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Weltfinanzkrisen. Zunahme der öffentlichen Verschuldung und deren Prävention und Bekämpfung

Retrospektive Kausalanalyse und Alternativenentwicklung am Beispiel der europäischen Finanzkrise

AutorMarc Schwalbe
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl90 Seiten
ISBN9783656720171
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis29,99 EUR
Masterarbeit aus dem Jahr 2014 im Fachbereich VWL - Makroökonomie, allgemein, Note: 1,5, AKAD-Privathochschule Frankfurt, Sprache: Deutsch, Abstract: Finanzkrise, Weltwirtschaftskrise, Vertrauenskrise, Liquiditätskrise, Legitimationskrise, Bankenkrise, Staatschuldenkrise, Eurokrise. Dies sind einige Schlagworte, die seit spätestens 2008 tagtäglich omnipräsent in der globalen und insbesondere deutschen Medienlandschaft kursieren. Doch auch der Begriff 'Demokratiekrise' muss ganz eindeutig und offen genannt und diskutiert werden dürfen. Auch wenn diese Bezeichnung auf den ersten Blick abschreckend klingen mag und seitens der Medien und Politiker eher vermieden wird, sollte man sich diese Frage inzwischen ruhig stellen dürfen. Von der europäischen Kommission genehmigte Staatshilfen an Ban-ken (rund 4,5 Billionen Euro), welche gut 37% des gesamten europäischen Bruttoinlandsprodukts (BIP) entsprechen, dürften zum diesbezüglichen Nachdenken Anlass genug sein. Insbesondere deshalb, weil vielerorts anerkannte Fachleute die demokratische Legitimation der europäischen Kommission bzw. der EU als Ganzes in Frage stellen. Der Vertrag von Maastricht, welcher den Euro-Staaten Schuldengrenzen vorschreibt, ist bislang 68 Mal gebrochen worden - auch von Deutschland (erstmals 2002) und von Frankreich. Das Vertragstreueprinzip pacta sunt servanda scheint ausgehebelt worden zu sein und immer wieder aufs Neue vernachlässigt zu werden, sobald es opportun erscheint. Eine der aktuell wichtigsten Fragen ist, inwieweit der im Sommer 2012 von der EZB in Aussicht gestellte unbegrenzte Kauf von Staatsanleihen aus Krisenländern der Euro-Zone mit EU-Recht vereinbar ist. Das Bundesverfassungsgericht hatte hierzu Anfang 2014 zu entscheiden. Sie befanden, dass diese Vorgehensweise dem Verbot einer staatlichen Haushaltsfinanzierung gleicht und gaben die Entscheidung deshalb an den Europäischen Gerichtshof weiter, was ein Novum in der Geschichte des Verfassungsgerichts darstellt. Als positiv sind grundsätzlich die Basel III-Vorschriften zu werten, welche die Bankenregulierung betreffen und die Finanzkrise und deren Schwachpunkte berücksichtigt. Die Reformen setzen bei der Eigenkapitalbasis und auch bei den Liquiditätsvorschriften der Banken an. Die Politik und die Gesellschaft haben seit gut 6 Jahren immer wieder neue Informationen zu diesem Thema aufzunehmen und zu verarbeiten. Wirtschaftswissenschaftler und Politiker sind sich teilweise uneins über die Kausalitätskette der sogenannten Krise und postulieren konträr zueinander verhaltende Bewältigungsstrategien.

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Leseprobe

2 Grundlagen


 

2.1 Eine Chronik der Weltwirtschaftskrisen


 

Die Geschichte lehrt die Menschen, dass die Geschichte die Menschen nichts lehrt.“[6]

 

Bereits 1857 kam es zur ersten von bisher vier Weltwirtschaftskrisen. Armut, Arbeitslosigkeit und Pleite trafen die Bevölkerung schwer. Banken in den USA mussten geschlossen werden, in Großbritannien mehrere Handelshäuser Konkurs anmelden. Nach einem halben Jahrhundert Industrialisierung merkten die Menschen, welche Interdependenzen zwischen den Kontinenten herrschten. Bis nach Chile, Indonesien und Indien waren die Auswirkungen der Krise zu spüren.[7] Ganz besonders hart traf es Hamburgs Kaufleute, da sich in den Speichern des Hafens unverkäuflich gewordene Handelswaren wie beispielsweise Kaffee, Zucker und Getreide im Wert von 500 Millionen Mark befanden.

