrich August Winkler führt sie uns in seinem Werk und in seinem Beitrag für den vorliegenden Band eindringlich vor Augen – wie auch die Mahnungen der anderen Autoren im Band. Es tun sich neuartige Dimensionen des „political risk“ auf: Sorge um tragfähige Strukturen des EU-Parlaments; Verlust von Wachstum infolge jahrelanger, der klassischen Spieltheorie entsprechender Gefechte bei der Loslösung eines großen Mitgliedsstaates aus der EU („Brexit“: nomen est omen dirum, böses Zeichen); Wahl von Politikern, die zur Zerstörung unserer internationalen Friedensordnung, insbesondere Europas, aufrufen und mit Gehilfen an nur noch als irrational zu bezeichnenden Entwicklungen werkeln. Dieser Band sorgt sich um Europa und eine geeignete Demokratie. Wir müssen uns dafür einsetzen, dass Drohungen wieder aus der internationalen Politik und Diplomatie verschwinden. Führende Unternehmer dürfen sich nicht nur um den nächsten Vierteljahresgewinn kümmern, sondern ebenbürtig auch um das Wohl in der Res publica, übrigens Voraussetzung für die nachhaltige Existenzentfaltung des eigenen Hauses.

Vergleichen wir heutige Herausforderungen mit 1989, als es galt, den DDR-Bürgern das Selbstbestimmungsrecht zu sichern, so hinterlässt uns Alfred Herrhausen eine Verhaltensregel im „Spiegel“ des 20. November 1989: „Ich...

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