 

Ihren Anfang nahm die Krise in Russland. 1856 kehrten die russischen Bauern auf den europäischen Markt zurück, als der Krimkrieg ein Ende fand. Somit konnte die amerikanischen Farmer ihr Weizen, welches sie von 1853 bis 1856 an Europa geliefert hatten, nicht mehr absetzen. Sie blieben schlichtweg auf ihrer Ernte sitzen und der Preis brach infolgedessen ein. Auslöser der Krise war der Konkurs der Ohio Life and Trust Company, welche sich beim Handel mit Anleihen für zweifelhafte Eisenbahnprojekte verspekuliert hatte.

 

1876 breitet sich eine Weltwirtschaftskrise zum zweiten Mal beachtlich schnell über den Globus aus. Über Budapest, Wien und Philadelphia hat sie Deutschland erreicht. Die Aktienkurse fielen in nur kurzer Zeit um 44 Prozent im Durchschnitt. Über 18.000 Unternehmen in den USA müssen Konkurs anmelden und insbesondere der Eisenbahnbau geriet ins Stocken, der das Rückgrat der Industrialisierung bildete. Als Grund für die Krise lassen sich zwei Brandherde ausmachen. Der Aufschwung in den USA, welcher durch das Ende des Bürgerkrieges ausgelöst worden ist, geht zu Ende. Auf der anderen Seite haben unter anderem die französischen Reparationszahlungen nach dem Ende des Deutsch-Französischen Krieges 1871 Börsenspekulationen angeheizt, bis 1873 diese Spekulationsblase platzt.

 

Der 25. Oktober 1929, auch “schwarzer Freitag“ genannt, gilt als der Tag, an dem die bekannteste Weltwirtschaftskrise offiziell begann. Die Preise an der New Yorker Börse fielen auf einen Schlag um 13% und viele Spekulanten verloren ihr Vermögen. Die Depression währte vier Jahre lang und der Dow Jones verlor ca. 90% seines ursprünglichen Wertes. Der Grund für den Zusammenbruch der Weltwirtschaft war aber schon vor 1929 zu verorten. Durch die Sättigung des Marktes nach amerikanischen Konsumgütern geriet die Welt in eine Schieflage. Die USA waren in den zwanziger Jahren weltweit der größte Exporteur sowie auch der größte Gläubiger. Das führte zu einer zunehmenden wirtschaftlichen Verschlechterung. Die amerikanische Industrieproduktion halbierte sich und das Volumen des Welthandels nahm um ca. zwei Drittel ab. 1931 kollabierte schließlich das Bankensystem, was auch die neu geschaffene amerikanische Zentralbank nicht verhindern konnte. Ein großer Verlierer dieser Situation war die Weimarer Republik. Aufgrund der zu leistenden Reparationszahlungen aus dem Versailler Vertrag, welche hauptsächlich durch amerikanische Anleihen finanziert wurden, verschlimmerte sich die Lage enorm.[8] Jemand der damals Kritik an der Ausgestaltung der Reparationszahlungen hervorbrachte war kein geringerer als John Maynard Keynes. Ihm war die Gefahr eines Zweiten Weltkrieges bewusst und wollte dies mit allen Mitteln verhindern. Doch er fand kaum Gehör.[9]

 

Was folgte, waren Lohnsenkungen, Sozialabbau, Deflation, Arbeitslosigkeit und infolgedessen ein Erstarken der Nationalsozialisten.

 

Die letzte Weltwirtschaftskrise begann offiziell 2008. Erste Anzeichen einer globalen Krise hatten ihren Ursprung in den USA. Die Gewinne der Banken und Unternehmen sprudelten und der Wohlstand des Staates wurde durch neue Schulden finanziert. Bereits Mitte 2007 platzte in den USA die Immobilienblase, Hypothekenfinanzierer meldeten Insolvenz an, Banken mussten Milliardenverluste abschreiben und Hedgefonds kollabierten. Am 15. September 2008 musste die Investmentbank Lehman Brothers Konkurs anmelden und aus der Finanzkrise wurde eine Wirtschaftskrise. Misstrauen lähmte den Kreditmarkt, da sich die Banken untereinander kein Geld mehr leihen wollten und eine weltweite Rezession war nicht mehr zu verhindern. Diese Krise legte die enormen Fehlentwicklungen des globalisierten Kapitalismus offen. Ein gigantisches Haushaltsdefizit der USA, die Überproduktion der Autoindustrie und die deutsche Exportabhängigkeit. Weltweit schlossen sich die Industriestaaten zusammen und steckten mindestens 5 Billionen Dollar in Konjunkturprogramme sowie in Finanzhilfen für Entwicklungsländer. Zudem wurden Banken verstaatlicht (z.B. die Commerzbank in Deutschland).[10] Von 2000 bis 2007, also vor der Wirtschaftskrise, verzeichneten die Unternehmen in Deutschland einen Zuwachs der jährlichen Gewinne von 197 Mrd. Euro, wovon sie 84 Mrd. Euro für private Zwecke ihrer Eigentümer ausgeschüttet haben. Der Rest i.H.v. 113 Mrd. Euro blieb in den Unternehmen, wurde also thesauriert.[11]

 

Die kurze Übersicht über die bisherigen Weltwirtschaftskrisen macht deutlich, dass alle eines gemeinsam haben. Ihre Kausalität liegt in irgendeiner Form von Spekulation und der Annahme, dass eine Aktienhausse zu erwarten ist. Um Spekulationen einzudämmen, wurde 2009 die Kapitalertragssteuer eingeführt. Dabei werden auf private Veräußerungsgewinne 25% Steuern erhoben zzgl. Zuschlagssteuern[12] (Mit der Abgeltungssteuer, die 2009 eingeführt wurde, werden Dividenden, Zinsen und Kursgewinne mit 25 Prozent plus Solidaritätszuschlag in Höhe von 5 Prozent versteuert. Diese Veräußerungsgewinne stellen nichts anderes als zusätzliches Einkommen dar, daher werden sie auch Residualeinkommen[13] genannt. Bezeichnender Weise werden diese Einkommen aber nur mit 25% besteuert, was nach Ansicht des Verfassers einen deutlichen Vorteil gegenüber dem durch Arbeitnehmer erwirtschafteten Einkommen darstellt. Dieses wird nämlich, je nach Höhe, in der Progression mit bis zu 45% besteuert. Somit findet hier eine Besserstellung derer statt, die es sich leisten können (finanziell und intellektuell) mit den richtigen Schachzügen enorme Gewinne zu generieren.

 

2.2 Das Geldsystem im Überblick


 

2.2.1 Kurze Geschichte des Geldes


 

Geld gab es früher nicht in der Form, wie wir es heute nutzen.

 

Zahlt man heute bequem mit Geld- oder Kreditkarten, mussten die Menschen damals ganze Säcke voller Muscheln, Getreide oder anderer Tauschmittel mit sich herumtragen, um einkaufen zu gehen. Das sogenannte Warengeld gab es in Form von Naturgegenständen oder Schmuck, teilweise wurde auch mit Nutztieren gezahlt. Die ersten Münzen wurden im 7. Jhd. v. Chr. von den Lydern hergestellt. Im Mittelalter wurde das Geld nach Gewicht abgemessen: Münzen, Silber und Gold wurden von Käufer und Verkäufer abgewogen und im Wert geschätzt. Problematisch hierbei war, dass man ständig eine Waage mit sich tragen musste.

 

Papiergeld entstand im 11. Jahrhundert in China und sollte das Münzgeld ersetzen. Zunächst stellte es eine Aufforderung dar, den Wert des gekauften Gegenstandes später in Form von Münzen zu ersetzen. Es war also nicht als Stellvertreter für Münzgeld gedacht. Das erste Papiergeld in Europa wurde 1483 ausgegeben, die Bank von Amsterdam begann 1609 mit dem Druck. Weitere Etappen in Europa waren zum Beispiel die sächsischen und preußischen Staatspapier- und Tresorscheine des 18. Jahrhunderts sowie die Assignaten der französischen Revolutionszeit. In Deutschland wurde das Papiergeld neben dem Münzgeld ab dem 19. Jahrhundert akzeptiert.[14]

 

Der Schotte John Law erfand Anfang des 18. Jahrhunderts ein System, das das Vertrauen in das eigentlich wertlose Stück Papier stärkte. Er ließ auf dem Schein vermerken, dass man das Papiergeld jederzeit in Münzen umtauschen konnte. Allerdings mussten hierfür ausreichende Bestände an Kurantmünzen in den Schatzkammern des Herausgebers vorhanden sein und die Forderung wurde meist schriftlich auf der Banknote festgehalten. Papiergeld, welches nicht durch Gold oder Silber gedeckt war, wurde durch Handelswechsel gedeckt. Heutzutage existieren solche Deckungsvorschriften nicht mehr, die Europäische Zentralbank (EZB) sichert sich mit Forderungen gegenüber Kreditinstituten ab. Der Staat „garantiert“ den Wert der ausgegebenen Scheine.[15]

 

Ein Jahr vor dem Ende des Zweiten Weltkrieges einigten sich die Notenbankgouverneure der 44 wichtigsten Zentralbanken der Welt in Bretton Woods (New Hampshire) auf eine Fixierung ihrer Wechselkurse, auf jenen mit Gold hinterlegten US-Dollar. Der US-Dollar wurde somit zur (Welt-) Leitwährung. Auch Deutschland schloss sich diesem System von 1944 an, welches mit der Aufgabe der Golddeckung des US-Dollars 1971 endete, u.a. weil der Vietnam-Krieg die USA in eine zu große Schuldenspirale...

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